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Archiv "Malignes Melanom: Therapiekonzepte und Tumormarker gesucht" (04.07.1997)

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Immer mehr Menschen sterben am malignen Melanom. Die Letalität steigt rascher als die irgendeiner an- deren Karzinomart – Bronchialkarzi- nom ausgenommen. Jedes Jahr gibt es über 22 000 neue Melanomträger in Amerika; über 5 500 Patienten sterben pro Jahr an diesem Tumor, der – einmal metastasiert – kaum mehr zu beherrschen ist. Etwa 75 Prozent aller Todesfälle durch Hautkrebs sind dem malignen Me- lanom anzulasten.

Dieser unheilvolle Trend ist keinesfalls auf Amerika be- schränkt. In Europa beträgt die In- zidenz ungefähr vier pro 100 000 Einwohner, während sie in Austra- lien und Neuseeland zehnmal höher ist. Die Daten des Statisti- schen Bundesamtes und einiger re- gionaler Krebsregister, so im Saar- land und in Hamburg, weisen aus, daß auch in der Bundesrepublik Häufigkeit und Sterblichkeit die- ses Malignoms ansteigen.

Wer zu malignem Melanom prä- destiniert ist, kann ihm in jungem Al- ter erliegen. Zwischen 30 und 35 Jah- ren beträgt die Mortalität eins zu 100 000; sie entspricht damit dem Wert, der für sämtliche Arten von Hautkrebs erst nach dem 70. Lebens- jahr überschritten wird. Zumindest in der Altersgruppe der 30- bis 70jähri- gen hat sich in den vergangenen 40 Jahren die Melanomsterblichkeit in Deutschland verdoppelt. Jährlich wächst die Mortalität mindestens um vier Prozent an.

Im allerfrühesten Stadium (Sta- dium I) läßt sich das maligne Mela- nom durch Operation meistens hei- len, für die metastasierten Stadien ist jedoch noch keine wirksame Therapie bekannt. Mit dem wirksamsten Zy- tostatikum, dem Dacarbazin, erzielt man eine objektive Ansprechquote von nicht einmal 20 Prozent. Den- noch ließ sich durch Mono-Chemo- therapie reproduzierbar eine Zwei-

jahres-Überlebensrate von acht Pro- zent und eine Fünfjahres-Überle- bensrate von zwei Prozent erzielen.

Mit einer kombinierten Therapie aus Interferon-alpha plus Chemotherapie wird eine Zweijahres-Überlebensrate

von 25 Prozent und eine Fünfjahres- Überlebensrate von immerhin noch zehn Prozent erreicht.

S-100 als Signalsubstanz

Die infauste Prognose des meta- stasierten Melanoms stimuliert die an- gestrengte Suche nach spezifischen Tumormarkern. Als Kandidaten kom- men Melanin-Metabolite, tumorasso- ziierte Antigene, Adhäsionsmoleküle, Zytokine und Metalloproteinasen in Frage, erläuterte R. Gläser (Kiel) auf der Jahrestagung der Deutschen Der- matologischen Gesellschaft in Karls- ruhe. Keiner der Ansätze hat jedoch bisher das experimentelle Stadium überwinden können. Unter den Sig- nalsubstanzen der engeren Wahl ent- spricht derzeit S-100 am ehesten den Anforderungen an einen Marker zur Therapie und Verlaufskontrolle im Falle einer Metastasierung.

S-100 ist ein saures, kalziumbin- dendes Protein, dessen Funktion in der Zellzyklus-Progression und Diffe- renzierung liegt. Drei Arbeitsgruppen konnten unabhängig voneinander an großen Patientenkollektiven eine As- soziation des S-100-Spiegels im Se- rum mit dem Krankheitsstadium nachweisen. Zudem wurde an Patien- ten mit Fernmetastasen eine Korrela- tion von Tumorlast und S-100-Spie- geln gezeigt. Eine Multivarianzanaly- se zeigte, daß die Überlebensrate der Patienten mit der Höhe der gemesse- nen Serumspiegel assoziiert war und S-100-Werte von über 0,6 m/l als stadiumunabhängige Prognosepa- rameter gelten konnten.

Zur Bestimmung von S-100 im Serum ist ein Kit verfügbar. Sie ge- schieht durch einen monoklonalen zweiseitigen immunradiologischen Assay nach dem Sandwich-Prin- zip. Die Wertigkeit der S-100-Be- stimmung für die Frühdiagnostik der Tumorprogression ist noch vollkommen unklar und muß erst in prospektiven Verlaufstudien evaluiert werden.

Rund 80 Prozent aller Mela- nompatienten werden durch einfa- che Exzision ihres Primärtumors geheilt, eine unterstützende syste- mische Therapie mit Zytostatika oder Immunmodulatoren ist in den meisten Fällen nicht erforderlich.

Die Identifikation von Risikopa- tienten mit einer subklinischen Mi- krometastasierung ist ein vordringli- ches Ziel. Denn nur dadurch können Patienten aufgedeckt werden, die von einer adjuvanten, prophylaktischen Therapie profitieren könnten. Bisher ist das Risiko einer Metastasierung nur bedingt mit histologischen und klinischen Parametern wie beispiels- weise der Tumordicke nach Breslow oder der Lokalisation des Primärtu- mors vorhersagbar.

Das Dilemma der bisherigen ad- juvanten Therapiestudien ist, daß – bis auf eine Ausnahme – keine der biometrisch valide ausgewerteten prospektiven, randomisierten Studien zur systemischen oder lokore- gionären Therapie mit Zytostatika oder Immunstimmulantien (wie BCG) einen eindeutigen Wirksam- keitsnachweis erbringen konnte.

Hoffnungsträger derzeitiger adjuvan- A-1861

P O L I T I K MEDIZINREPORT

Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 27, 4. Juli 1997 (29)

Malignes Melanom

Therapiekonzepte und Tumormarker gesucht

Malignes Melanom: halbkugelig prominent, braunrot, mit feinhöckriger Oberfläche und stecknadelkopfgroßem Tochterherd (links oben) als sicheres Zeichen der Malignität.

Foto: Boehringer Ingelheim

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ter Therapiestudien ist das Inter- feron-alpha. Die optimale Dosierung bei akzeptabler Toxizität sowie die ideale Dauer der Behandlung sind al- lerdings noch nicht ausreichend defi- niert.

Interferon-alpha hochdosiert

Die Eastern Cooperative Onco- logy Group (Pittsburgh, USA) veröf- fentlichte beeindruckende Ergebnis- se einer Studie mit hochdosierter Ga- be von Interferon-alpha 2b (In- tron®A) über ein Jahr. Die Studie um- faßte 280 Hochrisiko-Patienten mit einem fortgeschrittenen Primärtumor von bis zu vier Millimetern Dicke oder mit regionalen Lymphknoten- Metastasen. Die Teilnehmer wurden randomisiert entweder der Behand- lungsgruppe zugeteilt (n = 143) oder der Kontrollgruppe (n = 137). Die In- terferon-Dosis betrug initial 20 Mio IE Intron®A/m2 intravenös an fünf Tagen in der Woche über vier Wo- chen, anschließend 10 Mio IE/m2sub- kutan an drei Tagen in der Woche über 48 Wochen. Die mittlere Nach- beobachtungszeit betrug 6,9 Jahre.

In diesem Zeitraum kam es in der Interferon-Gruppe zu einer signifi- kanten Verlängerung sowohl der rezi-

divfreien Zeit (1,7 Jahre gegenüber 1,0 Jahre in der Kontrollgruppe) als auch der Gesamtüberlebenszeit (3,8 Jahre gegenüber 2,8 Jahre in der Kon- trollgruppe). Die Überlebensrate nach fünf Jahren lag in der Interferon- gruppe bei 46 Prozent, verglichen mit 37 Prozent in der Kontrollgruppe.

Damit wurde erstmalig eine die ereignisfreie wie auch die Gesamt- überlebenszeit signifikant verlän- gernde Therapie nach stadiengerech-

ter Resektion des malignen Mela- noms dokumentiert. Aus der Sub- gruppenanalyse ergab sich, daß Pati- enten mit Lymphknoten-Metastasen besonders von der Interferon-Thera- pie profitieren, betonte J. Kirkwood (Pittsburgh, USA).

Aufgrund der ungewöhnlich ho- hen Dosierung traten bei einem größeren Prozentsatz der Patienten unerwünschte Effekte auf, die vor al- lem in den ersten Behandlungsmona- ten eine Dosisreduktion um 50 Pro- zent erforderlich machten. Außer- dem mußte bei einem Viertel der Pa- tienten die Therapie abgebrochen werden. Am häufigsten wurden grip- peähnliche Allgemeinsymptome an- gegeben, seltener waren hämatologi- sche, neurologische und hepatotoxi- sche Nebeneffekte zu registrieren.

In Deutschland wird daher eine klinische Studie mit der Hälfte der Dosierung der Kirkwood-Studie in der Anfangsphase der Therapie ge- plant, so daß 10 Mio IE/m2 Inter- feron-alpha 2b nicht überschritten werden, erklärte A. Hauschild (Kiel). Diese niedrigere Intialdosis soll Therapieabbrüche weitgehend ausschließen und die Compliance der Patienten verbessern. Da ein ähnlich langer Beobachtungszeit- raum wie in der Pittsburgh-Studie notwendig ist, werden die Ergebnis- se erst im nächsten Jahrtausend vor-

liegen. Siegfried Hoc

A-1862

P O L I T I K MEDIZINREPORT

(30) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 27, 4. Juli 1997 Invasionstiefen maligner Melanome:

Level I: Tumorzellen sind auf die Epidermis beschränkt.

Level II: Tumorzellen und -zellverbände dringen in das Stratum papillare (oberes Corium) ein.

Level III: Tumorzellen füllen das obere Corium aus und sammeln sich an der Grenze von Stratum papillare zu Stratum reticulare, ohne in letzteres vorzudringen.

Levele IV: Invasion der Tumorzellen in das Stratum reticulare, mittleres und unteres Corium.

Level V: Tumor dringt in die Subkutis vor.

Wer ist gefährdet – was verrät Melanome?

Weiße sind durch das maligne Melanom zehnmal stärker gefährdet als Schwarze. Unter den Weißen tragen wiederum die Hellhäutigen das größere Risi- ko. Die Blonden und Blauäugigen, die leicht einen Sonnenbrand bekommen, aber nie richtig braun werden, sind am stärksten gefährdet.

Maligne Melanome in der Familien- oder Eigenanamnese sind ebenso ein Ri- sikofaktor wie ungewöhnliche, dysplastische Muttermale, zumal wenn sie größer als sechs Millimeter im Durchmesser und von unregelmäßiger Form sind. Ver- dächtig ist immer, wenn ein größeres Mal neu auftaucht oder ein bestehendes sich zu verändern beginnt. Auf folgendes ist zu achten:

cDie Farbe verändert sich. Von hellbraun über dunkelbraun bis schwarz tre- ten unterschiedliche Pigmentierungen auf; dazwischen finden sich rote und blaue Elemente; die Farbtöne scheinen in die umgebende Haut zu versickern.

cDas Plateau verändert sich. Ein pigmentiertes Areal, das vorher flach oder nur leicht erhaben war, beginnt in die Höhe zu streben.

cDie Oberfläche verändert sich. Es entstehen Schuppen und Erosionen; es näßt, ulzeriert oder blutet.

cDie umgebende Haut verändert sich. Sie wird rot oder schwillt an; in der Nähe des Mals, aber nicht mit ihm zusammenhängend, bilden sich verfärbte Zonen.

cDie Konsistenz ändert sich. Das Mal wird weicher oder härter; es ist auf ein- mal zu fühlen; es juckt, ist druckempfindlich oder schmerzt.

Zeichnung S. Hoc

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