DIE POLITISCHE FUNKTION DER RELIGION
ANSÄTZE ZU EINER VERGLEICHENDEN ANALYSE
von Michael Wolffsohn, Saarbrücken
Dies ist die Zusammenfassung der in Erlangen vorgetragenen Zusammenfassung
einer ausführlichen Untersuchung zu diesem Thema, in der gefragt wird, welche po¬
litische Funktion die Religion im Zionismus, vor allem im , Jüdischen Staat", in Israel, im islamisch-(nichtchristlich-)arabischen Nationalismus sowie im politischen
KathoHzismus in Deutschland und Frankreich während der vergangenen zwei Jahr¬
hunderte erfüllte und erfüllt. (Vgl. zu Israel meinen Aufsatz in der Zeitschrift
„ORIENT", Heft 2/1978.)
Zwei Fragen stehen im Mittelpunkt der Studie:
1. Wie ist es mögHch, daß die Bedeutung des rehgiösen Faktors auf der Makroebene
während der „Entwicklung" im christlichen Westeuropa und im Zionismus ab-,
im islamisch-arabischen Raum jedoch zunimmt? Welche Vorgänge spielen sich
dabei auf der Mikroebene ab? Die Modernisiemngs-/Säkularisiemngsdiskussion wird hierbei erörtert.
These: Modernisierung bedeutet im islamisch-arabischen Raum eben nicht!
, /wangsläufig" mehr Säkularisiemng.
2. Warum kann dieselbe Religion verschiedene politische Funktionen erfüllen? (Vgl.
die religiösen Parteien in Israel, die politisch höchst unterschiedliche Positionen vertreten.)
Folgende Funktionen werden im einzelnen untersucht, wobei der Verfasser auf
sozialwissenschaftlich abgesichertes empirisches Material sowie auf historische Bei¬
spiele zurückgreift.
Die Identitätsfunktion, Legitimitätsfunktion, die Funktion der Religion im Na¬
tionalismus, in Pan -Bewegungen, im Internationalismus, die gesellschaftliche Inte¬
grationsfunktion, die Funktion im Rahmen der politischen Mobilisiemng und Parti¬
zipation (Demokratie- und Autoritätsproblematik) sowie die ideologische Funktion (rechte versus Hnke Positionen).
Ausgehend von kommunikationstheoretischen Überlegungen im Zusammerüiang
mit der ,>lodernisiemng" (im Text definiert), die immer neu^ „challenges" auf¬
stellt und „responses" auslöst, wurden auf Grund der Untersuchungsergebnisse folgende Modelle entwickelt und erläutert:
XX. Deutscher OrientaMstentag 1977 in Erlangen
MODELL I
Säkularisierung, Makroebene
rr»dition»lt Phut
SikulnnsierungsphAse
_ . Politik im christlichen Mest-PuropA
- Zionismen
Arabitc/ttr Matiomlisrnui
MODELL II
Säkularisierung, Mikroebene (Islam)
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MODELL III
Informationsvorgang, Mikroebene
1. Traditionaler Informationsvorgang, auch orthodoxe Subkulturen
2. Säkularisierungsphase
a) Frühstadium b) Fortgeschrittene Säkularisierung
Legende :
zu Modau [t M
ß_ - Rcltgiomr Bereich H - Nicht - religiöser Btrvc/)
Z£ = Summt der/nß aätr R gttrofftnenEnttthvdungtn
F = Fra^gt
A = Antuort
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