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Archiv "Psychische Störungen: Hausärzte stärken die Patienten" (07.02.2014)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 111

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Heft 6

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7. Februar 2014 A 223

WEITERBILDUNG

Brauchen Krankenhäuser und Arztpraxen zu- sätzliches Geld, wenn sie Ärztinnen und Ärzte weiterbilden? (DÄ 49/2013: „Debatte um Extra- finanzierung“ von Heike Korzilius).

Der fehlende Wille

. . . Das Hauptproblem bei der Sicherung einer vernünftigen ärztlichen Weiterbil- dung ist nicht der finanzielle Druck, son- dern der fehlende Wille der damit beauf- tragten Weiterbildungsermächtigten. Fast niemand bis auf die jungen Weiterbil- dungsassistenten selbst zeigt ernsthaftes Interesse an einer systematischen standar- disierten und bundesweit vergleichbaren ärztlichen Weiterbildung. Auch die etab- lierte Ärzteschaft selbst betreibt die ärztli- che Weiterbildung als „Nebenprodukt der ärztlichen Arbeit“ und betrachtet diese als

„Holschuld des Assistenten“ . . .

Es ist auch kein Geheimnis, dass kaum ein Assistent den Erfordernissen der Weiter- bildungsordnung nachkommen kann. Je größer das Haus ist, desto geringer ist die Chance. Dies wissen auch die Ärztekam- mern, die Fachgesellschaften und die Ärz- tegewerkschaften. Sie tun nicht nur rein gar nichts dagegen, sondern sie diskutie- ren allen Ernstes darüber, die Erfordernis- se der Weiterbildung aufzuweichen, statt sich ernsthaft zu überlegen, wie man Wei- terbildungsstätten zu einer vernünftigen Weiterbildung zwingen kann.

Die inadäquate Weiterbildung stellt ein enor- mes qualitatives Problem dar, welches je- doch mit relativer Leichtigkeit in jedem ein- zelnen deutschen Krankenhaus durch eine sich kümmernde ärztliche Führung beseitigt werden kann. Wenn die Geschäftsführung, die Chefärzte und die Oberärzte ein ehrlich gemeintes systematisches Weiterbildungs- programm zusammenstellen, was zugege- ben am Anfang vieler Energie und Zeit be- darf, dann ist dies eine Investition, die sich in Form von optimierten Prozessen, gebes- serter Arbeits- und Lebensqualität, gesteiger- ten Umsätzen bei sinkender Verweildauer und längerfristig reduzierten Gesamtarbeits- stunden mehr als bezahlt macht . . . Auch ohne Extrafinanzierung müssen die Ärztekammern damit beginnen, unange- kündigt Weiterbildungsstätten zu kontrol- lieren. Häuser, welche die Weiterbildung vernachlässigen, müssen hart bestraft wer- den. Dies beinhaltet den Entzug von Wei- terbildungsermächtigungen und hohe Geldstrafen. Krankenhäuser, die nicht weiterbilden dürfen, bekommen in der Re-

gel auch keinen ärztlichen Nachwuchs.

Universitätskliniken und allgemeine Kran- kenhäuser sind jedoch ohne ärztlichen Nachwuchs nicht überlebensfähig. Die Angst davor sollte die Geschäftsführung dazu bewegen, Druck auf ihre Weiterbil- dungsermächtigten auszuüben. Ferner stellt der aus unternehmerischer Sicht pro- blematische Ärztemangel die Chance für die Weiterbildungsassistenten dar, um die Ketten der Abhängigkeit vom Vorgesetz- ten zu sprengen . . . Ein Krankenhaus, das nicht wirklich weiterbildet, muss von den Assistenten boykottiert werden. Die For- derung der Ärzteschaft nach Extrafinan- zierung der Weiterbildung muss der Gro- ßen Koalition und den Krankenversiche- rungsgesellschaften gegenüber mit aller Kraft unterstützt werden, aber nur unter der Bedingung, dass diese Finanzmittel einzig und allein zur Sicherung einer qua- litativ hochwertigen, systematischen, bun- desweit vergleichbaren und jederzeit vor Ort überprüfbaren ärztlichen Weiterbil- dung eingesetzt werden.

Muhannad Hirzallah, 44791 Bochum

PSYCHISCHE STÖRUNGEN

Die Frage, wie es um die Definition psychischer Störungen bestellt ist, wird im Rahmen der aktu- ellen Revision des Diagnostic and Statistical Man - ual of Mental Disorders intensiv diskutiert (DÄ 49/2013: „Hilfestellung zur Indikation“ von Frank Jacobi, Wolfgang Maier und Andreas Heinz).

Hausärzte stärken die Patienten

Mit großem Interesse und weitgehender Zustimmung haben wir den Artikel gele- sen, ist doch die Abgrenzung Lebensum- stände-assoziierter Leidenszustände von einem (psychiatrischen) Krankheitsbild auch tägliches Brot des Hausarztes.

Es wurde bereits die Frage gestellt (und beantwortet), warum Hausärzte sich wei- gern, Leitlinien umzusetzenund Krankhei- ten als solche zu erkennen. Dabei sind es vielfach die Hausärzte, die die Ressour- cen, Eigeninitiative und Selbsthilfe der Patientinnen und Patienten stärken und dadurch eine Behandlungsbedürftigkeit im psychiatrischen Sinne abwenden. Diese tägliche stützende Arbeit der Hausärzte wird nirgends abgebildet, nicht in klassi - fizierbaren/kategorisierbaren Daten wie Dia gnoseschlüsseln oder Verordnungs - größen. Auch die Überweisungszahlen an

Psychiater können nicht abbilden, welche Vorüberlegungen bezüglich des Krank- heitsverlaufes oder welche Signalkriterien für die Notwendigkeit einer Facharztmit- behandlung gewählt wurden. Insbesondere geben niedrige Überweisungszahlen (niedriger als eventuell aus Psychiatersicht erforderlich) nicht wieder, wie oft wegen der Nichterreichbarkeit oder langer Warte- zeiten der Versuch gar nicht erst unter- nommen wird. Nicht zu unterschätzen ist auch die Tatsache, dass betroffene Patien- ten selbst aus Scham ihre depressiven Symptome verbergen und stattdessen lie- ber physische Beschwerden vorbringen.

In einer kürzlich veröffentlichten Studie zur Versorgungssituation psychisch er- krankter Patienten wurde gezeigt, dass fast zwei Drittel der aufgrund einer psychiatri- schen Diagnose ambulant behandelten Versicherten ausschließlich durch Ärzte für Allgemeinmedizin oder Fachärzte für somatische Medizin versorgt werden.

In diesem Zusammenhang nehmen wir Anstoß an der Formulierung „Manche Fehlentwicklungen – wie etwa das poten- ziell unsachgemäße Verschreiben von Psy- chopharmaka durch überforderte Primär- ärzte – sind nicht notwendigerweise ein Fehler des verwendeten diagnostischen Systems“. Tatsächlich würde es zu einer Überforderung des Systems führen, würde jeder Hausarzt jeden Patienten zur medi- kamentösen Therapie überweisen, der die Kriterien einer Depression erfüllt.

Auch die Verordnung von Psychopharma- ka ist keine Geheimwissenschaft und ist auch nicht anspruchsvoller als zum Bei- spiel die differenzierte Herzinsuffizienz- therapie und die Diabetes- oder COPD- Einstellung, die zum Beispiel auch von Hausärzten geleistet werden.

Qualitative Missstände der Depressions- behandlung, welche bei Hausärzten vor- kommen, sind ebenfalls bei Psychiatern beschrieben. Hier wäre demnach weniger ein hohes Ross gewünscht als vielmehr ei- ne Zusammenarbeit und eine Ansprech- barkeit auf niederschwelligem Niveau.

Versorgungssysteme, welche die Zusam- menarbeit von Hausärzten mit Spezialisten für psychische Krankheiten fördern (zum Beispiel Integrated Care), werden mit er- höhten Erkennungsraten in Verbindung ge- bracht. In Deutschland sind wir jedoch von solchen Strukturen noch weit entfernt . . .

Literatur bei den Verfassern

Dr. med. Susanne Döpfmer,

Priv.-Doz. Dr. med. Christoph Heintze, Institut für Allgemein medizin, Charité Campus Mitte, 10117 Berlin

B R I E F E

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