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Leitung: Werner Diem, Köln

AGOSTINO GIUSTINIANI (1470—1536)

UND SEINE BEDEUTUNG

FÜR DIE GESCHICHTE DER ARABISTIK

Von Hartmut Bobzin, Erlangen

Die Arabistik in Italien zu Beginn des 16. Jahrhunderts wird in Johann

Fücks bekannter Forschungsgeschichte der Arabistik' auf I 1/3 Seiten abge¬

handelt; Fück erwähnt darin lediglich den ersten Druck in arabischen Let¬

tern, der 1 514 erschien^, verweist auf den durch seine Descrittione dell' A frica

berühmten marokkanischen Zwangskonvertiten Leo Africanus^ und er¬

wähnt schließlich noch die angeblich um 1530 in Venedig gedruckte arabi¬

sche Koranausgabe, von der, so Fück, , .nicht einmal feststeht, ob sie voll¬

ständig war, und die sogar ins Reich der Fabel verwiesen worden ist". Sie ha¬

be jedenfalls, so beschließt Fück diesen kurzen Abschnitt, , .einen Einfluß

auf den Gang der arabischen Studien nicht ausüben können.""

Daß diese Sicht der italienischen Renaissance-Arabistik in mancherlei Hin¬

sicht ergänzungsbedürftig ist, hätte Fück schon aus Giorgio Levi della Vidas

materialreicher Studie über die Geschichte der orientalischen Handschriften

' Die arabischen Studien in Europa bis in den Anfang des 20. Jahrhun¬

derts. Leipzig 1955. Die Abschnitte 2—29 waren bereits früher veröffent¬

licht in: R. Hartmann und H. Scheel (Hrsg.), Beiträge zur Arabistik, Semitistik und Islamwissenschaft. Leipzig 1944, S. 85—253.

2 Kitäb salät al-sawä'T. Fano: Gregorius Gregorio. Zur Problematik des

Druckortes vgl. M. Krek: Was ihe first Arabic book really printed at

Fano? In: Middle East Librarians Association Notes 10 (1977),

S. 11 —16; ders.: 7V;e enigma of the first Arabic book printed frotn mo¬

vable type. In: JNES 38 (1979), S. 203—212.

3 Vgl. zu ihm L. MASStGNON. In: £/' III, S. 24, und A. Codazzi in: En¬

ciclopedia Italiana XX (1933), S. 899.

* S. 36; zur Falsifizierung dieser Ansicht s. u., Anm. 32.

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der Vaticana' entnehmen können, — die er übrigens zitiert!^ Denn gerade

von Italien gehen wichtige Anregungen für die Entwicklung der Arabistik im

Europa des frühen 16. Jahrhunderts aus, und vor allem der erste bedeuten¬

dere europäische Arabist der frühen Neuzeit, der Franzose Guillaume

PosteF, erhält hier die entscheidenden Anstöße, die zur Publikation der er¬

sten arabischen Grammatik (um 1539) führen.

Aus der Zahl der frühen italienischen Arabisten sei hier Agostino Giusti¬

niani herausgegriffen. Er ist insofern kein ganz Unbekannter in der Ge¬

schichte der Arabistik, als sein Name immer wieder im Zusammenhang mit

der Geschichte arabischer Frühdrucke genannt wird.* Giustiniani ist nämlich

der Herausgeber des sog. Psalterium octaplum, das 1516 in Genua erschien';

darin ist erstmals auch eine arabische Version der Psalmen abgedruckt. Doch

bevor näher auf dieses interessante Werk einzugehen ist, sei in aller Kürze

das Leben des Gelehrten dargestellt.'"

' Ricerche sulla formazione del piü antico fondo dei manoscritti orientali della Biblioteca Vaticana. Cittä del Vaticano 1939 (repr. 1976 = Studi e Testi. 92.). Vgl. ferner den wichtigen, freilich nur auf Sekundärliteratur¬

auswertung beruhenden Aufsatz von Karl H. Dannenfeldt: The Re¬

naissance humanists and the knowledge of Arabic. In: Studies in the Re¬

naissance 2 (1955), S. 96—117.

S. 36, Anm. 76, im Zusammenhang des Venezianer Korandrucks.

' 1510—1581; vgl. zu seinen Arabischstudien F. Secret: Guillaume Postel et les etudes arabes ä la Renaissance. In: Arabica 9 (1962), S. 21—36, so¬

wie meine demnächst erscheinende Habilitationsschrift Über den Koran im Zeilaller der Reformation (BTS 42), Kap. 5.

* So zuletzt von Endress in: GAP 1, S. 291, Anm. 77 und J. Balagna:

L'imprimerie arabe en accident. Paris 1984, S. 20—23.

Psalteriutn Hebraeum, Graecum, Arabicum & Chaldaeum, cum tribus latinis inlerprelalionibus & glossis. Genua: Petrus Paulus Porrus. — Das Werk ist auch als Psalterium Nebiense bekannt, benannt nach der Stadt Nebbio auf Korsika, deren Bischof Giustiniani war.

'0 Wichtigste Quelle dafür ist Giustinianis kurze Autobiographie in seinem Werk Castigatissimi annali con la loro copiosa tavola delta eccelsa <& il- lustrissima Republi. di Genoa, da fideli & approuati Scriiiori, per el Reu-

erendo Monsignore Agostino Giustiniani Genoese Vescouo di Nebio ac-

curalamente racolti. Genoa: Antonio Bellono 1537, Car. CCXXIIlr" — CCXXVr°; leichter zugänglich als dieser seltene Druck ist die dritte Auf¬

lage dieses Werkes, hrsg. von G. B. Spotorno, Annali della Repubblica di Genova. Genova 1854. Bd. II, S. 456—466. Wichtigste Sekundärhte¬

ratur zur Biographie: L. Delaruelle: Le sejour ä Paris d'Agostino Giu¬

stiniani. In: Revue du seizieme Siecle 12 (1925), S. 322—337; G. Caraci:

La carta della Corsica atlribuila ad Agostino Giustiniani. In: Archivio Storico di Corsica 12 (1936), S. 129—172, v. a. S. 130—133; Agostino

Giustiniani annalisla genovese ed i suoi tempi. Atli del Convegno di

studi, Genova 28 — 31 maggio 1982. Genova 1984. Unzugänglich ist mir

bisher G. Musso: Agostino Giustiniani, 1470 — 1536, ohne Erscheinungs¬

datum zit. bei Baron: A Social and Religious History of the Jews.

Bd. XIII (New York and London 1969), S. 393 (in n. 6).

(3)

Giustiniani wurde 1470 in Genua geboren und auf den Namen Pantaleone

getauft. Nach anfänglichem Widerstand seitens seiner Familie tritt er im

April 1488 in den Dominikanerkonvent von S. Apollinare in Pavia ein und

nimmt den Namen „Agostino" an; hier im Kloster widmet er sich in erster

Linie dem Studium verschiedener Sprachen. Von seinen Kontakten zu zeitge¬

nössischen Gelehrten erwähnt er nicht ohne Stolz — „cosa della quale assai

mi glorio" — einzig Giovanni Pico della Mirandola", und man wird anneh¬

men dürfen, daß er von ihm die Anregung zu seinen Sprachstudien, vor al¬

lem aber seiner Beschäftigung mit der Kabbala erhalten hat.Ab 1512 hält

er an der Universität Bologna als Baccalaureus die üblichen Vorlesungen

über die Sentenzen des Petrus Lombardus, um im Jahre 1514 von seinen Or¬

densoberen die Erlaubnis zu erbitten, diese Vorlesungen zugunsten einer

wichtigeren Tätigkeit einstellen zu dürfen, nämlich der Herausgabe der Hl.

Schrift auf Hebräisch, Chaldäisch, Lateinisch und Arabisch.

Wohl als Muster für die geplante Gesamtedition der Bibel erschien 1516

das bereits erwähnte Psalterium, und zwar in der stattlichen Auflage von

2000 Exemplaren; der erwünschte (Verkaufs-)Erfolg war dem Buch freilich

nicht beschieden: ,,on loua son Psautier, et on ne l'acheta pas", wie Pierre

Bayle später schreiben sollte.Inzwischen hatte er das Episkopat von

Nebbio/Korsika (die Insel gehörte damals zu Genua) übertragen bekommen,

und zwar durch Vermittlung seines Vetters, des Kardinals Bendinello SauH.

Ihm muß er auch im Verlauf des Laterankonzils (1512—1517) gedient haben,

bis die Gefangennahme Saulis, der der Teilnahme an einem Komplott gegen

Papst Leo X. beschuldigt wurde,'" Giustinianis Aufenthah in Rom nicht

mehr opportun erscheinen ließ.

Durch Vermittlung des Pariser Erzbischofs Etienne Poncher (amtierte

1503— I5I9), den er offenbar vom Konzil her kannte, kam Giustiniani 1518

an den Hof des französischen Königs Franz I., der die Elite europäischer Ge¬

lehrter um sich zu sammeln bestrebt war; dort wurde er nicht nur ,,consiglie- ro" und Almosenpfleger (,,eleemosynarius") am königlichen Hof, sondern

auch Lehrer für orientalische Sprachen, insbesondere das Hebräische, an der

" Vgl. zu Picos Studium orientalischer Sprachen und zu seinen Lehrern U.

Cassuto: Gli Ebrei a Firenze nell'etä del rinascimento. Firenze 1918

(repr. 1965), S. 299 f.; P. O. Kristeller: Pico della Mirandola and his sourees. In: L 'opera e il pensiero di Giovanni Pico della Mirandola nella storia dell' umanesimo (Firenze 1965, Bd. I, S. 35—142), S. 70ff.

'2 Über Giustinianis Bedeutung im Zusammenhang der christhchen Kabba¬

la vgl. F. Secret: Les kabbalistes chretiens de la Renaissance. Paris 1964, S. 99—106; ders.: Le Zöhar chez les kabbalistes chretiens de la Re¬

naissance. The Hague, Paris 1964^, S. 30 ff.

'3 Zitiert nach Secret: Kabbalistes, S. 100.

Vgl. dazu H. Jedin (Hrsg.): Handbuch der Kirchengeschichte, Bd. 1II/2 (Freiburg 1968), S. 675.

(4)

Sorbonne: ,,e piantai in l'universitä Parisiense le lettere Ebree", schreibt er stolz." Im ersten Abschnitt der fünf Jahre, die er in Paris verbrachte,'* un¬

ternahm er eine dreimonatige Reise nach England und Flandern, wo er Hein¬

rich VIIL, Thomas Morus und vor allem Erasmus'^ persönlich kennenlernte.

Doch konnte er die Abwesenheit von seiner Diözese nicht unendlich lange

ausweiten. Jedenfalls scheint er die letzten fünfzehn Jahre seines Lebens

(1522—1536) überwiegend auf Korsika bzw. in seiner Vaterstadt Genua ver¬

bracht zu haben. Hier wandte er sich landeskundlichen und historischen For¬

schungen zu.'* Giustiniani starb 1536 auf der Überfahrt von Genua nach

Korsika; ob das Schiff aufgrund eines Seesturms unterging oder aber das

Opfer türkischer Seeräuber wurde, wie der Geograph Abraham Ortelius zu

berichten weiß,'' bleibt unklar.

Noch vor seinem Tode vermachte er seiner Vaterstadt seine an die 1 000

Bände umfassende Bibliothek, von welcher er stolz behauptete, daß sie in

Europa nicht ihresgleichen habe.^" Leider ist diese Bibliothek als ganze nicht

15 Annali, ed. Spotorno, Bd. II, S. 462.

Vgl. dazu den in Anm. 10 genannten Aufsatz von Delaruelle. — Wäh¬

rend seiner Pariser Zeit gab Giustiniani eine Reihe von Büchern heraus;

am wichtigsten sind im vorliegenden Zusammenhang (a) seine Edition

der lateinischen Übersetzung von Maimonides' Dalälat al-hä'inn nach

der hebräischen von Jehuda al-CharIzi: Rabbi Mossei Aegyptij (= Mo¬

ses Maimonides) Dux seu Director dubitantium aut perplexorum, in tres Libros diuisus, & summa accuratione Reuerendi pairis Auguslini lusti- niani ordinis PraedicatorU Nebiensium Episcopi reeognitus. Paris: lodo- cus Badius 1520 (Repr. Frankfurt/Main 1964; vgl., zur Problematik die¬

ser Edition die grundlegenden Untersuchungen von W. Kluxen: Litera¬

turgeschichtliches zum lateinischen Moses Maimonides. In: Rev. de la

Theologie Ancienne et Medievale 21 (1954), S. 32—50, sowie in Kurzfas¬

sung Philos. Jb. 63 (1955), S. 157—159); (b) seine Editionen einer hebräi¬

schen Grammatik von Moses Kimhi, vgl. dazu F. Secret: Les grammai¬

res häbraiques d'Augustinus Justinianus. In: Arch. Fratrum Praedicato- rum 33 (1963), S. 269—279.

" Aus der Korrespondenz von Erasmus geht hervor, daß Giustiniani ihn

Ende Oktober 1518 in Löwen besucht hat. — Einen interessanten Ver¬

gleich zwischen Erasmus und Giustiniani unternimmt U. Rimassa: Ago¬

stino Giustiniani umanista italiano. Un confronto con Erasmo di Rotter¬

dam. In: Agostino Giustiniani annalisla genovese (s. o., Anm. 10),

S. 83—102; vgl. ferner Secret (wie Anm. 16), S. 275 ff.

'8 Vgl. dazu den in Anm. 10 zit. Aufsatz von Caraci sowie den Kongre߬

band A. G. annalisla genovese passim.

" Nach Caraci, S. 133, Anm. 16.

20 ,,... la quale non tanto per il numero dei volumi che ascendono al mille- nario, quanto per la varietä, e preziositä di essi che in tutte le lingue ed in tutte le scienze, ed in preziosa materia scritti, non e in paro ... in tutta Europa." (Annali, ed. Spotorno, 11, S. 465).

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erhalten, doch lassen zwei alte Inventarien^' erkennen, daß es sich um eine

außerordentlich interessante Humanistenbibliothek gehandelt haben muß,

die sich durch einen für ihre Zeit ungewöhnlichen Anteil an hebräischen und

arabischen Titeln auszeichnete.^^ Hier seien nur die arabischen Handschrif¬

ten genannt, die in einem der beiden Verzeichnisse auftauchend^;

272. duo libri arabici eiusdem forme quos credo esse arcolanus (sie!) 274. liber arcolani (sie!) in arabico in pergameno

275. dicionarium arabicum

276. aliud liber arabicus in pergameno manu scriptus 280. item alius arabicus in pergameno magnus 297. ditionarium arabicum scriptum manu episcopi 298. libelus arabicus

299. principia linguae arabice 302. liber arabicus mediocris 307. liber arabicus

308. tractatus de doctrinis macometi in arabico 319. liber arabicus in pergameno

329. libelus arabicus in pergameno 338. liber arabicus magnus in pergameno 348. liber arabicus manu scriptus

Abgesehen vom Koran sind die Beschreibungen so vage, daß es praktisch

unmöglich ist. Genaueres über die Handschriften auszumachen; eine der

Handschriften erschiene nun besonders interessant, nämlich Nr. 297 ,, ditio¬

narium arabicum scriptum manu episcopi". Daß dieses ,, Lexikon" nicht er¬

halten ist, ist bedauerlich, doch gibt es gleichwohl eine Handschrift Giusti¬

nianis, anhand derer man sich eine gewisse Vorstellung von seinen Arabisch¬

kenntnissen machen kann. Sie befindet sich heute im Besitz der Bayerischen

Staatsbibliothek München (Cod. arab. 920/1), ja gehört, wenn man es so sa¬

gen darf, überhaupt zum Grundbestand dieser Bibliothek: Laut handschrift¬

lichem Vermerk war sie Besitz des Humanisten und Orientalisten Johann Al¬

brecht Widmanstetter (1506—1557), dessen kostbare Bibliothek^" nach sei-

2' Vgl. F. L. N/Iannucci : Inventari della Biblioteca di Agostino Giustiniani.

In: Giornale storico e letterario della Liguria N.S. 2 (1926), S. 263—291.

22 Ein Zeitgenosse Giustinianis, Nicolaus Clenardus (s. u., Anm. 36), er¬

wähnt die , .bibliotheca Episcopi Nebiensis |d. i. Giustiniani], qui libris arabicis pulchre instructus erat" (Correspondance de Nicolas Clenard, publ. par A. Roersch. T. I, Bruxelles 1940, S. 117: an Joachim Polites, 8.7.1537).

23 Inventario dei libri del vescovo di Nebio consegnati ai frati de Sancto Do¬

minico (25.4.1544), Mannucci, S. 266 ff.

2'' Vgl. den wichtigen Aufsatz von H. Striedl: Die Bücherei des Orientali¬

sten Johann Albrecht Widmanstetter. In: Serta Monacensia, FS Franz

Babinger. Leiden 1952, S. 200—244. Dort auch die wichtigste Sekundär¬

literatur zu Widmanstetter; vgl. künftig noch Bobzin, Koran, Kap. 4

(speziell zu Widmanstetters Arabisch- und Koranstudien!).

(6)

nem Tode von Herzog Albrecht V. von Bayern angekauft wurde und zusam¬

men mit der Bibliothek von Johann Jakob Fugger den Grundstock der da¬

maligen Hof- und heutigen Staatsbibliothek bildete.^' Widmanstetter seiner¬

seits muß die Handschrift während seines Aufenthalts in Rom 1532 bei ei¬

nem seiner Arabischlehrer, dem Kurienkardinal Egidio da Viterbo^*, erhal¬

ten haben: denn diesem ist die auf den 9. 11. 1524 datierte Handschrift von

Giustiniani gewidmet. Egidio hatte übrigens, um dies hier noch einzufügen,

bei dem eingangs erwähnten Leo Africanus Arabisch gelernt, wie von Wid¬

manstetter berichtet wird.d''

Doch zur Handschrift selbst; sie umfaßt 35 sehr sauber beschriebene Sei¬

ten und ist betitelt: ,,Aug. Justiniani Genuensis, Pontificis Nebiensis, arabi¬

ca rudimenta: ad Egidium S. Romanae Ecclesiae Cardinalem" (F. 4r°). In

seiner Widmung (f. 2r°-3°) bezeichnet Giustiniani Egidio als ,, literarum ex-

ternarum pater et princeps". Auch wenn einige die Arabischstudien gering

achteten und der Ansicht seien, ja auch künftig der Ansicht sein werden, sie

zu betreiben, zieme weder einem Bischof, noch einem Kardinal, so wolle er

diese Leute bei ihrem Urteil belassen. Jedenfalls gehe er, Giustiniani, davon aus, daß sich Egidio über diese arabische Grammatik als ein Ehrengeschenk

mehr freuen werde als über einen wilden Hund oder einen schnellen Renner

(,,ferocissimo cane aut velocissimo equo"), an denen Corsica so reich sei.

Giustiniani hat diese Grammatik nicht geschrieben, um sie zu publizieren

und so der Nachwelt zu überliefern, sondern um Egidio einen lange verspro¬

chenen Gefallen zu tun, — und um zu zeigen, was in dieser Materie gesche¬

hen könnte, wenn so etwas von einem wahrhaft Gelehrten getan würde, —

woraus zu entnehmen ist, daß es sich in seiner Sicht wirklich nur um ganz un¬

prätentiöse ,, rudimenta" gehandeh hat.

Der Aufbau des Schriftchens ist nicht ungeschickt; erst wird mit der

Schrift bekannt gemacht, dann mit dem Lautwert der arabischen Buchsta¬

ben, der Bezeichnung der Vokale, wie man Vokalzeichen mit Konsonanten

verbindet, und wie man die Konsonanten untereinander verbindet: Eine

" Vgl. dazu im einzelnen O. Hartig: Die Gründung der Münchener Hofbib-

liolhek durch Albrecht V. und Johann Jakob Fugger. München 1917

(= Abh. d. k. Bay. Ak. d. Wiss., philos.-philol. u. hist. Kl.,

Bd. XXVlll/3).

2'' Vgl. zu ihm F. X. Martin: The problem of Giles of Viterbo, a historio¬

graphical survey. In: Augustiniana 9 (1959), S. 357—379 und 10 (1960),

S. 43—60; J. W. O'Mallev: Giles of Viterbo on Church and Reforma¬

tion. A Study in Renaissance Thought. Leiden 1968. Zu Egidios Bedeu¬

tung als Kabbalist vgl. F. Secrets Einleitung zu seiner Edition von Egi¬

dios Scechina (Rom 1959), S. 9—20; sowie Secret: Kabbalistes,

S. 106—126.

27 In der Dedicatio seines syrischen Neuen Testaments, Wien 1555.

(7)

recht ausführliche Schriftlehre also, der ein praktisches Kapitel folgt. Schon

in den beschriebenen Kapiteln ist deutlich zu erkennen, daß der Verfasser die

westliche, maghrebinische Form nicht nur der arabischen Schrift, sondern

auch der Sprache darstellt. Das wird vollends deutlich an den Verbparadig¬

men oder anderen Formen wie den Demonstrativa, die auf Spanien oder

Nordmarokko verweisen. Angesichts der in der grammatischen Skizze be¬

gegnenden Paradigmen fällt es schwer, nicht an die 1505 erschienene Gram¬

matik des Granadiner Dialekts von Pedro de Alcalä zu denken, — und Giu¬

stiniani hat sie nach Ausweis eines der Bibliotheksinventare auch besessen.^*

Daß er sie benutzt hat, folgt unter anderem daraus, daß sich auch bei ihm die

Umbildung des klassisch-arabischen Drei-Kasus-Systems in das Kasussystem

des Lateinischen findet^':

Nominativus 1.1;,^ hic magister

Genitivus oIjj. huius magistri

Dativus ju^^ ' jüJJ huic magistro

Freilich wäre es, nach einer ersten Durchsicht zu urteilen, nicht zutreffend, in Giustinianis ,, rudimenta" ledighch einen ,, Auszug" aus Pedros ,,Arte"

sehen zu wollen: Dazu ist Giustiniani in vielen Punkten doch zu eigenstän¬

dig, vor allem, was die ausführliche Schriftlehre betrifft. Erst eine vollständi¬

ge Edition dieser interessanten Handschrift wird zeigen können, welche Be¬

deutung sie für die historische Dialektologie, d. h. die Rekonstruktion des

Spanisch-Arabischen, tatsächlich besitzt.

Giustinianis wichtigste arabische bzw. überhaupt orientalistische Veröf¬

fentlichung ist zweifellos das Psalterium von 1516. Seine Bedeutung liegt

aber weniger auf dem Gebiet der Textgeschichte: Die von Giustiniani abge-

28 Zweites Inventar bei Mannucci (s. o., Anm. 23), Nr. 31: ,,Arte per le- gieramente (sie!) saper la lingua arabica".

2' f. 25, ausdrücklich ist hervorgehoben: ,,more granatensium". Vgl. W. J.

Cowan: Arabic grammatical terminology in Pedro de Alcalä. In: Histo¬

riographia Linguistica 8 (1981), S. 357—363). — Man beachte übrigens Giustinianis Schreibung, ein nicht unwichtiges Zeugnis für die Ausspra¬

che des Granadischen im frühen 16. Jh.

3" In diesem Zusammenhang wäre noch eine weitere Münchener Hand¬

schrift zu berücksichtigen, und zwar cma 1058; hier handelt es sich um eigene Notizen Widmanstetters zum Spanisch-Arabischen; vgl. dazu mei¬

nen demnächst erscheinenden Aufsatz Über einige gedruckte und unge¬

druckte Grammatiken des Arabischen im frühen 16. Jh. und ihre Verfas¬

ser. In: K. Schröder (Hrsg.): Fremdsprachenunterricht 1500 — 1800. Ar- beusgespräch Herzog August Bibliothek. Wolfenbüttel 16.-18.10.1988 (voraussichthch Wiesbaden 1989/90).

Accusativus Vocativus

Ablativus jM.

hunc magistrum o magister ab hoc magistro

(8)

druckten Versionen, vor allem die arabische, sind ohne besonderes Interesse. 3' Das arabische Vorwort Giustinianis ist in einem fast unverständ¬

lichen Arabisch abgefaßt, dessen Lektüre ebenso wie die des arabischen Psal¬

tertextes noch durch die ungelenken Typen erschwert wird. Der kürzlich wie¬

deraufgefundene Venezianische Korandruck von 1537/38 zeigt demgegen¬

über einen gewaltigen technischen Fortschritt.

Inhaltlich ist die sog. achte Kolumne des Psalteriums wohl am interessan¬

testen, d. h. Giustinianis Annotationen zu den Psalmen. Hier findet sich

nicht nur eine Menge an kabbalistischem Gedankengut, so u. a. auszugswei¬

se Übersetzungen aus dem bis dahin noch unpublizierten Zohar^^, sondern

auch etwas so ,, Profanes" wie eine Vita von Giustinianis Genueser Lands¬

mann Cristoforo Colombo.

Seine größte Wirkung entfaltete des Psalterium freilich in einer ganz uner¬

warteten Richtung: Es diente nämlich einer ganzen Generation von Humani¬

sten wenn nicht direkt als Lehrbuch, so doch als wichtiges Hilfsmittel zur Er¬

lernung des Arabischen,^' wie dem Flamen Nicolaus Clenardus^*, dem Augs-

" Vgl. dazu die noch immer wichtigen Arbeiten von J. Chr. Döderlein:

Von Augustin Justinians Polyglotten Psalter. In: Literarisches Museum, Bd. Il/l, Ahdorf 1778, S. 1—25; ders.. Von arabischen Psaltern. In: Re¬

pertorium f. bibl. u. morgenländ. LU. Th. 11. Leipzig 1778, S. 151 — 179 und Th. IV. 1779, s. 57—97; ferner A. Baumstark, Der älteste erhaltene

griechisch-arabische Text von Psalm HO (109). In: OC 31 (1934),

S. 55 ff.

" A. Nuovo: // Corano arabo ritrovato. In: La Bibliofilia 89 (1987), S. 237—271, mit zahlreichen Abbildungen. Das wiederaufgefundene

Exemplar gehörte dem Orientalisten Teseo Ambrogio (1469—1540), den

Postel 1537 kennenlernte. Daneben hat auch Postel unzweifelhaft ein

Exemplar dieses Korandrucks besessen, cf. Levi della Vida, S. 322,

Anm. 1 (übrigens von Fück, S. 36, Anm. 76 zitiert!).

" Vgl. dazu F. Secret: Kabbalistes, S. 99 ff., bes. S. 101 f.; ders.: Zöhar, S. 32.

Vgl. dazu A. Agosto: Agostino Giustiniani e Cristoforo Colombo. In:

A. G. annalista genovese, S. 49—61.

35 Darauf hat zuerst F. Secret aufmerksam gemacht, vgl. Guillaume Po¬

stel (s. o., Anm. 7), S. 21 f. und Kabbalistes, S. 101.

3* 1495—1542; vgl. zu ihm die vortreffliche, materialreiche Biographie von V. Chauvin und A. Roersch : Etude sur la vie et les travaux de Nicolas

Clenard. Bruxelles 1900—1901 (= mem. couronnes, t. 60).

(9)

burger, später Berner Reformator Wolfgang Musculus" und vor allem dem

Franzosen Guillaume PosteP*. Besonders eindrucksvoll ist die Schilderung

von Clenardus, der ohne Lehrer, ohne vorherige Kenntnis der Schrift und

ohne Grammatik beginnt, sich anhand eines Vergleichs der Eigennamen in

Psalm 83 (Vulgata 82) in den nebeneinander stehenden Kolumnen das Arabi¬

sche zu erschließen,^' — ein Vorgehen, bei dem man sich zu Recht an die

Entzifferung des Steins von Rosette erinnert fühlen kann!

Schon daraus ist zu ersehen, wie nützlich Giustinianis Idee der Herausgabe einer polyglotten Bibel (bzw. eines Teils der Bibel) für die Entwicklung orien¬

talischer Sprachstudien war, und er fand darin auch Nachfolger. Nur zwei

Jahre nach seinem Werk erschien 1518 in Köln erneut ein Psalterium, dies¬

mal in vier Sprachen, und zwar Hebräisch, Griechisch, Lateinisch und

Äthiopisch."" Herausgeber war der Kölner Dominikaner Johannes Potken"'.

Daß seine Arbeit von der Giustinianis inspiriert ist, kann man meines Erach¬

tens daran erkennen, daß die Titelseite des Kölner Drucks eine — spiegelver¬

kehrte — Kopie des Genueser Psalteriums ist-^^

37 1497—1563; die Quelle für diese Nachricht bei Secret: Guillaume Po¬

stel, S. 22, Anm. 1. Die Biographie von W. Th. Streuber (in: Berner Taschenbuch auf das Jahr 1860) enthält auf S. 42 folgende interessante Notiz über Musculus arabistisehe Hilfsmittel: ,, Durch Vermittlung des Pfalzgrafen Ott Heinrich von Baiern erhielt Musculus (1544) zu seinem Gebrauche ein arabisches Wörterbuch von einem gewissen Dr. Lucretius in Landshut, das dieser später im Druck herauszugeben beabsichtigte."

Bei ,, Lucretius" handelt es sich um niemand anderen als Widmanstetter, dessen Humanistenname so lautete und der damals in den Diensten des in

Landshut residierenden bayerischen Herzogs Ludwig stand; vgl. Max

Müller: Joh. Albrecht v. Widmannstetter. Diss. München 1907, v. a.

S. 19f.

38 Vgl. Secret: Guillaume Postel, S. 21 f.

39 Der Bericht findet sich ausführiich in Clenardus' berühmter Epistola ad Christianos, de professione arabica, militiaque constituenda adversus Machometum, die in Fez ca. 1540/41 verfaßt wurde; s. Correspondance (s. o., Anm. 22), Bd. 1, S. 207—239, der Bericht dort S. 210 f.

"0 Psalterium in quatuor Unguis hebraea graeca chaldaea latina. Impressum Coloniae 1518. Mu ,, Chaldäisch" ist ,, Äthiopisch" gemeint.

Ca. 1470—1524; vgl. zu ihm A.-D. van den Brincken: Johann Potken

aus Schwerte, Propst von St. Georg in Köln, der erste Äthiopologe des Abendlandes. \n: Aus Kölnischer und rheinischer Geschichte. Köln 1969, S. 81 — 114.

■»^ Freilich kann überhaupt keine Rede davon sein, daß Potkens Psalterium eine , .zweite Ausgabe" dessen von Giustiniani sei, wie Elmar Mittler behauptet (Bibliotheca Palatina, Ausstellungskatalog Heidelberg 1986.

Textband S. 412).

(10)

Von Wolfhart Heinrichs, Harvard

Neben dem System al-Halils, welches die arabische Prosodie fast uneinge¬

schränkt beherrscht, kann man vier nicht-hahlische oder Halil-kritische An¬

sätze ausmachen:

1. die metrische Terminologie der Araber vor al-Halil b. Ahmad (st. 776

oder 791),

2. die kritischen Schriften, die von al-Hahls System auf den Plan gerufen

wurden,

3. spätere Erweiterungen des Systems wie bei Häzim al-Qartägannl (st. 1285)

und

4. moderne Kritik an al-Hahl und alternative metrische Modelle wie dasjeni¬

ge von Kamäl Abij Die.'

Hier soll etwas Licht auf den zweiten Komplex geworfen werden. Von den

Gegenschriften, die in den ersten drei Jahrhunderten nach al-Hahl verfaßt

wurden, kennen wir etwa ein halbes Dutzend dem Titel nach, aber nur eine

einzige ist meines Wissens erhalten, nämlich das K. 'Arüd al-waraqa des als

Lexikograph rühmlich bekannten al-Gauhari (st. 1002 oder später). Dieses

Werk, welches auf al-HalTl aufbaut, ihm aber an wichtigen Stellen nicht

folgt, verdient, etwas näher vorgestellt zu werden.

Zuvor sei gesagt, daß die Ideen al-Gauharis vor der Entdeckung der beiden

Handschriften keineswegs völlig unzugänglich und unbekannt gewesen sind.

Aber sie haben merkwürdig wenig Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Tatsa¬

che ist, daß Ibn Rasiq (st. 1063 oder später) an zwei Stellen seines schon lan¬

ge bekannten Dichterhandbuchs al-'Umda umfängliche Exzerpte aus al-

öauharl bringt, einmal im Bäb al-Auzän im ersten Teil seines Werkes und

zum anderen im Bäb as-Sutür wa-baqiyat az-zihäf gegen Ende des Buches.^

Ibn Rasiq ist dabei voller Zustimmung und macht die erstaunliche Bemer¬

kung, daß die Dichtungsexperten seiner Zeit dem System al-Gauharls folg-

' Zur vor-halilischen Metrik siehe GAP 11, S. 191-192, und hier

,, Anhang" zum neuen Material aus al-Gauharis K. al-Qawäß; zu den

Gegenschriften siehe Weil: Grundriß, S. 48—50 und Fück in ZDMG

111 (1961), S. 464—469, sowie GAP II, S. 199—200; zu Häzim al-Qartä-

ganni siehe dessen Minhäg al-bulagä' wa-siräg al-udabä'. Ed.

Muhammad al-Habib Ibn al-HuGa. Tunis 1966, S. 226—270; zu Ka¬

mäl Abü DiB siehe dessen Fil-bunya al-iqä'lya li-s-si'r al-'arabi. Beirut 1974.

2 Ibn Rasiq: al-'Umda ß mahäsin as-si'r wa-ädäbih wa-naqdih. Ed.

Muhammad Muhyiddin Abdalhamid. Kairo 1963-64, Bd. I, S. 135—

167; Bd. II, S. 302—304.

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