• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "ARBEITSLOSIGKEIT: Mündige Bürger?" (23.03.1989)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "ARBEITSLOSIGKEIT: Mündige Bürger?" (23.03.1989)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

ABTREIBUNG

Zu dem Fernsehfilm „Mit un- nachgiebiger Härte" (ARD, 2. 2. 1989), der sich mit dem Hin- tergrund des Gerichtsverfahrens gegen den Memminger Gynäkolo- gen Dr. Theissen beschäftigte:

Empörend

Der Fernsehbericht über den Prozeß gegen Dr. Theis- sen und seine Patientinnen erinnert an unheilvolle Schauprozesse in totalitären Staaten — auch in unserer jün- geren Vergangenheit. Er be- wegt mich tief. In meiner Ar- beit als Psychotherapeut bin ich immer wieder mit dem Leid und den Schäden kon- frontiert, die durch ungewoll- te Schwangerschaften, nicht nur bei den Eltern, sondern erst recht bei den so zur Welt gekommenen Kindern her- vorgerufen werden. All die immer wieder vorgetragenen Argumente gegen eine sozia- le Indikation erscheinen mir geheuchelt und durch patriar- chalisches Machtdenken mo- tiviert. Ich jedenfalls habe noch nie mit einer Frau oder einem Arzt/Ärztin zu tun ge- habt, die leichtfertig mit einer Interruptio umgegangen sind;

das ist auch gar nicht möglich, da eine Interruptio immer ein tiefeinschneidendes Ereignis im wörtlichen und übertrage- nen Sinne in das Leben einer Frau ist, so daß die betroffene Frau sowie alle Beratenden und Helfenden eine schwere Entscheidung in Eigenverant- wortung treffen.

Bei dem Fernsehbericht habe ich den Eindruck ge- wonnen, daß Dr. Theissen in menschlich und ärztlich äu- ßerst verantwortungsvoller Weise mit diesem schweren Entscheidungsprozeß in Wort und Tat umgegangen ist. Da- für möchte ich ihm meine An- erkennung aussprechen und ihn, bei der derzeitigen Zer- störung seiner Arbeitsmög- lichkeiten, emotional stärken.

Als Solidaritätsäußerung und zur weiteren Verteidigung habe ich ihm einen Scheck geschickt, da es leider viel Geld kostet, Recht gegen die

„Mächtigen" zu bekommen.

Durch das Vorgehen der Justiz mit Patientinnendaten und das Nicht-Achten der hier besonders intimen und vertraulichen Arzt-Patienten- Beziehung fühle ich mich auch in meiner psychothera- peutischen Arbeit bedroht, wenn so etwas „in diesem, un- serem Lande" möglich ist. Ich wünsche mir, daß möglichst viele Ärzte sich mit Dr. Theis- sen solidarisieren und ener- gisch gegen derart empören- de obrigkeitliche Einmi- schung in subtiles ärztliches Handeln aufbegehren.

Andreas Feher, Arzt für Psychiatrie, Ferdinand-Wall- brecht-Straße 26, 3000 Han- nover 1

ARBEITSLOSIGKEIT Zu dem Beitrag „Nicht tatenlos hinnehmen" von Dr. med. H. Tho- mas Hansen in Heft 7/1989:

Mündige Bürger?

Wenn Bereitschaftsdienst durch Freizeitausgleich abge- golten, oder im Schichtdienst geleistet wird, ist dies eine deutliche Verschlechterung der Lebensumstände. Frei- zeitausgleich bedeutet, daß gute durch schlechte Zeit ausgeglichen wird. Freizeit nach dem Bereitschaftsdienst taugt bestenfalls als Schlaf- zeit, mit der Folge von Schlaf- losigkeit am Abend und Mü- digkeit beim Dienstbeginn am nächsten Morgen. Ein Schichtdienst mit Bereit- schaftsdienstcharakter führt zu noch größerer Arrhythmie im Leben der Betroffenen.

Während einer Woche zwei bis drei Stunden Schlaf in der Nacht und zwei bis drei Stun- den Schlaf am Tag, dieses an einem Haus mittlerer Größe alle vier bis fünf Wochen, für eine steigende Zahl von Kol- legen in Lebensstellung ein Leben lang. Dafür gibt es dann das gute Grundgehalt des angestellten Arztes: ledig, 28 Jahre, 4129 DM brutto, verheiratet, 40 Jahre, drei Kinder 6273 DM brutto. Eine Beförderung zum Ober- oder gar Chefarzt ist nicht vorgese- hen.

Schichtdienst ist nur dann fair zu realisieren, wenn im Krankenhaus wie in anderen Arbeitsbereichen Nachtarbeit als volle Arbeitszeit (hundert Prozent) gewertet wird. Über die Vorteile einer dauernden Präsenz des Arztes für Pa- tienten und Pflegepersonal brauchen wir uns wohl nicht zu unterhalten.

Sollten die AiP, wie Han- sen es vorschlägt, tatsächlich Bereitschaftsdienste versehen (für die Hälfte oder ein Drittel der für Assistenzärzte üblichen Vergütung natür- lich), werden unsere pfiffi- gen Krankenhausverwaltun- gen selbstverständlich keine weiteren Assistentenstellen schaffen, sondern durch Frei- zeitausgleich geschaffene Plätze mit AiP besetzen. Im.

Klinikalltag werden die erfah- renen Kollegen, welche gera- de Freizeit nehmen, fehlen, eine Mehrbelastung der vor- handenen Fachärzte ist vor- programmiert.

Hansen übersieht aber auch die Folgen seiner Vor- schläge für die ärztliche Wei- terbildung. Wie lange soll denn bei der von ihm favori- sierten Stellenvermehrung die Weiterbildungszeit dau- ern? Klinische Erfahrung läßt sich nicht in der Freizeit ver- mitteln. Ein Krankheitsbild muß in seinem ganzen Ver- lauf und nicht in 14tägigem Turnus gesehen werden. As- sistenten in den operativen Fächern haben schon heute Schwierigkeiten, ihre Opera- tionskataloge zu füllen. Eine Verlängerung der Weiterbil- dungszeiten würde aber erst recht wieder zu einer Stellen- blockierung führen.

Als klinisch tätige Ärzte sind wir nicht in erster Linie unserem ärztlichen Nach- wuchs verpflichtet (auch wenn es sich dabei häufig um unsere Kinder handelt), son- dern besonders unseren Kol- legen in der Weiterbildung und den Patienten. Wir soll- ten uns davor hüten, auf den Kurs von Universitäten und Politikern — Quantität statt Qualität — einzuschwenken.

Es ehrt Kollegen Hansen, daß er sich mit dem Nach-

wuchs solidarisiert. Aber han- delt es sich bei diesem Nach- wuchs nicht um „mündige Bürger"? Ich selbst (Studien- beginn 1971, Examen 1976) wußte 1974 um die drohende Ärzteschwemme. Seit späte- stens 1978 berichtet das

DEUTSCHE ÄRZTE-

BLATT pausenlos darüber.

Selbst die der Ärzteschaft so wohl gesonnenen Zeitungen

„Stern" und „Spiegel" haben die Ärztemangelberichter- stattung schon lange aufgege- ben.

Zum Schluß habe ich ei- nen wirklich „sozialen Vor- schlag" im Hinblick darauf, daß Herr Hansen die Ein- kommen der Assistenzärzte als „unsozial" bezeichnet.

Chef- und Oberärzte führen in Zukunft sämtliche Einnah- men aus Privatliquidation und Gutachtertätigkeit an ei- nen Fonds ab. Aus diesem er- halten arbeitslose Ärzte, die nicht vom Arbeitsamt unter- stützt werden, eine Über- brückungsbeihilfe. Über ein Solidaritätsopfer der nieder- gelassenen Kollegen wollen wir an dieser Stelle nicht dis- kutieren.

Dr. med. Malte Jucho, Oberarzt Anästhesieabtei- lung, Kreiskrankenhaus, 7710 Donaueschingen

In die Pflicht

Vielleicht sind ein paar Anmerkungen aus der Sicht mittelbar und unmittelbar be- troffener Kollegen gestattet (ich bin Kollege, ein halbes Jahr arbeitslos, seit zweidrei- viertel Jahren ärztlich tätig;

mein Bruder ist zur Zeit noch arbeitsloser Kollege):

C) Wo sind bitte unsere assistenzärztlichen „Einnah- men" (abgesehen davon, daß dieser Ausdruck unzutref- fend ist) „überdurchschnitt- lich"? Stundenlohn — durch- aus repräsentativ — in einem Lehrkrankenhaus einer deut- schen Universität, durch- schnittlich 24 DM brutto, Nachtdienste inbegriffen.

• Ähnliches verdient ein Bekannter in ungelerntem Schichtdienst bei einem gro- A-768 (8) Dt. Ärztebl. 86, Heft 12, 23. März 1989

(2)

Arzt und Mitarbeiter

Wenn beide „Götter in Weiß" werden Von N. A. Harlander und V. Flörkemeier

1986, 287 Seiten, 51 meist farbige Abbildungen, gebunden, DM 48,— ISBN 3-7691-5013-9

Auch für Ärzte sind die Zeiten ganz schön hart gewor- den. Jeder stellt Ansprüche an sie und sieht sich im Recht.

So sind Ärzte nicht nur stark fachlich gefordert, auch müssen sie in ihrer Praxisführung das Recheneinmal- eins beherrschen. Damit aber nicht genug. Auch die Zusammenarbeit mit den vielfältigen ärztlichen Assi- stenzberufen ist diffiziler geworden.

Mit den althergebrachten Methoden der Mitarbeiter- führung lassen sich nämlich keine Blumentöpfe mehr gewinnen. Arbeiten lassen sich kaum mehr von oben durchsetzen, Widerstände machen sich bemerkbar. Da- mit wird die gemeinsame Arbeit noch schwieriger. Wo Übereinstimmung fehlt, werden Arbeitsenergien zuneh- mend in kritisches Arbeitsklima umgelenkt.

Das vorliegende Buch will deshalb zu kooperativem Miteinander von Arzt und Mitarbeitern motivieren. Be- währte Verfahren von der Einstellung bis zur Ge- sprächsführung, von Kritik und Anerkennung werden vorgestellt. Auch werden alle die Methoden erklärt, die die Mitarbeiterselbständigkeit vergrößern.

Der besondere Vorzug des Buches liegt darin, daß zwei Praktiker zusammengefunden haben. Sie können aus ihrer täglichen Erfahrung in und von Praxis- und Mit- arbeiterführung berichten. Sie wissen seit langem, daß Leistung und Zufriedenheit zusammenfinden können.

Es kommt nur auf das Wie an.

166„ Deutscher Ärzte-Verlag

Postfach 400265 • 5000 Köln 40 Telefon (02234) 7011-316

Bestellcoupon

Ja, ich bestelle bei der Deutscher Ärzte VerlagGmbH, Postfach 40 02 65, 5000 Köln 40, durch die Buchhandlung

Expl. Harlander, Arzt u. Mitarbeiter je DM 48,

Name, Vorname PLZ, Ort

Straße Datum, Unterschrift

Irrtümer und Preisänderung vorbehalten. DÄ A-12/89

ßen deutschen Autoherstel- ler.

• Ein befreundeter Leh- rer erhält bis zu 45 DM brutto (kein Druckfehler!) pro Stun- de, gleich 45 Minuten.

• Nicht erwähnt im Ver- gleich zu unserem Beruf ähn- lich hochqualifizierte Berufe, die bei deutlich „geregelter"

Arbeitszeit ebenso „über- durchschnittlich" verdienen.

C) Geld erhalten viele Kollegen Assistenzärzte für Überstunden (mehrere Hun- dert im Jahr) nicht! (Wir lei- sten sie trotzdem gerne - für den Patienten.)

® Der Freizeitausgleich vieler Kollegen ist doch oft nur ein theoretischer. In der Alltagsrealität wird zumin- dest vormittags noch die eige- ne Station mit den persönlich betrauten Patienten versorgt.

Und dies nicht nur, weil der Chef es erwartet, sondern um dem Patienten mit demsel- ben, vertrauten, möglichst aufmunternden Gesicht „Gu- ten Morgen" zu wünschen,

„patientenfreundlich"!

® Ebensoviele Kollegen erhalten keinen Zuschlag, sondern einen „Abschlag" im Bereitschaftsdienst. Beispiel:

Wenn ein(e) Kollege(in) an einem Sonntag eine interni- stische Abteilung mit 120 Betten versorgt und zehn neue Patienten aufnimmt, zwischenzeitlich reanimiert, so ist das sicherlich mehr als eine Bereitschaft und wird durch eine Vergütung, die zwanzig Prozent unter der des normalen werktäglichen Satzes liegt, „belohnt". Das- selbe gilt darüber hinaus an vielen Häusern auch für an- dere Feiertage, wie zum Bei- spiel Weihnachten oder Ostern etc.

® Verdienen viele Kolle- gen(innen) Assistenzärzte heute schon bedeutend weni- ger als noch vor einigen Jah- ren, bei gestiegenen Lebens- haltungskosten . . .

® Einsparungsmöglich- keiten bei Chefärzten, die si- cher eher „überdurchschnitt- liche Einnahmen" zu ver- zeichnen haben, Verwaltun- gen, aufgeblasenen Verwal- tungsapparaten der Kranken- A-770 (10) Dt. Ärztebl. 86,

kassen und anderes mehr, wurden scheinbar fast verges- sen . . .

Elmar Starck, Moltkestra- ße 108, 5000 Köln 40

Zahlenspiele

Es ist unbestreitbar not- wendig und verdienstvoll, Lö- sungswege zur Beseitigung der bestehenden und drohen- den Ärztearbeitslosigkeit zu suchen. Ich bezweifle jedoch, daß vereinfachende mathe- matische Kunstgriffe wie

„Zahl der wöchentlich anfal- lenden ärztlichen Arbeits- stunden geteilt durch vierzig gleich Zahl der Arztplanstel- len" gerecht werden.

Völlig unberücksichtigt bleibt bei dieser Sicht die Qualität der Weiterbildung des einzelnen Assistenten, zumal in operativen Fächern.

Bei sich ausweitenden Stel- lenplänen verteilt sich ein vorgegebenes „Operations- gut" auf eine zunehmende Zahl von in der Weiterbil- dung befindlichen Assisten- ten; klinische und operative Routine kann dadurch und durch die Abnahme der Wo- chenarbeitszeit nicht mehr in gleichem Maße wie bisher ge- wonnen werden. Und welcher Patient möchte schon von ei- nem „Freizeit-Arzt" behan- delt werden? Es ist abzuse- hen, daß die Mindestweiter- bildungszeiten gerade in den operativen Disziplinen sich nicht unerheblich verlängern werden. Der junge Arzt für Chirurgie wird dann ein ange- grauter Vierziger sein.

Nicht einsichtig ist mir, warum die bisherige Rege- lung mit obligatem Freizeit- ausgleich nach dem Bereit- schaftsdienst zu einer „zer- rissenen" Stationsbesetzung führen muß. Größere Statio- nen dürften in der Regel durch zwei Assistenten und einen betreuenden Oberarzt besetzt sein, so daß bei ent- sprechender Planung eine kontinuierliche Patientenbe- treuung gewährleistet ist.

Der geforderte sogenann- te Solidarbeitrag der bisheri- gen Stelleninhaber, wohlge- Heft 12, 23. März 1989

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Der Anteil der Kosten im ärztlichen Dienst beträgt neun Prozent, der Anteil der Personalkosten für Pflegepersonal beträgt rund 44 Prozent, wie anläßlich ei- ner Pressekonferenz

0172/6851000 Kleine Familie (Eltern, Tochter, Großmutter) sucht Haus für Mehr- generationenwohnen in Kelkheim, Bad Soden, Königstein, Kronberg, Oberursel, Bad Homburg

Kurz nach der politischen Wende war ein, sicher auch da schon nicht mehr ganz neues Ergebnis meiner Untersuchungen im Rahmen der Pro- motion, dass gut über ihre Krankheit

Bekannte Ursachen sind unter anderem ein alters- oder hormonbedingter Tränenman- gel, häufiges Arbeiten am Bild- schirm oder langes Lesen, der Aufenthalt in klimatisierten

des Arzneim., bei Säuglingen und Kindern unter 6 Jahren; Nebenw.: häufig: Magen- oder Oberbauchschmerzen, gelegentlich: allergische Reaktionen (wie Atemnot, Gesichts-

Nach den Erfahrun(en mit dem Amt in Meppen, war ich schon im Vorwe(e auf (roße Probleme (efasst, aber es war dann (anz einfach: Nach intensivem Nachforschen stellte sich heraus,

Auf Bildung als jenseitige Beschäftigung wird noch zurückzukommen sein. Bildung war aber natürlich auch Teil des irdischen Lebens, und das wird in der Festrede Gregors

Das „Ettlinger Modell“ geht noch einen Schritt weiter: Zum einen wird die Stelle des Citymanagers je zur Hälfte von Stadt und den beiden Vereinen Gewerbeverein und Werbegemeinschaft