Wo der Bund sparen will
1976 1977 1978 1979 Öffentlicher Dienst 1131 1267 1404 1472
Wirtschaft 15 15
Landwirtschaft 269 532 777 1087
Arbeitsförderungsgesetz und sonstiges im Bereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung
Forschung und Technologie Bildung und Wissenschaft Zuschüsse zum Schutz- raumbau u. a.
900 1465 1725 1880
— 55 155 255
109 172 244
50 95 100 105
343 408 410 510
40 45 45 45
Gesundheitswesen
Wohnungswesen und Städtebau 46
Gemeinschaftlich finanzierte Ausgaben von Bund und Ländern Sparförderung
Abbau von Steuerver- günstigungen (Sparkassen)
— 765 759 754
— 400 465 525
209 287 373 415
Abbau von Subventionen
(Zuwendungsempfänger) 275 300 325 350 (Alle Angaben in Millionen DM)
Die Information:
Bericht und Meinung
Keine Konsolidierung der Staatsfinanzen
Der Staat holt sich beim Bürger, was er braucht. Trotz aller kräfti- gen Worte vom Kürzen und vom Sparen, die Haushaltsdefizite wer- den in erster Linie durch Steuerer- höhungen geschlossen. So sehen die Pläne der Regierung aus: Zum 1. Januar 1976 wird der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung um einen Prozentpunkt auf drei Prozent des Arbeitsentgelts angehoben. Zum 1.
Januar 1977 folgt die Erhöhung der Mehrwertsteuer um zwei Prozent- punkte auf 13 Prozent; der ermä- ßigte Steuersatz wird von 5,5 auf 6,5 erhöht. Und natürlich wird auch das Trinken von Alkohol und das Rauchen vom Fiskus mit höheren Abgaben bestraft, ebenfalls von 1977 an.
Die Erhöhung des Arbeitslosenbei- trags bringt im ersten Jahr 3,8 Milliarden Mark ein; um diesen Be- trag kann der Bund seine Zuschüs- se an die Nürnberger Bundesan- stalt kürzen. Durch die Mehrwert- steueranhebung steigen die staatli- chen Einnahmen um insgesamt rund zehn Milliarden Mark, etwa sieben Milliarden Mark entfallen davon auf den Bund und drei Mil- liarden auf die Länder. Über den Verbrauch von Schnaps und Tabak fließen zusätzlich 1,2 Milliarden in die Bundeskasse. Zählt man alle vorgesehenen Einnahmeverbesse- rungen zusammen, so ergibt sich allein für den Bund folgende Bi- lanz: 1976 plus 4,2 Milliarden Mark, 1977 plus 13,5 Milliarden Mark, 1978 plus 16 Milliarden Mark, 1979 plus 17,4 Milliarden Mark. Das al- les geht in die Preise; sie werden entsprechend steigen.
Die vorgesehenen Kürzungen neh- men sich dagegen bescheiden aus.
Sie bringen 1976 Einsparungen von rund 3,6 Milliarden; dieser Betrag steigt im Jahr danach auf gut sechs Milliarden Mark, um danach wieder zu sinken. Bis zu den Kabi- nettsberatungen war noch von dra- stischen Sparbeschlüssen die Rede. FDP-Generalsekretär Bange- mann bezifferte das erwünschte
Streich-Ergebnis mit rund acht Mil- liarden Mark. Übrig blieben dann weniger als die Hälfte, ein Ergeb- nis, das beide Koalitionspartner zu vertreten haben. Die FDP wehrte sich gegen größere Kürzungen an Ertls Agrar-Milliarden. Die Sozial- demokraten wollten den sozialen Besitzstand nicht in Frage stellen lassen. Das Sparopfer wird damit vor allem den Bediensteten des Staates abverlangt. Das ist, insge- samt gesehen, wohl nicht ganz un- billig, denn der öffentliche Dienst hat seine Personaletats in den letz- ten Jahren jeweils um annähernd 15 Prozent und mehr aufgestockt.
Diese Entwicklung muß korrigiert werden. So sollen die Funktionszu- lagen der Staatsbediensteten „ein- gefroren" werden. Das trifft vor al- lem die Bonner Beamten mit ihrer Ministerialzulage in Höhe von 12 Prozent des Gehalts. Den Ortszu- schlag für Verheiratete und Kinder wird künftig nur noch ein Ehepart- ner erhalten, wenn beide für den Staat arbeiten; der zweite wird wie ein Lediger bedient. Auch an den Beihilfen wird korrigiert. Weithin wird als Mißstand empfunden, daß Beamte an der Krankheit „verdie- nen", wenn nämlich von Versiche- rung und Staat mehr als 100 Pro- zent der tatsächlichen Ausgaben zum Beispiel für ärztliche Behand- lung oder Medikamente erstattet
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 37 vom 11. September 1975
2515Die Information:
Bericht und Meinung
AUS DEN BUNDESLÄNDERN
werden. Pläne, die Beamten in die gesetzliche Krankenversicherung einzubeziehen, gibt es nicht. Die Gründe liegen auf der Hand. Der Staat hätte dann nämlich für die Bezahlung des Arbeitgeberanteils am Beitrag mehr aufzuwenden als heute für die Beihilfe. Mit Abstri- chen wird man rechnen müssen, mit einem radikalen Umbau des Beihilfe-Systems aber nicht.
Auch beim Arbeitsförderungsge- setz soll dem Mißbrauch entgegen- getreten werden. Das allein bringt aber noch nicht die geplanten Ein- sparungen von 900 Millionen Mark.
Vermutlich wird auch das Unter- haltsgeld bei der Umschulung ge- kürzt, das heute noch weit höher als das Arbeitslosengeld ist. Mit Ab- strichen wird auch bei den Bundes- zuschüssen für die Krankenhausfi- nanzierung gerechnet werden müs- sen. Das zielt auf eine Streckung der bisherigen Planungen.
Von politischem Gewicht ist, daß die staatliche Förderung des Spa- rens und der Vermögensbildung abermals reduziert wird. Nachdem mit der Steuerreform Einkommens- grenzen eingeführt worden waren, werden nun noch einmal die Prä- mien gesenkt, beim Bausparen von 23 auf 18 Prozent und beim Sparen von 20 auf 15 Prozent. Kurzfristig bringt dies freilich nicht viel; die staatlichen Zuschüsse werden bis 1977 auf annähernd zehn Milliarden Mark steigen.
Die Erhöhung der staatlichen Ab- gaben und die vorgesehenen Kür- zungen werden zwar die Lage der Staatsfinanzen verbessern; von ei- ner Konsolidierung kann freilich nicht die Rede sein. Die Bundesre- gierung belegt dies selbst mit ihren Zahlen. Die zusätzliche Finanzie- rungslücke des laufenden Jahres in Höhe von rund 15 Milliarden Mark wird mit dem Nachtragshaus- halt 1975 geschlossen. Für 1975 hat allein der Bund mit zusätzlichen Steuerausfällen gegenüber der letzten Steuereinschätzung im März von sieben Milliarden Mark zu rechnen. Auf einer Forderung von rund zwei Milliarden Mark ha-
ben die Länder den Bund nach der Steuerreform sitzen lassen. Die Zu- schüsse an die Nürnberger Bun- desanstalt müssen noch einmal um fünf Milliarden Mark aufgestockt werden, um die Finanzierung des Arbeitslosengeldes sicherzustellen.
Die gesamte Lücke kann nur mit Krediten geschlossen werden. Um den Gesamthaushalt 1975 zu finan- zieren, muß sich der Bund also mit mehr als 40 Milliarden Mark ver- schulden.
Doch diese Schuldenlawine wird auch 1976 weiterrollen. Der Etat- entwurf der Regierung sieht trotz der Kürzungen, der Steuererhöhun- gen und eines Ausgabenanstiegs von nur 4,1 Prozent abermals ein Defizit von 39 Milliarden Mark vor.
Allen Zahlen liegt dabei die Erwar- tung zugrunde, daß 1976 der Auf- schwung kommt, ein reales Wachs- tum von fünf Prozent und unter Be- rücksichtigung der Preissteigerung ein nominelles Wachstum von 9,5 Prozent erreicht wird. Dies bedeu- tet zugleich, daß bei einem Aus- bleiben des Aufschwungs Etatdefi- zite in unvorstellbaren Größenord- nungen entstehen werden. Sollte der Aufschwung kommen, so wird der Staat freilich vor dem dann fast unlösbaren Problem stehen, sich das Geld zu Zinssätzen zu besor- gen, die der Wirtschaft den Anreiz zum Investieren lassen.
Nach dem Wahltag wird dann die zweite Rate des von der Opposi- tion verlangten „Offenbarungsei- des" fällig. Trotz der drastischen Steuererhöhungen wird dann für 1977 noch immer ein Defizit von 22 Milliarden Mark ausgewiesen. Da- bei geht die Regierung von einem Ausgabenanstieg von nur drei Pro- zent aus, was völlig unrealistisch erscheint. Ohne zusätzliche Ein- griffe in gesetzlich festgelegte Aus- gaben
wäre
das nicht zu errei- chen.Fazit: Die Regierung wird selbst dann nicht aus ihren finanziellen Schwierigkeiten herauskommen, wenn sich die Konjunktur wieder beleben sollte. Eine bedrückende Perspektive. wst
HESSEN
Weniger
Krankenhausbetten
Hessen will seinen Krankenhaus- plan überarbeiten und bis 1985 ins- gesamt 4566 weniger neue Betten finanzieren als bisher vorgesehen waren.
Die Reduzierung des Planziels von 43 210 auf 38 644 Betten wird mit dem geringeren Bedarf begründet, der vor allem auf das verlangsamte Bevölkerungswachstum zurückzu- führen ist. Der Einsparungsvor- schlag würde ein Investitionsvolu- men von sieben Millionen DM be- treffen. Die neuen „Bedarfszahlen"
sehen bis 1985 nur noch die Ein- richtung von zusätzlich 1388 Kran- kenhausbetten vor. In der Zeit zwi- schen 1971 und Ende 1974 hatte sich die Zahl der Betten in den Akutkrankenhäusern Hessens von 34 938 um 2318 auf 37 256 (6,6 Pro- zent) erhöht. DÄ
NIEDERSACHSEN
Bessere Hilfen
für psychisch Kranke
Bei der Einbringung des Entwurfes für ein Gesetz über Hilfen für psy- chisch Kranke und Schutzmaßnah- men im Landtag hat der Staatsse- kretär im Sozialministerium, Dr.
Helmut Tellermann, die sozial- psychiatrischen Dienste als beson- ders wichtig hervorgehoben. Er sei sicher, erklärte er, daß die mit die- sen Diensten zu erzielende Verbes- serung in der Versorgung psy- chisch Kranker sich auch kosten- senkend auf die stationäre Unter- bringung auswirken werde. Trotz der angespannten Personallage könne man auch davon ausgehen, daß diese Dienste zügig ausgebaut werden.
Als Beweis dafür, daß sich die Ar- beitsbedingungen in der Psychia- trie verbessern, wies Tellermann darauf hin, daß die Zahl der