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Archiv "125. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie: Wenn geriatrische Patienten operiert werden müssen" (02.05.2008)

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Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 182. Mai 2008 A939

M E D I Z I N R E P O R T

D

er demografische Wandel der Bevölkerung spiegelt sich schon heute in den Statistiken der chirurgischen Kliniken wider: Mehr als 40 Prozent der operierten Patien- ten in einer Klinik der Maximalver- sorgung sind älter als 60 Jahre, auch der Anteil der 80- bis 100-Jährigen nimmt stetig zu. „Die Chirurgie wird mehr und mehr zur Alterschirurgie, bei der die Versorgung von Frakturen sowie onkologische Operationen ei- nen breiten Raum einnehmen wer- den“, beschrieb Prof. Dr. med.

Volker Schumpelick (Universitäts- klinikum Aachen) die Zukunft seines Fachbereichs in Berlin.

Neben den natürlichen biologi- schen Veränderungen, die das fort- geschrittene Lebensalter mit sich bringe, erforderten auch ernsthafte Begleiterkrankungen ein interdiszi- plinär abgestimmtes Behandlungs- konzept. „60 Prozent der 60-Jähri-

gen und 80 Prozent der 75-Jährigen weisen mindestens einen Risiko- faktor auf, der für den Verlauf eines operativen Eingriffs relevant ist“, so Schumpelick. Die Summierung sol- cher Risikofaktoren sei der wesent- liche Grund für die erhöhte Operati- onssterblichkeit im Alter.

Ein rechtzeitiger, elektiver Eingriff ist Prävention

Auf die Anforderungen der alternden Gesellschaft fühlen sich Chirurgen, Anästhesisten und Intensivmediziner sowohl technisch, personell als auch strukturell gut vorbereitet. Fortschrit- te im präoperativen Management, in der Anästhesie, in den chirurgischen minimalinvasiven Techniken und der Intensivmedizin hätten zu einer kon- tinuierlichen Risikoreduktion in der geriatrischen Chirurgie beigetragen.

Entscheidungskriterium, ob bezie- hungsweise nach welcher präoper-

tiven Vorbereitung ein chirurgischer Eingriff bei einem geriatrischen Pati- enten durchgeführt werden kann, sei zunächst das biologische Alter, das sich durch die physische und psychi- sche Belastbarkeit des Patienten und bestehende Begleitkrankheiten defi- niere, betonte der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Chirur- gie (DGCH), Prof. Dr. med. Hartwig Bauer. Zudem würden das Operati- onsrisiko, die Prognose und die Le- bensqualität nach der Operation ge- geneinander, aber auch die Operation selbst gegenüber konservativen Be- handlungsmethoden abgewogen. Ziel der Alterschirurgie müsse es immer sein, den Menschen nicht nur „am Le- ben, sondern im Leben zu erhalten“.

Zu Hochrisikopatienten würden alte Menschen in der Chirurgie häu- fig nur deshalb, weil sie mit der Be- gründung, eine Operation sei ihnen altersbedingt nicht mehr zuzumuten,

125. KONGRESS DER DEUTSCHEN GESELLSCHAFT FÜR CHIRURGIE

Wenn geriatrische Patienten operiert werden müssen

Die Entscheidung über einen chirurgischen Eingriff bei multimorbiden Menschen wird immer häufiger interdisziplinär getroffen.

Foto:Meditech

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A940 Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 182. Mai 2008

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erst im fortgeschrittenen Erkran- kungsstadium oder bei lebensbe- drohlichen Komplikationen als Not- fall in die Klinik eingewiesen wür- den. Ein rechtzeitiger elektiver Ein- griff mit entsprechender Vorberei- tung und gesicherter Indikation habe deshalb gerade bei betagten Patien- ten auch eine entscheidende Bedeu- tung für den Erfolg des Eingriffs und die Lebensqualität danach, unter- streicht Bauer. Hier sei ein Umden- ken bei den Patienten und ihren An- gehörigen, aber auch bei den Hausärzten dringend geboten.

Auch aus Sicht der Anästhesisten sei es entscheidend, bei älteren Pa- tienten frühzeitig eventuelle OP-Ri- siken zu ermitteln, sagte Prof. Dr.

med. Jürgen Biscoping (Karlsruhe).

So hätten zum Beispiel mehr als 30 Prozent der Patienten, die sich ei- nem gefäßchirurgischen Eingriff unterzögen, eine bis dahin uner- kannte koronare Herzerkrankung.

Kardiovaskuläre Komplikationen machten an einem unselektierten Patientengut aber bis zu fünf Pro- zent der perioperativen Morbidität und Mortalität aus.

„Bei genauer Kenntnis des kar- diovaskulären und pulmonalen Sta- tus lässt sich das Operationsrisiko durch entsprechende medizinische Begleitmaßnahmen dem von jünge- ren Patienten annähern“, teilte Bis- coping mit. Dazu gehörten eine qualifizierte postoperative Überwa- chungs- und Behandlungsphase auf einer Intensivstation oder in einer Intermediate-Care-Einheit.

Alter Organismus hat weniger Kompensationsmöglichkeiten

Der Präsident der Deutschen Ge- sellschaft für Anästhesie und Inten- sivmedizin, Prof. Dr. med. Hugo van Aken (Universität Münster) be- tonte, dass der ältere Organismus bei meist eingeschränkter Nieren- funktion und myokardialer Vorschä- digung deutlich weniger Kompen- sationsmöglichkeiten habe, um den operativen Stress zu bewältigen. Er verwies vor allem auf die diastoli- sche Dysfunktion mit begleitender Anämie als Risikofaktor für Kom- plikationen. Zur Frage, ob kardial vorgeschädigte Patienten periopera- tiv mit einem Betablocker behandelt

werden sollten, zog van Aken die vorläufigen Ergebnisse der POISE- Studie (Perioperative ischemic eva- luation trial) heran, die im Novem- ber letzten Jahres beim Jahreskon- gress der American Heart Association vorgestellt worden waren.

„Unter Metoprolol-Gabe traten zwar weniger Myokardinfarkte, dafür aber eine höhere Gesamtmor- talität und mehr schwere Schlagan- fälle auf“, so van Aken. Wer von einer perioperativen Betablocker- therapie (100 mg CR vor und nach dem Eingriff sowie 100 mg/die über 30 Tage) profitiere und wem dabei Gefahr drohe, lasse sich zum gegen- wärtigen Zeitpunkt schwer abschät- zen. Allerdings: Patienten, die be- reits längere Zeit auf Betablocker eingestellt sind, empfahl er die Fortführung der Therapie.

Eine weitere Stoffklasse kardio- protektiver Substanzen sind die Sta- tine. Neben der lipidsenkenden Wir- kung werden ihnen sogenannte pleiotrope Mechanismen zuge- schrieben, die das kardiovaskuläre Risiko reduzieren. „Obwohl es theoretisch sinnvoll erscheint, ist ei- ne perioperative Statingabe wegen fehlender Studien derzeit nicht ge- rechtfertigt“, stellte der Internist Prof. Dr. med. Bernd-Dieter Gonska (Karlsruhe) fest. Die konsiliarische Untersuchung von geriatrischen Patienten durch den Internisten habe zum Ziel, für Chirurgen und Anästhesisten die Frage zu beant- worten, ob im vorgegebenen Zeit- rahmen eine Optimierung durch Vor- und/oder Begleitbehandlung möglich sei.

Je mehr ältere Patienten operiert werden, umso häufiger werden die Ärzte und Pflegekräfte mit dem Phänomen der postoperativen ko- gnitiven Dysfunktion (POCD) kon- frontiert. Diese äußert sich durch diskrete Störungen des Gedächtnis- ses, der Aufmerksamkeit und der Sprache, welche für den Patienten und seine Angehörigen sehr belas- tend sind – zumal der Status über Monate persistieren kann: 25 Pro- zent der Patienten, die älter als 60 Jahre sind, leiden eine Woche nach einem größeren Eingriff an einer postoperativen kognitiven Dys- funktion, drei Monate postoperativ

sind es immer noch zehn Prozent.

Nach herzchirurgischen Eingriffen ist die Inzidenz noch höher.

Die Pathogenese und die Rolle der Anästhesie bei der Entwicklung der postoperativen kognitiven Dys- funktion sind unklar. „Weder neue- re, kurz wirksame Medikamente noch die Wahl der Anästhesietech- nik – Regionalanästhesie oder All- gemeinanästhesie – können die postoperative kognitive Dysfunkti- on verhindern“, erläuterte van Aken und zitierte eine aktuelle Studie von Wissenschaftlern der Duke-Univer- sität in Durham (North Carolina).

Anhaltende kognitive

Dysfunktion erhöht Mortalität

Die US-Anästhesisten hatten 1 000 Erwachsene unterschiedli- chen Alters untersucht, die sich ver- schiedenen Operationen unterzie- hen mussten. Sie testeten die Hirn- leistung der Patienten vor dem Ein- griff, bei der Entlassung aus dem Krankenhaus und drei Monate spä- ter. Die gleichen Tests absolvierten auch 200 gesunde Kontrollperso- nen. Viele der Operierten hatten bei der Entlassung mehr oder weniger deutliche Funktionsstörungen im Sinn einer POCD, und zwar unab- hängig vom Alter. Was die Studien- leiter jedoch besonders überraschte, war die Tatsache, dass die Personen, die auch drei Monate nach der Ope- ration noch an den Nachwehen der Narkose litten, ein höheres Risiko hatten, innerhalb eines Jahres zu sterben (Anesthesiology 2008;

108[1]: 18–30).

Auch wenn die in Berlin versam- melten Chirurgen und Anästhesisten über keine präventiven oder thera- peutischen Maßnahmen verfügen, der postoperativen kognitiven Dys- funktion zu begegnen, plädierten sie für eine Minimierung des periopera- tiven Stresses. „Die Kunst besteht darin, den alten Patienten so wenig wie möglich zu stören“, sagte van

Aken. I

Dr. med. Vera Zylka-Menhorn

Das wissenschaftliche Programm gestalten neben der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie die DGCH-Mitgliedsgesellschaften der Viszeral-, Un- fall-, Gefäß-, Kinder-, Herz-, Thorax - und Plasti- schen Chirurgen sowie Orthopäden. Erstmalig ist außerdem die Deutsche Gesellschaft für Neuro- chirurgie am Programm beteiligt.

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