A-3076 (36) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 46, 14. November 1997
T H E M E N D E R Z E I T BERICHTE
„El niño“ beherrscht zur Zeit die Schlagzeilen. Mit Recht, wie die For- schungsergebnisse vom Hamburger Klimarechenzentrum zeigen. Lange Jahre hat die Forschungsabteilung für das „El-niño-Phänomen“ betont, daß dieses Naturereignis negati-
ve Auswirkungen auf das Weltklima haben könnte.
Was versteht man un- ter diesem Phänomen?
Immer um Weihnachten treten in unregelmäßi- gen Abständen Tempera- turanomalien vor der West- küste von Südamerika auf.
Bei diesem Ereignis wird das kalte Auftriebswasser des Humboldtstroms vor den Küsten von Peru und Ecuador durch warmes Wasser des äquatorialen Gegenstroms ersetzt. Die- ser hat allerdings einen sehr geringen Nährstoff- anteil und führt zu einem katastrophalen Fischster- ben vor der Küste. Dieses Phänomen kennen die be- troffenen Fischer schon seit langem, schon bevor meteorologische Erkennt- nisse der Neuzeit bekannt waren.
Doch als Konsequenz tritt nicht nur eine regionale
„Nahrungsmittelkatastro- phe“ auf. Temperaturer- höhungen von fünf bis acht Grad Celsius können die Folge sein. Weit abliegende Regionen, wie die Küste von Kalifornien oder Süd- ostasien, werden indirekt über das „El-niño-Phäno- men“ beeinflußt. Die Ursa- che liegt in einer starken Abschwächung des Südost- passats im zentralen Teil des Pazifiks. Der Südost-
passat ist ein gewaltiges Windsystem über den tropischen Meeren und be- fördert Luftmassen in nordwestlicher Richtung. Infolge der Erdrotation und der Reibung wird das Wasser in westlicher Richtung fortbewegt und
gleichzeitig das „verlorengegangene“
Oberflächenwasser durch kaltes und nährstoffreiches Tiefenwasser ersetzt.
Das ist der normale Vorgang, der zu einem Fischreichtum in diesen Ge- wässern führt.
Bleibt aber diese Windschub- spannung des Passates aus, setzen sich die angestauten Wassermassen in um- gekehrte Richtung, also nach Osten (in Richtung südamerikanische West- küste), in Bewegung und schieben das warme Oberflächenwasser in Rich- tung Küste, so daß auch kein kaltes Tiefenwasser an die Oberfläche ge- langen kann. Zwischenzeitlich hat sich das Wasser erwärmt und zeigt die bekannten Temperaturanomalien bis zu acht Grad Celsius.
Mittlerweile ist man in der Lage, diese Phänome- ne genauer zu beobachten und die Daten besser zu interpretieren. Die Folge dieser Erkenntnisse war, daß Wissenschaftler bereits im Herbst 1996 eingehend vor einer Verstärkung des zyklischen Phänomens in diesem Winter gewarnt ha- ben.
Auch die Folgen für das Weltklima wurden dabei berücksichtigt. Durch Er- höhung der Wassertempe- raturen in den tropischen Gewässern vor den USA können sich die Auswir- kungen von Hurricans ver- stärken, ausbleibende Nie- derschläge in Indien brin- gen extreme Trockenperi- oden. Aber auch für die Nordhalbkugel deutet sich ein ähnliches, wenn auch abgeschwächtes Phänomen an, welches zur Zeit noch untersucht wird.
Dr. rer. nat. Claus Rink Prof. Dr. med.
Ulrich Hüttemann Prof. Dr. med. Heyo Eckel
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Umweltthema im November
Das „El-niño-Phänomen“
beeinflußt das Weltklima
Hohe Schwebstaub- und Stickstoffdioxideinträge haben im Oktober bei 20 Pro- zent der 300 Stationen zu erheblichen Luftbelastungen geführt. Hauptursachen dieser Luftschadstoffkombination waren Verbrennungsprozesse in Motoren und Großfeuerungsanlagen von Kraftwerken und Industrie. Dieselabgase enthalten beispielsweise einen großen Anteil an Feinstäuben in Form von Rußpartikeln.
In Flughafennähe ist mit einer zusätzlichen Belastung durch Kohlenstoffmon- oxid, Kohlenwasserstoffe, Olefine, Aromate und Formaldehyd zu rechnen.
Luftqualität in Deutschland im Oktober 1997 (Datenbasis Monatsmaximalwerte)
Grafik
keine Angaben Flughafen mit festgesetzten schwach belastet Lärmschutzbereichen:
mäßig belastet Verkehrsflughäfen deutlich belastet militärische Flughäfen
erheblich belastet Copyright: GEORISK GmbH