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A3182 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 97½½½½Heft 47½½½½24. November 2000
Prostatakarzinoms mit Diäthylstilb- östrol war die Hauptnebenwirkung eine signifikante Erhöhung der Mortalität durch kardiovaskuläre und thrombem- bolische Komplikationen im Vergleich zu orchidektomierten Patienten. Die Beeinträchtigung von Libido und erekti- ler Funktion sowie auftretende Schweiß- ausbrüche (6) sind durch den resultie- renden Testosteronmangel bedingt. Fer- ner kommt es unter Östrogenen zur Bil- dung einer Gynäkomastie.
Die wenigen Arbeiten, die sich mit den Wirkungen und Nebenwirkungen einer niedrig dosierten Östrogenthera- pie beim Mann befassen, sind unkon- trolliert und/oder erfassen nur kurze In- terventionszeiträume (5, 10). Unkon- trollierte Studien, in denen Östrogene zur Verbesserung des allgemeinen Wohlbefindens und der sexuellen Akti- vität polypragmatisch eingesetzt wer- den, haben bisher nicht zur Klärung the- rapeutischer Effekte beigetragen. Die Empfehlung, schwach wirksame Östro- genpräparate wie Östriol in der Be- handlung älterer Männer vorzuziehen, wurde durch keine kontrollierte Studie belegt. Auch die Hormonbehandlung des alternden Mannes sollte wie andere Therapien den Prinzipien der Evidence Based Medicine und nicht denen einer individuellen Erfahrungsmedizin unter- liegen.
❚Zitierweise dieses Beitrags:
Dt Ärztebl 2000; 97: A 3175–3182 [Heft 47]
Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literatur- verzeichnis, das über den Sonderdruck beim Verfasser und über das Internet (www.aerzteblatt.de) erhältlich ist.
Anschrift der Verfasser:
Prof. Dr. med. Eberhard Nieschlag Dr. med. Sigrid von Eckardstein Institut für Reproduktionsmedizin der Westfälischen Wilhelms-Universität Domagkstraße 11
48145 Münster
E-Mail: nieschl@uni-muenster.de
In einer epidemiologischen Studie sollte ermittelt werden, ob britische Soldaten, die 1991 am Golfkrieg teilgenommen haben, nach dem Krieg schlechtere Überlebenschancen hatten als ihre nicht am Krieg beteiligten Berufskameraden.
Über acht Jahre wurden die Kriegsteil- nehmer mit einer Kontrollgruppe ver- glichen, die zur Zeit des Kriegsbeginns, dem 1. April 1991, anderwärts in den britischen Streitkräften dienten, wobei die Kontrollpersonen sehr exakt ausge- wählt wurden – von Alter, Waffengat- tung, Rang, bis hin zur körperlichen Fitness an diesem Datum. Unter den je- weils über 50 000 Studienteilnehmern waren nach acht Jahren tatsächlich eini- ge Kriegsveteranen mehr verstorben als in der Kontrollgruppe: 395 gegenüber 378, eine Differenz, die allerdings nicht die Signifikanzschwelle erreichte. Zwar
auch unter dieser Schwelle, aber immer- hin auffallend aber war eine andere Dif- ferenz: Von den Kriegsteilnehmern wa- ren weniger an Krankheiten verstorben als unter den Nicht-Kriegsteilnehmern, mehr aber an „äußeren“ Ursachen, vor allem durch Unfälle, insbesondere Ver- kehrsunfälle. Ähnliche Beobachtungen wurden auch in den USA nach dem Vietnamkrieg gemacht. Sind, so die vor- sichtige Frage nach möglichen Ursa- chen, ehemalige Kriegsteilnehmer durch ihre Erfahrungen vielleicht risikofreudi-
ger geworden? bt
Macfarlane GJ,Thomas E, Cherry N: Mortality among UK gulf war veterans. Lancet 2000; 356: 17–21.
Prof. Gary J Macfarlane, Unit of Chronic Diseases Epide- miology, School of Epidemiology and Health Sciences, Me- dical School, University of Manchester, Oxford Road, Man- chester M13 9 PT, Großbritannien;
G.Macfarlane@man.ac.uk
Soldatenschicksal nach dem Krieg
Die Autoren untersuchten die Präva- lenz der Helicobacter-pylori-Infektion bei Patienten mit chronisch entzündli- chen Darmerkrankungen serologisch und mittels 13C-Harnstoff-Atemtest.
Ein Viertel der Kontrollpatienten war seropositiv, im Atemtest 21,6 Prozent der Colitis-ulcerosa-Patienten und 11,9 Prozent der Crohn-Patienten. Ei- ne Behandlung mit Sulfasalazin ließ die Rate an positiven Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkran- kungen weiter abnehmen. Warum im
Vergleich zu gesunden Kontrollen die Durchseuchung bei Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkran- kungen signifikant niedriger liegt, hängt jedoch sicher nicht mit der The-
rapie zusammen. w
Pearce CB, Duncan HD, Timmis L et al.: Assessment of the prevalence of infection with Helicobacter pylori in patients with inflammatory bowel disease. Eur J Gastroenterol &
Hepatol 2000; 12: 439–441.
Callum B Pearce, Department of Gastroenterology, Queen Alexandra Hospital, Portsmouth P06 3LY, Großbritannien.
H. pylori bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen
Referiert
Referiert
In einer weltweit durchgeführten Multi- centerstudie konnte gezeigt werden, dass bei Transplantation von Stammzellen aus Nabelschnurblut von HLA-identi- schen Geschwistern weniger Komplika- tionen auftreten als bei Verwendung von Knochenmark. Bei gleicher Effektivität kam es in der Studie bei 113 Kindern mit Nabelschnurbluttransfusionen zu einem um die Hälfte verringerten Auftreten einer akuten Graft-versus-Host-Reakti-
on, die chronische Abstoßungsreaktion trat sogar dreimal seltener auf als in der Gruppe der 2 052 Kinder mit herkömm- licher Knochenmarktransplantation. acc Rocha V et al.: Graft-versus-host disease in children who have received a cord-blood or bone marrow transplant from an HLA-identical sibling. N Eng J Med 2000; 342: 1846–
1854.
Dr. Horowitz, Statistical Center, Medical College of Wisconsin, P. O. Box 26509, Milwaukee, WI 53226, USA.
Transplantation von Nabelschnur- Stammzellen besser als Knochenmark
Referiert