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Billig ist geil – «shortage» weniger

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EDITORIAL

ARS MEDICI 6 | 2020

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Wer ist schuld daran, dass wir – nicht erst seit der Corona- Epidemie, aber seither verstärkt – Mühe haben, ganz ge- wöhnliche Medikamente zu beschaffen? Fürs Mainstream-TV ist’s klar: Die Pharmaindustrie lagerte die Produktion aus nach Asien, um auch den letzten Rappen (bzw. Cent) Profit aus den Arzneimitteln herauszupressen. Kann man so sehen. Man kann allerdings auch fragen: Wer will eigentlich alles billiger haben, und warum muss alles immer billiger werden? Milch, Fleisch, Tomaten, T-Shirts, Schuhe und Klei- der, aber eben auch Paracetamol und Amoxicillin? Und was hat der Preisdruck für Folgen? Von wem kommt eigentlich der Druck auf den Preis? Vom Konsumenten? Das stimmt vermutlich bei Eiern und Fleisch und bei Hemd und Hose. Bei den Medikamenten aber kommt der Druck von Versicherern und vom Staat, der die Preise festlegt.

Die Folgen der «Billig-ist-geil»-Mentalität kennen wir: In der Landwirtschaft geht der Preisdruck auf Kosten des Tierwohls und der Umwelt. Bei den Textilien auf Kosten der Näherin- nen in Bangladesch. Und bei den Medikamenten? Auf Kos- ten einer ziemlich ungesunden Abhängigkeit von einzelnen Ländern, ja sogar einzelnen Fabriken. Die Folge: «drug shortage»! Gewisse Medikamente sind nicht mehr oder nur mit Verzögerung erhältlich, vor allem wenn – wie jetzt – Pro- duktion und Transport wegen eines Virus darniederliegen.

Wir können den Bogen leicht noch weiter schlagen. Bis zur VITH. Auch sie, die «Verordnung über Integrität und Trans- parenz im Heilmittelbereich», ist letztlich Ausdruck einer immer aggressiveren Sparwut. Im Fall der VITH geht sie auf Kosten der selbstdispensierenden Ärzte, vor allem der

Hausärzte. Genau jener kleiner werdenden Gruppe von Medizinern, die eine kostengünstige und effiziente medizi- nische Versorgung garantieren.

Nun, noch ist nicht klar, was die VITH genau bedeutet. Nie- mand, vermutlich nicht einmal das BAG selbst, weiss, wie die Verordnung künftig gehandhabt wird. In unserem Rosen- fluh-Newsletter von Anfang März haben wir dazu eine kleine Umfrage gestartet. Nehmen Sie ruhig daran teil; Sie bleiben anonym! Wir wollten wissen: Wie kaufen Sie seit diesem Jahr Ihre Medikamente ein? Zu normalen Konditio- nen beim Logistikdienstleister (Galexis, Apotheke zur Rose o. a.)? Mit Rabatt, den Sie weitergeben? Mit Rabatt, den Sie einbehalten, weil Sie hoffen, das BAG werde schon nicht kontrollieren? Warten Sie auf ein gutes und sicheres Ange- bot? Oder haben Sie sich gar überlegt, die Selbstdispensa- tion ganz aufzugeben? Sie wären vermutlich nicht der Ein- zige. Die Über legung ist berechtigt: Lohnt es sich überhaupt noch?

Es ist die gleiche Frage, die sich die Pharmafirmen gestellt haben: Lohnt es sich noch, Medikamente in der Schweiz herzustellen, wo sie doch immer günstiger, immer billiger, am besten ohne jeglichen Profit geliefert werden sollten?

Den Schlamassel haben wir jetzt. Das Preisdiktat, der Druck auf die Margen, hat gewirkt: Die Medikamente sind billiger geworden. Dafür kommen sie nun alle aus Indien und China.

Manche Substanzen von nur noch einer einzigen Fabrik, die unerreichbar günstig produzieren kann. Okay, dafür hat’s dann – Beispiel Ranitidin – Kanzerogene drin, und die Arznei- mittel müssen – weltweit! – zurückgezogen werden. Aber wenigstens waren sie billig.

Vielleicht geht’s uns dereinst mit den Hausärzten auch so:

Sie arbeiteten auf Druck der Politik immer günstiger, bis es sie – eines Tages – nicht mehr gab. Kein unrealistisches Szenario, eine «Hausärzte-Shortage» haben wir längst.

Fazit: Wir sollten Sorge tragen zu unserer Industrie und zu unseren Hausärzten, genauso wie zu Tierwohl und Umwelt.

Das Billigste ist nicht immer das nachhaltig Beste. Ein All- gemeinplatz? Ja, aber offenbar kein allgemein bekannter.

Richard Altorfer

Billig ist geil –

«shortage» weniger

Die Umfrage finden Sie unter folgendem Link www.rosenfluh.ch/arsmedici/news oder direkt via QR-Code

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