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Archiv "Transfusionen in der Kunst" (09.09.1983)

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Radu: Transfusion IV, Acryl, 1978

Transfusionen in der Kunst

Günther Ott Spektrum der Woche

Aufsätze • Notizen Atomrüstungs-Gegner

letzten die Möglichkeiten des be- stehenden Versorgungssystems sprengen. Der Göttinger Arzt Dr.

Wolfgang Send schilderte die Möglichkeiten des Zivil- und Kata- strophenschutzes. Im Verteidi- gungsfalle stünden 220 Hilfskran- kenhäuser mit nur 86 000 Betten zur Verfügung. In 100 Lazaretten des Hilfsdienstes würden Arznei- mittel für 240 000 Verletzte bereit- gehalten. Eine Studie über einen atomaren Präventivschlag in der Bundesrepublik gehe aber von 7 bis 23 Millionen Opfern aus.

Zum Abschluß des Kongresses wurde der „Mainzer Appell" veröf- fentlicht, in dem es u. a. heißt:

„Ein künftiger Atomkrieg, der Eu- ropa und besonders unser Land träfe, wäre mit früheren Kriegen nicht mehr zu vergleichen. Was verteidigt werden sollte, würde un- widerruflich zerstört. Vor allem Zi- vilisten hätten so gut wie keine Chancen, den Krieg und die Nach- kriegszeit zu überleben." Die Na- turwissenschaftler forderten „eine nüchterne, nicht durch Polemik und wechselseitige Schuldzuwei- sung überfrachtete Analyse dieser Gefahren, sowie eine konzeptio- nelle Weiterentwicklung der ge- genwärtig praktizierten Sicher- heitspolitik". Weder dürfe das Wettrüsten fortgesetzt werden, noch die Sicherstellung einer an- gemessenen Verteidigungsbereit- schaft preisgegeben werden. „Ein Weg, diese beiden Forderungen miteinander zu verbinden, führt über eine Umrüstung". Und selbstkritisch heißt es in dem Ap- pell: „Naturwissenschaftler tragen eine besondere Verantwortung, weil einige Experten ihr Wissen zur Herstellung von Massenver- nichtungsmitteln mißbrauchen lie- ßen und andere dazu geschwie- gen haben. Wir haben die Pflicht, über die Grenzen des Mißbrauchs von Naturkräften nachzudenken und ihm mit Entschiedenheit ent- gegenzutreten."

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Hermann Kater Höhenweg 16

3250 Hameln 5

FEUILLETON

Der Münchener Maler Radu Anton Maier, der seine Bilder — wie Vin- cent van Gogh oder Anton Raeder- scheidt — nur mit seinem Vorna- men signiert und so in die bundes- deutsche Kunstgeschichte ein- ging, ist ein Landschafter von be- sonderer Art. Bevor er 1967 seine Heimat Rumänien verließ — er wur- de 1934 im siebenbürgischen Klausenburg geboren —, betätigte er sich zunächst während und nach seinem Kunststudium in sei- ner Vaterstadt und in Bukarest als Po rt rät i st.

In jener stalinistischen Ära gehör- te das Porträt zu der Kategorie, in der das „Tabu des wirksamen So-

zialistischen Realismus" am we- nigsten verletzt wurde; seine Mo- delle waren Dichter und Philoso- phen, Künstler und Schauspieler.

Einmal im freien Westen seßhaft geworden, gelangte er von den üblichen Bildnissen zu Gesichten, die das Makabre im Menschen in eindruckvoller Weise typisierten.

Auch mit seinen Landschaften überschritt Radu die Grenzen der

„vor der Natur gemalten" Pan- oramen.

Raffinierte Techniken

Seiner Hellas-Serie (1974-1979) haftet die Vergänglichkeit der griechischen Welten an, Traum 92 Heft 36 vom 9. September 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe A

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen Transfusionen in der Kunst

und Wirklichkeit wurden in gera- dezu surrealistischer Weise ver- eint. Zerstörung und Gestaltung manifestieren sich nicht nur in sei- ner Thematik, sondern auch in sei- nem Stil und in seinem Handwerk.

Zunächst „zerstört" er die weiße Fläche, knüllt, zerknittert das Pa- pier, um es anschließend wieder zu glätten. Die übriggebliebenen

„Reliefs" des Malgrundes (feine Stege, Tiefen und Kanten) liefern der Spritzpistole, dem „Malwerk- zeug" des Künstlers, Widerstände, führen zu schattenartigen Struk- tu ren.

Eine raffinierte Technik, mit der der Maler der Illusion entgegen- wirkt und zur Bildwirklichkeit führt. Die Phantasie des Betrach- ters wird angeregt, nach Assozia- tionen Ausschau zu halten, Sym- bole zu finden, in die Tiefe zu gehen.

Von diesen „Landschaften", in de- nen ab und zu menschliche oder tierische Organe auftauchen, Herz, Knochen, Adern, geht der Weg direkt zu Radus „Transfu- sion"-Serie. Unterstrichen sei, daß der Künstler über diese Gemälde, von denen jedes einzelne römisch numeriert wurde, einen medizini- schen, keinen künstlerischen Be- griff gesetzt hat. Daß sich bildende Künstler mit der Wissenschaft be- schäftigen, ist nicht neu. Man den- ke an die Darstellungen von Sezie- rungen oder Operationen im Ba- rockzeitalter bis hin zu „abstrak- ten" Kompositionen in unserem Jahrhundert, die an mikroskopi- sche Aufnahmen erinnern.

„Es" malt in ihm

Radu holte sich weder Anregun- gen von vielfach vergrößerten Ge- webeschnitten, noch schaute er einem Chirurgen im Operations- saal über die Schultern. Eher kä- me einem beim Betrachten seiner

„Transfusionen" jenes Wort der Klassiker des Surrealismus in den Sinn, das besagt, daß nicht der Künstler, sondern „eS" in ihm ma- le. Andererseits ist der Münchener Maler aus Rumänien zu naturver-

bunden, um sich der „ücriture au- tomatique" ganz hinzugeben.

Fieberhafte Suche nach dem „Wie"

Vielleicht ließe sich ein mittlerer Weg für sein originelles Schaffen finden, seine Bekenntnisse könn- ten diese Vermutung bekräftigen:

„Ich empfinde mich gegenwärtig als Forscher und Wissenschaftler, der neue Formen, Farbkomposi- tionen und letztlich neue Aus- druckwerte sucht und sie manch- mal sogar auf experimentellem Wege realisiert. Dies fieberhafte Suchen nach dem ‚Wie' ist wohl auch als Reaktion auf die jahrelan- ge Beschränkung — im kommuni- stischen Rumänien — auf den Aspekt des ‚Was' in der Malerei erklärlich . ."

Mehr als formale Anleihe aus der Anatomie

In seinem Atelier in einem Hoch- haus am Rande Münchens versu- chen wir die Transfusion-Gemälde zu deuten. Der Maler sieht die

„Transfusion" als „Grundmeta- pher für die menschliche Exi- stenz" an. Das ist mir noch nicht genug, und so kommentiert Radu:

„Zur Metaphorik wäre zu sagen, daß die Polung anders als im me- dizinischen Bereich verläuft. An- statt, wie üblich, das Herz mit ei- ner äußeren Quelle mit Blut — Energie — zu versorgen, gilt das Herz in diesen Bildern als Quelle und Apparat, als dynamischer Energiespender, zugleich. Das Herz als Symbol der noch existie- renden menschlichen Kraft und Kreativität, als Quelle neuer Ideen, aber auch von Sensibilität, Spon- taneität, Emotionalität! „So erhal- te ich die Bestätigung, daß Radus Bildelemente mehr sind als eine formale Anleihe aus der Anatomie.

Der Künstler geht einen Schritt weiter, faßt Transfusion auch als

„Notprozeß, um Sterbendes wie- derzubeleben", auf und begibt sich in Bereiche, die ich nicht er- wartet hätte. „Reanimation", sagt er in seiner reservierten Art und

macht zwischen den Wörtern klei- ne Pausen, „bedarf nicht nur der Natur, sondern auch — nicht zu- letzt — des Wertekatalogs des christlichen Glaubens und die Kir- che als die den Glauben stützende Institution . ."

Denkanstöße

Indem seine Bilder Symbolcharak- ter erhalten haben, macht der Künstler dem Betrachter den Zu- gang zu seiner Kunst keineswegs leicht. Vielleicht bleiben auch nur Denkanstöße, damit wäre Radu wiederum ein Kind unserer moder- nen Welt. Begegnete man in sei- nem frühen Oeuvre Landschaft und Mensch auf gesonderten Leinwänden, so ist nun in seinen Transfusion-Gemälden von bei- dem etwas, verschmolzen zu einer Synthese durch eine virtuose Mal- weise.

Anschrift des Verfassers:

Günther Ott Raschdorffstraße 8 5000 Köln 41

Musikkurse im Schwarzwald

Einen neuen Weg, die „klassi- sche Musik" einem breiteren Publikum näherzubringen, be- schreiten die Seminare für klassische Musik Dr. Schaub, Oberkircherstraße 19, 7604 Appenweier. Angesprochen sind Interessierte, gleich, ob sie eine erste Begegnung mit der „Klassik" suchen oder aber bereits vorhandenes Wis- sen erweitern und vertiefen wollen. Gestaltet werden die Kurse von dem Musikwissen- schaftler und Diplom-Psycho- logen Dr. Stefan Schaub, Uni- versität Frankfurt. Der aus- führliche Prospekt mit dem Programm für die Herbst- und Winterkurse 1983/84 ist erhält- lich bei der oben angegebe- nen Adresse. SfKM

Ausgabe A DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 80. Jahrgang Heft 36 vom 9. September 1983 95

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