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Archiv "Die Beckenkamm-Nadelbiopsie: I." (24.02.1984)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

AUSSPRACHE

Die Knochenmarkbiopsie ist nicht ganz so neu, noch ist ihre Anwen- dung so selten, wie es dem allge- meinärztlichen Leser dieses Über- sichtsaufsatzes scheinen mag. Sie ist im Zuge der Weiterentwicklung der klinischen Hämatologie und Osteologie bereits in den fünfzi- ger Jahren etwa gleichzeitig in Deutschland, Frankreich, den USA und Skandinavien durch neue Methoden verbessert wor- den; in Deutschland zuerst von Bartelheimer und Schmidt-Rohde und von Burkhardt.

Angesichts eines Jahresdurch- schnitts von 3500 histologisch un- tersuchten Knochenmarkbiopsien allein an unseren Abteilungen — die Zahlen etwa von Hannover, Kiel, Köln, Ulm, Freiburg, Wiesba- den und Berlin sind mir nicht be- kannt — kann wohl von einer „Zu- rückhaltung gegenüber der Kno- chenmarkbiopsie" nicht mehr ge- sprochen werden. Deutlich ange- sprochen werden sollte aber ein Umstand, der sicher nicht überall bekannt ist: Durchschnittlich 18 Prozent der uns eingesandten Stanzbiopsien sind aus techni- schen Gründen entweder gar nicht oder nur eingeschränkt aus- wertbar. Auch bezüglich der Indi- kationsstellung herrscht noch manche Unsicherheit.

Deshalb ist es jetzt nötig, den Indi- kationsbereich der Histobiopsie gegenüber der Aspirationsbiopsie klar abzugrenzen und vor allem die besorgniserregend hohe Zahl der eingesandten Fehl- oder Bei- nahe-Fehlbiopsien zu verringern.

Eine Stellungnahme zum ersten Punkt würde den Rahmen dieser Zuschrift überschreiten. Nur eine

Bemerkung sei erlaubt: Natürlich liegt es nicht am „kompakten Zelt- material", wenn bei zeltreichen Leukämien kein Knochenmark durch Aspiration gewonnen wer- den kann.

Zum zweiten Punkt: Es trifft nicht zu, daß Beckenkammbiopsien mit einem Durchmesser von 4-5 mm auch nur in irgendeiner diagnosti- schen Routine gleichwertig durch solche von kleinerem Kaliber er- setzt werden können, solange der Beurteilungsmaßstab für diagno- stische Eingriffe das optimale Ver- hältnis zwischen Belastung der Kranken und diagnostischer Aus- sage bleibt. Unter insgesamt 32 800 hier dokumentierten Bek- kenkammbiopsien befinden sich rund 15 000 Myelotomien (= Fräs- biopsien) und 18 000 Stanzbiop- sien. Die Zahlen der aus techni- schen Gründen nicht auswertba- ren Biopsien betragen 175 bzw.

1850, d. h. etwa die 10fache Zahl der kleinkalibrigen Stanzbiopsien wurde vergebens durchgeführt.

Der dadurch verursachte materiel- le Verlust dürfte zunächst die Ko- stenträger interessieren. Vor al- lem aber sollte hier von der Ge- fährdung und der vergeblichen Belastung der Kranken die Rede sein, denen man auch keineswegs unbedenklich zur Erhöhung der diagnostischen Ausbeute eine beidseitige Stanzbiopsie zumuten sollte. Eine Beckenkammbiopsie, die nur Weichteile oder Knochen- rinde enthält, weil sie daneben gegangen ist, belastet den Kran- ken und das histologische Labor.

Im übrigen ist sie wertlos. Noch viel häufiger aber kommen zu kleine, oder gequetschte und viel- fach zertrümmerte Stanzbiopsien vor. Sie strapazieren obendrein die Zeit und das Gewissen des Be-

urteilers durch ein hohes Risiko von Fehldiagnosen und -behand- lungen.

Die Behauptung, „ ... ist der dia- gnostische Aussagewert einer durch Punktion gewonnenen Na- delbiopsie einer Beckenfräse mit Sicherheit gleichwertig", ist irre- führend, weil sie sich auf die Aus- nahme und nicht auf die Regel be- zieht, und weil sie den immer noch großen Unterschied zwi- schen Stanz- und Feinnadelbiop- sie verschweigt. Es ist inkonse- quent, einerseits Unterschiede zwischen größeren Fräs- und klei- neren Stanz-Biopsien zu bagatel- lisieren und andererseits zu beto- nen, wie unvorteilhaft die histolo- gische Beurteilung von kleinen Gewebsbröckeln des Knochen- markes, aber wie wertvoll die „hi- stomorphometrische Analyse der Knochenmorphologie" ist, deren Durchführung doch ausschließ- lich auf großflächige Biopsien an- gewiesen ist.

Schlicht falsch sind einige An- gaben zur „Plastikeinbettung"

(Burkhardt, 1966) und zur Myelo- tomie-Methode (Burkhardt 1956, 1966).

O Die Verarbeitung von Becken- kammbiopsien zu unentkalkten und gefärbten Semidünnschnit- ten, unbestritten die Methode der Wahl, erfordert insgesamt 5 Tage und nicht, wie die Verfasser mei- nen, „eine Woche länger als ... "

(Burkhardt 1970, 1981, 1983, Burk- hardt et al 1977, 1978).

• Die Myelotomie ist kein aus- schließlich stationär durchzufüh- render Eingriff. Sie kann in allen Fällen auch ambulant durchge- führt werden, wenn eine Sternal- punktion unter denselben Bedin- gungen zugemutet werden könn- te (Burkhardt 1970, 1981).

(1)

Mögliche Blutungs- und Infek- tionskomplikationen betreffen so gut wie immer schwerkranke sta- tionäre Patienten. Unter 6000 Myelotomien der ersten Serie wa- ren 0,4 Prozent von Nachblutun-

Die Beckenkamm-Nadelbiopsie

Zu dem Beitrag von Dr. med. Christian Manegold

und Professor Dr. med. Burkhard Krempien in Heft 37/1983

524 (76) Heft 8 vom 24. Februar 1984 81. Jahrgang Ausgabe A

(2)

gen und 0,7 Prozent von Infektio- nen betroffen (Burkhiudt 1979).

Entsprechende Zahlen für die Stanzbiopsie sind uns nicht be- kannt.

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Die "chirurgischen Bedingun-

gen" für eine Myelotomie (Burk-

hardt 1970, 1981) unterscheiden sich in nichts von der Stanzbiop- sie, wie sie die Verfasser be- schreiben.

Nach unserer Erfahrung wird die Beckenkammbiopsie gegenwär- tig weniger zu selten als zu unge- zielt veranlaßt Wüßten aber alle Patienten und ihre behandelnden Ärzte, wie viel von wenigen zu- sätzlichen mm2 beurteilbarer Ge- websfläche in den Fällen abhän- gen kann, in denen es auf die hi- stologische Aussage genau an- kommt, sie würden die geringe Mehrbelastung eines größeren Eingriffs gern auf sich nehmen. Es darf doch nicht wahr sein, daß uns minimale, jedoch maßtechnisch erfaßbare Verbesserungen tech- nischer Diagnoseverfahren Millio- nen wert sein sollten - aber die Präzision einer hochspezifischen mikroskopischen Diagnose, von der das Schicksal eines Patienten unmittelbar abhängen kann, noch nicht einmal einen geringen appa- rativen und zeitlichen Mehrauf- wand. Der zitierte Aufsatz weist in die falsche Richtung.

Professor Dr. Rolf Burkhardt Abteilung für Knochenmarks- diagnostik an der

Medizinischen Klinik Innenstadt der Universität München

Klinikpavillon, Ziemssenstraße 1

8000 München

II.

Zu dem übersichtlichen und le- senswerten Artikel über Indikation und Methodik der Beckenkamm- Nadelbiopsie seien einige Anmer- kungen gestattet:

Die Knochenmarkbiopsie ist si- cher nicht in jedem Falle, wie von den Autoren behauptet, der Kno-

DEUTSCHES

~ZTEBLATT

Chanmarkaspiration hinsichtlich ihrer diagnostischen Aussagekraft überlegen.

~ So gilt bei den akuten Leuko- sen die Knochenmarkaspiration nach wie vor als Methode der Wahl, da sie zum einen in kürze- ster Zeit (etwa innerhalb einer Stunde) eine Diagnosestellung er- laubt, und zum anderen sowohl für die Beurteilung der Einzelzell- morphologie als auch für die not- wendigen Enzymfärbungen bes- sere Voraussetzungen bietet.

~ ln Fällen von Granulozytope- nien, Thrombozytopenjen oder der Polyzythämie stellt die Kno- chenmarkbiopsie allenfalls eine komplementäre Untersuchungs- methode zur Ausstrichdiagnostik dar (1 ).

~ Für die Verlaufskontrolle der chronisch-lymphatischen Leuk- ämie ist im allgemeinen die Aspi- rationszytologie völlig ausrei- chend, um für die Therapie ent- scheidende Erkenntnisse (z. B.

Einordnung einer während des Verlaufs auftretenden Thrombo- zytopenie) zu gewinnen.

Durch kombinierte Anwendung der Knochenmarkbiopsie und -aspiration, die ohne wesentliche Mehrbelastung des Patienten nacheinander am Beckenkamm durchgeführt werden können, läßt sich die diagnostische Treffsi- cherheit gelegentlich erhöhen.

Insbesondere bei einigen der oben erwähnten hämatologischen Krankheitsbilder empfiehlt sich zunächst die Markaspiration als der geeignetere und weniger ein- greifende diagnostische Schritt.

Im Falle einer Punctio sicca kann dann sofort die Nadelbiopsie an- geschlossen werden.

Es hat sich, im Gegensatz zu der von den Autoren Manegold und Krempien empfohlenen Methode, bewährt, die Beckenkammbiopsie in Bauchlage und nicht in Seiten- lage des Patienten durchzufüh- ren, damit die unter Umständen

Beckenkamm-Nadelbiopsie

beträchtliche Krafteinwirkung durch die möglichst feste Unterla- ge aufgefangen wird (2).

Ein mit der Jamshidi-Nadel ge- wonnener Knochenzylinder von durchschnittlich 3 mm Dicke und 15 mm Länge birgt mit Sicherheit nicht ca. 1/1000 der Knochen- markgesamtmenge, sondern mehr als eine Größenordnung weniger:

allenfalls 1/25 000 des Gesamt- knochenmarks oder 1/15 000 des hämepoetischen Marks (3).

Literatur

(1) Das Knochenmark, Hrsg. W. Queisser, Ge- erg Thieme Verlag, Stuttgart (1978)- (2) Bege- mann: Atlas der Hämatologie, Springer-Ver- lag, Berlin (1981)- (3) Geigy- Wissenschaft- liche Tabellen, 8. Aufl. Ciba-Geigy (1979)

Dr. med. G. Kanzow Medizinische

Universitäts-Poliklinik

Wilhelmstraße 35-37 5300 Bonn 1

111.

Ergänzend zur Arbeit Manegold und Krempien macht uns Dr. med.

H. Stadtlaender, Arzt für Allge- meinmedizin, Werksarzt der Volkswagenwerke AG, 3180 Wolfsburg 1, unter Beifügung ei- nes längeren Manuskripts darauf aufmerksam, daß er eine Arbeit über ein von ihm entwickeltes Trepanationsgerät für den Bek- kenkamm bereits im "Deutschen Gesundheits-Wesen" 28, Heft 8, Seite 341-344 (1973) veröffent- licht hat. Die Redaktion

Schlußwort

Wir danken den Herren Burkhardt und Kanzow für ihre kritischen Bemerkungen und möchten gleichzeitig in der gebotenen Kür- ze dazu Stellung nehmen.

Es war u. a. die Absicht der Auto- ren, auf eine einfache, risikoarme Methode der Knochenmarkunter- suchung hinzuweisen, einer Na- delbiopsiemethode, die inzwi- schen weltweit Anwendung fin- Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 8 vom 24. Februar 1984 (79) 525

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