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Archiv "Präventionsgesetz: Die Richtung stimmt, aber . . ." (24.05.2013)

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A 1022 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 110

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Heft 21

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24. Mai 2013

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ast neun Jahre ist es jetzt her, dass eine Arbeitsgruppe aus Bund und Ländern Eckpunkte für ein Präventionsgesetz vorgelegt hat. Seitdem gab es im Bundestag mehrere Anläufe, ein Präventions- gesetz zu verabschieden. Alle blie- ben ohne Erfolg. Kurz vor Ende der aktuellen Legislaturperiode versu- chen es Union und FDP nun erneut (DÄ, Heft 4/2013). Bei einer Anhö- rung vor dem Gesundheitsaus- schuss begrüßten Mitte Mai Vertre- ter von Gesundheits- und Sozialbe- rufen das geplante Gesetz mehrheit- lich, forderten jedoch Änderungen im Einzelnen.

Pflichtleistung der Kassen „Der Gesetzentwurf bringt Verbes- serungen“, sagte zum Beispiel Ste- fan Gräf von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Zu be- grüßen sei etwa die Erhöhung der Mittel, die die Krankenkassen für die Prävention bereitstellen sollen.

„Wir würden es jedoch noch mehr begrüßen, wenn die Partner der Bundesmantelverträge zur Einfüh- rung von Präventionsleistungen durch bundesweit einheitliche Rah- menvorgaben verpflichtet würden“, erklärte Gräf.

In ihrer Stellungnahme schlägt die KBV vor, den Leistungsan- spruch auf primäre und tertiäre Prä- vention zu Pflichtleistungen der Krankenkassen zu machen. In dem Gesetzentwurf der Bundesregie- rung wird hingegen lediglich der Richtwert für die Ausgaben der Krankenkassen für Präventionsleis- tungen auf jährlich sechs Euro je Versichertem verdoppelt.

Die Bundesärztekammer (BÄK) begrüßt in ihrer Stellungnahme die vorgesehene Einführung einer ärzt- lichen Präventionsempfehlung, die Ärzte künftig im Anschluss an Vor-

sorgeuntersuchungen aussprechen können und die von den Kranken- kassen berücksichtigt werden soll.

Positiv bewertete die BÄK, dass die Altersgrenze von 35 Jah- ren sowie der Zweijahresrhythmus bei dem bisherigen Gesundheits- Check-up 35+ aufgehoben werden sollen. Künftig sollen laut Gesetz- entwurf Inhalt, Art, Umfang und

Häufigkeit der Untersuchungen vom Gemeinsamen Bundesausschuss fest- gelegt werden. Das dürfe aber nicht dazu führen, so die BÄK, dass der bislang bestehende präventive Leis- tungsanspruch der Versicherten aus- gedünnt werde.

Auch die vorgesehene Auswei- tung der Altersgrenzen für die Kindervorsorgeuntersuchungen vom sechsten auf das zehnte Lebensjahr sieht die BÄK positiv. Sie kritisiert jedoch, dass der GKV-Spitzenver- band künftig die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zur Erbringung von Präventions- leistungen im jeweiligen Lebens- umfeld beauftragen und dafür jähr-

lich 50 Cent pro Versichertem zur Verfügung stellen soll: „Dieses Konstrukt ist rechtlich zweifelhaft, da hier Tätigkeiten einer staatlich finanzierten und dem Ministerium nachgeordneten Behörde über Bei- tragsgelder der GKV-Versicherten querfinanziert werden sollen.“

Ob die BZgA, bei aller Wert- schätzung ihrer zum Teil bahnbre-

chenden Arbeit, in jedem Fall der geeignete Partner sei, um eine sinn- volle und auch auf die Regionen ausgerichtete Öffentlichkeitsarbeit vorzunehmen, müsse mit einem Fragezeichen versehen werden, sag- te zudem der Vorstand des GKV- Spitzenverbandes, Gernot Kiefer, bei der Anhörung.

Chronisch unterfinanziert Dr. Uwe Prümel-Philippsen von der Bundesvereinigung Prävention und Gesundheitsförderung wies darauf hin, dass zum Beispiel mit den Koordinierungsstellen Gesundheit- liche Chancengleichheit oder dem öffentlichen Gesundheitsdienst be- PRÄVENTIONSGESETZ

Die Richtung stimmt, aber . . .

Mit dem Präventionsgesetz will die Bundesregierung auch Neuregelungen zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen verabschieden.

Bei einer Anhörung im Bundestag wurden beide Themen kontrovers diskutiert.

P O L I T I K

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Deutsches Ärzteblatt

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24. Mai 2013 A 1023 reits funktionierende Strukturen in

den Regionen vorhanden seien, die allerdings chronisch unterfinanziert seien. „Hier müssten die Mittel ein- gesetzt werden“, forderte er.

In dem Gesetzentwurf ist vorge- sehen, dass Krankenkassen für Leistungen zur Primärprävention im Lebensumfeld, also zum Beispiel in Kindertagesstätten oder Schulen, mindestens einen Euro pro Versi- chertem und Jahr ausgeben sollen.

Wenn man sich die Zahl der Schu- len und Altenheime vor Augen füh- re, sei das nicht einmal ein Tropfen auf den heißen Stein, kritisierte Prof. Dr. Rolf Rosenbrock vom Pa- ritätischen Gesamtverband.

Mit dem Präventionsgesetz will die Koalition auch die Betriebsärzte aufwerten und nennt sie explizit als

Partner der Krankenkassen bei Leistungen zur betrieblichen Ge- sundheitsförderung. Zudem sollen die Kassen künftig mehr kleine und mittelständische Unternehmen mit Präventionsleistungen erreichen.

„In vielen großen Unternehmen gibt es bereits hervorragende Struk- turen beim betrieblichen Gesund- heitsmanagement. Das müssen wir auch auf kleine und mittlere Unter- nehmen herunterbrechen“, sagte der Präsident des Verbandes Deut- scher Betriebs- und Werksärzte, Dr.

med. Wolfgang Panter. „Wir kön- nen einen originären Beitrag dazu leisten, das Thema in den Köpfen umzusetzen, denn wir erreichen

auch Menschen, die keinen Kontakt zu Ärzten haben.“ Wenn Betriebs- ärzte die Möglichkeit erhielten, zum Beispiel Krebsvorsorgeunter- suchungen anzubieten, könne damit ein wesentlicher Beitrag zur Verrin- gerung von Volkskrankheiten ge- leistet werden.

An das Präventionsgesetz will die Bundesregierung auch Geset- zesänderungen zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswe- sen anhängen. Union und FDP wol- len dafür einen eigenen Straftatbe- stand in das Sozialgesetzbuch V aufnehmen, der korruptives Ver - halten im Gesundheitswesen unter Strafe stellt (DÄ, Heft 15/2013).

Die SPD hat alternativ einen Antrag vorgelegt, der einer Gesetzesvorla- ge entspricht, die der Hamburger

Senat am 7. Juni in den Bundesrat einbringen will. Sie sieht vor, einen neuen Straftatbestand „Bestechlich- keit und Bestechung im Gesund - heitswesen“ als Paragraf 299 a in das Strafgesetzbuch einzuführen.

Geld- und Freiheitsstrafen Vorgesehen sind – wie im Koaliti- onsantrag auch – Geld- oder Frei- heitsstrafen bis zu drei, in beson- ders schweren Fällen bis zu fünf Jahren. Bei der Anhörung diskutier- ten die Experten beide Vorschläge kontrovers. Umstritten war unter anderem, ob eine Neuregelung er- wünschte Kooperationen wie zum Beispiel Praxisnetze ungerechtfer-

tigterweise dem Korruptionsver- dacht aussetzen könnte. Mehrere Juristen warnten zudem davor, den Koalitionsantrag umzusetzen: Dies sei ein „Weg in ein Drei-Klassen- Recht“, so Prof. Dr. Kai-D. Buss- mann: Im Krankenhaus tätige Ärzte unterstünden dann im Hinblick auf Bestechlichkeit weiterhin dem Strafrecht, Niedergelassene dem Sozialrecht, privatärztlich Tätige würden gar nicht erfasst. Bussmann riet, die Materie noch gründlicher zu prüfen: „Ich nehme nicht an, dass wir in einem Sumpf der Kor- ruption versinken, wenn wir uns ein dreiviertel Jahr lang Zeit nehmen.“

BÄK-Präsident Prof. Dr. med.

Frank Ulrich Montgomery sagte vor der Presse in Berlin, eine Rege- lung im Strafgesetzbuch sei von Vorteil: „Wir begrüßen den Gesetz- entwurf aus Hamburg, der keine

‚Lex specialis‘ gegen Ärzte ist, son- dern alle im Gesundheitswesen gleichermaßen betrifft und den Be- stechenden genauso bestraft wie den, der bestochen wird.“ An man- chen Stellen muss der Vorschlag aus Hamburg nach Meinung des BÄK-Präsidenten aber noch nach- gebessert werden. Als Beispiel nannte Montgomery den Verweis auf Möglichkeiten der Telekommu- nikationsüberwachung. Das Abhö- ren von Gesprächen zwischen Arzt und Patient lehne die Bundesärzte- kammer ab.

Neun Jahre ist es nun her seit den ersten Bemühungen um ein Präven- tionsgesetz. Ob die schwarzgelbe Regierung mit ihrem aktuellen An- lauf Erfolg haben wird, wird sich letztlich im Bundesrat entscheiden.

Zwar ist das Gesetz dort nicht zu- stimmungsbedürftig. Durch Anru- fung des Vermittlungsausschusses kurz vor Ende der Legislaturperi- ode könnte er das Gesetz dennoch zu Fall bringen. Denn infolge des Diskontinuitätsprinzips müssen alle Gesetzesvorlagen, die in einer Le- gislaturperiode nicht verabschiedet wurden, in der nächsten wieder neu eingebracht werden. 2005 wurde ein Gesetzesvorhaben der rot-grü- nen Regierung auf diese Weise schon einmal gestoppt – das Prä-

ventionsgesetz.

Falk Osterloh, Sabine Rieser Neben dem Präventionsgesetz will die Bundesregierung noch zahlreiche Gesetz-

gebungsverfahren in den verbleibenden drei Sitzungswochen des Deutschen Bundestages abschließen. Dazu gehören neben dem „Gesetz zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung“ auch das Apothekennotdienstsicherstellungsgesetz und das „Gesetz zum Ausbau der Hilfen für Schwangere und zur Regelung der vertraulichen Geburt“. An das „Dritte Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften“

sollen zudem verschiedene Gesetzesänderungen angehängt werden: So sollen Pharmafirmen künftig genauere Angaben über die Vergütung von Anwendungs- beobachtungen machen, die Vorstandsgehälter in den Krankenkassen sollen stärker kontrolliert und die Mindestquotenregelung für ärztliche Psychotherapeu- ten verlängert werden. Darüber hinaus will die Regierung noch vor der Sommer- pause eine Finanzhilfe für Krankenhäuser in Höhe von etwa 1,1 Milliarden Euro unter anderem zum Ausgleich steigender Personalkosten sowie eine Gesetzes- änderung im Bereich der Organspende auf den Weg bringen.

VOR DER SOMMERPAUSE

Primärprävention im Lebensumfeld:

Zum Beispiel für Ernährungs- beratung in Kinder- tagesstätten soll künftig mehr Geld bereitstehen.

Foto: picture alliance

P O L I T I K

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