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Archiv "Zur Diskussion: Soll ein guter Arzt gutes Geld verdienen?" (19.03.2004)

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A766 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 1219. März 2004

P O L I T I K

W

ir Ärzte wundern und ärgern uns seit Jahren darüber, dass unsere Arbeit zunehmend öf- fentlich angegriffen und unsere Ho- norare immer misstrauischer beäugt werden. Was halten Sie von der Deu- tung, dass die gesamte Bevölkerung das nicht mehr als so wertvoll empfin- det, was wir Ärzte an Dienstleistung erbringen? Da jeder Mensch sich im- mer Beziehungen mit „Wert für Wert“

wünscht, wäre das eine stimmige Er- klärung dafür, dass Politiker jeder Couleur seit Jahren ungestraft ärzte- feindliche Sprüche und Aktionen los- lassen können.

Wenn wir Ärzte die Lage verbessern wol- len, müssen wir unsere

„Kunden“ genauer ver- stehen. Das unangeneh- me Gefühl, als Patient nicht das Richtige zu be- kommen, entsteht bei

> intensiver techni- scher Diagnostik von

subjektiv als psychosomatisch wahrge- nommenen Störungen,

> Therapie von relativ harmlosen Zuständen mit massiv eingreifenden Methoden oder Medikamenten und ebenso bei

> subjektiv als Desinteresse emp- fundener Inaktivität des Arztes bei Problemen ohne ernste Diagnose.

Gemeinsam ist diesen ärztlichen Verhaltensweisen, dass sie durch die gängige Klinikausbildung verstärkt und mit den herrschenden Gebühren- ordnungen perpetuiert werden. Einem dergestalt frustrierten Patienten sub- jektiv befriedigende, medizinisch kor- rekte Lösungen anzubieten ist für die meisten Kollegen oft nur als Selbstzah- lerleistung möglich. Medizinisch sinn- volle Selbstzahlerleistungen sind zu- gleich die einzige wirtschaftlich sinn- volle Reaktion auf die Honorarsitua- tion.Wir sind unversehens in eine neue historische Situation geraten, die drin- gend eine intensive innerärztliche Diskussion von ärztlichem Verkaufen oder Nichtverkaufen erfordert. Es ist sehr gefährlich, für die gleiche Lei-

stung wie früher einfach mehr Geld zu verlangen, wie es einige unbedarfte Kollegen versuchen. Vielmehr ver- langt Selbstzahlermedizin ein neues, besser und individueller maßgeschnei- dertes Angebot. Dass die Kassen an- geblich das medizinisch Notwendige bezahlen, ist eine interessante Mi- schung aus liebenswertem Märchen und bösartiger Lüge.

Unter dem Gesichtspunkt „Wert für Wert“ gibt es nur sehr wenige Patien- ten, die sich das Nötige nicht leisten können. Es bleibt Aufgabe des Arztes, das Eigenengagement des Patienten

als ausreichend oder nicht ausreichend zu bewerten. Selbst wenn der Patient finanziell gar nicht gefordert wird, hängt jeder (!) Therapieerfolg auch vom Ei- genengagement ab. Selbstzahlermedi- zin erzeugt bessere Therapieerfolge.

Darf man als Arzt alles verkaufen?

Soll man möglichst viel verkaufen? Ich meine: nein. Ihre eigene Glaubwürdig- keit und damit Ihr eigenes Glück und Ihre Gesundheit leiden, wenn Sie irgendetwas unbegrenzt viel verkau- fen wollen. Die Kollegen, die das den- noch tun, sind Umsatzmaximierer.

Definition: Ein Arzt, der seinem Pa- tienten überwiegend solche wirtschaft- lich relevanten Leistungen anbietet, mit denen der Patient subjektiv be- deutsame Ziele erreicht, die auch mit geringerem wirtschaftlichen Aufwand für den Patienten erreicht oder langfri- stig ihm unwichtig werden könnten, ist ein Umsatzmaximierer.

Die Definition bezieht sich sowohl auf Kassen- als auch auf Privat- und Selbstzahlerleistungen.Anwenden kön- nen wir diesen schönen Begriff, dem ich weitestmögliche Verbreitung wün-

sche, auf manche zahnmedizinische Versorgung, auf viele Allergietests, oft genug in der ästhetischen Chirurgie und bei vielem anderen, beklagenswerter- weise auch bei fast allen IVF-Aktio- nen, die ich beobachtet habe. Den Vogel abgeschossen hat ein Kollege, der bei einer jungen Türkin drei In-vitro-Ferti- lisierungen durchgeführt hat, die davor schon viermal und danach gleich noch zweimal natürlich schwanger wurde. Mit motiviert wurde diese sehr junge Dame durch die spendable Gesetzliche Kran- kenversicherung, ihren (der Patientin) geringen Wissensstand und die traurige Tatsache, dass alle neun Schwangerschaften mit Frühabort endeten.

Wir könnten als we- sentlichen Bestandteil der ärztlichen Ethik fordern, dass das lang- fristige Wohl des Pati- enten wichtiger ist als das kurzfristige Ein- kommen des Arztes.

Daraus ergibt sich logischerweise die gesellschaftliche Forderung, die sich in der Volksweisheit wiederfindet: „Ein guter Arzt muss viel Geld verdienen, sonst wird er irgendwann ein schlech- ter Arzt.“ Unsere Gesellschaft kann und muss sich gute Ärzte leisten.

Moderne betriebswirtschaftliche Über- legungen kommen übrigens zu dem gleichen Ergebnis: Parasitäre oder aus- beuterische ökonomische Beziehun- gen bedeuten mehr Instabilität für beide (!) Partner, sie erzeugen auch auf Dauer geringere Gesamteinkom- men als symbiotische oder fair austau- schende Beziehungen. Es ist kein Zu- fall, dass auch moderne Unternehmens- philosophien und der Umweltschutz den genannten Begriff der Nachhaltig- keit in den Vordergrund rücken. Ver- kaufen Sie also das, was dem Patien- ten langfristig und nachhaltig gut tut – nicht, das, was er gerade gerne annimmt oder was er sich gerade wünscht. Sie dürfen zwar alles verkaufen, aber ge- sünder und ehrlicher ist es, nur zu ver- kaufen, was Sie selber auch kaufen würden. Dr. med. Roman Machens,Landshut

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Soll ein guter Arzt gutes Geld verdienen?

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