Zeitschrift für Allgemeinmedizin 8/94
70. Jahrgang • Heft 8 • 20. April 1994
Interview:
Das Risiko bei linksven
trikulärer Dysfunktion senken!
Kinder mit Teil
leistungsstörungen erleben ständig
Mißerfolge...
Schulphobie - mit Schuleschwänzen nicht
zu verwechseln!
Schreien, schlagen, stehlen: was ist los mit
aggressiven Kindern?
Frühzeitiger Therapie
beginn bei kindlichen Zwangsphänomenen
Ultraschallphänomene:
Schienenstrang
phänomen Forum Qualität:
teilnehmende Beobach
tung
HIPPOKRATES VERLAG GMBH STUTTGART
-
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Kassen rezep^
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: bei Sinusitis unpl Bronchitis
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Wieder frei atmen!
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mindestens 75 mg ü 75 mg Qneol und 20 mg «-Pinea Kapseln Irodten und nicM über 25* C lagern!
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gungen das Arzneimittel insbesondere in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft nur auf ausdrückliche Anweisung des Arztes eingenommen wer
den. Nebenw.: In Einzelfällen können Unverträglichkeitserscheinungen im Magen-Darm-Bereich hervorgerufen und vorhandene Nieren- und Gallensteine in Bewegung gesetzt werden. Wechselw.: Keine bekannt. Dos./Anw.: Bei akuten entzündlichen Krankheitsbildern 3 bis 4 mal täglich 1 Kapsel 1/2 Stunde vor dem Essen mit einem kalten Getränk, die letzte Dosis vor dem Schlafengehen zur Erleichterung der Nachtruhe
einnehmen. Zur Weiter- beziehungsweise Dauerbehandlung nehme man 2 mal 1 Kapsel täglich ein. Kinder unter 10 _ .pj
Jahren nehmen die Hälfte der Erwachsenendosis. Handelst.: NI 20 Kapseln DM 8,75; N2 50 Kapseln DM 19,88; X OHL JjOSKAMP
N3 100 Kapseln DM 35,35; Klinikpackungen. G. Pohl-Boskamp GmbH & Co., 25551 Hohenlockstedt. (1.94/3043).
Glosse —
»Man lebt, man stirbt, welche Rolle spielt der Wille bei aiiedem?«
So fragt der Schriftsteller, Surrealist Antonin Artaud. Und gleichzeitig stellt er fest: »Das Leben ist keine Lösung, das Leben hat keinerlei Art von gewählter, zugestimmter, determinierter Existenz.«
Konfrontiert im Alltäglichen oder gar in der Sprechstunde mit den Proble
men unserer Kinder und Jugendlichen, von denen einige in diesem ZFA- Heft besprochen werden, könnten wir uns dieser Meinung, diesem Gefühl anschließen.
Alles nur zufällig? Alles Ergebnisse der Umstände? Was steckt beispiels
weise hinter einer Schulverweigerung? Dem Schuleschwänzen? Auch wenn wir es uns nicht so leicht machen, die Analysen des psychosozialen Umfel
des mit neurologischen und psychiatrischen Überprüfungen werden sicher zu Hilfen und einem umfassenden Behandlungskonzept führen können.
Dennoch bleibt aber ein Rest Unsicherheit, Zweifel an unserem Wissen, denn vielleicht sind es gar nicht sosehr die äußeren Umstände.
Von woher können wir Lösungen erwarten? Für diesen Krankheitsbereich wohl am ehesten aus molekularbiologischen Forschungen, so daß sich am Ende die eine oder andere Verhaltensstörung als Folge molekularpatholo
gischer Vorgänge wird erklären lassen.
Doch bis wir hier Ergebnisse sehen, die dann auch eine gezielte Behandlung ermöglichen werden, sind wir auf unsere Beobachtungen und Erfahrungen angewiesen, so wie sie praxisnah und von Experten in diesem Heft für uns dar gestellt sind.
Ihr
Dr. med. W. Mahringer Schelztorstr. 42
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Hippokrates Verlag GmbH Stuttgart 70. Jahrgang, Heft 8
Gastkommentar
Schul- und erziehungsschwierige Kinder
und Jugendliche in der Sprechstunde 271 G. Nissen
Schwerpunkt
Das schwachhegahte Kind W. V. Suchodoletz
273
Das überängstliche Kind G. Lehmkuhl und U. Doll
278
Das aggressive Kind A. Warnke
284
Das perfektionistische Kind G. Klosinski
291
Service Box 277
Therapiestudie
Die Analfissur
M.K. Koudaimi und F. Beersiek
305
Praxiskolleg
Optimierung der TheophyUintherapie (2) 307
Interview
Therapie der Herzinsuffizienz Ein Interview mit F. X. Kleher
308
Serie
Ultraschallphänomene (35):
Schienenstrangphänomen H. D. Bundschu
310
Online -7-
Magazin 296
Pharma News 300
Kongreß extra 311
Kongreßherichte 302
Forum Qualität 313
Medizinische Raritäten -55-
Impressum -37-
-
5
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{•und verwandte Verbindungen, berechnet auf Hypericin).
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terium, nervöse Unruhe und Erschöpfung, Wetterfühlig
keit, Migräne, vegetative Dystonie.
Tropfen in der Kinderpraxis: Enuresis, Stottern, psychi
sche Hemmungen, Reizüberflutungssyndrom.
Gegenanzeigen: Keine.
Nebenwirkungen: Photosensibilisierung ist möglich, insbesondere bei hellhäutigen Personen.
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fen vor dem Essen in etwas Flüssigkeit einnehmen.
Hyperforat-Dragees: 2-3 x täglich 1-2 Dragees vor dem Essen einnehmen. Zur Beachtung: Bei Kindern entspre
chend geringer dosieren. Häufig ist eine einschleichende Dosierung besonders wirksam.
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-
6
- InhaltVermutlich hat jedes Kind irgendwann einmal Angst vor der Schule oder weigert sich hinzuge
hen. Bei manchen Kindern geht das allerdings weiter: Kennen Sie Unterscheidungsmerkmale zwischen Schulangst, Schulphobie und
Schuleschwänzen ? Das überängstliche Kind - Angstanfälle und Formen der Schulverweigerung
Seite 278
r
Weshalb verhalten sich manche Kinder besonders aggressiv gegenüber Mitmen
schen, Tieren oder Sachen? Anscheinend sind u.a. frühkindliche Deprivation und soziale Isolierung mit dem Risiko aggres
siver Verhaltensentwicklung verknüpft.
Aber auch andere Faktoren scheinen eine Rolle zu spielen, beispielsweise das Fern
sehen ...
Das aggressive Kind Seite 284
»Eine eigene Studie hat gezeigt, daß wir bei Herzinsuf
fizienz in den Prozeß der Kammervergrößerung tat
sächlich sehr gut eingreifen können. Nach einem Jahr Behandlungszeit bei leichter Herzinsuffizienz hatten 23% der Patienten eine terminale Herzinsuffizienz entwickelt. Unter Zugabe eines ACE-Hemmers waren es nur 10%« - so Dr. med. Franz Kleber aus der Charite in einem aktuellen Interview.
Therapie der Herzinsuffizienz Seite 308
Abbildungen:
Titelbild: J. Buck
Seite -6- oben W. Gorski, Mitte A. Schwenkei, unten U. Lärz
online *** online *** online ***
-7
-Stillen kontraindiziert bei Silikon-Brustimpiantaten?
Frauen mit Silikon-Brustimplantaten ha
ben ein erhöhtes Risiko, an rheumati
schen Störungen, insbesondere an Sklerodermie zu erkranken. Pathophy- siologischer Auslöser könnten dabei Im
munreaktionen auf Substanzen, die dem Plantat entweichen, sein. In einer Fall- Kontroll-Studie wurde nun festgestellt, daß auch gestillte Kinder von Müttern mit Silikon-Brustimplantaten skleroder
mieartige Veränderungen entwickeln können. 11 Kinder (Durchschnittsalter 6 Jahre, 8 gestillt) von 6 Müttern mit Im
plantaten wurden mit 17 Kindern (Durch
schnittsalter 11 Jahre) verglichen, deren Mütter keine Silikonimplantate hatten.
Alle Kinder befanden sich wegen ga
strointestinaler Beschwerden wie Erbre
chen, Dysphagie oder irritablem Kolon in Behandlung. Die Ösophagusmanometrie ergab, daß 6 der gestillten Kinder von Müttern mit Silikonimplantaten eine deutlich abnorme Ösophagusmotilität be
saßen. In den distalen zwei Dritteln der Speiseröhre war praktisch keine Peristal
tik vorhanden, außerdem war der Sphink
terdruck erniedrigt. Eine Kontrollunter- suchung nach 10 Monaten erbrachte kei
nerlei Veränderung dieser Befunde. Die nichtbrustgestillten und die Kontrollkin- der zeigten diese Veränderungen nicht.
Bezüglich der Bildung von Autoantikör
pern konnten keine Unterschiede zwi
schen den Gruppen festgestellt werden.
Auch andere Sklerodermiesymptome wurden nicht gefunden. (ChR) Levine. J., et ai: Sclerodermalike eso
phageal disease in children breastfed by mothers with silicone breast implants.
JAMA 1994; 271: 213-216.
Endoskopisches Screening durch Krankenpflegepersonal
Das Kolonkarzinom ist unter den kar
zinombedingten Todesursachen eine der häufigsten. Zur Erfassung von Dickdarm
polypen und Tumoren in möglichst frü
hem Stadium wird vielfach ein endosko
pisches Screening aller über 50jährigen empfohlen. Ein breites Screening schei
tert aber bislang u. a. am Mangel an spe
ziell ausgebildeten Untersuchern und an den Kosten. Daß solch ein Screening statt durch Ärzte auch durch geschulte Kran
kenschwestern durchgeführt werden kann, zeigt eine US-amerikanische Stu
die. Vier examinierte Krankenschwe
stern erlernten die Technik der Sigmoi
doskopie einschließlich der Entnahme von Biopsien. In einem Kollektiv ambu
lanter Patienten im Alter über 45 Jahren führten diese Schwestern 1881 Untersu
chungen selbständig durch, während 730 Patienten durch zwei Gastroenterologen untersucht wurden. Es traten keinerlei Komplikationen auf. Die Enterologen führten das Sigmoidoskop im Schnitt et
was weiter ein (48 statt 46 cm bei Män
nern, 41 statt 38 cm bei Frauen), doch war der Unterschied nicht signifikant.
Adenome wurden von den Schwestern und den Enterologen gleich häufig gefun
den. Ärztlich koloskopierte Patienten hat
ten häufiger Darmkrämpfe als die von den Schwestern untersuchten Patienten.
Kontrolluntersuchungen nach minde
stens 12 Monaten wurden von diesen Pa
tienten häufiger wahrgenommen als von den ärztlich koloskopierten Patienten (45 bzw. 30%). Es gab keinen Hinweis dar
auf, daß die erfahrenen Gastroenterolo
gen effektiver koloskopierten als die Schwestern. Die Äutoren halten ein breit angelegtes Koloskopie-Screening durch geschulte Krankenschwestern für über-
legenswert. (ChR)
Maule, W. F.: Screening for colorectal cancer by nurse endoscopists. N. Engl. J.
Med. 1994; 330: 183-187.
Schwierige Diabetes-Therapie bei ausländischen Patienten
Die Betreuung ausländischer Patienten mit Diabetes kann sich mitunter schwie
rig gestalten. Abgesehen von Kommuni
kationsproblemen können kulturelle oder religiöse Gewohnheiten eine Therapie des Typ-II-Diabetes beeinträchtigen. Am Beispiel asiatischstämmiger Briten — Mo
slems, Sikhs und Hindus — werden der
artige Schwierigkeiten deutlich. Asiati
sche Kost wird gemeinhin als fettarm an
gesehen. Tatsächlich gilt es aber als Zei
chen von Wohlstand, wenn Speisen mit einer Schicht von Ghee (Butterschmalz) gekrönt werden können. Auch Fettleibig
keit wird positiv als Zeichen von Gesund
heit und Reichtum angesehen. Das bes
sere Einkommen ermöglicht den Indern in Großbritannien einen wesentlich hö
heren Fettkonsum als in ihrer Heimat.
Ein Umstellen von Ghee auf mehrfach ungesättigte Fettsäuren ist oft nur schwer vermittelbar. Die Familienbeziehungen asiatischer Briten sind meist sehr eng, gegenseitige Besuche finden so oft wie möglich statt, nicht selten täglich. Dabei werden Gäste genötigt, etwas zu sich zu nehmen, meist Süßigkeiten. So verwun
dert es nicht, daß auch der Zuckerkon
sum dieser Bürger vielfach höher ist, als es Ärzte vermuten. Längere Äufenthalte bei Verwandten in der Heimat können die Blutzuckerkontrolle erheblich beein
trächtigen. Zumal in der Heimat oft tra
ditionelle Heiler aufgesucht werden, de
ren Ratschläge einer Diabetes-Therapie zuwider laufen können. Während bei Hindus und Sikhs die Religion die Kon-
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BASF Pharma
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knoll-
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-online *** online *** online *** online *** online
trolle eines Diabetes in der Regel nicht beeinträchtigt, können bei Moslems Schwierigkeiten auftreten: Pilgerfahrten nach Mekka und die jährliche Fastenpe
riode, der Ramadan, können eine Medi- kamenten-Compliance und das Befolgen diätetischer Ratschläge erheblich er
schweren. Abgesehen von kulturellen Faktoren erschweren im allgemeinen hohe Arbeitslosigkeit, schlechte Wohn
bedingungen und niedriger Bildungs
stand therapeutische Bemühungen. Auch rassistische Vorurteile behandelnder Ärzte beeinträchtigen vielfach die Arzt- Patient-Beziehung. (ChR) Hawthorne, K., et al.: Cultural und reli
gious influences in diabetes care in Great Britain. Diabetic Med. 1993; 10: 8-12.
Präoperative Chemotherapie bei Lungenkarzinom
Der Erfolge chirurgischer Behandlungen nicht-kleinzelliger Lungenkarzinome sind begrenzt. Der Nutzen präoperativer Chemotherapie ist dabei umstritten, er wurde allerdings in kontrollierten Stu
dien bislang kaum untersucht, ln einer randomisierten Studie wurden je 30 Pa
tienten mit nicht-kleinzelligem Lungen
karzinom im Stadium lllA entweder so
fort chirurgisch oder zunächst chemo
therapeutisch behandelt, ln dreiwöchi
gem Abstand erhielten letztere Patienten ambulant dreimal Infusionen mit Mitomycin+Ifosfamid+Cisplatin und wurden 4-5 Wochen danach operiert.
Die Patienten beider Gruppen wurden etwa ab der 4. postoperativen Woche mediastinal bestrahlt. 27 der vorbehan
delten Patienten wurden operiert. Eine komplette Tumorresektion gelang bei 23 dieser Patienten und bei 27 der sofort operierten Patienten. 56% der vorbehan
delten und 74% der sofort operierten Pa
tienten bekamen ein Rezidiv. Die mittlere krankheitsfreie Überlebenszeit betrug bei den chemotherapeutisch vorhehan- delten Patienten 20 (12-30) Monate und bei den sofort operierten 5 (4-7) Monate (p< 0,001), die Gesamtüberlebenszeit 26 (16-34) bzw. 8 (7-10) Monate (p< 0,001). Dieser signifikante Unter
schied bestand unabhängig vom Alter der Patienten, histologischem Typ, Sitz und Größe des Tumors. Eine präoperative Chemotherapie kann also die mittlere Üherlebenszeit bei Patienten mit nicht
kleinzelligem Lungenkarzinom deutlich
verlängern. (ChR)
Rosell, R., et al.: A randomized trial com
paring preoperative chemotherapy plus surgery with surgery alone in patients with non-small-cell lung cancer. N. Engl.
J. Med. 1994; 330: 153-158.
BGA ordnet Quarantäne
lagerung von Blutzu
bereitungen an
Für lagerfähige Blutzubereitungen, die keinem Verfahren zur Viruseliminierung oder -inaktivierung unterzogen werden, hat das BGA eine Quarantänelagerung jeder Einzelspende angeordnet. Nach Ablauf der Quarantänefrist darf die Blut
zubereitung erst auf den Markt gebracht werden, wenn eine erneute Blut-/Plas- maprobe des Spenders sich als frei von bestimmten Infektionsmarkern — Anti
körper gegen HIV-1 und HIV-2, gegen Hepatitis-B- und C-Viren, HBsAg - er
wiesen hat. Betroffen von dieser Anord
nung sind rund 80 pharmazeutische Un
ternehmen. Sie sollen die angeordneten Sicherheitsvorkehrungen »schnellstmög
lich« Umsetzen. Spätestens ab 1. Januar 1995 ist eine viermonatige und späte
stens ab 1. Juli 1995 eine sechsmonatige Quarantänelagerung sicherzustellen.
Zu den betroffenen Blutprodukten rech
net das BGA »vorerst« gefrorene bzw.
gefriergetrocknete Frischplasmen, die keinem Virusinaktivierungsverfahren unterzogen wurden, sowie tiefgekühlte zelluläre Blutbestandteile. »Eine Ausdeh
nung auf andere, auch inaktivierte Pro
dukte wird z. Zt. geprüft.«
Nach gegenwärtigem Erkenntnisstand erscheint eine sechsmonatige Quarantä
nezeit als geeignet, rund 95% der zum Zeitpunkt der Spende noch nicht erkenn
baren HIV- und Hepatitisinfektionen zu entdecken. Es muß gleichzeitig der Tat
sache Rechnung getragen werden, daß die Blutzubereitungen teilweise nur eine Haltbarkeit von maximal 12 Monaten ha
ben. Die Übergangsfrist bis Ende des Jahres soll es den pharmazeutischen Un
ternehmen ermöglichen, ihre räumlichen und organisatorischen Probleme zu lö
sen. Ab wann Präparate aus quarantäne
gelagertem Bestand ausgeliefert werden, sollen die Pharmaunternehmen »recht
zeitig« mitteilen. (ChR)
Die ZFA-Jahresverzeichnisse 1993 sind fertig! Wenn Sie möchten, daß wir Ihnen ein Inhaltsverzeichnis des Jahrgangs 1993 der ZFA zu
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gen: Überempfindlichkeit gegen Cilazapril. Angioneurotisches Odem (auch in der Anamnese). Nierenarterienstenose (beidseitig oder bei Einzelniere). Zustand nach Nierentransplantation. Hämody- namisch relevante Aorten- oder Mitralklappenstenose bzw. hyper
trophe Kardiomyopathie. Primärer Hyperaldosteronismus. Schwan
gerschaft, Stillzeit. Mangels Therapieerfahrungen: renale Hyperto
nie, schwere Nierenfunktionsstörungen (Kreatinin-Clearance <
40 ml/min), Dialyse, primäre Lebererkrankung oder Leberinsuffi
zienz, unbehandelte, dekompensierte Herzinsuffizienz, obstruktive Atemwegserkrankungen, Kinder. Kritische Nutzen-Risiko-Abwä- gung bei Proteinurie (< 1 g/Tag), klinisch relevanten Elektrolytstö- mngen, gestörter Immunreaktion oder Kollagenkrankheiten und bei gleichzeitiger immunsuppressiver Therapie. Hinweis: Zu Therapie
beginn intensive Übera/achung von Blutdruck und/oder repräsen
tativen Laborparametern bei Patienten mit Salz- und/oder Flüssig
keitsmangel, bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion (Do
sisreduktion I), bei Patienten mit schwerer Hypertonie, bei Patienten mit gleichzeitig vorhandener Herzinsuffizienz, bei älteren Patienten (> 65 Jahre). Während Therapie keine Dialyse oder Hämofiltration mit Polyacrylnitril-methallylsulfonat-high-flux-Membranen. Ne
benwirkungen: Herz, Kreislauf: Gelegentlich zu Therapiebeginn, sowie bei Salz- und/oder Flüssigkeitsmangel (z. B. Diuretika- Vorbe
handlung), Herzinsuffizienz, schwerer Hypertonie und bei Erhöhung der Diuretika- und/oder Cilazapril-Dosierung, zu starker Blutdruck
abfall (incl. orthostatische Hypotonie), mit Schwindel, Schwächege
fühl, Sehstörungen, selten mit Synkope. Einzelfälle: Tachykardie, Palpitationen, Herzrhythmusstörungen, Angina pectoris, Myokardin
farkt, TIA, cerebraler Insult. Niere: Gelegentlich Auftreten oder Ver
stärkung von Nierenfunktionsstörungen, in Einzelfällen akutes Nie
renversagen. Selten Proteinurie. Atemwege: Gelegentlich Husten, Bronchitis; selten Atemnot, Sinusitis, Rhinitis, vereinzelt Broncho
spasmus, Glossitis, Mundtrockenheit. FürACE-Hemmerin Einzelfäl
len beschrieben: angioneurotisches Ödem mit Beteiligung von Kehl
kopf, Rachen und/oder Zunge. Gastrointestinaltrakt: Gelegentlich gastrointestinale Störungen; selten Erbrechen, Durchfall, Verstop
fung, Appetitlosikeit, Für ACE-Hemmer in Einzelfällen beschrieben:
cholestatischer Iktems, Hepatitis, Pankreatitis, Ileus. Haut, Gefäße:
Gelegentlich allergische Hautreaktionen, selten Urtikaria, Pruritus oder angioneurotisches Ödem. In Einzelfällen schwere Hautreaktio
nen (z. B. Erythema multiforme). Hautverändemngen mit Fieber, My
algien, Arthralgien, \äskulitiden, Eosinophilie, Leukopenie und/oder erhöhten ANA-Titern. Für/tCE-Hemmer in Einzelfällen beschrieben:
psoriaiforme Hautveränderungen, Photosensibilität, Alopezie, Ony- cholyse, Verstärkung einer Raynaud-Symptomatik. Nervensystem:
Gelegentlich Kopfschmerzen, Müdigkeit, selten Benommenheit, De
pressionen, Schlafstörungen, Impotenz, Parästhesien, Gleichge
wichtsstörungen, Verwirrtheit, Ohrensausen, Geschmacksverände- rungenZ-verlust. Labor: Gelegentlich Abfall von Hämoglobin, Häma
tokrit, Leukozyten- oder Thrombozytenzahl. Selten /tnämie, Throm
bozytopenie, Neutropenie, Eosinophilie. Einzelfälle: Agranulozy- tose/Panzytopenie; Hämolyse/hämolytische Anämie (Zusammen
hang mit ACE-Hemmer nicht gesichert). Selten /Anstieg von Harn
stoff, Kreatinin oder Kalium (Diabetiker!), Abfall von Natrium. In Ein
zelfällen Erhöhung von Bilirubin und Leberenzymen. Hinweise: Bei notfallmäßiger Dialyse/Hämodialyse mit Polyacrylnitril-methallyl- sulfonat-high-flux-Membranen während Therapie mit Cilazapril, Gefahr anaphylaktoider Reaktionen bis hin zum lebensbedrohlichen Schock. Durch individuell auftretende unterschiedliche Reaktionen kann die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Straßenverkehr oder zum Bedienen von Maschinen beeinträchtigt werden. Dies gilt im verstärkten Maße bei Behandlungsbeginn und Präparatewechsel sowie im Zusammenwirken mit Alkohol. Wechselwirkungen: /tnal- getika, Antiphlogistika (z. B. Acetylsalicylsäure, Indometacin), Koch
salz (Blutdrucksenkung vermindert). Antihypertensiva (insb. Diure
tika), Narkotika, Anästhetika (Blutdrucksenkung verstärkt). Kalium, kaliumsparende Diuretika (z. B. Spironolacton, Amilorid, Triamteren) sowie andere Arzneimittel (z. B. Heparin) (Kaliumspiegel erhöht). Al
kohol (Wirkungsverstärkung von Alkohol). Lithium (Lithiumausschei
dung verlängert. Regelmäßige Kontrolle der Lithium-Serumkonzen
tration). Allopurinol, Zytostatika, Immunsuppressiva, systemische Corticoide, Procainamid (Leukopenie, Blutbildveränderungen ver
stärkt). Handelsformen und Packungsgrößen: Dynorm 0,5: 30 Filmtabletten DM 37,51; 50 Filmtabletten DM 58,39; 100 Filmtablet
ten DM 104,82. Dynorm 1,0:30 Filmtabletten DM 41,39; 50 Filmtab
letten DM 64,65; 100 Filmtabletten DM 115,86. Dynorm 2,5; 30 Filmtabletten DM 48,54; 50 Filmtabletten DM 75,75; 100 Filmtablet
ten DM 140,88. Dynorm 5,0: 30 Filmtabletten DM 65,91; 50 Film
tabletten DM 100,88; 100 Filmtabletten DM 189,76. Dynorm 0,5/
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hochdruck, hypertropher obstruktiver Kar
diomyopathie, Hyperthyreose, epilepti
schen Anfallsleiden, Magen- und Zwölf- fingerdarmgeschwür,Porphyrie (bestimm
te Stoffwechselstörung). Unilair sollte mit Vorsicht angewendet werden bei: Leber
und Nierenfunktionsstörungen, höherem Lebensalter (über 60 Jahre). Arzneimittel mitverzögerterTheophyllin-Freisetzung,wie Unilair, sind nicht zur Akutbehandlung des Status asthmaticus oder der akuten Bron- chospastik bestimmt. Anwendung in der Schwangerschaft und Stillzeit: Während der Schwangerschaft, besonders während der ersten drei Monate und während der Stillperiode, sollte Theophyllin nur bei zwingender Indikation verwendet werden.
Nebenwirkungen: Kopfschmerzen, Erre
gungszustände, Gliederzittern, Unruhe, Schlaflosigkeit, beschleunigter bzw. unre
gelmäßiger Herzschlag, Palpitationen, Blutdruckabfall, Magen-Darm-Beschwer- den, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, ver
stärkte Diurese. Veränderungen der Se- rumelektrolyte,insbesondere Hypokali- ämie, Anstieg von Serum-Calcium und -Kreatinin, sowie Hyperglykämie und Hyper
urikämie, gastroösophagealer Reflux auf
grund einer Relaxation des unteren Ösophagus-Sphinkters und mögliche nächt
liche Asthma-Provokation durch Aspiration.
Verschlimmerung einer fibrozystischen Mastopathie. Verstärkte Nebenwirkungen können infolge einer relativen Überdosie
rung (bei individueller Überempfindlich
keit) oder einer absoluten Überdosierung (Theophyllin-Konzentration im Plasma über 20 p^ml) auftreten. Vor allem bei erhöh
ten Theophyllin-Plasmaspiegeln von mehr als 20 können toxische Nebenwir
kungen wie Krampfanfälle, plötzlicher Blut
druckabfall, ventrikuläre Arrhythmien und schwere Magen-Darm-Erscheinungen (u.a.
gastrointestinale Blutungen) auftreten.
Uberempfindlichkeitsreaktionen gegen
über Theophyllin treten sehr selten auf.
Dosierung: Theophyllin ist individuell zu dosieren. Die Dosierung sollte idealer
weise anhand des Theophyllinspiegels im Plasma ermittelt werden. Je nach Lebens
alter sind folgende Erhaltungs-Dosierungen zu empfehlen: Unilair 200: Kinder von 6-8 Jahren (20-25 kg) 2-3 Kapseln täglich, Kinder von 8-12 Jahren (25-40 kg) 2-4 Kapseln täglich. Unilair 300: Kinder von 12-16 Jahren (40-60kg) 2-3 Kapseln täg
lich, Envachsene (60-70 kg) 2-3 Kapseln täglich. Unilair 450: Kinder von 12-16 Jahren (40-60 kg) 1-2 Kapseln täglich, Enwachsene (60-70 kg) 1-2 Kapseln täg
lich. Weitere Hinweise zur Dosierung ent
nehmen Sie bitte der jeweiligen Packungs
beilage. Art und Dauer der Anwendung:
Unilair soll nach den Mahlzeiten mit reich
lich Flüssigkeit eingenommen werden. Die Dauer der Anwendung richtet sich nach Art, Schwere und Verlauf der Erkrankung und wird vom behandelnden Arzt bestimmt.
Darreichungsform, Packungsgrößen und Preise: Unilair 200: 20 Retardkapsein (NI) DM 8,60; 50 Retardkapsein (N2) DM 19,50; 100 Retardkapsein (N3) DM 34,90; Unilair 300: 20 Retardkapsein (NI) DM 10,60; 50 Retardkapsein (N2) DM 23,60; 100 Retardkapsein (N3) DM 40,80; Unilair 450: 20 Retardkapsein (NI) DM 13,90; 50 Retardkapsein (N2) DM 29,90; 100 Retardkapsein (N3) DM 54,80. Stand: April 1994.
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zyten) und einen Anstieg der Leberenzyme, die im allgemeinen nach Absetzen des Medikamentes rasch abktingen. Bei Auftreten einer cholestatischen Hepatitis oder allergischen Erscheinungen wie Juckreiz oder Hautreaktion istLipidit sofort abzusetzen. Unter Langzeitbehandlung kommt es zu einem leichten Anstieg des Serumkreatinins. Eine wichtige, jedoch seltene Nebenwirkung ist eine Schädigung der Muskulatur, die mit Muskelschmerzen und Muskelkrämpfen einhergeht/n diesem Fall ist eine Bestimmung der Kreatinphosphokinase vorzunehmen. LipidiÜ verändert die Zusam
mensetzung der Gallennüssigkeit Ob unter einer Langzeitbehandlung mit Lipidif vermehrt Gallensteine auftreten ist umstritten. Wechselwirkungen:
Die Wirkung von Antikoagulantien vom Cumarin-Typ und von Antidiabetika kann verstärkt werden. Wegen der Gefahr einer Rhabdomylolyse soll LipidlF nicht mit HMG-CoA-Reduktasehemmem kombiniert werden. Dosierung: 1 Kap- sei täglich mit etwas Flüssigkeit zu einer der Mahlzeiten. Packungsgrößen und Preise: 30 Kapseln (N2) DM58,75; WO Kapseln (N3) DM 162,02; Anstalts- | pharma---g ° ” I packung. Stand 3/94. Fournier Pharma GmbH, 66280 Sulzbach
Gastkommentar
2:11:^271
Gerhardt Nissen
Schul- und erziehungs
schwierige Kinder und Jugend
liche in der Sprechstunde
Eine Erziehung, die nur erwünschte Effekte zeitigt, gibt es nicht, weil es weder ideale Eltern noch ideale Kinder gibt. Nietzsche artikulierte provozierend die These »Erziehung kann nur erreichen, über Vererbung zu täuschen«. Aber auch der Psychoanalyiker H. Hartmann sprach von »autonomen Ich-lnstanzen«, die sich der Fremdbestimmung entziehen, und Piaget be
stätigte, daß es nicht nur im kognitiven Bereich Gesetzmäßigkeiten im Ablauf der Entwick
lungsstadien gebe, vielmehr sei auch die emo
tionale Entwicklung in weiten Bereichen vor
gezeichnet, wenn auch nicht festgelegt.
Erziehung ist darauf ausgerichtet, Kinder auf das Leben vorzubereiten. Konflikte zwischen dem »Leben und der großen Arbeit« (Rilke) sind dadurch vorprogrammiert. Denn Kindheit und Jugendzeit waren zu keiner Zeit »verlo
rene Paradiese«, weil sie immer auch in der Realität angesiedelt waren. Deshalb benötigen Kinder nicht nur Eltern, die sie beschützen, sondern auch Eltern, die mit ihnen diskutieren und streiten und notfalls Grenzen setzen und Sanktionen verhängen. Erwünschte pädagogi
sche Effekte sind aus der Sicht der Eltern sol
che, die sie als Erwachsene für die Entwicklung ihres Kindes für vorteilhaft halten. Dazu gehört vor allem alles, was sozial anerkannt und er- folgs- und glücksorientiert ist. Unerwünschte Effekte sind, was sozial für den Erfolg nachtei
lig ist und die Lebens- und Genußfähigkeit be
einträchtigt.
Entwicklung ist ein Prozeß, der ein an das Lebensalter gebundenes, irreversibles Voran
schreiten beinhaltet. Wodurch die Entwicklung initiiert wird, was sie stimuliert und weshalb sie zielgerichtet und kontinuierlich verläuft, wird sehr kontrovers diskutiert.
Die Biologie betrachtet Entwicklung als Ände
rung des Phänotyps mit der Zeit. Die biologi
schen Entwicklungstheorien gehen von gene
tisch kodierten Sequenzen aus, die allein oder in Wechselwirkung von Umwelt und Anlage das Wachstum und die Reifung bestimmen.
Aus biologischer Sicht verfügt der Mensch über eine unvorstellbar große Anzahl molekularer Erbträger. Sie steuern nicht nur die körperli
che, sondern partiell auch die seelische Ent
wicklung. Unter den genetischen Kodierungen existieren dominante und weniger dominante Radikale, die sich entweder resistent gegen
über Manipulationen erweisen oder sich ver
ändern lassen. Zu den primären Radikalen ge
hören aus psychoanalytischer Sicht (H. Hart
mann) das Temperament, die Psychomotorik und die Intelligenz. Daneben gibt es jedoch eine große Anzahl von latenten Bereitschaften, die erst von der Umgebung geweckt und geför
dert werden müssen. Die Ethologen (Lorenz, Leyhausen) sprechen von »penolabilen« Merk
malen, die, um »periostabil« zu werden, einer milieureaktiven Verfestigung bedürfen. Das heißt, daß auch scheinbar »endogene« Persön- lichkeits- und Wesenszüge nicht definitiv vor
gegeben sind, sondern selektiv fixiert werden müssen, um wirksam werden zu können. Ent
wicklung wird aus dieser Sicht dennoch als ein vorwiegend spontaner und induktiver Prozeß gesehen, der allenfalls durch günstige oder un
günstige Umweltvariablen nur bedingt verän
dert werden kann.
Die Psychoanalyse (Freud) geht davon aus, daß jedes Kind mit einem bestimmten Quantum biologischer Energie, einer »Libido«, ausge
stattet ist, die für intrapsychische Trieb- und Antriebsvorgänge zuständig ist und sein Ver
halten zur Umwelt bestimmen. Für das Ver
ständnis einer gestörten Entwicklung, für die Ausformung bestimmter Symptome, für ihre Genese und ihre Therapie haben sich zahlrei
che psychoanalytische Behandlungsansätze bewährt. Durch Direktbeobachtungen von
Klinik für Kinder- und Jugendpsych
iatrie, Würzburg
Es gibt keine Erziehung, die nur erwünschte Effekte zeitigt
Kinder brau
chen auch Eltern, die dis
kutieren und notfalls Gren
zen setzen
Aus biologi
scher Sicht verfügt der Mensch über unvorstellbar viele moleku
lare Erbträger
Z. Allg. Med. 1994; 70: 271-272. © Hippokrates Verlag GmbH, Stuttgart 1994
Gasikommeniar ?
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Es kann heute nicht mehr an allen psycho
analytischen Positionen fest
gehalten werden
Säuglingen und Kleinkindern, insbesondere aber durch prospektive Langzeituntersuchun
gen über die Dauer von über 20 Jahren (Chess und Thomas) und schließlich durch neue etho- logische (Lorenz) und ethnologische (Benedict, Mead) Modelle und durch Untersuchungen über den epochalen Wandel der Familienstruk
tur und der Gesellschaft, kann heute jedoch nicht mehr unverrückt an allen psychoana
lytischen Positionen festgehalten werden. Dem Modell des Interaktionismus (Piaget) verdan
ken wir eine Theorie der kognitiven und mo
ralischen Entwicklung des Kindes. Ihr liegen Gedanken Rousseaus zugrunde, wonach Rei
fung durch »innerorganismische« Kräfte be
stimmt wird, die von außen eher ungünstig als günstig beeinflußt werden können. Das Kind verfügt nach Rousseau über »angeborene Funktionen«, die es ihm ermöglichen, vernünf-
Anschrift:
Prof. Dr. med. Gerhardt Nissen, Anne-Frank-Straße 9, 97082 Würzburg.
Persönliche Daten:
Geboren am 21. 9. 1923 in Tondern (Nordschleswig).
Ausbildung:
Studium in Wien und Kiel, 1950 Staatsexamen und Promotion.
Beruflicher Werdegang:
Weiterbildung in Pädiatrie, Innerer Medizin und Patho
logie in Flensburg, Husum und Kiel, Weiterbildung zum Facharzt für Neurologie und Psychiatrie in Bremen, Zusatztitel Psychotherapie. Ärztlicher Direktor der Kli
nik für Kinder- und Jugendpsychiatrie von 1963 bis 1978, 1976 bis 1978 Direktor des Humboldtkranken
hauses Berlin, dort Habilitation, Ernennung zum apl.
Prof., Lehrauftrag an der Pädagogischen Hochschule.
Von 1978-1992 Ordinarius für Kinder- und Jugendp
sychiatrie in Würzburg, Direktor der Klinik und Polikli
nik für Kinder- und Jugendpsychiatrie der Julius-Maxi- milians-Universität Würzburg. 1989 Gründung »psy
chotherapeutisches Kolleg« in Würzburg.
tig und zweckmäßig zu handeln. Aus den Handlungen ergeben sich »Strukturen«, die ge
meinsam mit bestimmten »Regeln», die sich aus ihrer Wahrnehmung ergeben, eine Konti
nuität der Entwicklung gewährleisten. Im Ge
gensatz zum Entwicklungspostulat von Freud, daß vorwiegend das Milieu den Menschen formt, könnte man mit Piaget davon sprechen, daß das Kind sich trotz der Widerstände der Umwelt auf seine Identität hin entwickelt. Die moderne Lerntheorie, Grundlage der heutigen Verhaltenstherapie, bezieht nach ihrer »kogni
tiven Wende« onto- und phylogenetische ebenso wie psychodynamische Gesichtspunkte in ihr Modell ein. Sie hat erkannt, daß ohne Hypothesen über anlage- und umweltbedingte Prozesse ein Verhalten wohl beschrieben, aber nicht interpretiert und ausreichend effizient behandelt werden kann. Die Bedeutung der Lerntheorie für die Psychiatrie liegt darin, daß mit der Verhaltenstherapie Verfahren ent
wickelt wurden, deren Domäne die Behand
lung spezieller, oft umschriebener psychischer Störungen ist.
Ärzte, die naturgemäß in erster Linie an einer ätiologischen und deskriptiven Diagnostik und einer optimalen Therapie und Prognose inter
essiert sind, sollten sich nicht einer Entwick
lungstherapie absolut verpflichtet fühlen. Nicht eine pathogenetische Theorie, auch nicht die diagnostische Klassifikation einer Störung al
lein, sondern vor allem die Art und Schwere einer Störung, besonders aber das Kind und seine Familie, sollten das therapeutische Vor
gehen bestimmen. Das schließt aber nicht aus, daß der Therapeut sich während der Behand
lung an einem bestimmten psychotherapeuti
schen Konzept orientieren muß, um seinen je
weiligen Standort bestimmen zu können.
Bei Reizmagen und Reizkolon
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Alkohol. Anwendungsgebiete: Funktionelle und motilitätsbe- dingte Magen-Darm-Störungen, Gastritis, Magen- und Darm
spasmen, Ulcus ventriculi et duodeni. Gegenanzeigen, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Keine bekannt. Dosierung und Art der Anwen
dung: Soweit nicht anders verordnet, nehmen Erwachsene 3mal täglich 20 Tropfen, Kinder 3mal täglich 10 Tropfen vor oder zu den Mahlzeiten in etwas Flüssigkeit (empfehlenswert ist lauwarmes Wasser) ein. Darreichungsform, Packungs
größen und Preise: OP mit 20 ml Tinktur zum Einnehmen DM 8,48; OP mit 50 ml Tinktur zum Einnehmen DM 15,05;
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Stand: Februar 1994
Fortbildung
«... .. - ■ — i£]
Waldemar v. Suchodoletz
Das Schwachbegabte Kind
Abteilung für Neu- ropsychlatrie des■ I ... #».■■ j Kindes-und Jugend-
Erkennung und Ursachen kognitiver Storungen und alters der Medizim-
■ ■ ■ • ■ Ba ■■ ■ ■ ■■ sclidi doclischiilG
therapeutische Möglichkeiten Erfurt
Unter kognitiven Störungen werden Störungen psychischer Funktionen, die auf Wissenser
werb gerichtet sind, zusammengefaßt. Vorran
gig handelt es sich um Schwächen der Intelli
genz und ihrer Stützfunktionen. Betroffene Kinder befinden sich im Schulalltag in einer chronischen Überforderungssituation. Aus den immer wiederkehrenden Mißerfolgserlebnis
sen ergibt sich die Gefahr sekundärer psychi
scher Fehlentwicklungen (5). Kinder mit kogni
tiven Störungen sind somit hinsichtlich ihrer Persönlichkeitsentwicklung erheblich gefähr
det und bedürfen unserer besonderen Auf
merksamkeit.
Einteilung kognitiver Störungen
»Intelligenz« ist kein genereller, unteilbarer Faktor für konstruktives Denken. Sie setzt sich aus vielen psychischen Einzelbausteinen, die isoliert störbar sind, zusammen. Somit sind Schwachbegabte Schüler nicht nur Kinder mit einer unterdurchschnittlichen Intelligenz, son
dern auch Kinder, bei denen sich isolierte Minderleistungen einzelner psychischer Funk
tionen, sogenannte Teilleistungsschwächen, nachweisen lassen (13).
Zwischen einer allgemeinen geistigen Lei
stungsminderung und einer Teilleistungsstö
rung sind allerdings fließende Übergänge zu beobachten. So zeigen viele Kinder mit einer unterdurchschnittlichen Intelligenz ein dishar
monisches Leistungsprofil mit besonderen
Einteilung kognitiver Störungen Unterdurchschnittliche Intelligenz T eilleistungsstör ungen
• Sprachstörung
• Lese-Rechtschreib-Störung
• Rechenstörung
• Konzentrationsstörung
• zentrale Wahrnehmungsstörung
Schwächen in einzelnen Partialbereichen, die als Teilleistungsstörung imponieren können.
Auf der anderen Seite treten Teilleistungsstö
rungen bei durchschnittlich intelligenten Kin
dern häufig nicht isoliert auf. Oft sind Kombi
nationen mehrerer Teilleistungsschwächen zu beobachten (11). So sind z. B. Sprachentwick
lungsstörungen in der Regel mit zentralen Wahrnehmungsschwächen insbesondere im akustischen Bereich verbunden, und Kinder mit einer Lese-Rechtschreib-Schwäche haben oft auch Konzentrationsstörungen (12). Im kli
nischen Alltag werden uns also eher Mischfor
men kognitiver Leistungsschwächen als reine Störungsbilder begegnen.
Unterdurchschnittliche Intelligenz
Als durchschnittlich intelligent gilt ein Kind, wenn sein Intelligenzquotient, gemessen mit einem standardisierten Verfahren, zwischen 85 und 114 liegt. Dies entspricht dem Bereich der einfachen Streuung um den Mittelwert (IQ
= 100 +/- 15). Zwei Drittel aller Kinder errei
chen derartige IQ-Werte. Liegt der IQ zwischen 70 und 84 (Spanne zwischen der einfachen und
Schwachbegabte Kinder sind Kinder mit einer unterdurchschnittlichen Intelligenz oder mit isolierten kognitiven Leistungsmängeln, soge
nannten Teilleistungsstörungen. Gerade eine Diskrepanz zwischen Teilleistungsschwächen und guten Leistungen in anderen Bereichen führt zu Fehlinterpretationen und inadäqua
ten Erziehungsmaßnahmen. Durch Überforde
rungen, chronische Mißerfolgserlebnisse und ungerecht erlebte Sanktionen ist die Persön
lichkeitsentwicklung dieser Kinder erheblich gefährdet. Nicht nur beim Schulversagen, son
dern auch bei psychosomatischen Beschwer
den oder Verhaltensauffälligkeiten sollte im
mer an kognitive Schwächen gedacht werden.
Eine gezielte Diagnostik und langfristig ange
legte Therapie müssen eingeleitet werden.
Kinder mit ko
gnitiven Stö
rungen sind in ihrer Persön
lichkeitsent
wicklung er
heblich gefähr
det
Teilleistungs- schwächen:
isolierte Min
derleistungen einzelner psy
chischer Funk
tionen
Zum Inhalt
Z. Allg. Med. 1994; 70: 273-277. © Hippokrates Verlag GmbH, Stuttgart 1994
Fortbildung Das Schwachbegabte Kind
Aus der Höhe des Intelligenz
quotienten allein läßt sich keine Empfeh
lung für einen Schultyp ablei
ten
Genetische und soziale Fakto
ren spielen bei der Realisie
rung kognitiver Störungen eine Rolle
doppelten Streuung), so sprechen wir von un
terdurchschnittlicher Intelligenz, ln diesen Be
reich, der noch zur normalen Variationsbreite gerechnet wird, fallen 14% aller Kinder (10).
Liegt der IQ unter 70, so handelt es sich um eine Intelligenzminderung (ICD 10 - F7). Von Kindern mit Intelligenzminderungen soll im Folgenden nicht die Rede sein. Sie bedürfen einer besonderen Betreuung.
Unterdurchschnittlich intelligente Kinder wer
den nicht immer durch schlechte Schulleistun
gen oder Schulversagen auffallen. Die Schulbe
währung ist außer von der intellektuellen Aus
stattung in gleichem Maße von der Konzentra
tionsfähigkeit, Merkföhigkeit und Motivation abhängig. Deshalb sollten aus der Bestimmung des Intelligenzquotienten alleine Empfehlun
gen für den richtigen Schultyp nur mit größter Zurückhaltung gegeben werden.
T eilleistungssch wächen
Teilleistungsschwächen sind nach Remschmidt (9) »umschriebene Ausfälle sehr unterschiedli
cher Funktionen, die aus dem übrigen Lei
stungsniveau bzw. Entwicklungsstand eines Kindes herausfallen«. Hierzu sind insbesondere die Lese-Rechtschreib-Störung, Sprachstörun
gen, Konzentrationsstörungen und zentrale Wahrnehmungsstörungen (visuell, auditiv, in
termodal) zu rechnen. In der internationalen Klassifikation der Erkrankungen (ICD 10) sind diese psychopathologischen Auffälligkeiten teil
weise unter der Rubrik der umschriebenen Ent
wicklungsstörungen (F 80 und F 81) erfaßt.
Gerade die Diskrepanz zwischen Teilleistungs
schwäche und durchschnittlicher allgemeiner intellektueller Leistungsfähigkeit führt leicht zu einer chronischen Konfliktsituation. Wird die Teilleistungsschwäche nicht erkannt, so wird z. B. das Versagen eines legasthenen Kindes beim Erlernen der Schriftsprache auf mangeln
des Üben und die schnelle Ablenkbarkeit eines konzentrationsgestörten Kindes auf eine unzu
reichende Motivation zurückgeführt. Entspre
chend inadäquate Erziehungsmaßnahmen werden die Folge sein.
Ätiologie kognitiver Störungen
Wie bei anderen kinderpsychiatrischen Syn
dromen sind genetische, milieureaktive und hirnorganische Faktoren zu berücksichtigen.
Insbesondere bei leichten Schwächen der in
tellektuellen Leistungsfähigkeit sind genetische Dispositionen von herausragender Bedeutung.
Auch bei Teilleistungsstörungen konnten Zwil
lingsuntersuchungen den großen Einfluß fami
liärer Belastungen belegen (3). Die genetische Ausstattung bildet allerdings lediglich den gro
ben Rahmen für die Entwicklung kognitiver Fähigkeiten. Wie prospektive Längsschnittun
tersuchungen zeigen konnten, sind soziale Faktoren für die Realisierung einer genetischen Disposition von entscheidender Bedeutung.
Eine mangelhafte Förderung hat kognitive Schwächen zur Folge, die später nicht mehr aufzuholen sind. Auf der anderen Seite ist ein günstiges soziales Milieu eine wichtige protek
tive Komponente zur Kompensation kognitiver Störungen (7).
Die Relevanz hirnorganischer Faktoren, insbe
sondere die Bedeutung frühkindlicher Hirn
schädigungen, wurde in letzter Zeit stark in Frage gestellt (2). Prospektive Studien mit einer exakten Erfassung biologischer und sozialer Risiken von der Schwangerschaft an konnten belegen, daß die Korrelation zwischen hirnor
ganischen Belastungsfaktoren und der kogniti
ven Entwicklung mit zunehmendem Alter ge
ringer wird, während die Bedeutung sozialer Faktoren wächst (4). Allerdings erscheint die Grenze zwischen hirnorganischer und sozialer Verursachung zunehmend unschärfer. In tier
experimentellen Studien wurde belegt, daß eine mangelhafte Anregung durch die Umwelt eine verminderte Ausbildung synaptischer Ver
bindungen zur Folge hat. Kognitive Leistungs
mängel durch ungünstige soziale Bedingungen erhalten somit ein hirnorganisches Korrelat.
Dies erklärt die unzureichende Kompensier- barkeit eines chronischen Mangelmilieus in späteren Jahren.
Im Einzelfall sind genetische, soziale und hirnorganische Faktoren in der Ätiologie ko
gnitiver Schwächen nicht sicher voneinander zu trennen. In der Regel werden wir eine ge
netische Disposition nachweisen können, de
ren Realisierung in starkem Maße durch so
ziale und hirnorganische Komponenten ge
prägt wird.
Diagnostik kognitiver Störungen
Kinder mit kognitiven Störungen werden in den seltensten Fällen wegen eines Schulversa
gens ärztlich vorgestellt. Meist sind es Sekun-