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Archiv "Primärprävention des Schlaganfalls" (09.02.2001)

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Academic year: 2022

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ie meisten Menschen fürchten sich nicht so sehr vor der Aus- sicht auf den Tod, der als zwin- gend und schicksalhaft erlebt wird, wie vor Siechtum, schwerer Behinde- rung, Abhängigkeit von der Hilfe An- derer und sozialem Kompetenzver- lust. Die häufigste Ursache dieses Schreckensszenarios in der westlichen Welt ist der Schlaganfall (Insult), ein Syndrom, das zu 80 Prozent auf isch- ämischen Hirninfarkten beruht, zu et- wa zwölf Prozent auf intrakraniellen Blutungen und in den restlichen Fäl- len durch andere Hirnerkrankungen verursacht ist. Nach § 25 SGB V kann jeder in der gesetzlichen Krankenkas- se Versicherte ab dem 35. Lebensjahr alle zwei Jahre eine ärztliche Früher- kennung von Risikofaktoren auf Ko- sten der Krankenkasse in Anspruch nehmen. Hiervon wird jedoch kaum Gebrauch gemacht. Zeitlich muss zwi- schen der Primärprävention, das heißt den Maßnahmen zur Vorbeugung des Erstinsultes eines Patienten, der noch keinen flüchtigen oder bleibenden In- sult erlitten hat, und der Sekundär- prävention, also der Vorbeugung ei- nes Rezidivinsultes, nach bereits er- littenem Schlaganfall differenziert werden. Das gilt auch für transitorisch- ischämische Attacken (TIA), die ech- te, wenn auch flüchtige Insulte darstel- len.

Die Begriffe Primär- und Sekundär- prävention werden gemäß dem ver- breiteten klinischen Gebrauch ver- wendet. Im engeren epidemiologi- schen Sinne wird zwischen der Primär- prävention, das heißt in diesem Zu- sammenhang der Verhinderung von Herz- und Gefäßkrankheiten, und der Sekundärprävention mit der Zielset- zung der frühzeitigen Erkennung die- ser Krankheiten unterschieden. Unter Tertiärprävention wird die Verhinde-

rung von Rezidiven nach Krankheits- ereignissen verstanden.

Im Prinzip müssen die Veränderung des gesundheitsgefährdenden Lebens- stils unserer Bevölkerung als Ba- sisprävention gefordert und zusätzlich individuelle Risikofaktoren medika- mentös gezielt modifiziert werden.

Aus praktisch-therapeutischem Blick- winkel muss zwischen Risikofaktoren, die therapierbar sind und solchen, die zurzeit noch nicht mit vertretbarem Risiko oder Aufwand modifiziert wer- den können, unterschieden werden.

Risikofaktoren des Insultes

Alter, Geschlecht und familiäre Bela- stung mit Schlaganfällen gelten als schicksalhafte Risikofaktoren und sind als solche nicht beeinflussbar. Jedoch sollte eine familiäre Belastung mit In- sulten Anlass sein, gezielt nach den im Folgenden genannten Risikofaktoren zu fahnden und diese konsequent zu minimieren oder zu behandeln.

Hypertonie

Die arterielle Hypertonie ist der stärk- ste Risikofaktor des Schlaganfalls.

Dies gilt sowohl für ischämische Insul- te als auch für Hirnblutungen. Die iso- lierte systolische Blutdruckerhöhung auf Werte zwischen 140 und 159 mm Hg (Isolated Systolic Hypertension) bedeutet bereits eine 40-prozentige Risikoerhöhung für den Schlaganfall (40). Der maximal zulässige Höchst- wert beträgt nach den Leitlinien der WHO (19) 139/89 mm Hg, der optima- le Blutdruck wird mit unter 120 mm Hg systolisch und unter 80 mm Hg dia- stolisch angegeben (Tabelle). Unter- stützt wird diese Bewertung von der prospektiven, randomisierten HOT- Studie (HOT, Hypertension Optimal Treatment), in der bei einem diastoli- schen Blutdruck von 82 mm Hg die niedrigste Inzidenz kardiovaskulärer

Primärprävention des Schlaganfalls

E. Bernd Ringelstein Henning Henningsen

Zusammenfassung

Die vorliegende Übersicht über die Vorbeu- gung ischämischer und hämorrhagischer Erst- insulte fasst den aktuellen Stand der Bewer- tung schlaganfallbegünstigender Risikofakto- ren und Risikoerkrankungen zusammen. Hier- zu zählen arterielle Hypertonie, Rauchen, Übergewicht, Bewegungsmangel, Alkoholkon- sum, Diabetes mellitus, Hypercholesterinämie, Einnahme von Kontrazeptiva, Hyperhomo- zysteinämie, Vorhofflimmern und andere kar- diale Erkrankungen, Thrombophilie und Migrä- ne. Effektive Insultprävention besteht sowohl in der Veränderung eines gesundheitsgefähr- denden Lebensstils als auch in der gezielten medikamentösen Modifikation bereits beste- hender individueller Risikoerkrankungen. Hier- zu gehören eine stringente Behandlung des Hypertonus, Rauchabstinenz, gegebenenfalls Gewichtsreduktion, mäßiger Alkoholkonsum sowie Antikoagulation bei Patienten mit Vor- hofflimmern. Bei der medikamentösen Be- handlung der Hypertonie können Diuretika, ACE-Hemmer, AT1-Blocker, Calciumantagoni- sten und Beta-Rezeptorenblocker eingesetzt werden.

Schlüsselwörter: Schlaganfall, Primärpräven- tion, Risikofaktor, ischämischer Insult, hämor- rhagischer Insult

Summary

Primary Prevention of Stroke

This review on primary prevention of ischemic and hemorrhagic stroke summarizes current knowledge on the impact of stroke-related risk factors (arterial hypertension, smoking, obesi- ty, lack of exercise, alcohol consumption, dia- betes mellitus, hypercholesterinemia, atrial fibrillation and other heart diseases, thrombo- philia, migraine, and asymptomatic occlusive disease of the carotid arteries). There is a high efficacy of preventive measures directed against individual risk factors. This includes a strict control of hypertension, no smoking, weight reduction, low alcohol intake, and anti- coagulation in case of atrial fibrillation. In terms of medication diuretics, ACE-inhibitors, AT1-blockers, calcium antagonists and beta receptor blockers are recommended.

Key words: ischemic stroke, hemorrhagic stroke, primary prevention, risk factor

Klinik und Poliklinik für Neurologie (Direktor: Prof. Dr.

med. E. Bernd Ringelstein) der Westfälischen Wilhelms- Universität, Münster

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Ereignisse gefunden wurde (22). Eine weitere Senkung des diastolischen Drucks war auch bei hypertensiven Patienten mit vorbestehender KHK und Schlaganfall mit unverändert niedrigem Risiko verbunden. Ein Stu- dienarm zeigte, dass die Lebensqua- lität direkt mit dem erreichten Blut- druckwert korreliert: je niedriger der Blutdruck, desto höher die Lebens- qualität (23). In großangelegten Studi- en zur koronaren Herzkrankheit zeig- te sich, dass die Relation zwischen Er- krankungsrisiko und Blutdruckwerten ein Kontinuum darstellt. Das bedeu- tet, dass es keine festzulegenden Blut- druckwertgrenzen gibt, unter- oder oberhalb derer das kardiovaskuläre Erkrankungsrisiko abrupt ansteigt oder absinkt (61). Der früher übliche Begriff des Erfordernishochdrucks wird somit durch das Konzept des in- dividuellen, klinisch tolerierbaren niedrigsten Blutdrucks abgelöst. Die Blutdrucksituation muss immer im Zusammenhang mit dem Vorliegen weiterer kardiovaskulärer Risikofak- toren gesehen werden. Selbst normo- tensive Patienten mit hochnormalen Werten können offensichtlich noch von einer Blutdrucksenkung profitie- ren, wenn sie aus anderen Gründen ein hohes kardiovaskuläres Risiko- profil aufweisen (34).

Die Basis einer Primärprävention besteht zunächst in einer Reduzierung der täglichen Kochsalzaufnahme durch Vermeidung besonders salzhal- tiger Nahrungsmittel (insbesondere Wurstwaren und Fertiggerichte). Die therapeutische Wirksamkeit einer be- reits moderaten Salzreduktion konnte kürzlich in einer Crossover-Studie nachgewiesen werden (6), wobei anzu- nehmen ist, dass dieser Effekt bei nie- reninsuffizienten Patienten besonders ausgeprägt ist. Die Gewichtsnormali- sierung ist ein weiterer wesentlicher Bestandteil der antihypertensiven Therapie. Schon die konsequente Um- setzung einiger weniger diätetischer Basismodifikationen, wie die Vermei- dung kalorienhaltiger Getränke und die Reduktion des Fettanteils in der Ernährung (Streichfette, sichtbares Fett an Fleischprodukten) zugunsten komplexer Kohlenhydrate (Vollkorn- Getreideprodukte), kann zu einer er-

heblichen Gewichtsreduktion führen.

Gut untersucht ist der Effekt einer Senkung des systolischen Blutdrucks bei Patienten über 60 Jahren in zwei großangelegten prospektiven rando- misierten plazebokontrollierten Studi- en mit insgesamt über 9 400 Patienten (51, 54). Eine Senkung des systolischen Druckes um 12 mm Hg und des diasto- lischen Druckes um 4 mm Hg durch Diuretika führte im Vergleich zur Pla- cebogruppe zu einer 36-prozentigen Risikoreduktion für tödliche und nichttödliche Schlaganfälle (SHEP).

Die SYST-EUR-Studie kommt zu ei- nem sehr ähnlichen Ergebnis, jedoch wurden Calciumantagonisten, bei Be- darf ergänzt durch Enalapril und Hy- drochlorthiazid, eingesetzt. Alternativ empfehlen wir primär ACE-Hemmer, bei Bedarf, aufgrund des synergisti- schen Effekts, zusätzlich ein Thiazid.

Hintergrund für diese Empfehlung ist eine an 9 297 über 54 Jahre alten Hochrisikopatienten durchgeführte, randomisierte prospektive Studie, bei der der ACE-Hemmer Ramipril gegen Placebo verglichen wurde (71). Eine tägliche Dosierung von 10 mg Rami- pril hat bei den Hochrisikopatienten neben einer signifikanten Verminde- rung von Herzinfarkt, Herzstillstand oder Tod durch zerebrovaskuläre Er- eignisse auch zu einer relativen Risi- koreduktion für Schlaganfall um 32 Prozent geführt. Nach den Leitlinien

der WHO werden auch AT1-Rezeptor- antagonisten empfohlen, denen zu- künftig wahrscheinlich eine noch grö- ßere Bedeutung zukommen wird. Beta- Blocker sind aus neurologischer Sicht sinnvoll, wenn zusätzlich eine kardiolo- gische Indikation besteht.

Rauchen

Rauchen erhöht dosisabhängig das Ri- siko für Hirninfarkte 2- bis 3,5-fach.

Das relative Insultrisiko ist bei starken Rauchern (über 40 Zigaretten pro

Tag) doppelt so hoch wie bei einem Konsum von weniger als zehn Zigaret- ten pro Tag (27). Frühestens zwei Jah- re nach Verzicht auf das Rauchen hat sich in epidemiologischen Studien das erhöhte Risiko wieder normalisiert, unabhängig von Ausmaß und Dauer des früheren Nikotinkonsums (27, 65).

Nikotinabstinenz ist die kostengün- stigste Art der Insultprophylaxe.

Diabetes mellitus

Beim Diabetes mellitus ist das Risiko eines ischämischen Insultes auf das zwei- bis dreifache erhöht (2, 5). Der Diabetes mellitus begünstigt Ver- schlüsse der langen, dünnen Hirnarte- rien von unter 0,1 mm Durchmesser als Ursache einer zerebralen Mikroan- giopathie mit lakunären Hirninfark- ten. Klinisch imponieren häufig rein

´ TabelleCC´

Bewertung und Klassifikation unterschiedlicher Blutdruck-Messwerte

Bewertung Systolischer Diastolischer

Blutdruckwert Blutdruckwert

Optimal < 120 < 80

Normal < 130 < 85

Hochnormal 130–139 85–89

Leichte Hypertonie*1 (Grad 1) 140–159 90–99

Mittelschwere Hypertonie (Grad 2) 160–179 100–109

Schwere Hypertonie (Grad 3) ✞180 ✞110

Isolierte systolische Hypertonie (Sonderform)*2 ✞140 < 90

Wenn der systolische und diastolische Blutdruckwert des Patienten in unterschiedliche Kategorien fällt, gilt grundsätzlich die höhere Kategorie als zutreffend.

*1Hier wird noch eine Untergruppe „Grenzwerthypertonie“ (Borderline) abgegrenzt mit systolischen Werten von 140 bis 149 mm Hg und dia- stolischen Werten von 90 bis 94 mm Hg.

*2Hier wird ebenfalls eine Untergruppe „Systolische Grenzwerthypertonie“ (Borderline) abgegrenzt mit systolischen Werten von 140 bis 149 mm Hg und diastolischen Werten von unter 90 mm Hg.

(Neueste Leitlinien der WHO von 1999, 4. Revision; Guidelines Subcommittee 1999)

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sensible oder rein motorische Defizi- te. Hypertoniker mit Diabetes melli- tus profitieren besonders von einer medikamentösen Blutdrucksenkung.

Zum Beispiel führte bereits eine Re- duktion des diastolischen Blutdrucks von 90 auf 80 mm Hg zu einer 51-pro- zentigen Verringerung schwerer kar- diovaskulärer Ereignisse (22). Place- bokontrollierte Interventionsstudien wurden hierzu bisher nicht durchge- führt, weil sie ethisch nicht vertretbar sind.

Übergewicht

Übergewicht ist ein Risikofaktor für Insulte. Legt man für das Normalge- wicht eine Obergrenze des Body Mass Index (BMI) von 27 kg/m2zugrunde, so liegt bei etwa einem Drittel der Be- völkerung zwischen 25 und 65 Jahren Übergewicht vor. Übergewicht ist häufig vergesellschaftet mit anderen verhaltensabhängigen vaskulären Ri- sikofaktoren wie Rauchen, exzessi- vem Alkoholkonsum und Bewegungs- mangel. Belegt ist eine Korrelation von Übergewicht, Diabetes mellitus und Hypertonie. Bei Männern mittle- ren Alters mit mittelgradigem Über- gewicht (BMI 32,5 bis 37,5 kg/m2) ist das Risiko einer Hypertonie auf das zweifache, das Risiko eines Diabetes mellitus auf das dreifache gegenüber den Normgewichtigen erhöht (58).

Unabhängig davon erhöht Überge- wicht als eigenständiger Faktor das Risiko eines ischämischen Insultes im Durchschnitt bereits auf das 1,5-fache (17). Das Risiko ist umso höher, je früher im Leben das Übergewicht er- worben wurde (53) und je mehr Über- gewicht im Verlauf des Lebens hinzu- gewonnen wurde (45). Das abdomina- le Fettvolumen (Taille-Hüfte-Verhält- nis) scheint im höheren Lebensalter ein verlässlicherer Risikoprädiktor zu sein als der BMI (63). Bisher wurde hierzu keine Interventionsstudie durchgeführt.

Hypercholesterinämie

Die Bedeutung der Hypercholeste- rinämie für den Hirninsult ist umstrit- ten. Beobachtungsstudien konnten zwar bisher keine Korrelation bewei-

sen (11, 28), Interventionsstudien an Hochrisikopatienten mit Myokardin- farkt in der Anamnese oder instabiler Angina pectoris zeigten jedoch ein- deutige Ergebnisse: Mit Statinen konnte in der LIPID-Studie (Wirk- stoff Pravastatin) eine 19-prozentige (56) und in der CARE-Studie (Patien- ten über 65 Jahre, Wirkstoff Pravasta- tin) eine 40-prozentige (32) Risikore- duktion eines Hirninsultes nachwie- sen werden. Bemerkenswert ist, dass ein positiver Effekt auch für Patienten mit initial normalem Cholesterinwert gefunden wurde. Bereits 1994 wurde in der 4-S-Studie (als Nebeneffekt) ei- ne 30-prozentige Senkung des Insultri- sikos durch Simvastatin belegt (57).

Eine neuere Metaanalyse von 17 kon- trollierten randomisierten Studien mit einer Mindestbeobachtungsdauer von einem Jahr bestätigte diese Ergebnis- se (46).

Hyperlipidämie

Es gelingt in vielen Fällen nicht, allein durch diätetische Maßnahmen die Hy- perlipidämie zu normalisieren. Den- noch sind diätetische Maßnahmen und die Senkung der Gesamtkalorienzahl als therapeutische Basismaßnahmen äußerst hilfreich und unerlässlich. Da- zu gehören ein hoher vegetarischer Anteil in der Nahrung, häufige Obst-, Gemüse- und Fischmahlzeiten (nur fettarme Fische), kein Verzehr sicht- baren Fettes, Vermeidung von Inne- reien, Schokolade und bestimmten Nüssen. Damit wird nicht nur das In- sultrisiko aufgrund der Hyperlipid- ämie als solches reduziert, sondern gleichzeitig werden Übergewicht und Hypertonie vermindert, der diabeti- schen Entgleisung entgegengewirkt und die Basis für eine möglichst ko- stengünstige fettsenkende Therapie (durch Medikamenteneinsparung) ge- legt. In der Framingham-Studie zeigte sich, dass Männer bereits durch häufi- ge Mahlzeiten aus Obst oder Gemüse eine erhebliche Senkung des Schlag- anfallrisikos bewirken können. Beson- ders ausgeprägt war dieser positive Effekt bezüglich des Risikos einer Hirnblutung (14), wahrscheinlich über den blutdrucksenkenden Effekt dieser Kost.

Alkoholkonsum

Leichter bis mäßiger Alkoholkonsum hat nach großen epidemiologischen Studien wahrscheinlich eine geringe protektive Wirkung gegen Hirn- infarkte, wobei die Definition des

„leichten bis mäßigen“ Konsums in einzelnen Studien unterschiedlich ge- handhabt wird. Berger et al. (3) fanden in einer großen prospektiven Kohor- tenstudie mit männlichen Teilnehmern ein 20 Prozent vermindertes ischämi- sches Insultrisiko beim Konsum von bis zu sieben Drinks pro Woche. 12 bis 15 g Alkohol pro Drink entsprechen etwa 120 bis 150 ml Wein oder 330 ml Bier. Dieser protektive Effekt war be- reits bei einem Drink pro Woche voll ausgeprägt. Der protektive Mechanis- mus ist bisher nicht geklärt; die Über- legenheit bestimmter alkoholischer Getränke (zum Beispiel Rotwein) ge- genüber anderen ist nicht belegt (25).

Übermäßiger Alkoholkonsum ist we- gen der begleitenden Sekundäreffekte wie Bluthochdruck, Hyperlipidämie, akute toxische Gerinnungsstörungen und alkoholische Kardiomyopathie ein massiver Risikofaktor für Hirnblu- tungen, aber auch für ischämische In- sulte (18). Bei einem Konsum von sie- ben (entsprechend ein Liter Wein) oder mehr Drinks pro Tag ist das Risi- ko eines ischämischen Insults auf das dreifache erhöht (47).

Bewegungsmangel

Bewegungsmangel ist ein stark verhal- tensabhängiger Risikofaktor. In Inter- ventionsstudien konnte das Risiko ischämischer Insulte durch regelmäßi- ge körperliche Aktivität auf 0,8 bis 0,3, im Schnitt also um 40 bis 50 Prozent, re- duziert werden, wobei regelmäßige körperliche Belastung mindestens ein- mal pro Woche erforderlich ist (15, 30, 64). Optimal erscheint ein trainingsbe- dingter Energieverbrauch von 1 000 bis 2 999 kcal/Woche; höhere Belastungen erbringen im Hinblick auf das Schlag- anfallrisiko keinen zusätzlichen Ge- winn (29). Selbst wenn nur in jungen Jahren (15. bis 25. Lebensjahr) Sport getrieben wurde, ist das Insultrisiko im späteren Leben vermindert; es redu- ziert sich umso stärker, je mehr Jahre

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an sportlicher Aktivität im Verlauf des Lebens zusammenkommen (52). Un- trainierte müssen bei Aufnahme einer sportlichen Aktivität langsam begin- nen. Ausdauersportarten wie Radfah- ren, Schwimmen, Langlauf, Powerwal- king und sanftes Joggen wirken sich be- sonders günstig aus und können auch von älteren Menschen ohne großes Verletzungsrisiko betrieben werden.

Hyperhomozysteinämie

Während sich die Hyperhomozysteinä- mie in Fallkontrollstudien als ein unab- hängiger Risikofaktor für Schlaganfall zeigte (8, 13), waren prospektive Ko- hortenstudien meist negativ (62). In ei- ner Population englischer Männer wa- ren Homozysteinwerte im oberen Quartil mit einem fünffach erhöhten In- sultrisiko verbunden (4). Als Ursache werden verschiedene hereditäre En- zymmangelkrankheiten im Homozy- stein- oder Folsäuremetabolismus dis- kutiert sowie Mangelzustände der Vita- mine Folsäure, B6 und B12 – insbeson- dere bei älteren Menschen und Dialyse- patienten. Erhöhte Homozysteinspie- gel im Plasma wirken atherogen und thrombogen. Unter Vitaminsubstituti- on (Folsäure, B6 und B12) bei Patien- ten mit Hyperhomozysteinämie zeigte sich ein Stillstand, möglicherweise so- gar eine geringe Regression der Ent- wicklung arteriosklerotischer Plaques (41). Direkte Interventionsstudien zum Schlaganfall liegen noch nicht vor.

Kontrazeptiva

Das mit der Einnahme von Kontra- zeptiva verbundene Risiko für Schlag- anfälle ist abhängig vom Östrogenge- halt des jeweiligen Präparats und vom Vorliegen weiterer kardiovaskulärer Risikofaktoren, insbesondere Hyper- tonie und Rauchen. Für die Einnahme von Kontrazeptiva älteren Typs mit ei- nem Östradiolgehalt von über 50 mg fand sich in Europa ein um den Faktor 5,3 erhöhtes Risiko für ischämische Insulte. Bei zusätzlichem Vorliegen ei- ner Hypertonie oder bei zusätzlichem Rauchen war das Risiko in einer großangelegten WHO-Studie sieben- bis zehnfach erhöht (69). Das Risiko für Hirnblutungen war in der gleichen

Population für die alleinige Einnahme der genannten Kontrazeptiva nicht signifikant erhöht, stieg jedoch auf das 10- bis 15-fache, wenn zusätzlich eine Hypertonie vorlag (70). Für Kontra- zeptiva der neueren Generation mit einem Östradiolgehalt von weniger als 50 mg war in dieser weltweiten Studie das Hirninfarktrisiko nicht signifikant erhöht. Dies deckt sich mit dem Er- gebnis anderer Studien (42, 48, 49).

Noch nicht endgültig geklärt ist die Frage, ob diese niedrig dosierten Kon- trazeptiva in Kombination mit Rau- chen das Schlaganfallrisiko erhöhen (42, 72); tendenziell scheint dies zu- mindest für die Gruppe der über 35- jährigen Frauen zuzutreffen.

Für die Einnahme von Östrogen- präparaten oder Östrogen-Progesteron- Kombinationen zur Hormonsubstituti- on im Klimakterium wurde kein erhöh- tes Schlaganfallrisiko nachgewiesen.

Berichte über eine leichte insultprophy- laktische Wirkung der Östrogensubsti- tution in der Menopause wurden in neueren Studien nicht bestätigt (43).

Migräne

Für die Untergruppe der Frauen im prämenopausalen Alter stellt Migräne einen unabhängigen Risikofaktor für ischämische Insulte dar. Verschiedene Studien zeigten für diese Population ein um den Faktor drei bis vier erhöh- tes Risiko (7, 9, 60). Kontrovers sind die Ergebnisse hinsichtlich der Frage, ob bei klassischer Migräne mit Aura

ein höheres Hirninfarktrisiko besteht, als bei der einfachen Migräne ohne Au- ra. Bei prämenopausalen Migränepati- entinnen hatten begleitende Risikofak- toren, insbesondere Rauchen oder die Einnahme oraler Kontrazeptiva, einen mehr als multiplikativen Einfluss auf das Schlaganfallrisiko, das unter diesen Randbedingungen auf das mehr als sie- benfache anstieg (9). Dies galt insbe- sondere auch für die Kontrazeptiva neuerer Generation mit einem Östro- gengehalt von weniger als 50 mg/die.

Für junge Frauen mit Migräne in der Anamnese ist eine umfassende Auf- klärung und Beratung über Schlagan- fallrisiken und mögliche Modifikatio- nen der Lebensführung unabdingbar.

Vaskuläre und kardiale Begleitkrankheiten

Vorhofflimmern

Vorhofflimmern ist bei weitem die häu- figste kardiale Ursache des isch- ämischen Insultes im Alter (68). Das jährliche Insultrisiko beim nichtrheu- matischen Vorhofflimmern (Nonvalvu- lar Atrial Fibrillation) schwankt zwi- schen 1,5 und 12 Prozent, abhängig vom Alter, vom Vorhandensein zusätzlicher vaskulärer Risikofaktoren oder kardia- ler Erkrankungen (24, 67). Eine Unter- gruppe bilden die Patienten mit so ge- nanntem idiopathischen Vorhofflim- mern (Lone Atrial Fibrillation), bei de- nen definitionsgemäß keine weiteren

100 80 60 40 20 0

Insult-Risiko (%)

+ + + + + + + + + + + + + + + + + + + + +

120 mmHg*

180 mmHg Arterielle Hypertonie Diabetes mellitus Rauchen

Koronare Herzerkran- kung

Vorhof-Flimmern EKG-Hypertrophie Grafik

Schlaganfallrisiko in Abhängigkeit von der Kumulation verschiedener Risiko- faktoren. Mit zunehmender Anhäu- fung der wichtigsten vaskulären Risi- kofaktoren steigt das Zehn-Jahres-In- sultrisiko auf fast 100 Prozent an. Ab- hängig vom systolischen Blutdruck (beziehungsweise dem Erfolg der an- tihypertensiven Therapie) ist das Risi- ko mit 120 mm Hg systolisch etwa halb so groß wie mit 180 mm Hg systolisch (für Frauen und Männer gelten etwa vergleichbare Verhältnisse).

Modifiziert nach Wolf et al. 1991; Framingham-Studie

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Herzerkrankungen vorliegen. Beim idiopathischen Vorhofflimmern ist die Indikation zur Antikoagulation nur dann gegeben, wenn einer oder mehre- re der folgenden Begleitumstände vor- liegen: Alter über 60 Jahre, Diabetes mellitus, arterielle Hypertonie und/

oder embolische Ereignisse in der Vor- geschichte; unter diesen Umständen ist beim idiopathischen Vorhofflimmern der insultpräventive Nutzen der Anti- koagulation bewiesen (31). Ist das Vor- hofflimmern mit einer anderen Herzer- krankung wie Klappenverkalkung oder -stenose, einem Vorhofaneurysma oder einem intrakavitären Thrombus assozi- iert, liegt das Insultrisiko wesentlich höher und die Indikation zur Antikoa- gulation ist in jedem Fall gegeben. Die Primär- und Sekundärprophylaxe des Insultes ist beim Vorhofflimmern iden- tisch und besteht in einer individuell angepassten Antikoagulation mit Phenprocoumon (Marcumar). Die Do- sierung definiert sich durch einen INR- Zielwert (INR, International Normali- zed Ratio) zwischen 2 und 3. Damit wird das Insultrisiko um circa 70 Pro- zent reduziert. Das Blutungsrisiko be- trägt bei diesem INR 1 bis 1,3 Prozent pro Jahr. Wie die AFASAK-2-Studie zeigte, hat das Alter allein keinen si- gnifikanten Einfluss auf die Inzidenz von Blutungskomplikationen (20), so- dass grundsätzlich auch Patienten über 75 Jahre auf einen INR-Zielwert von 2 bis 3 eingestellt werden können, sofern bei ihnen keine zusätzlichen Blutungs- risiken vorliegen. Als Alternative bei erhöhtem Blutungsrisiko können 300 bis 325 mg Acetylsalicylsäure pro Tag gegeben werden, die das Insultrisiko aber nur um circa 20 Prozent reduzie- ren (24, 50).

Offenes Foramen ovale

Ein offenes Foramen ovale findet sich bei bis zu 50 Prozent der unter 55 Jah- re alten Insultpatienten (10), kommt aber auch in bis zu 33 Prozent der Nor- malbevölkerung vor. Untersuchungen zur Primärprävention bei Patienten mit offenem Foramen ovale liegen nicht vor. Nichtrandomisierte Studien zur Sekundärprävention weisen darauf hin, dass das Insultrisiko vom Ausmaß des Shuntvolumens abhängt und bei

zusätzlichem Vorliegen eines Vorhof- septumaneurysmas erhöht ist (21). Ein sekundärpräventives Entscheidungs- modell, das die Risiken von Spontan- verlauf und Intervention durch Dauer- antikoagulation oder herzchirurgische Korrektur gegeneinander abwägt, wur- de von Nendaz und Kollegen (39) vorgestellt. Weniger risikobehaftete in- terventionelle Kathetertechniken könn- ten zukünftig die Risiko-Nutzen-Re- lation noch mehr zu Gunsten eines the- rapeutischen Verschlusses des Fora- men ovale verschieben.

Mitralklappen

Das jährliche Insultrisiko bei isolier- tem Vorliegen eines Mitralklappen- prolaps, einer Mitralringverkalkung oder einer Mitralstenose liegt mit 1 bis 1,5 Prozent in der gleichen Größen- ordnung wie das Blutungsrisiko einer niedrig dosierten Antikoagulation.

Bei Kombination einer Mitralstenose mit Vorhofflimmern erhöht sich das Insultrisiko (21) ebenso wie bei Pati- enten mit mechanischem Herzklap- penersatz erheblich, sodass bei diesen Patienten die Indikation zur Antikoa- gulation besteht (16).

Myokardinfarkt

Der frische Myokardinfarkt geht we- gen der Neigung zu Bildung parietaler Thromben in der linken Herzkammer und der Reduktion der globalen kar- dialen Pumpfunktion mit einem passa- ger erhöhten Insultrisiko durch kar- diogene Hirnembolien einher. Durch die routinemäßige Antikoagulation der Herzinfarktpatienten in den er- sten sechs bis zehn Wochen wird die- ses Risiko stark reduziert, sodass die kardiologische Therapie gleichzeitig eine Primärprophylaxe des ischämi- schen Insultes darstellt. Im Anschluss an diese Akutphase stellt der Herzin- farkt als solcher keine eigenständige Indikation für weitere insultprophy- laktische Maßnahmen dar, außer in den Fällen, bei denen als Folge des Herzinfarktes eine linksventrikuläre Thrombusbildung nachgewiesen wird und in Fällen, bei denen die Ejektions- fraktion des linken Ventrikels auf we- niger als 40 Prozent erniedrigt ist (33).

Thrombophilie

Thrombophilie beschreibt die Neigung eines Patienten zu rezidivierenden, meist venösen Thrombosen in der indi- viduellen Vorgeschichte oder Famili- enanamnese. Dahinter verbergen sich heterogene Gerinnungsstörungen, wie die in der Regel mit einer Genmuta- tion, der Faktor-V-Leiden-Mutation, verbundene APC-Resistenz (APC, Aktiviertes Protein C), die Prothrom- bin-Gen-Mutation (G20210A), der Protein-C- und Protein-S-Mangel, der Antithrombin-III-Mangel, das Anti- phospholipid-Antikörpersyndrom und andere. Wegen der Möglichkeit para- doxer Hirnembolien aus dem venösen System über Rechts-Links-Shunts (of- fenes Foramen ovale) ist die venöse Thromboseneigung auch für Ver- schlüsse zerebraler Arterien relevant.

Ob und welches Risiko mit dem Nach- weis einer Thrombophilie bei asym- ptomatischen Patienten verbunden ist, müssen zukünftige prospektive Kohor- tenstudien zeigen (26, 35, 36, 37, 44, 55, 59). Entsprechend sind die Möglich- keiten der Primärprävention bisher nicht ausgelotet, in der Sekundär- prävention greift man zur Low-Dose- oder Full-Dose-Antikoagulation mit Phenprocoumon (Marcumar). Auf ei- ne detaillierte Darstellung dieser Risi- kofaktoren und der Sekundärpräventi- on kann aus Platzgründen nicht einge- gangen werden.

Asymptomatische Verschlusskrankheit der großen Hirnarterien

Die asymptomatische Verschluss- krankheit der großen Hirnarterien geht mit einem erhöhten Schlaganfall- risiko einher. Das wurde bisher nur sy- stematisch für die Stenosen der A. ca- rotis interna untersucht. Das Risiko eines ischämischen Insultes durch eine asymptomatische Karotisstenose be- trägt jedoch nur etwa zwei Prozent pro Jahr (1). Das Risiko kann wesentlich höher sein, wenn die asymptomati- schen Stenosen sehr hochgradig sind (> 90 Prozent Stenosegrad) oder sich als rasch progredient erweisen (39).

Die Bedeutung einer prophylakti- schen Endarterektomie asymptomati- scher Karotisstenosen wird von Ge-

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fäßchirurgen und Neurologen unter- schiedlich eingeschätzt. Zwar konnte durch die ACAS-Studie (1) nachge- wiesen werden, dass das relative (!) Insultrisiko durch die Endarterek- tomie mittel- bis hochgradiger, asym- ptomatischer Stenosen um 50 Prozent gesenkt werden konnte, diese Aussa- ge bedarf aber einer besonders kriti- schen Relativierung: Das Studienresul- tat war nur signifikant, wenn die tat- sächlichen Beobachtungszeiten extra- poliert wurden. Die absolute (!) Sen- kung des Insultrisikos betrug nur circa ein Prozent, das heißt durch die ge- fäßchirurgische Intervention konnte das absolute Risiko von etwa zwei Prozent pro Jahr auf circa ein Prozent pro Jahr gesenkt werden. Dieser ge- ringe Effekt war zudem nur möglich, wenn Patienten mit mäßigem oder ho- hem Operationsrisiko ausgeschlossen wurden und wenn erfahrene Teams am Werk waren. Insofern muss davon ausgegangen werden, dass im klini- schen Alltag die Operation asympto- matischer Karotisstenosen in der Re- gel für den Patienten keinen Gewinn bringt, jedoch gewaltige Kosten für das Gesundheitssystem erzeugt. Nur bei sehr hochgradigen und progre- dienten Stenosen wird man sich daher im Einzelfall im asymptomatischen Stadium für einen gefäßchirurgischen Eingriff entscheiden. Ein primär- präventiver Effekt der Acetylsalicyl- säure gegen Insulte bei asymptomati- schen Stenosen konnte bisher nicht belegt werden.

Schlussfolgerungen

Die vorangehende Bewertung der Risi- kofaktoren für den Schlaganfall erfolgte jeweils univariat, das heißt in jedem Ab- schnitt wurde der jeweilige Faktor iso- liert betrachtet, tatsächlich treten die genannten Risikofaktoren aber mei- stens kombiniert auf und bewirken da- durch eine mehr als additiv gesteigerte Risikosituation. Abschätzungen des Schlaganfallrisikos sowohl von Indivi- duen als auch von Populationen erfol- gen heute vorzugsweise durch Risiko- profile (2, 66). Die Framingham-Studie hat das Zehn-Jahres-Schlaganfallrisiko der über 65-jährigen Frauen und Män-

ner in Abhängigkeit vom Vorliegen der oben angesprochenen Faktoren berech- net (Grafik). Danach steigt das Zehn- Jahres-Insultrisiko für Frauen auf über 90 Prozent und für Männer auf knapp 85 Prozent, wenn die meisten der oben ge- nannten Risikofaktoren kombiniert vorliegen, nämlich Hypertonie, Diabe- tes, Rauchen, KHK, Vorhofflimmern und linksventrikuläre Hypertrophie.

Eine konsequente Primärprävention ischämischer und hämorrhagischer In- sulte, wie sie heute mit einem veränder- ten Lebensstil und medikamentösen In- tervention gegen die meisten Risiko- faktoren möglich ist, könnte die Lebenserwartung erheblich verlängern.

Die Prävalenz des Schlaganfalls kann allein durch die folgenden vier Maß- nahmen drastisch reduziert werden:

❃strengste Behandlung der Hyper- tonie,

❃Rauchverzicht,

❃Antikoagulation von Patienten mit Vorhofflimmern und

❃Normalisierung des Gewichtes.

Dem stehen aber irrationale Ab- wehrmechanismen der Bevölkerung und die durch die Deckelung der Ge- sundheitskosten entstandenen Ko- stenzwänge entgegen. Die niederge- lassene Ärzteschaft kann dabei jedoch eine effektive Prävention bei Hochri- sikogruppen sichern. Hier liegt eine der überzeugendsten Möglichkeiten, durch gleichzeitige Steigerung von Le- benserwartung und Lebensqualität se- gensreich wirksam zu werden.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 2001; 98: A 323–328 [Heft 6]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literatur- verzeichnis, das über den Sonderdruck beim Verfasser und über das Internet (www.aerzteblatt.de) erhältlich ist.

Anschrift für die Verfasser:

Prof. Dr. med. E. Bernd Ringelstein Prof. Dr. med. Henning Henningsen Klinik und Poliklinik für Neurologie Westfälische Wilhelms-Universität Albert-Schweitzer-Straße 33 48129 Münster

Eine Hämochromatose tritt ungefähr bei fünf Promille der Bevölkerung auf und geht auf eine homozygote Mutati- on im HLA-assoziierten HFE-Gen zurück.

Die Autoren untersuchten die Prä- valenz von Erkrankungen bei Ver- wandten von Probanden mit Hämo- chromatose. Dabei konnten eine Reihe von Genträgern identifiziert werden, die primär wegen einer Leberzirrhose, einer Leberfibrose, erhöhten Leberen- zymen und einer Arthropathie auffällig geworden waren.

Insgesamt konnten durch die Umge- bungsuntersuchungen 214 homozygote Verwandte identifiziert werden. 85 Pro- zent wiesen zum Zeitpunkt der Diagno- sestellung eine Eisenüberlastung auf, 38 Prozent boten die für eine Hämochro- matose typischen Symptome. Bei Män- nern waren diese Hämochromatose- assoziierten Erkrankungen mit 52 Pro-

zent deutlich häufiger anzutreffen als bei Frauen, wo diese nur in zehn Prozent zum Zeitpunkt der Diagnosestellung vorlagen. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass Umgebungsuntersuchun- gen von Hämochromatose-Patienten zahlreiche homozygote, klinisch bislang nicht diesem Krankheitsbild zuorden- bare Erkrankungen zu entdecken ver-

mögen. w

Bulaj Z J, Ajioka R S, Kushner J P et al.: Disease-related conditions in relatives of patients with hemochromato- sis. N Engl J Med 2000; 343: 1529–1535.

Dr. James P. Kushner, Division of Hematology, 4C–416 University of Utah School of Medicine, 50 North Medical Drive Salt Lake City, UT 84132, USA.

Begleiterkrankungen einer Hämochromatose

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