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Archiv "Primärprävention durch Metoprolol bei Hypertonie: Letalitätsrate in der MAPHY-Studie" (28.07.1988)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

DA EDITORIAL

Primärprävention

durch Metoprolol bei Hypertonie

Letalitätsrate in der MAPHY-Studie

Helmut Lydtin

Göteborg: Die Publikation der Letalitätsda- ten der internationalen Multicenterstudie MA- PHY (Metoprolol Atherosclerosis Prevention in Hypertensives) in JAMA (259, 13 [1988]

1976-1982) Anfang April dieses Jahres hat bri- santen Zündstoff geliefert für die Diskussion über die richtige medikamentöse Primärtherapie der Hypertonie: Durch medikamentöse Hoch- druck-Therapie mit einem (31-selektiven Blocker (Metoprolol) wurden Gesamtletalität und kar- diovaskuläre Letalität stärker als durch Diureti- ka des Thiazidtyps gesenkt!

Hintergrund

und Ergebnis der Studie

Diuretika senken Gesamtletalität und Kom- plikationen der Hypertonie (vor allem Schlagan- fall, aber auch Herzinsuffizienz, Nierenversagen und maligne Hypertonie), eine entsprechende Wirksamkeit gegenüber der koronaren Herz- krankheit, der häufigsten Komplikation der leichten und mittelschweren Hypertonie, ließ sich bisher nicht sichern (s. zum Beispiel K. B.

G. Sprenger in Dt. Ärztebl. 85, Heft 14/1988).

Dies gilt aber auch für alle anderen Antihyper- tensiva. Bei (3-Blockern gibt es Indizien für eine Schutzwirkung gegen die koronare Herzkrank- heit aus sekundär-prophylaktischen Studien nach Herzinfarkt und aus nichtrandomisierten Studien bei Hypertonie (siehe Übersichten Lyd- tin 1984, Lydtin und Trenkwalder 1988).

In MAPHY wurden von 3234 männlichen Hypertonikern (RR diastolisch 100 mmHg 5_

130 mmHg) 1609 in die Metoprololgruppe (200 mg/Tag), 1625 in die Diuretikagruppe (50 mg Hydrochlorothiazid oder 5 mg Bendoflumethia- zid) randomisiert (66 Zentren, 11 Länder, Stu- dienbeginn 1976). Vor Randomisation erfolgte eine Stratifikation in neun Risikogruppen (nach Alter, systolischem Druck, Cholesterin und Rauchen). Der Blutdruck sollte unter 95 mmHg

gesenkt werden, zum Teil durch Dosiserhöhung oder durch Kombination mit anderen Substan- zen (außer mit (3-Blockern und Thiaziddiureti- ka). Die mittlere Beobachtungszeit betrug 4,2 Jahre, im Mittel wurden 174 mg Metoprolol, 46 mg Hydrochlorothiazid oder 4,4 mg Bendoflu- methiazid verabreicht. Initial ließ das Studien- protokoll als [3-Blocker auch Alprenolol und Propranolol zu, ab 1978 wurde auch auf den (31-selektiven Blocker Atenolol randomisiert.

Über die Ergebnisse dieser Gemeinschafts- studie HAPPHY (Heart Attack Primary Pre- vention in Hypertensives) ist 1987 berichtet wor- den: dabei fand sich kein signifikanter Unter- schied zwischen Diuretika und (3-Blockern!

MAPHY ist der Metoprololteil der HAP- PHY-Studie mit Abschlußtermin Ende Februar 1987 (Abschluß HAPPHY Ende Dezember 1985). Die beiden Studien haben somit einen Teil der Patientenjahre gemeinsam.

MAPHY kommt bei Vergleich von jeweils etwa 8000 Patientenjahren unter Metoprolol und unter Thiaziddiuretika zu dem Ergebnis, daß bei praktisch gleicher blutdrucksenkender Wirkung die Gesamtletalität und die kardiovas- kuläre Letalität unter Metoprolol signifikant niedriger waren als unter Diuretika (nach einer mittleren Beobachtungszeit von 4,16 Jahren Ge- samtletalität —48 Prozent; 95 Prozent Vertrau- ensbereich: —68 Prozent bis —17 Prozent; kar- diovaskuläre Letalität —58 Prozent). Bei Rau- chern war dieser Unterschied sogar noch deut- licher (Gesamtletalität unter Metoprolol um 53 Prozent niedriger als unter Diuretika). Die Überlebenskurven begannen bereits im ersten Jahr der Behandlung auseinanderzuweichen und setzten diese Tendenz über vier bis fünf Jahre fort. Die darauf folgende Abnahme der Trends wird durch einen (protokollwidrigen) verstärk- ten Einsatz von (3-Blockern in der Diuretika- gruppe, durch eine Zunahme der Ausfälle („drop outs") und der nichtkardiovaskulären Todesfälle in beiden Gruppen erklärt.

Dt. Ärztebl. 85, Heft 30, 28. Juli 1988 (35) A-2143

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Kommentar

MAPHY ist zwar eine offene Studie, hält je- doch auch einer sehr kritischen Analyse stand:

überzeugend wirken die klare Stratifikation der Hypertoniker nach individuellem Risikoprofil vor Randomisation, die „blinde" Druckmes- sung und die blinde Auswertung der harten Endpunkte, die bei Vergleich mit ähnlichen Stu- dien bemerkenswert vollständige Erfassung aller Patienten (mit einer einzigen Ausnahme) und die verhältnismäßig lange Nachbeobachtung von bis zu elf Jahren. Auch die Begründung für den Abbruch der Studie überzeugt: mehr als 20 Pro- zent der Diuretikagruppe erhielten nach 6,15 Jahren einen ß-Blocker, dieser „cross over"

muß jeden möglichen Unterschied zwischen Diuretika und ß-Blockern verwischen.

Der primärpräventive Ansatz (Ausschluß von Hypertonikern mit Herzinfarkt, Angina pectoris und Schlaganfall in der unmittelbaren Vorgeschichte) läßt nur einen Vergleich mit an- deren primärpräventiven Studien zu: MRC (Me- dical Research Counsil), IPPPSH (International Prospective Primary Prevention Study in Hyper- tension), HAPPHY (Heart Attack Primary Pre- vention in Hypertensives). In diesen primärprä- ventiven Studien ließ sich kein Vorteil der ß-Blocker gegenüber Diuretika sichern.

Da sich bei nachträglicher (Untergruppen-)- Auswertung der MRC- und der IPPPSH-Daten nur für Männer auch ein Trend zugunsten der ß-Blocker gegenüber Diuretika und anderen Antihypertensiva fand (Wikstrand 1987), könn- te das primär negative Ergebnis dieser beiden Studien auf den Einschluß von Frauen (mit ge- genüber Männern besserer Prognose) zurückzu- führen sein. Schwieriger ist die Erklärung der HAPPHY-Daten, die keinen Unterschied zwi- schen Diuretika und I3-Blockern ausweisen.

Aufgrund der Datenlage ist anzunehmen, daß Auswahlkriterien und Ergebnisse der Zen- tren, die den (31-selektiven Blocker Atenolol mit Diuretika verglichen, nicht denen entsprachen, die Metoprolol einsetzten, zum anderen kamen bei der statistischen Auswertung unterschied- liche Verfahren zum Einsatz. Ein exakter Da- tenvergleich ist derzeit nicht möglich: dement- sprechend liefern die beiden Studien keine wis- senschaftliche Basis für eine Diskussion grund- sätzlicher Unterschiede zwischen den beiden ß1- selektiven Blockern Atenolol und Metoprolol in der Hochdrucktherapie, auch wenn die unter- schiedlichen pharmakologischen Kenndaten Hy- pothesen für Unterschiede im Wirkungsmecha- nismus zulassen (zum Beispiel hydrophiles Atenolol, lipophiles Metoprolol).

Ungeklärt ist natürlich überhaupt der pri- märpräventive Wirkmechanismus von Metopro-

lol: Es könnte sich sowohl um eine antiarrhyth- mische Wirkung als auch um eine Wirkung auf den arteriosklerotischen Prozeß an der Gefäß- wand (etwa Verhütung von Endothelschäden und Reduktion der Einlagerung von LDL-Cho- lesterin) handeln. Eine weitere Analyse der MAPHY-Daten nach tödlichen und nichttöd- lichen Komplikationen der koronaren Herz- krankheit ist deshalb ebenso dringlich wie eine kritische vergleichende Analyse der HAPPHY- und MAPHY-Daten.

Die erstmals in MAPHY erkennbare beson- dere primärpräventive Wirksamkeit von Me- toprolol bei Rauchern läßt sich am ehesten durch die ßl-Selektivität der Substanz erklären (geringere Demaskierung von a-Effekten im Vergleich zu nichtselektiven Blockern).

Auch nach der MAPHY-Studie sind Diure- tika und ß-Blocker wirksame, gut erprobte, ver- hältnismäßig preisgünstige und gut verträgliche Hochdruckmittel der ersten Wahl. Geht es um Kardioprotektion — und dies gilt vorrangig für den männlichen kardialen Risikopatienten —, haben sich die Gewichte zugunsten der (31-selek- tiven Blocker verschoben. MAPHY hat auch bestätigt, daß keines der heute mit Nachdruck und zum Teil vorschnellen Argumenten auf den Hochdruckmarkt drängenden Medikamente ei- ne den Diuretika und den ß-Blockern auch nur annähernd vergleichbare Erfahrungsbilanz auf- weist. Es gibt für diese Stoffgruppen — ob ACE- Hemmer, a-Blocker oder Kalzium-Antagoni- sten — keine positiven primärprophylaktischen Daten in der Hypertoniebehandlung; in der Se- kundärprophylaxe nach Herzinfarkt haben die Kalzium-Antagonisten in mehreren randomi- sierten und doppelblind angelegten Studien die in sie gesetzten Erwartungen bisher nicht erfüllt.

MAPHY ist auch eine späte Rechtfertigung für alle, die mit B. N. C. Prichard vor über 20 Jah- ren gegen eine fast emotionale Abwehr ß-Blok- ker in die Hypertoniebehandlung einführten.

Literatur

1. Cruickshank, J. M. und Prichard, B. N. C.: Beta-blockers in clinical practice. Churchill Livingstone Edinburgh Melbourne New York 1987

2. Lydtin, H.: Primär- und Sekundärprophylaxe der koronaren Herzkrankheit. In: Fortschritt und Fortbildung in der Medizin.

VIII Interdisziplinäres Forum der Bundesärztekammer. Deut- scher Ärzteverlag Köln 1984

3. Lydtin, H. und Trenkwalder, P.: Calcium-Antagonisten. Sprin- ger Heidelberg 1988

4. Wikstrand, J.: Beta-blockers and cardioprotection — is there any good news from the recent trials? J. Clin. Pharm. Ther. 12 (1987) 347-350

Anschrift des Verfassers:

Professor Dr. med. Helmut Lydtin Chefarzt der Medizinischen Klinik Kreiskrankenhaus Starnberg Oßwaldstraße 1 • 8130 Starnberg A-2144 (36) Dt. Ärztebl. 85, Heft 30, 28. Juli 1988

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