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Archiv "12 „Mannjahre“ für Ermittlungsverfahren gegen zwei Kassenärzte" (15.06.1984)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

KURZBERICHTE

AOK Dortmund:

Unberechtigte Verdächtigungen?

Im Abrechnungsstreit zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) und der AOK Dortmund setzt sich mittler- weile wieder ein normaleres Kli- ma durch. Man ist dabei, die „auf- fälligen Tatbestände" im Abrech- nungsverfahren, die von der AOK Dortmund der Öffentlichkeit als Manipulationen oder Betrug vor- gestellt worden waren, durch eine paritätisch besetzte „kleine Kom- mission" unter Mitwirkung der be- troffenen Ärzte überprüfen zu las- sen. Nachdem bislang diese Kom- mission die Abrechnungen von 26 Ärzten überprüft hat, verstärkt sich der Eindruck, daß der Vor- wurf der betrügerischen Manipu- lation in keinem der bislang über- prüften Fälle aufrechterhalten werden kann.

Das Überprüfungsverfahren wur- de fallbezogen durchgeführt, wo- bei bislang die Verdachtsfälle auf Doppelabrechnungen kontrolliert worden sind. Die festgestellten Abrechnungsmängel haben sich in drei Fallgruppen aufteilen las- sen. Die erste Gruppe umfaßt Pa- tienten, die innerhalb eines Quar- tals nacheinander zwei Kranken- scheine abgaben, weil der erste Schein abhanden gekommen ist und ein neuer seitens des Arztes angefordert werden mußte. Die zweite Gruppe umfaßt Fälle, in de- nen seitens der Patienten Berech- tigungsscheine aus den Kranken- scheinheften von selbstversicher- ten Familienangehörigen entnom- men worden sind, ohne daß dies in der Arztpraxis entsprechend re- gistriert wurde. Die dritte Fall- gruppe schließlich betrifft Dop- pelabrechnungen, die sich auf verschiedene Quartale beziehen, weil der vom Arzt angeforderte Schein erst im nächsten Quartal nachgereicht wurde.

Einer gemeinsamen Mitteilung der Beteiligten ist zu entnehmen,

daß die Überprüfung in der abso- luten Mehrzahl der Fälle eine Klä- rung im Sinne der dargestellten Fallgruppen ergab. Dabei seien einige Ungereimtheiten in der Ab- folge der abgerechneten Leistun- gen festgestellt worden, die je- doch offensichtlich auf Irrtümern beruhen und die lediglich eine ge- ringfügige Richtigstellung der Ab- rechnungswerte zugunsten der AOK Dortmund erforderlich mach- ten. Lediglich bei zwei der über- prüften Ärzte bedürfen die Ab- rechnungen noch einer ins einzel- ne gehenden Weiterbearbeitung.

Zusammenfassend, so die ge- meinsame Erklärung über das neue Prüfprozedere, könne fest- gestellt werden, daß kein Ansatz für bewußtes Fehlverhalten der überprüften Ärzte erkennbar sei.

In den nächsten Tagen soll mit der paritätischen Überprüfung einer neuen Fallgruppe begonnen wer- den, wobei es sich um Abrech- nungsfälle von bereits verstorbe- nen oder solchen Patienten han- delt, die sich zum Zeitpunkt der abgerechneten Leistungserbrin- gungen in klinischer Behandlung befanden.

Bei der KVWL geht man davon aus, daß für den Bereich der soge- nannten Doppelabrechnungen die Beratungen im wesentlichen als abgeschlossen gelten. Die AOK hat in Einzelfällen noch um Abklärung gebeten, doch scheint es sich dabei keineswegs nur um gravierende Vorfälle zu handeln.

Insgesamt war in den Pressever- lautbarungen der AOK zunächst von 270 Ärzten und über 1500 Fäl- len die Rede.

Der Komplex Abrechnung von Leistungen nach dem Tode des Versicherten ist inzwischen eben- falls von der gemeinsamen Kom- mission überprüft worden. Auch hierbei haben sich bisher keine Anhaltspunkte für „betrügerische Manipulationen" ergeben. Zur Zeit prüft die Kommission, in wel- chem Umfang der Komplex Ab- rechnung von ambulanten Lei- stungen während des stationären Aufenthalts in die gemeinsame

Überprüfung einbezogen werden soll. Von dem bezifferten „Scha- den" von bis zu einer Million DM, der von 450 Ärzten angeblich ver- ursacht worden sein soll, bleibt nach den bisherigen Überprüfun- gen so gut wie nichts übrig. Der durch die Kommission bisher er- mittelte „Schaden" durch Abrech- nungsirrtümer summiert sich auf weniger als 1000 DM. (In Kürze soll in einer gemeinsamen Pres- sekonferenz „Schluß-Bilanz" ge- zogen werden.) a+s/EB

12 „Mannjahre" für Ermittlungsverfahren gegen zwei Kassenärzte

Nach einem Ermittlungsverfah- ren, mit dem 12 Beamte ein volles Jahr lang beschäftigt waren, hat die Staatsanwaltschaft Wuppertal eine sechsbändige Anklageschrift gegen zwei Kassenärzte in Vel- bert fertiggestellt, denen vorge- worfen wird, die Allgemeine Orts- krankenkasse Mettmann durch falsche Abrechnungen um knapp 30 000 beziehungsweise mehr als 40 000 DM geschädigt zu haben (dazu DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 33/1983). Insbesondere wird den Ärzten das Abrechnen von Leistungen vorgeworfen, die sie gar nicht erbracht hätten.

Vor der Presse erläuterten Vertre- ter der Staatsanwaltschaft den Umfang ihrer Ermittlungen und die daraus zu ziehende Erkennt- nis, daß selbst ein scheinbar nicht beweisbarer Betrug bei der Ab- rechnung eben doch bewiesen werden könne. Beispielsweise sollen sich die beiden Ärzte nach Darstellung der Staatsanwalt- schaft jeweils zum Quartalsende einige Dutzend Überweisungs- scheine gegenseitig zugescho- ben haben, darauf wurden dann fiktive Leistungen abgerechnet.

Dies habe sich durch Befragen der jeweils „überwiesenen" Pa- tienten und durch Aussagen des Praxispersonals feststellen las- sen.

Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 24 vom 15. Juni 1984 (23) 1917

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KURZBERICHTE

Insgesamt befragten die Beamten 1878 Patienten beider Ärzte, und zwar nicht zufällig ausgewählte, sondern solche, bei denen sich aus dem Vergleich der AOK-Un- terlagen und der beschlagnahm- ten Arztaufzeichnungen Ver- dachtsmomente ergaben. Davon erklärten 1235 Patienten mit so großer Sicherheit, daß sie auch vor Gericht entsprechend auszu- sagen bereit sind, insgesamt 6156 für sie abgerechnete Einzellei- stungen seien gar nicht erbracht worden. Dabei wurden von vorn- herein Fälle ausgeschlossen, die vom Patienten oder der Kriminal- polizei ohne medizinische Kennt- nisse nicht beurteilt werden kön- nen. Meistens handelt es sich um Fälle, in denen der Patient sich aus bestimmten Gründen daran erinnert, an dem fraglichen Tage den Arzt gar nicht gesehen oder die abgerechneten Leistungen gar nicht erhalten zu haben.

Für die Ermittlungen wurde ei- gens ein Computerprogramm er- stellt. Die Staatsanwaltschaft Wuppertal will es für weitere in ih- rem Bereich anstehende Ermitt- lungsverfahren wieder verwen- den.

Die genannten Beträge beziehen sich lediglich auf ein Kalenderjahr und nur auf Abrechnungen ge- genüber der AOK. Letztere will in einem zivilrechtliehen Verfahren für fünf Jahre Forderungen gegen die beiden Ärzte in Höhe von je et- wa 500 000 DM geltend machen.

Vertreter der AOK und der Kas- senärztlichen Vereinigung unter- stützten das Argument der Staats- anwaltschaft, betrügerisch ab- rechnende Kassenärzte hätten nicht etwa deswegen einen An- spruch auf Schutz vor strafrecht- licher Verfolgung, weil diese gro- ßen Aufwand verursacht. Man müsse auch klar sehen, daß die Sache ohne das vorhandene Prüf- system gar nicht aufgefallen wäre.

Beiden Ärzten ist inzwischen be- reits die Kassenzulassung entzo- gen worden, und beide haben ihre Praxen geschlossen. gb

DEUTSCHES itß.ZTEBLATT

THEMEN DER ZEIT

Auf dem Wege zu einer

ärztlichen Indikation

Notlagenindikation zum Schwangerschaftsabbruch aus der Sicht eines

gewandelten ärztlichen Selbstverständnisses

Herwig Poettgen

Seit der Reform des § 218 StGB im Juni 1976 ist die Diskussion um die sogenannte Notlagenindika- tion nie zur Ruhe gekommen.

Konservative Kreise erblicken darin jenen "Gummiparagra-

phen", durch den die Fristenlö-

sung nun doch via Hintertürchen praktiziert werden könnte, pro- gressive Gruppen, vor allem auch die autonome Frauenbewegung, sehen in der Forderung des Ge- setzgebers nach dem Rechtferti- gungsbeweis für eine Notlage ei- ne unzumutbare Demütigung und Einengung der Autonomie für die betroffenen Frauen. Einen neuen Akzent hat die Auseinanderset- zung um die umstrittene Notla- genindikation in jüngerer Zeit da- durch erfahren, daß Bürger unse- res Landes mit der Begründung, sich mit ihren Krankenkassenbei- trägen nicht an Schwangerschafts- abbrüchen beteiligen zu wollen, sich an die Behörden gewandt und auch Klagen bei Gericht an- gestrengt haben.

Die Begründungen zu diesem Vorgehen weisen ein sehr unein- heitliches Motivationsgefüge auf.

Allen Interventionen gemeinsam ist jedoch, daß sich die Verweige- rung der Finanzierungen von Schwangerschaftsabbrüchen le- diglich auf die Notlagenindikation fokussiert. Das läßt die Frage auf- kommen, ob denn den einzel- nen Indikationsbereichen unter- schiedliche ethische Bewertun- gen unterstellt werden dürfen. Die sittliche Rechtfertigung für einen Schwangerschaftsabbruch befin-

det sich jedoch im Rahmen der vier Indikationsbereiche (medizi- nische; kriminologisch-ethische; kindlich-eugenische; Notlage) bei jeder dieser einzelnen Indikatio- nen in den gleichen Schwierig- keiten, da es in jedem Falle um die Grundkonflikte des Tötens und der Güterabwägung geht. Es ergibt sich also die Frage:

..,.. "Warum richtet sich der An- griff speziell gegen die Notlagen- indikation?"

Das kann doch nur damit zusam- menhängen, daß man sie nicht als Indikation für einen Schwanger- schaftsabbruch definieren und anerkennen kann. Dieses Defizit an Vorstellungsvermögen hin- sichtlich der Notlagenindikation ist freilich nicht verwunderlich, denn Protokolle aus Schwanger- schaftskonfliktberatungen, die ei- ne schwere Notlage beschreiben, gelangen ja verständlicherweise nicht an die Öffentlichkeit und da- mit nicht in die Massenmedien.

Und einschlägige wissenschaft- liche Veröffentlichungen werden nur von wenigen gelesen. Infor- mationsdefizite leisten jedoch Vermutungen, Spekulationen und Projektionen mit ihren Unterstel- lungen Vorschub. Nun könnte man hingehen und Fallgeschich- ten aus der Schwangerschafts- konfliktberatung anführen, die den Charakter der Notlagenindi- kation veranschaulichen. Dem wird jedoch erfahrungsgemäß von Befürwortern einer restriktiven 1918 (24) Heft 24 vom 15. Juni 1984 81. Jahrgang Ausgabe A

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