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Archiv "Arzneimittelbudget: KBV befürchtet Kollektivhaftung für rund zwei Milliarden Mark" (09.10.1992)

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(1)

1991

Auswirkungen der Malus-Regelung im Gesundheitsstrukturgesetz(GSG)

Quelle: Berechnungen der KBV

Arzneimittelumsatz 30 in Mrd.DM

26

Entwicklung (geschätzt)* Budget

ohne GSG mit GSG

"Kollektivschuld"

im Jahre 1993:

2 Mrd.DM

1993 * Linea e Regression auf der Basis der Entwicklung von 1989 bis 1991 1992

(geschätzt)*

Für Seehofer scheint die Sache recht einfach zu sein. Um die Ausga- ben bei den Arzneiverordnungen im kommenden Jahr um 560 Millionen Mark zu senken, will er ein Budget festlegen, das genau um diesen Be- trag niedriger liegt als der Arznei- mittelumsatz des Jahres 1991. Da- nach stünden den Kassenärzten ins- gesamt 23,8 Milliarden Mark für Verordnungen zur Verfügung. Soll- ten die Kassenärzte jedoch in der Summe höhere Ausgaben im Arznei- mittelbereich veranlassen, müßten sie den überschießenden Betrag aus- gleichen. Oder anders ausgedrückt:

aus der eigenen Tasche bezahlen.

In einem Brief an Seehofer weist Dr. Ulrich Oesingmann, der Vorsit- zende der KBV, auf Ungereimthei- ten und Versäumnisse bei der Be- rechnung des Arzneimittelbudgets hin. Oesingmann fürchtet: Die „Kol- lektivhaftung" der Kassenärzteschaft

— ordnungspolitisch ohnehin ein mehr als fragwürdiges Verfahren — dürfte unterm Strich auf zwei Milli- arden Mark hinauslaufen. Minde- stens drei Faktoren hat das Ministe- rium aus Sicht der Kassenärztlichen Bundesvereinigung bei seinem Zah- lenspiel außer acht gelassen.

Erstens: die Gesetzesänderung zur Verordnungsfähigkeit von emp- fängnisverhütenden Mitteln für Ver- sicherte bis zum 20. Lebensjahr. Das Ministerium selbst schätzt die Mehr- ausgaben auf etwa 150 Millionen Mark pro Jahr. Oesingmann hinge- gen glaubt, daß dies viel zu niedrig gegriffen sei. Kaum ist die Gesetzes- änderung in Kraft, mehren sich

statten die Kassen diejenigen Imp- fungen vor Auslandsreisen, die von der Ständigen Impfkommission des Bundesgesundheitsamtes empfohlen werden. Die erforderlichen Impf- stoffe werden als Sprechstundenbe- darf verordnet und bei den Kas- sen als Arzneimittelausgaben ver- bucht. Auf dasselbe Konto gehen, so Oesingmann, „alle Anstrengungen der Ärzteschaft, die noch erkennba- ren Impflücken — unabhängig von Auslandsreisen — zu schließen". Der KBV-Vorsitzende in seinem Brief an Seehofer dazu: „Sobald absehbar ist, daß im weiteren Verlauf des Gesetz- gebungsverfahrens die Kosten für Impfstoffe nicht aus dem Ausgaben- volumen ausgeklammert werden, müssen die gerade erst abgeschlosse- nen Impfvereinbarungen zum Ende des Jahres wieder gekündigt wer- den."

Drittens: die sogenannte Inno- vationskomponente, der wohl gravie- rendste Faktor. Bei der Festlegung des Budgets habe das Ministerium den Ausgabenanstieg aufgrund me- dizinisch gerechtfertigter Verord- nungen innovativer Arzneimittel für die Jahre 1992 und 1993 nicht be- rücksichtigt. Dies sei aber unabding- bar, argumentiert Dr. Ulrich Oesing- mann und verweist in diesem Zusam- menhang auf Feststellungen des so-

Arzneimittelbudget

KBV befürchtet Kollektivhaftung für rund zwei Milliarden Mark

Geht Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer bei seiner For- derung nach Einsparungen im Arzneimittelbereich von falschen Voraussetzungen aus? Exakt 560 Millionen Mark will der Minister durch ein Arzneimittelbudget „einspielen" - letztlich zu Lasten der Kassenärzte. Tatsächlich müßten die niedergelassenen Ärzte aber für rund zwei Milliarden Mark geradestehen, wenn das Ge- setz nicht noch wesentliche Berechnungsfaktoren berücksichtigt.

schon Berichte, wonach junge Frau- en „wahllos verschiedene Ärzte kon- taktieren und sich Antikonzeptiva verschreiben lassen". Dies geschehe offensichtlich auch mit dem Ziel, die verordneten Verhütungsmittel an versicherte Frauen im Alter von mehr als 20 Jahren weiterzugeben.

Impfvereinbarung:

Alles aufs selbe Konto

Zweitens: die neue Impfverein- barung mit den Ersatzkassen und in- zwischen beigetretenen Primärkas- sen. Nach dieser Vereinbarung er-

Dt. Ärztebl. 89, Heft 41, 9. Oktober 1992 (19) A1-3295

(2)

Auf Wache gegen die Grippe

eben erschienenen Arzneiverord- nungs-Reports '92.

Danach hat allein die Zunahme der innovativen ACE-Hemmer in der Therapie der Hypertonie und Herzinsuffizienz im Jahr 1991 zu Mehrausgaben von 256 Millionen Mark geführt. Rund 170 Millionen Mark an höheren Ausgaben sind im gleichen Jahr auf die Umstellung von Patienten auf Lipidsenker des Typs HMG-CoA-Reduktasehemmer ent- fallen. Weitere Ausgabenschübe: 80 Millionen Mark durch die vermehrte Verordnung von Östrogenen, 70 Mil- lionen Mark durch H2-Antagonisten und 40 Millionen Mark durch H1- Antihistaminika. Für die Verord- nung all dieser innovativen Mittel ge- be es gute medizinische Gründe, die von keiner Seite bestritten würden.

Innovationskomponente:

Mindestens zwei Prozent

Wenn ein Arzneimittelbudget aufgestellt werden sollte, sei die Be- rücksichtigung einer Innovations- komponente von mindestens zwei Prozent jährlich erforderlich. Doch selbst dann betrüge das tatsächliche Einsparvolumen, das von den Kas- senärzten bei der Verordnung von Arzneimitteln zu leisten wäre, immer noch rund eine Milliarde Mark.

Denn korrekterweise, so Oesing- mann, müsse bei der Berechnung des Budgets der Ausgabenanstieg der Jahre 1989 bis 1991 auf das Jahr 1993 fortgeschrieben werden. Dies sei aufgrund der Innovationsgeschwin- digkeit mit Sicherheit gerechtfertigt.

Während Seehofer 23,8 Milliar- den Mark für die Ausgaben für Arz- neimittel als hinreichend betrachtet, steht bei der KBV selbst unter Be- rücksichtigung aller sonstigen „GSG- Struktureffekte" ein Ausgabenvolu- men in Höhe von 25,8 Milliarden Mark unterm Strich. Und Einsparun- gen von zwei Milliarden Mark könn- ten trotz aller Anstrengungen bei der Pharmakotherapieberatung auf gar keinen Fall erzielt werden. Jeden- falls nicht, schreibt Oesingmann an Seehofer, „ohne die Patienten in Teilbereichen vom medizinischen Fortschritt in der Arzneimittelthera- pie abzukoppeln". JM

Das englische Wort „sentinel"

bedeutet Wachtposten. 600 ärztliche Praxen, lose verbunden zu einem

„sentinel network", sollen dem- nächst auch in Deutschland wach- sam das Aufkommen von Grippewel- len beobachten. Das hofft die Ar- beitsgemeinschaft Influenza (AGI), die soeben in Brüssel der Presse ihr Konzept für ein solches Melde- und Kommunikationssystem vorstellte.

Brüssel ist Sitz von Eurosentinel, ei- ner von der EG geförderten Agen- tur, die die internationale Zusam- menarbeit der Netzwerke fördert.

Sentinel networks gibt es bereits in Belgien, Frankreich, Großbritan- nien, Irland, Italien, in den Nieder- landen, in Portugal, in der Schweiz und in Spanien. „Wir wollen jetzt nachholen, was bei unseren Nach- barn schon längst gelaufen ist", sagt Prof. Dr. med Hans Dieter Brede, der Vorsitzende des Wissenschaftli- chen Beirates der AGI.

Und so soll das Influenza-Mel- desystem laufen: Hausärztlich tätige, niedergelassene Ärzte (in erster Li- nie Allgemeinärzte und praktische Ärzte, aber auch Kinderärzte und eventuell Internisten), repräsentativ über das Land verteilt, führen zwi- schen Herbst und Frühjahr Strichli- sten über Erkrankungen grippeähn- lichen Charakters. Die Ergebnisse werden wöchentlich an eine Zentra- le, eben die AGI, gemeldet. Weiter- gegeben werden ausschließlich rein statistische Daten. Aus den gemelde- ten Fällen lassen sich, so die Erfah- rungen der Nachbarländer, Aufkom- men und Verlauf einer Grippewelle frühzeitig erkennen.

Start mit 200 Praxen

Bereits 1992 soll das Meldesy- stem mit 200 Arztpraxen starten.

Hundert Praxen haben laut AGI ihre Mitarbeit bereits fest zugesagt, mit 70 anderen laufen Gespräche. Wei- tere Interessenten werden gesucht und können sich bei der AGI (Schuhmarkt 4, 3550 Marburg/Lahn, Telefon: 06421/12022) melden. Vor- aussetzung für eine Teilnahme ist

ein PC mit MS DOS. An diesen wird ein Modem (gestellt von der AGI) angeschlossen, das Btx- und Fax- Verbindungen herstellt.

Die Mitarbeit wird nicht hono- riert, doch zeigen die ausländischen Beispiele, daß die Ärzte an solchen Netzwerken gerne und beständig mitmachen. Die Teilnahme an einem epidemiologischen Forschungsvor- haben, „bei dem sie als gleichwertige Partner ernstgenommen werden"

(Dr.med.Dipl.Soz. Joachim Szecse- nyi von der Abteilung Allgemeinme- dizin der Universität Göttingen) wirkt stark motivierend.

Förderung der Schutzimpfungen

Die Arbeitsgemeinschaft Influ- enza ist praktisch identisch mit dem

„Grünen Kreuz". Gefördert wird das Netzwerk von den Impfstoffherstel- lern Behringwerke AG, Duphar Pharma GmbH und Co.KG, Institut Wrieux GmbH und Sächsisches Se- rumwerk Dresden (das jetzt zu Smith, Kline & Beecham gehört).

Deren Anliegen ist es nicht nur, rele- vante Daten zur Epidemiologie der Influenza zu erheben, sondern auch die Grippeschutzimpfungen populä- rer zu machen. Ein Frühwarnsy- stem könnte dabei gute Dienste lei- sten. Ein Nebeneffekt könnte sein, daß die Frühbehandlung mit Aman- tadin beliebter wird; von der werde in Deutschland „auffallend wenig Gebrauch gemacht," bedauerte Prof. Dr. med. Günther Maas, der Präsident der Deutschen Vereini- gung zur Bekämpfung der Virus- krankheiten.

Sentinel networks, wie das ins Auge gefaßte zur Beobachtung der Influenza, können auch zur Beob- achtung anderer epidemiologischer Ereignisse genutzt werden. Das wird im Ausland schon praktiziert. Die längste Erfahrung hat das Sentinella- Netzwerk in der Schweiz. Dort wur- de zum Beispiel das Aufkommen von Suizid-Fällen untersucht, wurde in Brüssel berichtet. NJ A1-3296 (20) Dt. Ärztebl. 89, Heft 41, 9. Oktober 1992

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