Die kombinierte Aufmerk- samkeitsdefizit- und Hyper- aktivitäts-Störung (ADHS) zähle zu den häufigsten psych- iatrischen Störungen bei Kin- dern, die eine hohe Komorbi- dität mit Angst, Tics sowie ge- störtem Sozialverhalten auf- weise, betonte Prof. Götz- Erik Trott (Aschaffenburg).
Wie der Kinder- und Ju- gendpsychiater ausführte, sei die Therapie gekennzeichnet durch ein multimodales Kon- zept. Die besten Erfolge wür- den dabei mit einem lösungs- orientierten Beratungskon- zept und individuell ange- passter Medikation mit Psy- chostimulanzien erreicht; ei- ne intensive Verhaltensthera- pie verbessere das Ergebnis, wenn gleichzeitig Verhaltens- störungen vorlägen.
Semipermeable Membran Bei der medikamentösen Be- handlung haben sich seit Jahr- zehnten Psychostimulanzien bewährt; für Methylphenidat liegen inzwischen Daten aus 130 kontrollierten Studien vor. In nicht retardierter Form verabreicht, ist – bedingt durch die kurze Halbwertszeit – eine tägliche Mehrfachgabe notwendig, was bei Kindern im Alltag schwierig zu be- werkstelligen ist.
Auch die retardierte Form hat laut Trott Nachteile: Der Wirkeintritt ist verzögert, die Bioverfügbarkeit nahrungs- abhängig, und die Wirkung der Formulierung deckt oft nicht den kompletten Tag ab.
Eine neue Galenik, bei der Methylphenidat in einer Kap- sel „verpackt“ wurde (Con- certa®), verbessert diese Si- tuation erheblich.
Die Hülle gibt innerhalb einer Stunde ein Fünftel des Methylphenidats frei, danach wird der Wirkstoff via Osmo- se durch eine semipermeable
Membran freigesetzt. Mit die- ser neuen Formulierung ist ei- ne ausreichend lange, weitge- hend nahrungsunabhängige und sichere Wirkung zu erzie- len, wie eine Studie bei 277 Kindern im Alter zwischen sechs und zwölf Jahren zeigte.
In verschiedenen „Settings“
und durch verschiedene Be- werter (Eltern Lehrer, Ärzte) wurde unter Methylphenidat (3x/die) und der neuen Zube- reitungsform ein signifikant besseres Ergebnis dokumen- tiert als unter Placebo. Dies be- stätigte sich laut Trott auch in einer offenen Langzeitstudie über ein Jahr mit 289 Kindern ähnlichen Alters.
Die Responderrate liegt zwischen 70 und 80 Prozent, als häufigste unerwünschte Wirkungen wurden dosisab- hängig Kopfschmerzen, Schlaf- störungen,Appetitverlust und Bauchschmerz notiert, wäh- rend Tics sich als dosisunab- hängig erwiesen, so Trott.
Eventuell erforderliche Do- sissteigerungen im Verlauf der Betreuung seien nicht auf einen Gewöhnungseffekt zu- rückzuführen, sondern auf ei- ne Optimierung der Therapie.
Die verbesserte Symptom- kontrolle wird derzeit in ei- ner offenen EU-Studie bei Sechs- bis 19-Jährigen ge- prüft; angelaufen ist auch eine Untersuchung bei Ju- gendlichen (13 bis 18 Jahre) mit Titrationsphase. Hier be- steht das Problem, dass die Störung sich nicht „ver- wächst“, doch die Betroffe- nen setzten die Medikation nach der Pubertät ganz über- wiegend aus persönlichen Gründen ab, wie Dr. Johan- na Krause (Ottobrunn) fest- stellte. Dr. Renate Leinmüller
Einführungspressekonferenz „Fortschritt in der ADHS-Therapie – Symptomkontrol- le über den ganzen Tag“ der Firma Jans- sen-Cilag in Frankfurt/Main
V A R I A
Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 1114. März 2003 AA723