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Archiv "Evidenzbasierte Immunsuppression bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen" (17.07.2000)

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Academic year: 2022

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D

ie chronisch entzündlichen Darm- erkrankungen (CED) Morbus Crohn und Colitis ulcerosa sind durch schubartig verlaufende destru- ierende Entzündungsreaktionen der Darmschleimhaut gekennzeichnet. Die klassische Therapie des akuten Schubs der CED erfolgt mit Corticosteroiden (57) oder alternativ mit hochdosierten Aminosalicylaten, auf deren Bedeutung im Rahmen dieser Übersicht jedoch nicht näher eingegangen werden soll.

Der natürliche Verlauf des Morbus Crohn ist allerdings nur bei 44 Prozent der Patienten remittierend, das heißt Krankheitsschübe sind gefolgt von län- geren Remissionsphasen. Nur diese Verlaufsform eignet sich für eine Schub- therapie, während die Mehrzahl der Pa- tienten einen chronisch aktiven, das heißt steroidabhängigen (36 Prozent) oder steroidrefraktären (20 Prozent) Verlauf aufweist (40). Bei den letzteren Patienten kann selbst durch hohe Ste- roiddosen keine Remission erzielt wer- den; bei den steroidabhängigen Fällen kommt es bei Unterschreiten einer indi- viduell unterschiedlichen Schwellendo- sis zu einem raschen Rezidiv. Ähnliches gilt für die Colitis ulcerosa. Aufgrund des gravierenden Nebenwirkungsprofils (unter anderem Osteoporose, Hautver- änderungen, Gewichtszunahme) der sy- stemisch wirkenden Steroide muss das Therapieziel bei CED eine möglichst rasche Dosisreduktion sein. Die Mehr- zahl der chronisch aktiven Patienten be- darf, sofern keine Operationsindikation besteht, daher einer immunsuppressi- ven Therapie (58, 24), die in Deutsch- land allerdings tatsächlich nur bei etwa

sieben Prozent der Morbus-Crohn-Pa- tienten eingesetzt wird. Dieser Artikel soll daher mit den Kriterien der evi- denzbasierten Medizin (Tabelle), vor al- lem über die gesicherten Therapiein- dikationen für Immunsuppressiva, aber auch über neue immunmodulatorische Ansätze in der Behandlung chronisch entzündlicher Darmerkrankungen in- formieren.

Therapie der CED mit

klassischen Immunsuppressiva

Azathioprin/6-Mercaptopurin

Azathioprin gehört wie sein Abbaupro- dukt 6-Mercaptopurin (6-MP) zu den Antimetaboliten, die nach Einbau in die DNA eine Zellproliferation und eine Genaktivierung in Entzündungszellen inhibieren. Nach Absorption wird Aza- thioprin rasch zu 6-MP umgewandelt (Grafik 1). Wegen des niedrigeren Mo- lekulargewichts und der inkompletten Konversion muss Azathioprin etwa doppelt so hoch dosiert werden wie 6- MP. 6-MP wird intrazellulär auf ver- schiedenen Wegen verstoffwechselt.

Der erste Weg ist die Umwandlung des 6-MP durch das Enzym Hypoxanthin- phosphoribosyltransferase (HPRT) in seine aktiven Metaboliten, die 6-Thio- guaninnukleotide (6-TGN) (Grafik 1).

Die 6-TGN sind wahrscheinlich für die immunsupprimierenden Eigenschaften von Azathioprin verantwortlich. Hierbei konnte gezeigt werden, dass Azathio- prin die Produktion von IFN-gamma- und Tumornekrosefaktor-(TNF-)Zyto- kinen (Botenstoffen) durch T-Lympho- zyten hemmt und ferner bei diesen Zel- len einen programmierten Zelltod (Apoptose) auslösen kann (26). Klinisch wird eine Steady-State-Konzentration

Evidenzbasierte

Immunsuppression bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen

Markus F. Neurath

1

Eduard F. Stange

2

Zusammenfassung

Für die Pathogenese der chronisch entzündli- chen Darmerkrankungen (CED) Morbus Crohn und Colitis ulcerosa ist wahrscheinlich eine pa- thologisch gesteigerte Aktivierung des muko- salen Immunsystems von entscheidender Be- deutung. Immunsuppressive Strategien haben bei chronisch aktiven CED-Verlaufsformen da- her einen hohen klinischen Stellenwert. In der vorliegenden Übersicht werden Behandlungs- konzepte zur Therapie mit klassischen Immun- suppressiva, wie beispielsweise Azathioprin, diskutiert und mit modernen immunmodulato- rischen Strategien verglichen. Letztere umfas- sen Therapien mit rekombinanten antiinflam- matorischen Zytokinen (zum Beispiel IL-10, IL- 11) und inhibitorische Strategien gegen proin- flammatorische Moleküle und Zytokine (TNF, IL-12, NF-kappaB).

Schlüsselwörter: Morbus Crohn, Colitis ulcero- sa, Immunsuppression, Zytokin

Summary

Immunosuppression in Inflammatory Bow- el Disease

Pathologic activation of the mucosal immune system is very likely to be one of the key fac- tors in the pathogenesis of inflammatory bow- el disease ([IBD] Crohn’s disease, ulcerative co- litis). Thus immunosuppressive strategies play an important role in the therapy of chronic ac- tive forms of IBD. This review article summa- rizes and compares current immunosuppressive concepts for IBD patients. The two major con- cepts are treatment with classical immunosup- pressive drugs such as azathioprine and mod- ern immunomodulatory strategies. The latter concept comprises treatment with recom- binant antiinflammatory cytokines (e.g. IL-10, IL-11) and inhibitory strategies against proin- flammatory molecules and cytokines (e.g. TNF, IL-12, NF-kappaB).

Key words: Crohn’s disease, ulcerative colitis, immunosuppression, cytokine

1Medizinische Klinik und Poliklinik (Direktor: Prof. Dr.

med. Peter R. Galle) der Universität Mainz

2Medizinische Klinik I, Bereich Gastroenterologie (Be- reichsleiter: Prof. Dr. med. Eduard F. Stange) der Univer- sität Lübeck

(2)

der 6-TGN unter Azathioprintherapie jedoch erst nach Monaten erreicht (33, 34), was eine Erklärung für den verzö- gerten Wirkungseintritt von Azathio- prin sein könnte. Einige Autoren propa- gieren zur Festlegung der optimalen Therapiedosis von Azathioprin die Messung der 6-TGN-Spiegel (13). Dies ist aber nicht als Standard etabliert, da die beobachtete Korrelation zum klini- schen Effekt (r: 0,457) nicht sehr eng ist.

Alternativ wird Azathioprin zu zwei weiteren „inaktiven“ Metaboliten ver- stoffwechselt: Über das Enzym Xan-

thinoxidase zu 6-Thioharnsäure oder durch das Enzym Thiopurinmethyl- transferase (TPMT) zu 6-Methylmer- captopurin (Grafik 1). Beide Stoff- wechselwege haben jedoch hohe klini- sche Bedeutung für das Dosis-Toxi- zitäts-Profil: Der erste Metabolisie- rungsweg wird durch Allopurinol ge- hemmt, daher ist bei gleichzeitiger Ap- plikation auf eine mögliche Überdosie- rung von 6-MP zu achten. Für den zwei- ten Metabolisierungsweg gibt es geneti- sche Unterschiede zwischen „Schnell“- und „Langsam“-Metabolisierern (68, 66). Etwa 90 Prozent der Patienten ver-

stoffwechseln 6-MP rasch und problem- los zu Methylmercaptopurin, während etwa zehn Prozent eine intermediäre Enzymaktivität der TPMT haben. Pro- blematisch sind jedoch homozygote Pa- tienten (Häufigkeit in der Bevölkerung etwa 1/300) mit zwei Allelen für eine langsame Enzymform, da sie erhöhte 6- TGN-Spiegel entwickeln können und damit ein hohes Risiko haben, toxische Wirkspiegel zu erreichen. Die Bestim- mung der TPMT-Aktivität ist vor einer intravenösen Aufsättigung von 6-MP erforderlich (54). Die klinische Rele-

vanz dieses Vorgehens ist jedoch noch unklar, da sich in einer kontrollierten, bisher erst in Abstractform vorliegenden Studie die intravenöse Therapie nicht als schneller oder wirksamer als die üb- liche orale Behandlung erwiesen hat (Sandborn et al., World Congress of Gastroenterology, Wien, 1998).

Klinisch hat die Therapie mit Aza- thioprin bei CED einen hohen Stellen- wert (3, 4). Die nachfolgend genann- ten Indikationen für Azathioprin be- ziehungsweise 6-MP entsprechen den in der Deutschen Konsensuskonferenz zur Therapie des Morbus Crohn vor-

geschlagenen Anwendungsbereichen (57). Zur Beantwortung der Frage der Wirksamkeit von Azathioprin bezie- hungsweise 6-MP in der Remissionsin- duktion bei aktivem Morbus Crohn las- sen sich acht placebokontrollierte Stu- dien heranziehen (7, 15, 32, 46, 48, 51, 62, 67), die kürzlich in einer Metaanaly- se ausgewertet wurden (55) (Grafik 2).

Die Ansprechrate betrug zusammenge- fasst für alle Patienten 54 Prozent ge- genüber 33 Prozent in der Placebogrup- pe; der therapeutische Gewinn somit 21 Prozent. Die Odds Ratio (Wahrschein- lichkeitsverhältnis) für eine Wirksam- keit von Azathioprin (6-MP) betrug 2,3 bei einer „number needed to treat“

(NNT) von etwa fünf. Außerdem konn- te ein deutlicher Steroideinsparungsef- fekt in der Azathiopringruppe mit einer Odds Ratio von 3,8 belegt werden (55).

Insgesamt konnte bei 65 Prozent aller mit Azathioprin beziehungsweise 6-MP behandelten Patienten die Steroiddosis auf < 10 mg pro Tag Prednisonäquiva- lent reduziert werden, im Vergleich zu nur 36 Prozent bei der Placebokontrol- le. Nur drei Gruppen führten placebo- kontrollierte Studien mit Azathioprin bei Fistelleiden durch. In der größten Studie an 36 Patienten mit Fisteln war die Abheilungsquote in der Azathio- pringruppe mit 31 Prozent signifikant höher als in der Placebogruppe (sechs Prozent) (48). Aufgrund der begrenz- ten Studienlage kann eine begrenzte Wirksamkeit von Azathioprin in der Behandlung von Fisteln beim Morbus Crohn vermutet werden, ist aber noch nicht gesichert.

Bei Beginn der Therapie mit Aza- thioprin in der Remissionsphase (44, 47, 52) waren die Ergebnisse etwas schlechter als bei Patienten mit aktivem Morbus Crohn. Die Remissionsrate un- ter Azathioprin betrug 67 Prozent im Vergleich zu 52 Prozent in der Placebo- gruppe (Odds Ratio 2,1). Daher sollte der Beginn der immunsuppressiven Therapie noch während des akuten Schubs erfolgen. Die Ansprechrate war bei einer Therapiedauer von über 17 Wochen mit 53 Prozent und einer NNT von vier optimal (Odds Ratio 2,5).

Die mittlere Latenz bis zum Therapie- effekt beträgt etwa drei Monate, aber immerhin 20 Prozent der Patienten brauchen vier bis sieben Monate, um Azathioprin

T Zelle

NFAT

FKBP FK506

CyP CsA

NFAT NFAT

Calcineurin-B

Calcineurin-A Calmodulin Calcium

Induktion der Transkription Phosphatase

Xanthin-

oxidase HPRT

Zytokinproduktion Apoptose

6-TGN 6-Thioharnsäure

TPMT 6-Mercaptopurin 6-Methylmercaptopurin

Immunophiline

Zielgene:

IL-2, IL-3, IL-4 GM-CSF, TNF-α

Zytoplasma Nukleus

Translokation CsA

FK506 Azathio- prin

P Grafik 1

Wirkungsweise von Azathioprin, Ciclosporin A (CsA) und Tacrolimus (FK506). HPRT, Hypoxan- thin-phosphotibosyltransferase; 6-TGN, 6-Thioguaninnukleotide; TH1, T-Helfer-1; TPMT, Thiopurin- methyltransferase; TNF-aaaa,,,, Tumornekrosefaktor aaaa; IL-2, Interleukin-2; GM-CSF, Granulozyten/Mono- zyten-Kolonie-stimulierender Faktor; FKBP, FK506 Bindungsprotein; CyP, Ciclosporin-Bindungspro- tein; NFAT, Nukleärer Faktor aktivierter T-Zellen

(3)

auf die Therapie anzusprechen (48).

Aus diesen Ergebnissen lässt sich die Empfehlung ableiten, dass ein Thera- pieversuch mindestens für sechs bis sie- ben Monate durchgeführt werden soll- te. Zur optimalen Therapiedauer nach Ansprechen gibt es wenig Daten, aller- dings implizieren retrospektive Ergeb- nisse einer französischen Studie einen Mindestzeitraum der Behandlung von vier Jahren (2). Die optimale tägliche Dosis liegt offenbar für Azathioprin bei 2,5 bis 3 mg pro kg Körpergewicht und für 6-Mercaptopurin bei 1 bis 1,5 mg pro kg Körpergewicht. Die klinische Erfahrung mit diesen Immunsuppressi- va bei Kindern und Adoleszenten mit CED sind deutlich geringer als bei Er- wachsenen. Es besteht allerdings Evi- denz, überwiegend aus unkontrollier- ten Studien, dass die Wirksamkeit auch bei Kindern ohne gesteigerte Neben- wirkungsrate gegeben ist. Dies ist be- sonders bedeutsam, da hier eine Dau- ertherapie mit Steroiden zu einer irre- versiblen Wachstumshemmung führen kann, die unter Immunsuppression ver- meidbar ist (31, 37, 38, 39). Wichtig ist in diesem Zusammenhang festzustellen, dass Immunsuppressiva wie Azathio- prin beziehungsweise 6-MP die einzi- gen zur Remissionserhaltung bei Mor- bus Crohn etablierten Substanzen sind (Evidenzgrad Ia), da dies weder mit Steroiden (59) noch mit 5-Aminosalicy- laten (6) oder Tuberkulostatika (1) ver- gleichbar sicher gelingt.

Bei der Colitis ulcerosa sind nur we- nige kontrollierte Studien zum Einsatz von Azathioprin durchgeführt worden.

Die erste placebokontrollierte Studie für Azathioprin bei 80 Patienten mit Colitis ulcerosa (28) konnte nach einem Monat keinen Effekt im akuten Schub zeigen. Eine weitere Studie mit 20 Pati- enten zeigte einen vergleichbaren Ef- fekt von Azathioprin und Sulfasalazin (8). Somit ist das Medikament bei aku- ter Colitis ulcerosa nach den bisherigen Studien nicht indiziert. Eine Ausnahme bildet die fulminante Colitis ulcerosa nach erfolgreicher Therapie mit Ciclo- sporin (35) oder Tacrolimus (19), da die so erreichte Remission bei diesen Pati- enten offenbar mit Azathioprin oder 6- Mercaptopurin erhalten werden kann (20). Zum chronisch aktiven Verlauf der Colitis ulcerosa liegen Studien vor,

die eindeutig einen positiven Effekt der Azathioprintherapie auf die Krankheits- aktivität dokumentieren konnten. In der Studie von Kirk (30) mit 44 Patien- ten konnten die Autoren nach sechs Monaten eine signifikante Reduktion der Krankheitsaktivität in der Azathio- pringruppe, nicht aber in der Placebo- gruppe zeigen. Als Nebenaspekt be- richtete diese Studie sowie die Studie von Rosenberg et al. (53) über einen signifikanten steroideinsparenden Ef- fekt unter Azathioprintherapie. Ferner konnten Jewell et al. (28) eine, wenn auch statistisch nicht signifikante (p <

0,055), verringerte Rückfallquote unter Azathioprintherapie bei Colitis ulcero- sa beobachten. Eine unkontrollierte Studie bestätigt diese Ergebnisse: Bei Behandlung mit Azathioprin lag die Rezidivrate nur halb so hoch wie bei den Kolitispatienten, die das Medika- ment absetzten (22). Hawthorne et al.

(25) konnten schließlich eine mit 59 Prozent wesentlich höhere Rückfall- quote in der Placebogruppe im Ver- gleich zur Azathiopringruppe (36 Pro- zent) beobachten. Somit unterstützen die vorliegenden Studien die Anwen- dung von Azathioprin bei chronisch ak- tivem Verlauf der Colitis ulcerosa (Evi- denzgrad Ia); die Kolektomie ist aller- dings als Alternative in jedem Einzel- fall zu erwägen.

Unter Azathioprintherapie sind eine Reihe von Nebenwirkungen beschrie- ben worden, wobei zwischen dosisun- abhängigen allergischen Reaktionen (wie Übelkeit, Durchfall, Gelenk- schmerzen und Erhöhung von Leberen- zymen) und den dosisabhängigen Ne- benwirkungen (wie Zytopenien, Infek- tionen und toxische Hepatitis) unter- schieden werden muss. Übelkeit und Nausea werden zu den unspezifischen allergischen Komplikationen gerech- net, obwohl manche Patienten auf eine Dosisreduktion gut ansprechen. Bis- weilen kann auch bei Intoleranz von Azathioprin zur besseren Verträglich- keit auf 6-Mercaptopurin umgesetzt werden. Allergische Phänomene im en- geren Sinne sind in der Literatur in zwei bis drei Prozent der Fälle angegeben (49). Eine ernste allergische Nebenwir- kung ist das Auftreten einer Pankreati- tis. Sie tritt meist einige Wochen nach Behandlungsbeginn auf, geht nach Ab-

setzen des Azathioprins schnell zurück, tritt jedoch bei Reexposition auch mit minimalen Dosen erneut auf (23). Aza- thioprin beziehungsweise 6-MP können auch eine dosisabhängige, im Allgemei- nen reversible Knochenmarksuppressi- on verursachen. Eine schwere Leuko- penie ist selten, in einer retrospektiven Studie mit 739 Patienten, die wegen CED über einen mittleren Zeitraum von zwölf Monaten behandelt worden waren, erlitten 1,2 Prozent der Patien- ten eine schwere Neutropenie (< 2 x 109/l), zwei der Patienten verstarben an einer Sepsis. Eine Leukopenie kann prinzipiell jederzeit auftreten. Daher sollten während der ersten drei Monate zweiwöchentliche, im weiteren Verlauf dann vierwöchentliche Blutbildkon- trollen durchgeführt werden (10). In der gleichen Studie wurde das kumula- tive Infektionsrisiko mit 7,4 Prozent an- gegeben und stellte somit kaum ein we- sentlich erhöhtes Risiko im Vergleich zur Normalbevölkerung dar. Schwere Infektionen mit opportunistischen Er- regern (Pneumocystis carinii, Zytome- galie) sind vor allem bei Kombinations- Immunsuppression mit anderen Sub- stanzen, beispielsweise Ciclosporin zu erwarten. Eine prospektive Studie an 755 CED-Patienten zeigte, dass unter Azathioprin nur ein gering erhöhtes Ri- siko für die Entwicklung von Maligno- men zu verzeichnen war, insbesondere konnten Non-Hodgkin-Lymphome bei keinem der Patienten beobachtet wer- den (11). Eine teratogene Wirkung von Azathioprin ist beim Menschen nicht gesichert, die Anwendung in der Schwangerschaft sollte trotzdem ver- mieden werden. Trotz dieser umfang- reichen Nebenwirkungsliste ist davon auszugehen, dass 85 bis 90 Prozent der CED-Patienten das Medikament gut tolerieren, dies gilt bei insgesamt gerin- gerer Erfahrung auch für Kinder und Jugendliche.

Methotrexat

Methotrexat (MTX) ist eine immunsup- pressive Substanz, die das Enzym Dihy- drofolatreduktase inhibiert und auf die- se Weise in den Purinstoffwechsel ein- greift (12). MTX hat zahlreiche Effekte auf das humane Immunsystem: Es sup- primiert die Antikörperproduktion von

(4)

Azathioprin/6-Mercaptopurin versus Placebo Endpunkt: Remission

Studie Aza/6-Mp Placebo NNT NNT Candy, 1995

Ewe, 1993 Klein, 1974 Oren, 1997 Present, 1980 Rhodes, 1971 Summers, 1979 Willoughby, 1971 Gesamt

25/33 16/21 6/13 13/32 26/36 0/9 21/59 6/6 113/209

OR

(95 Prozent Konvidenzintervall) OR

(95 Prozent Konvidenzintervall)

OR

(95 Prozent Konvidenzintervall)

OR

(95 Prozent Konvidenzintervall)

OR

(95 Prozent Konvidenzintervall)

OR

(95 Prozent Konvidenzintervall)

OR

(95 Prozent Konvidenzintervall)

OR

(95 Prozent Konvidenzintervall)

OR

(95 Prozent Konvidenzintervall)

OR

(95 Prozent Konvidenzintervall) 1,56

5,20 1,00 0,80 16,12 0,79 1,57 47,67 2,33

(0,52;

(1,37;

(0,21;

(0,28;

(4,89;

(0,01;

(0,75;

(1,60;

(1,56;

4,69) 19,77) 4,67) 2,27) 53,17) 44,65) 3,29) 1422,78) 3,48) 20/30

8/21 6/13 12/26 5/36 0/7 20/77 1/6 72/216

9/47 12/26 21/73 Methotrexat versus Placebo Endpunkt: Remission

Studie Mtx Placebo NNT NNT Feagan, 1995

Oren, 1997 Gesamt

37/94 10/26 47/120

2,74 0,73 1,73

(1,19;

(0,24;

(0,91;

6,32) 2,20) 3,28)

5/34 74/151 32/74 16/88 127/347 Ciclosporin versus Placebo Endpunkt: Remission

Studie CyA Placebo NNT NNT Brynskov, 1991

Feagan, 1995 Jewell, 1994 Stange, 1995 Gesamt

11/37 60/151 26/72 16/84 113/344

2,45 0,69 0,74 1,06 0,84

(0,75;

(0,43;

(0,38;

(0,49;

(0,61;

8,00) 1,08) 1,44) 2,28) 1,16)

19/30 Mycophenolat versus Azathioprin Endpunkt: Remission

Studie MMF Aza NNT NNT

Neurath, 1999 19/27 1,38 (0,45; 4,18)

4,84 (0,92; 25,58) 2/25

Infliximab versus Placebo Endpunkt: Remission

Studie Inflix Placebo NNT NNT

Targan, 1997 8/27

0,1 0,2 1 5 10

0,1 0,2 1 5 10

0,1 0,2 1 5 10

0,1 0,2 1 5 10

0,1 0,2 1 5 10

Grafik 2

Metaanalyse von randomisierten Studien zur Therapie mit Immunsuppressiva bei Morbus Crohn, Odds Ratio mit 95 Prozent Konfidenzintervall, OR, Odds Ratio; NNT, number needed to treat

(5)

B-Zellen, die Monozytenaktivierung, die Neovaskularisation, die Aktivierung von Granulozyten sowie die Zelladhäsi- on. Ferner hat MTX ausgeprägte inhibi- torische Effekte auf die Proliferation von T-Zellen und kann eine Apoptose dieser Zellen hervorrufen (27). Zudem moduliert MTX die Zytokinproduktion von T-Lymphozyten: Hierbei führt es zu einer Inhibition der Produktion von IFN-gamma und TNF, während gleich- zeitig die Produktion des TH2-Zytokins IL-4 stimuliert wird (27, 43).

Der therapeutische Effekt von MTX bei CED wurde in mehreren Studien prospektiv untersucht: Eine Therapie mit 25 mg MTX intramuskulär pro Wo- che führte in einer Studie an 141 Patien- ten mit Morbus Crohn nach 16 Wochen zu einer klinischen Remission in 39 Pro- zent der Fälle (Placebo: 19 Prozent;

NNT: fünf) (17). Ähnliche Befunde wurden in einer Studie an 48 Patienten bei einer Behandlung mit 12,5 mg MTX pro Woche peroral erhoben (46), wobei in dieser Studie die Remissionsinduk- tion unter MTX-Therapie mit der bei einer Azathioprintherapie sogar ver- gleichbar war (Odds Ratio beider Stu- dien 1,7) (Grafik 2). In Einzelfällen wurden positive Behandlungsergebnis- se mit MTX auch bei Azathioprin- unverträglichkeit oder bei Azathioprin- resistenten Patienten berichtet. Auf po- tenzielle hepatotoxische Nebenwirkun- gen des MTX ist zu achten (46, 12). Bei Colitis ulcerosa konnte im Gegensatz zum Morbus Crohn in einer Studie an 67 Patienten kein therapeutischer Ef- fekt bei einer Behandlung mit 12,5 mg MTX pro Woche peroral nachgewiesen werden (45).

Aufgrund der noch unzureichenden Datenlage kann der Einsatz von MTX zurzeit nur bei Azathioprin-resistenten Verlaufsformen beim Morbus Crohn, nicht aber bei Colitis ulcerosa empfoh- len werden. Die Unterschiede im An- sprechen der beiden Erkrankungen auf MTX sind noch weitgehend unklar, könnten aber zumindest teilweise durch eine unterschiedliche Immunpathoge- nese bedingt sein. Beim Morbus Crohn besteht nach den vorliegenden Studien eine Indikation für MTX bei Azathio- prinunverträglichkeit sowie Azathio- prin-resistenten Verlaufsformen (Evi- denzgrad IV).

Mycophenolat Mofetil

Mycophenolat Mofetil (MMF) ist ein Ester der Mofetilsäure und wurde ur- sprünglich als potenzielles Antibioti- kum in den fünfziger Jahren entwickelt.

Während die antibiotische Wirkung von MMF unzureichend war, wurde in den letzten Jahren zunehmend eine immun- suppressive Wirkung von MMF beob- achtet, die auf der selektiven Suppressi- on des Enzyms Inosinmonophosphat- dehydrogenase in Lymphozyten beruht (42). MMF hat eine ausgeprägte Wir- kung auf die Aktivierung von T-Lym- phozyten und die Zytokinproduktion dieser Zellen. Hierbei inhibiert es vor allem sehr stark die Produktion von

IFN-gamma, während gleichzeitig die Produktion des antiinflammatorischen TH2-Zytokins IL-10 aktiviert wird (26).

MMF wurde erst vor kurzer Zeit in Pilotstudien therapeutisch bei CED- Patienten eingesetzt. Mehrere Fallbe- richte sowie eine kürzlich publizierte kontrollierte Studie weisen hierbei auf eine mögliche Wirksamkeit bei Patien- ten mit Azathioprinunverträglichkeit sowie mit chronisch aktiven Verlaufs- formen des Morbus Crohn hin (Odds Ratio 1,4; Grafik 2) (21, 42). Dagegen fand eine offene Studie an CED-Patien- ten mit Morbus Crohn oder Colitis ul- cerosa einen unzureichenden Effekt auf die Remissionserhaltung bei CED (18).

Der Einsatz von MMF beim Morbus Crohn im Vergleich zu Azathioprin muss im Rahmen einer randomisierten Doppelblindstudie überprüft werden.

Zusammenfassend liegen erst präli- minare Daten zum Einsatz von MMF

bei CED vor, die in weiteren Studien überprüft werden müssen. Ein Einsatz von MMF außerhalb von kontrollierten Studien kann daher momentan nicht empfohlen werden.

Ciclosporin/Tacrolimus

Ciclosporin A (CsA) und Tacrolimus (FK506) sind etablierte Immunsuppres- siva, die keine strukturellen, jedoch funk- tionelle Ähnlichkeiten aufweisen (9).

Beide Substanzen wirken bevorzugt auf Lymphozyten und hemmen deren klona- le Expansion und Proliferation. Der mo- lekulare Wirkungsmechanismus beider Substanzen ist ähnlich und relativ gut un- tersucht (Grafik 1): CsA und FK506 bin-

den an spezifische Proteine in der Zelle (CyP beziehungsweise FKBP). Der ent- stehende Proteinkomplex hemmt dann die Phosphataseaktivität des Calcineu- rin/Calmodulinkomplexes, die für die Dephosphorylierung und Aktivierung des nukleären Faktors aktivierter T-Zel- len (NFAT) zuständig ist (Grafik 1).

NFAT bindet an zahlreiche Promotoren für Zytokine (unter anderem IFN-gam- ma, IL-2, TNF) in T-Zellen und kann die Ablesung der jeweiligen Gene positiv re- gulieren. Da CsA und FK506 ferner die Aktivierung weiterer Transkriptionsfak- toren (zum Beispiel Oct-1, NF-kappaB, AP-1) hemmen können, können sie die Zellaktivierung und Zytokinproduktion von T-Zellen supprimieren.

Der klinische Einsatz von CsA bei chronisch aktivem Morbus Crohn war in drei von vier Studien wirkungslos (5, 16, 29, 56); die Odds Ratio der vier Studien lag bei 0,8 zu Ungunsten von CsA (Gra-

´ TabelleCC´

Graduierung der Evidenz

Grad der Evidenz Typ der Evidenz

Ia Mehrere randomisierte, kontrollierte Studien beziehungsweise deren Metaanalyse

Ib Einzelne randomisierte, kontrollierte Studie IIa Gut geplante nichtrandomisierte, kontrollierte Studie IIb Gut geplante experimentelle Studie

III Gut geplante nichtexperimentelle Studie, Vergleichsstudie, Korrelations- oder Fall-Kontroll-Studie

IV Nicht evidenzbasierte Expertenmeinung

(6)

fik 2). Eine mögliche Indikation für CsA ist jedoch der therapierefraktäre schwe- re Schub oder ein kompliziertes Fistel- leiden bei Morbus Crohn (Evidenzgrad IIb). Bei der fulminanten Form der Coli- tis ulcerosa mit massiven blutigen Diar- rhöen, Subileus, febrilen Temperaturen und drohendem toxischen Megakolon sollte zunächst mit einer Standardthe- rapie intravenöser Corticosteroide be- gonnen werden. Bei steroidrefraktärem Verlauf, beispielsweise nach drei bis sie- ben Tagen, kann dann CsA intravenös als Dauerinfusion (Dosis: 4 mg/kg Kör- pergewicht) zum Einsatz kommen. Nach weiteren drei bis sieben Tagen wird bei Therapieerfolg üblicherweise auf orales Ciclosporin (zum Beispiel 5 mg/kg Kör- pergewicht) umgesetzt und zur Remissi- onserhaltung mit Azathioprin (2 bis 2,5 mg/kg Körpergewicht) kombiniert. Über dieses Therapieprinzip gibt es zahlreiche unkontrollierte Studien sowie eine kon- trollierte Studie (Evidenzgrad Ib), die eindeutig die Wirksamkeit dieser Thera- pieform belegen. Kurzfristig profitieren etwa 60 bis 80 Prozent der Patienten, langfristig kann in mindestens 40 Pro- zent der Fälle eine Kolektomie vermie- den werden. Potenzielle Nebenwirkun- gen von CsA wie Hypertonie, diabeti- sche Stoffwechsellage, Niereninsuffizi- enz und Grand-Mal-Anfälle müssen be- achtet werden; sehr selten sind opportu- nistische Infektionen.

Erfahrungen mit Tacrolimus, einer Nachfolgesubstanz des Ciclosporins, die vor allem lokal im Darm in hohen Mengen aufgenommen wird, waren in einer unkontrollierten Studie bei glei- cher Indikation ebenfalls positiv. In je- dem Einzelfall muss jedoch in enger Zusammenarbeit zwischen Internisten und Chirurgen interdisziplinär ent- schieden werden, welche Therapie zum Einsatz kommen soll. Unter keinen Umständen darf der richtige Zeitpunkt zur Kolektomie versäumt werden.

Ansätze zur selektiven Immunmodulation bei CED

Nicht zuletzt durch Daten aus neuen Tiermodellen für CED sind die Zyto- kine (Botenstoffe) von Monozyten und T-Lymphozyten zurzeit in den Mittelpunkt des pathogenetischen und

therapeutischen Interesses gerückt (14, 60, 61, 69). Hierbei scheint bei chronischer Kolitis ein gestörtes Gleichgewicht in der mukosalen Ba- lance zwischen pro- und antiinflamma- torischen Zytokinen von besonderer Bedeutung für die Pathogenese zu sein. Tierexperimentell konnte gezeigt werden, dass die Wiederherstellung des Zytokingleichgewichts im Darm durch die Gabe antiinflammatorischer Zytokine (zum Beispiel IL-10) oder die Applikation neutralisierender An- tikörper gegen proinflammatorische Zytokine (zum Beispiel gegen den Tu- mornekrosefaktor, TNF) therapeutisch nutzbar ist.

Rekombinantes IL-10 und IL-11

In tierexperimentellen Studien führte eine Inaktivierung des IL-10-Gens zum Auftreten einer chronischen Darment- zündung. Ferner hatte rekombinantes IL-10 einen präventiven Effekt auf die Entwicklung einer experimentellen Ko- litis und führte zu einer Reduktion der zur Therapie erforderlichen Steroid- menge. Es war daher naheliegend, den potenziellen therapeutischen Effekt dieses Zytokins bei Patienten mit Mor- bus Crohn zu evaluieren (64). In mehre- ren prospektiven randomisierten Studi- en wurde der Effekt von rekombinan- tem IL-10 bei Patienten mit Morbus Crohn untersucht. Hierbei zeigte sich nach klinischen und endoskopischen Kriterien eine Remission bei etwa 30 Prozent der behandelten Patienten (Placebo 0 Prozent). Ähnliche Ergeb- nisse wurden in präliminaren Studien über den Einsatz von IL-11 bei Pa- tienten mit Morbus Crohn beobach- tet (Schwertschlag U: Immune conse- quences of trauma, shock and sepsis;

München 1997, Abstract). Die Daten werden zurzeit in randomisierten Dop- pelblindstudien überprüft. Zum jetzi- gen Zeitpunkt sollte der Einsatz von IL-10 und IL-11 bei CED-Patienten nur im Rahmen kontrollierter Studien er- folgen.

Anti-TNF-Antikörper

Tumornekrosefaktor ist ein wichtiges proinflammatorisches Zytokin, das beim Morbus Crohn von T-Lymphozyten und Makrophagen vermehrt produ- ziert wird und über eine Aktivierung von Matrix-degradierenden Enzymen zur Gewebsdestruktion bei dieser Er- krankung beiträgt. Durch die Entwick- lung von neutralisierenden TNF-Anti- körpern stand daher eine neue Thera- piealternative für den Morbus Crohn zur Verfügung, die bereits erfolgreich bei Patienten mit rheumatoider Arthri- tis eingesetzt worden war (65). Es han- delt sich um einen chimären monoklo- nalen Antikörper, der die lösliche Form des Entzündungsmediators TNF bin- det; möglicherweise jedoch auch mem- branständiges TNF mit nachfolgender Indikation einer komplementvermit- telten Lyse von Immunzellen.

Immunsuppressive beziehungsweise -modulatorische Therapie bei chronisch ent- zündlichen Darmerkrankungen

Morbus Crohn

Steroidrefraktäre akute Entzündung Infusion von Anti-TNF-Antikörper (Infliximab/

Remicade) (5 mg/kg KG) (Evidenzgrad Ib)

Chronisch aktiver oder steroidresistenter Verlauf Azathioprin (zum Beispiel Imurek) (2,0–2,5 mg/kg KG) beziehungsweise 6-Mercaptopurin (1 mg/kg KG) peroral pro Tag (Evidenzgrad Ia)

Azathioprin-resistenter chronisch aktiver Verlauf oder Azathioprinunverträglichkeit Methotrexat (25 mg intramuskulär pro Woche) (Evidenzgrad IV beziehungsweise Ib) Einsatz von Mycophenolat-Mofetil, Ciclosporin oder anderen Substanzen im Rahmen kontrollierter Studien

Fisteln

Metronidazol zweimal 400 mg peroral pro Tag für zwei Wochen (Evidenzgrad IIb) oder drei- malige Behandlung mit Anti-TNF-Antikörpern (Evidenzgrad Ib)

Colitis ulcerosa

Steroidrefraktäre akute Entzündung Ciclosporin (Sandimmun) (4 mg/kg KG pro Tag intravenös) (Evidenzgrad Ib) oder Tacrolimus (Prograf) (0,01 mg/kg KG pro Tag intravenös) (Evidenzgrad IIb) sowie, zum Remissionserhalt, Azathioprin (2,0–2,5 mg/kg KG per os pro Tag) (Evidenzgrad IIb)

Chronisch aktiver oder steroidrefraktärer Verlauf Azathioprin (2,0–2,5 mg/kg KG per os pro Tag) (Evidenzgrad Ia)

Azathioprin-resistenter Verlauf oder Azathioprinunverträglichkeit

Einsatz von MMF, Tacrolimus, Ciclosporin oder anderen Substanzen im Rahmen kontrollierter Studien

Kasten

(7)

Der Antikörper wurde bei therapie- refraktären Fällen mit Morbus Crohn im Rahmen einer kontrollierten Studie (63) getestet und intravenös einmalig infundiert. Die Remissionsrate lag nach vier Wochen bei den behandelten Gruppen mit 33 Prozent im Vergleich zu nur 4 Prozent unter Placebo günsti- ger; bei der optimalen Dosis von 5 mg/kg erreichten 50 Prozent eine Re- mission. Nach zwölf Wochen ließ die Wirkung der Behandlung nach und der Unterschied zwischen den Therapie- gruppen war nicht mehr signifikant.

Daher wurde der Antikörper nach acht Wochen zur Remissionserhaltung er- neut infundiert. Günstige Wirkungen zeigte er auch in einer ersten kontrol- lierten Studie bei Fisteln (dreimali- ge Therapie) (50). Interessanterweise wird in der amerikanischen Praxis der- zeit dieser Antikörper mit Immunsup- pressiva, wie MTX oder 6-Mer- captopurin kombiniert (36), und zwar nicht nur wegen additiver Effekte, son- dern um die Antikörperbildung gegen diesen hybriden (Maus/Mensch) Anti- körper, teilweise mit Serumkrankheit und die bisweilen assoziierte Manife- station von antinukleären Antikörpern zu minimieren. Aufmerksam muss auch auf die Entwicklung von Lympho- men geachtet werden, die nach Infusi- on innerhalb von sechs bis 18 Monaten in Einzelfällen bei Patienten mit rheu- matoider Arthritis und Morbus Crohn auftraten. Der Stellenwert dieser The- rapie sollte sich daher, bis umfassende- re Erfahrungen vorliegen, aus Sicher- heitsgründen zunächst auf therapiere- fraktäre Patienten begrenzen. Bei Coli- tis ulcerosa gibt es weniger Erfahrung.

Während die Zulassung von anti-TNF- Antikörpern in den USA bereits 1998 erfolgte, ist sie in Deutschland im Herbst 1999 erfolgt.

Anti-IL-12 und anti-NF-kappaB

Antikörper gegen das Zytokin IL-12 wurden mit großem Erfolg zur The- rapie einer etablierten chronischen Darmentzündung in zahlreichen, TH1- T-Zell-vermittelten Tiermodellen ein- gesetzt (60). Diese Daten ließen einen Einsatz von anti-IL-12-Antikörpern beim Morbus Crohn, der mit einer Ak- tivierung von TH1-Zytokinen assoziiert

ist, sinnvoll erscheinen. Humanisierte Antikörper gegen IL-12 stehen mittler- weile zur Verfügung. Mit ersten Phase- I-Studien in Deutschland ist im Laufe dieses Jahres zu rechnen.

Bei den CED kommt es in den Darmmakrophagen zu einer Aktivie- rung des Transkriptionsfaktors NF- kappaB, der die Expression von proin- flammatorischen Zytokinen reguliert (41). Interessanterweise wirken Corti- costeroide bei CED möglicherweise durch eine Inhibition des aktivierten NF-kappaB. Eine Blockade von NF- kappaB durch Proteasominhibitoren, Gliotoxin oder spezifische Antisense- DNA konnte bei CED-Tiermodellen therapeutisch erfolgreich eingesetzt werden. Basierend auf diesen Ergebnis- sen werden zurzeit erste Studien bei CED-Patienten mit lokaler Applikati- on von Antisense-DNA gegen NF- kappaB durchgeführt. Die Ergebnisse bleiben abzuwarten.

Schlussfolgerungen

Bei CED gibt es zahlreiche neue im- munmodulatorische und immunsup- pressive Behandlungskonzepte, deren Wertigkeit in den folgenden Jahren zu klären sein wird. Nach dem jetzigen Erkenntnisstand können, klassifiziert nach den üblichen Evidenzgraden (Ta- belle), die im Kastenspezifizierten In- dikationen für den Einsatz von immun- suppressiven beziehungsweise -modu- latorischen Therapien bei CED vorge- schlagen werden.

Wir danken Frau Dr. med. Dagmar Luhmann vom Institut für Sozialmedizin der Universität Lübeck für wertvolle Hilfe bei den Metaanalysen.

Herrn Prof. Dr. Dr. med. K.-H. Meyer zum Büschenfelde zum 70. Geburtstag gewidmet.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 2000; 97: A 1977–1983 [Heft 28–29]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literatur- verzeichnis, das über den Sonderdruck beim Verfasser und über das Internet (www.aerzteblatt.de) erhältlich ist.

Anschrift für die Verfasser:

Priv.-Doz. Dr. med. Markus F. Neurath Medizinische Klinik und Poliklinik der Universität Mainz

Langenbeckstraße 1, 55101 Mainz E-Mail: neurath@1-med.klinik.uni-mainz.de

Referiert

Die gastroösophageale Refluxkrank- heit wird das dominierende Bild des 21. Jahrhunderts im Bereich der Ver- dauungs- und Stoffwechselkrankhei- ten: In den letzten 30 Jahren hat sich die Prävalenz dieses Krankheits- bildes verzehnfacht. Der effizienten Langzeittherapie dieser Erkrankung kommt deshalb eine immense Bedeu- tung zu.

Die Autoren berichten über 230 Pa- tienten, die im Mittel 6,5 Jahre (1,4 bis 11,2 Jahre) mit mindestens 20 mg Omeprazol therapiert worden waren, nachdem zunächst eine Langzeitthe- rapie mit H2-Blockern fehlgeschlagen war.

Insgesamt kam es zu 158 Rezidiven während der 1 490 Behandlungsjahre, die durch eine Dosisanpassung des Protonenpumpenblockers zur Aushei- lung gebracht werden konnten. Da- bei fand sich bezüglich der Rezidivnei- gung kein Unterschied zwischen He- licobacter-pylori-positiven und Heli- cobacter-pylori-negativen Patienten.

Die jährliche Inzidenz einer atrophi- schen Gastritis lag dabei bei 4,7 Pro- zent bei Helicobacter-pylori-positiven und 0,7 Prozent bei Helicobacter-py- lori-negativen Personen.

Eine intestinale Metaplasie der Corpusschleimhaut wurde nur aus- nahmsweise beobachtet, Dysplasien oder Neoplasien traten nicht auf. Das Profil unerwünschter Wirkungen be- wegte sich in dem Rahmen, wie es bei Patienten mit einem Durchschnittsal- ter von 63 Jahren zu erwarten ist.

Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass eine bis zu elf Jahre dau- ernde Langzeittherapie der Erkran- kung mit Omeprazol als sicher und hocheffizient eingestuft werden kann, was die Kontrolle einer Refluxösopha-

gitis anbelangt. w

Klinkenberg-Knol EC, Nelis F, Dent J et al.: Long-term omeprazole treatment in resistant gastroesophageal re- flux disease: efficacy, safety, and influence on gastric mucosa. Gastroenterology 2000; 118: 661–669.

E. C. Klinkenberg-Knol, M.D., Ph. D., Department of Gastroenterology, Free University Hospital, De Boele- laan 1117, 1007 MB, Amsterdam, Niederlande.

Langzeittherapie

bei Reflux

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