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Archiv "Malignes Melanom – neue Daten und Konzepte zur Nachsorge" (27.06.2003)

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M E D I Z I N

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A1804 Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 2627. Juni 2003

D

ie Inzidenz des malignen Mela- noms stieg in Deutschland seit dem Beginn der 70er- bis in die 90er- Jahre von drei Fällen auf zehn bis zwölf Fälle pro 100 000 Einwohner und Jahr an, gleichzeitig verbesserte sich aber die Frühdiagnose (8). Die mediane verti- kale Eindringtiefe der malignen Melano- me (Tumordicke nach Breslow) sank von

> 1,5 mm auf 0,8 mm ab. Die Prognose hat sich somit deutlich verbessert und da- mit hat gleichzeitig der Anteil der Patien- ten mit niedrigem Rezidivrisiko bei der Diagnose eines malignen Melanoms er- heblich zugenommen (9).

Anforderungen an die Nachsorge

Die Nachsorge des Melanoms wird in Deutschland überwiegend von dermato- logischen Kliniken in Nachsorgesprech- stunden durchgeführt. Von der Deut- schen Dermatologischen Gesellschaft wird seit 1994 ein Schema empfohlen, in dem Nachsorgeuntersuchungen wäh- rend der ersten fünf Jahre alle drei Mo- nate, danach bis zum zehnten Jahr alle sechs Monate vorgenommen werden sol-

len (16). Eine Ausbreitungsdiagnostik mit bildgebenden Verfahren wurde ein- mal jährlich empfohlen.Angesichts stark zunehmender Patientenzahlen sahen sich viele Zentren kaum noch in der La- ge, diese umfangreichen Untersuchun- gen durchzuführen. Zum Teil wurden ko- operative Modelle zwischen Klinik und Praxis etabliert, in denen ein Teil der Un- tersuchungen in die Praxis verlegt wurde.

Andererseits wurde auch in Anbetracht enger werdender ökonomischer Resour- cen die Frage gestellt, ob die Nachsorge- untersuchungen bei allen Patienten mit malignem Melanom in diesem Umfang tatsächlich sinnvoll sind.

Inzwischen liegen zwei neuere empiri- sche Untersuchungen zur Nachsorge des Melanoms vor.Am Universitätsklinikum Mannheim wurde eine retrospektive Untersuchung bei 661 Melanompatien- ten zu den Ergebnissen der Nachsorge durchgeführt (12). Das Zentralregister

Malignes Melanom führte 1996 bis 1998 in Tübingen eine prospektive Studie zu den Ergebnissen der Nachsorge bei 2 000 Patienten durch, die Ergebnisse dieser Untersuchung, einschließlich des Ein- flusses auf Überlebenswahrscheinlich- keiten, liegen jetzt ebenfalls vor (10). Im Folgenden werden diese Daten im Zu- sammenhang mit der Literatur und ver- schiedenen Empfehlungen zu Nachsor- gestrategien diskutiert, um empirisch besser abgesicherte Empfehlungen zur Nachsorge zu formulieren.

Früherkennung von Zweitmelanomen und Rezidiven

Die Erkennung von Zweitmelanomen und ihre frühzeitige Behandlung ist ein wichtiges Ziel der Nachsorge. Bis zu zehn Prozent der Patienten entwickeln Zweit- melanome. Diese können in der Regel mittels Inspektion so frühzeitig erkannt werden, dass eine Verschlechterung der Prognose der vorbestehenden Melanom- erkrankung nicht eintritt. Dafür sind Nachuntersuchungen in sechs- bis zwölf- monatlichen Abständen ausreichend. Ei-

Malignes Melanom –

neue Daten und Konzepte zur Nachsorge

Zusammenfassung

Nachsorgeuntersuchungen werden beim ma- lignen Melanom der Haut durchgeführt, um die Entwicklung von Zweitmelanomen und von Tumorrezidiven frühzeitig zu erkennen.

Die Früherkennung der Rezidive ist für die Patienten prognoserelevant. Mit einem struk- turierten Vorgehen werden mehr als 80 Pro- zent der Rezidive primär in Nachsorgeunter- suchungen erkannt. Die meisten Rezidive werden bei der körperlichen Untersuchung gefunden. Ein sensitives Verfahren ist zudem die Lymphknotensonographie. Sie ermöglicht die Früherkennung lokoregionärer Rezidive, bevor diese tastbar werden. Auf die Anwen- dung weiterer bildgebender Verfahren kann bei Primärtumoren verzichtet werden. Im Ver- gleich zu bisherigen Empfehlungen kann der Umfang der Untersuchungen in den Stadien

des Primärtumors und besonders bei Melano- men mit weniger als 1 mm Tumordicke deutlich reduziert werden. Dadurch können erhebliche Kosten eingespart werden, ohne das Risiko für die Patienten wesentlich zu erhöhen.

Schlüsselwörter: malignes Melanom, Hautkrebs, Krebsnachsorge, Röntgendiagnostik, Blutanalyse

Summary

Malignant Melanoma – New Data and Concepts for Follow-Up

In cutaneous melanoma follow-up examina- tions are performed in order to detect develop- ment of second melanomas or tumor recur- rences early. This detection of recurrences has prognostic impact for the patients. More than 80 per cent of all recurrences are primarily

detected during follow-up examinations when a structured schedule is applied. Physical examination reveals most of the recurrences.

Lymph node ultrasound is a sensitive ex- amination method which enables early de- tection of locoregional relapses before they become palpable. Application of further imaging techniques can be dismissed in primary tumours. In comparison to previous recommendations the kind and frequency of technical examinations can be reduced clearly in primary melanomas and particularly in those with a tumour thickness of less than 1 mm. This helps to reduce the cost of follow- up examinations without increased risk for the patients.

Key words: malignant melanoma, skin cancer, cancer follow-up, radiological diagnosis, blood analysis

1Sektion Dermatologische Onkologie, Universitäts-Haut- klinik (Direktor: Prof. Dr. med. Martin Röcken) der Eber- hard-Karls-Universtität, Tübingen

2Kooperationseinheit Dermatologische Onkologie des Deutschen Krebsforschungszentrums an der Klinik für Dermatologie (Direktor: Prof. Dr. med. Sergej Goerdt), am Universitätsklinikum Mannheim

Claus Garbe

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Dirk Schadendorf

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ne Metastasierung des Melanoms mani- festiert sich in circa 70 Prozent der Fälle zunächst lokoregionär als Satelliten-In- transitmetastasen oder in Form regionä- rer Lymphknotenmetastasen. Bei circa 30 Prozent der Patienten tritt die Meta- stasierung primär in Form einer Fernme- tastasierung auf (13). Circa 85 Prozent der Rezidive ereignen sich in den ersten fünf Jahren nach Primärtumorexzision (Grafik 1).

Bei lokoregionärer Metastasierung ist das Ausmaß des metastatischen Befalls zum Zeitpunkt der Diagnose entschei- dend für die langfristige Prognose. Dies ist gut belegt für die Metastasierung in die regionären Lymphknoten (6, 7, 14). Je nach Zahl der befallenen Lymphknoten und nach dem Durchmesser des größten befallenen Lymphknotens variiert die 10-Jahres-Überlebensrate zwischen < 20 und > 40 Prozent. Das Tumorvolumen und die Zahl der regionären Tumorab- siedlungen in Lymphknoten korrelieren offenbar mit dem Risiko der Fernmeta- stasierung. Die frühzeitige Erkennung ei- ner lokoregionären Metastasierung ist daher für den Patienten sehr relevant und hat nach gegenwärtigem Kenntnis- stand für seine Prognose eine größere Bedeutung als jede gegenwärtig zur Ver- fügung stehende adjuvante Therapie.

Weniger klar ist die prognostische Rele- vanz für die Früherkennung der Fernme-

tastasierung. Von dieser Früherkennung profitieren möglicherweise nur die Pati- enten, bei denen in der frühen Phase eine komplette operative Entfernung der Me- tastasen möglich ist (11, 17). Dies sind cir- ca zehn Prozent aller Patienten mit Fern- metastasierung. Eine retrospektive Ana- lyse bei 442 Patienten mit Fernmetasta- sierung zeigte, dass die vollständige ope- rative Entfernung der Metastasen das einzige therapeutische Verfahren war, das mit einer signifikanten Lebensver- längerung einher ging. (5) Eine deutliche Verbesserung der Prognose durch die operative Entfernung von Metastasen konnte vor allem bei Patienten mit Lun- genmetastasen (21) und Hirnmetastasen (23) gezeigt werden, aber auch die opera- tive Behandlung von Lymphknotenfern- metastasen und intraabdominalen Meta- stasen kann für den Patienten vorteilhaft sein. (15) Dieses gilt umso mehr, da beim malignen Melanom derzeit keine syste- mischen medikamentösen Therapien zur Verfügung stehen, für die eine Lebens- verlängerung gesichert ist. Allerdings ist anzumerken, dass prospektive Untersu- chungen fehlen, die diese Lebensverlän- gerung durch Tumorchirurgie belegen.

Nachsorgestrategien beim Melanom

In verschiedenen Ländern werden unter- schiedliche Nachsorgestrategien beim Melanom empfohlen. Es gibt zwischen Ländern und auch zwischen Experten ei- ne große Variationsbreite. Während in Deutschland und der Schweiz (16, 20) re- gelmäßige engmaschige Untersuchun- gen unter Einschluss technischer Unter- suchungen empfohlen wurden,werden in Frankreich und in den Niederlanden nur klinische Untersuchungen vorgeschla- gen, ohne dass eine Ausbreitungsdiagno- stik mit bildgebenden Verfahren in der Nachsorge vorgenommen wird (1, 2, 19).

In den USA gibt es keine Empfehlungen für die Nachsorge des Melanoms, und eine Befragung unter Experten zeigte er- hebliche Unterschiede in der Nachsorge- strategie, wobei auch in den USA bei Patienten mit höherer Tumordicke im Rahmen der Nachsorge häufig eine Aus- breitungsdiagnostik mit bildgebenden Verfahren vorgenommen wurde (18).

Für die verschiedenen Empfehlungen zur Nachsorgestrategie besteht das Di- lemma, dass bisher nur wenige empiri- M E D I Z I N

Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 2627. Juni 2003 AA1805

Grafik 1

Kumuliertes Rezidivrisiko des malignen Me- lanoms beim ersten Rezidiv. Das maligne Me- lanom ist ein frühzeitig metastasierender Tu- mor. Zum Ende des fünften Nachsorgejahrs haben sich bereits mehr als 85 Prozent aller Rezidive ereignet.

´ Tabelle 1 ´

Entdeckung von Rezidiven innerhalb und außerhalb regulärer Nachsorgeuntersuchun- gen in einer prospektiven Nachsorgestudie (10)

Beziehung zur Nachsorge Erstentdeckung Erstentdeckung Zusammen durch Patient durch Arzt

Während regulärer Nachsorgeuntersuchungen 31 (13%) 165 (71%) 196 (84%) Außerhalb regulärer Nachsorgeuntersuchungen 8 (3%) 29 (12%) 37 (16%)

Insgesamt 39 (17%) 194 (83%) 233 (100%)

´ Tabelle 2 ´

Häufigkeit von Rezidiven in Abhängigkeit vom pT-Stadium*

pT-Stadium Hofmann et al., 2002, Garbe et al., 2003, (Tumordicke) retrospektiv 5–10 Jahre prospektiv 2 Jahre

Zahl der Rezidive Zahl der Rezidive

Patienten (Prozent) Patienten (Prozent)

pT1 (0,75 mm) 197 4,1 997 0,4

pT2 (0,76–1,5 mm) 174 12,6 463 2,6

pT3 (1,51–4,0 mm) 152 34,9 241 9,1

pT4 (> 4,0 mm) 46 47,8 59 16,9

Tumordicke nicht 61 36,1 – –

angegeben

Gesamtzahl: 630 1 767

* Tumordicke nach Breslow in einer retrospektiven Studie von Hofmann et al. (12) und in einer prospektiven Studie über 2 Jahre von Garbe et al. (10)

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sche Auswertungen zu den Ergebnissen von Nachsorgeuntersuchungen vorlie- gen. Diese sind in der Regel retrospektiv, und es ist zumeist nicht erkennbar, wie konsequent die Untersuchungen durch- geführt wurden. In nahezu allen unter- suchten Arbeiten wurden 50 Prozent oder mehr der Rezidive zuerst von den Patienten selbst erkannt. Die prospekti- ve Nachsorgestudie in Deutschland zeig- te, dass bei strukturiertem Vorgehen mehr als 80 Prozent der Rezidive primär in Nachsorgeuntersuchungen gefunden werden (Tabelle 1).

Stellenwert technischer Untersuchungen zur

Erkennung von Metastasen

Alle Studien zu den Ergebnissen von Nachsorgeuntersuchungen stimmen dar- in überein, dass Anamnese und klinische Untersuchungen den wichtigsten Stel- lenwert für die Erkennung von Tumor- rezidiven haben. Einige retrospektive Studien beschäftigten sich mit dem Stel- lenwert von Röntgen-Thorax-Untersu- chung und Abdomen-Sonographie. Die- se Untersuchungen kamen zu dem Er- gebnis, dass nur circa fünf bis sechs Pro- zent aller Rezidive durch diese apparati- ven Untersuchungen entdeckt werden und dass der Aufwand in einem ungünsti- gen Verhältnis zu diesen Detektionsraten steht (3, 4, 22).

Insbesondere bei Patienten mit gerin- ger Tumordicke und niedrigem Rezidiv- risiko ist der Einsatz bildgebender Ver-

fahren neu zu überdenken. So traten innerhalb einer zweijährigen Nachbe- obachtungszeit bei nur 0,4 Prozent der Patienten mit dünnen Melanomen Rezi- dive auf, von denen die meistens bereits durch die körperliche Untersuchung er- kannt wurden (Tabelle 2). Insbesondere Nachsorgeuntersuchungen mit Thorax- Röntgen und Abdomen-Sonographie haben nur eine sehr geringe Detektions- rate in den Stadien des Primärtumors (Tabelle 3).

Auch die Untersuchung von Hofmann et al.(12) zeigte,dass die Detektionsraten von Metastasen durch Röntgen-Thorax- Untersuchungen bei fünf bis sieben Pro- zent aller Diagnosen lagen und durch die Abdomen-Sonographie nur bei ein bis zwei Prozent (12). Demgegenüber steht eine relativ hohe Rate falschpositiver Be-

funde, die zu weiteren diagnostischen Abklärungen und Untersuchungen führ- ten. Die Kosten für diese bildgebenden Untersuchungen, die für die Erkennung eines einzelnen Rezidivs entstehen, be- tragen zwischen 2 300 und 36 000 Euro.

Etwas günstiger war die Detektions- rate einer Metastasierung durch die Lymphknotensonographie, die bei 10 bis 13 Prozent lag. Aber auch hier lagen die Kosten in einer ähnlichen Größenord- nung. Da die Detektionsraten bei dün- nen Melanomen mit niedrigem Rezidi- vrisiko besonders klein sind, sind hier auch die Kosten für die Ausbreitungsdia- gnostik mit bildgebenden Verfahren besonders hoch. Bei Tumoren mit einer Tumordicke < 0,75 mm betrugen die Ko- sten pro gefundener Metastasierung 35 900 Euro, dagegen waren sie bei dickeren Tumoren deutlich geringer (Tu- mordicke 1,51 bis 4 mm 3 331 Euro.

Tumoren > 4 mm 2 326 Euro) (Tabelle 4).

Über den diagnostischen Wert von Blutuntersuchungen im Rahmen der Nachsorge gibt es bisher erst wenige Da- ten. Immerhin wurden bei 16 Prozent al- ler Patienten mit Rezidiven erhöhte Wer- te der LDH und bei 12 Prozent erhöhte Werte der alkalischen Phosphatase ge- funden (Unterschied hochsignifikant zu Patienten ohne Metastasierung). Bei na- M E D I Z I N

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A1806 Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 2627. Juni 2003

´ Tabelle 3 ´

Häufigkeit des Verdachts auf Metastasierung mit verschiedenen bildgebenden Unter- suchungen in Abhängigkeit vom klinischen Stadium (10)

Art der Untersuchung Stadium I (Tumor- Stadium II (Tumor- Stadium III (lokore- dicke bis 1,5 mm) dicke > 1,5 mm) gionäre Metastasen)

(Prozent) (Prozent) (Prozent)

Lymphknotensonographie 0,9 3,7 13,9

Röntgen-Thorax 0,1 0 0,9

Abdomen-Sonographie 0,1 0,6 0,9

´ Tabelle 4 ´

Kosten pro Tumorrezidiv für primäre kutane Melanome (Vorgehen nach den Empfeh- lungen der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft von 1994 [12])

pT-Stadium Gesamte Zahl der Zahl der Kosten pro

(Tumordicke) Kosten* Patienten Tumorrezidive Tumorrezidiv (GG)

pT1 (0,75 mm) 179 494 165 5 35 900

pT2 (0,76–1,5 mm) 214 842 154 15 14 323

pT3 (1,5–4,0 mm) 153 265 136 46 3 331

pT4 (> 4,0 mm) 44 192 41 19 2 326

Zusammen 648 832 554 95

* Es wurden auch Kosten für Folgeuntersuchungen zur Abklärung unklarer Befunde berücksichtigt.

Grafik 2

Gesamte Überlebenswahrscheinlichkeit in Ab- hängigkeit von der Früherkennung von Rezidi- ven. Patienten mit früherkannten Rezidiven mit einem Tumordurchmesser von weniger als 2 cm und der Möglichkeit zu operativen Entfernung haben eine hochsignifikant günstigere Überle- bensprognose als Patienten mit später erkann- ten Tumorrezidiven mit größerem Durchmesser oder fehlender Möglichkeit der R0-Resektion (p < 0,0001) (modifiziert nach [10]).

(4)

hezu 50 Prozent aller Patienten mit sich entwickelnder Fernmetastasierung lag eine Erhöhung des Tumormarker-Pro- teins S-100 vor (10). Zur Wirtschaftlich- keit dieser Untersuchungen gibt es bis- her keine Studien.

Tübinger Nachsorgestudie

In dieser prospektiven Studie an der Uni- versitäts-Hautklinik Tübingen wurden die Ergebnisse aller Nachsorgeuntersu- chungen bei 2 000 Patienten über einen Zeitraum von zwei Jahren dokumentiert und ausgewertet (10). Die Nachsorgeun- tersuchungen fanden abwechselnd in der Klinik und in der Praxis nach einem ko- operativen Schema statt. Bestandteile dieses Schemas waren die Kontrolle der Einhaltung der vereinbarten Termine und gegebenenfalls schriftliche Nachfra- gen bei den Patienten und die Informati- on der beteiligten Ärzte mit standardi- sierten Formularen über die Ergebnisse der Nachsorgeuntersuchungen. Es wur- den 3 800 klinische Untersuchungen, 3 000 Blutuntersuchungen, 9 400 Unter- suchungen mit bildgebenden Verfahren bei 2 008 Patienten ausgewertet. In die- sem Zeitraum wurden 233 Tumorrezidi- ve bei 112 Patienten diagnostiziert. 84 Prozent aller Rezidive wurden während der Nachsorgeuntersuchung erstmalig entdeckt. Nur in 17 Prozent aller Fälle kam der erste Hinweis auf das sich ent- wickelnde Rezidiv vom Patienten selbst.

Diese Zahlen unterscheiden sich deut- lich von denen aus retrospektiven Studi- en, in denen 50 Prozent und mehr aller Rezidive zuerst von den Patienten er- kannt wurden.Auch in dieser Studie wur- de circa die Hälfte aller Rezidive durch Anamnese und klinische Untersuchung gefunden. In der Nachsorge primärer Tu- moren sowie bei lokoregionärer Tumor- ausbreitung hatte die Lymphknotenso- nographie einen wichtigen Stellenwert und ermöglichte die Erkennung von et- wa 20 Prozent aller Rezidive. Nur ver- gleichsweise sehr wenige Rezidive wur- den mit Rönten-Thorax-Untersuchun- gen und Abdomen-Sonographie in den Stadien des Primärtumors entdeckt.

Metastasen mit bis zu 2 cm Durchmes- ser und der Option zur R0-Resektion wurden als „früh erkannt“, größere Me- tastasen oder solche mit fehlender Opti-

on zur R0-Resektion als „spät erkannt“

klassifiziert. Etwa 50 Prozent aller Rezi- dive konnten unter diesem engmaschi- gen Nachsorgeschema als „früh erkannt“

eingeordnet werden. Patienten, deren Rezidive als „früh erkannt“ klassifiziert wurden, hatten hinsichtlich des gesamten Überlebens einen hochsignifikanten Vorteil gegenüber der „spät erkannten“

Gruppe (Grafik 2). Diese Daten unter- streichen eindrucksvoll die Bedeutung der frühen Erkennung von Rezidiven für die Überlebensprognose der Patienten.

Empfehlungen zum Nachsorgeschema

Die Empfehlungen zur Nachsorge des malignen Melanoms basieren auf folgen- den Prämissen (Tabelle 5):

Für dünne Melanome mit niedri- gem Rezidivrisiko (bis 1 mm Tumor- dicke, Stadium IA) kann auf bildge- bende Diagnostik und Blutdiagnostik verzichtet werden. Hier werden sechs- monatige Untersuchungsintervalle in den ersten fünf Jahren für ausreichend ange- sehen. Die Nachsorgeuntersuchungen sollten hauptsächlich beim niedergelas- senen Hautarzt durchgeführt werden.

Da zwei Drittel aller Melanompatienten zum Zeitpunkt der Erstdiagnose im Sta- dium IA eingeordnet werden, wird durch die Verschiebung zum niederge- lassenen Hautarzt in den Kliniken eine wesentliche Entlastung erreicht. Die Kli- niken konzentrieren sich auf die Patien- ten mit höherem Risiko.

Der Einsatz von bildgebenden Un- tersuchungen und Blutuntersuchungen

soll risikoadaptiert vorgenommen wer- den. Röntgen-Thorax-Untersuchungen und Abdomen-Sonographie-Untersu- chungen (oder CT) werden in der re- gulären Nachsorge erst ab dem Stadium der lokoregionären Metastasierung emp- fohlen. Lymphknotensonographien und Blutuntersuchungen unter Einschluss des Tumormarker-Proteins S-100 werden auch bei Primärtumoren ab 1 mm Tu- mordicke empfohlen.

Eine eingehende Aufklärung der Pa- tienten über die Möglichkeiten selbst frühzeitig Rezidive zu erkennen, sollte Bestandteil jeder Nachsorgeaufklärung sein. Es wird empfohlen, dazu auch Bro- schüren zu verwenden.

Im Stadium der lokoregionären Me- tastasierung kann es sinnvoll sein, die Nachsorgeuntersuchungen zu intensivie- ren.

Eine prospektive Überprüfung von Nachsorgeschemata ist notwendig, um evidenzbasierte Empfehlungen zu ver- bessern.

Manuskript eingereicht: 25. 11. 2002, revidierte Fassung angenommen: 5. 3. 2003

Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2003; 100: A 1804–1808 [Heft 26]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literatur- verzeichnis, das beim Verfasser erhältlich oder im Internet unter www.aerzteblatt.de/lit2603 abrufbar ist.

Anschrift für die Verfasser:

Prof. Dr. med. Claus Garbe Universitäts-Hautklinik

Liebermeisterstraße 25, 72076 Tübingen E-Mail: claus.garbe@med.uni-tuebingen.de M E D I Z I N

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A1808 Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 2627. Juni 2003

´ Tabelle 5 ´

Empfehlungen für die Nachsorge kutaner maligner Melanome (Intervalle in Monaten) (modifiziert nach 10)

Stadium und Körperliche Körperliche Lymphknoten- Blutunter- Bildgebende Tumordicke Untersuchung Untersuchung sonographie suchung*2 Untersuchung*3

1.–5. Jahr 6.–10. Jahr 1.–5. Jahr 1.–5. Jahr 1.–5. Jahr

I, = < 1 mm 6 12 Keine Keine Keine*4

I + II, > 1 mm 3 6–12 6 6 Keine

III*1 3 6 3–6 3–6 6

IV Individuell

*1Das neue AJCC-Stadium IIC (> 4 mm Tumordicke plus Ulzeration) sollte wie Stadium III behandelt werden, da die Prognose vergleichbar ist.

*2Lactatdehydrogenase (LDH), alkalische Phosphatase (AP), und Protein S-100β

*3Abdomen-Sonographie und Röntgen-Thorax-Untersuchung, oder CT bzw. MRT oder PET

*4Bei Durchführung adjuvanter Therapien alle 6–12 Monate

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