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Academic year: 2022

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(1)

” Wir sehen, dass a = b “

oder

” Wir sehen, dass a = b ist“

oder vielleicht

” Wir sehen, dass a = b gilt“ ?

Aussageformeln als Teil eines laufenden Textes

Michael Grosser

Fakult¨at f¨ur Mathematik der Universit¨at Wien

All das im Folgenden f¨ur das Gleichheitszeichen Gesagte gilt — mutatis mutandis — auch f¨ur alle anderen zweistelligen Relati- onszeichen (wie etwa <, >, ≥, ≤, 6=, ∼, ∼=, ≡, ∈, ⊆ etc.) in Formeln, die innerhalb eines laufenden Textes auftreten.

H¨aufig begegnen einem in mathematischen Texten Formulierungen von einem der drei Typen [A], [B], [C] wie sie (in dieser Reihenfolge) im Titel dieses Aufsatzes vorgestellt werden1. Hierbei wird eine mathematische Formel in der einen oder anderen Weise in einen laufenden Text (in deutscher Sprache) eingebaut.

”Formel“ ist im vorliegenden Zusammenhang allerdings nicht ausreichend pr¨azise: Formeln, die nur aus einem Term bestehen, machen innerhalb eines laufenden Textes wohl kaum Probleme, wie das Beispiel

”Der Funktionsterm lautetx3−5x“ nahelegt. Im Gegensatz zu reinen Termformeln jedoch stellen Aussageformeln mit ihren Relationszeichen und Termen abges¨attigte logische Pr¨adikate und damit komplette Aussagen dar (wie etwa

”a ist gleich b“), deren Bestandteile — hier

”a“,

”ist gleich“ und

”b“ — grunds¨atzlich als KandidatInnen f¨ur das grammatische Subjekt, das grammatische Pr¨adikat und weitere Satzteile (hier

”b“ als Erg¨anzung im Dativ) des betreffenden Satzes in Frage kommen.

1Nicht zuletzt tritt [A] mehrfach in den Aufgabenstellungen f¨ur die Schriftliche Reife- und Diplompr¨ufung an den BHS und den

oglichen L¨osungen“ zu diesen auf der Seite https://aufgabenpool.srdp.at/bhs/ auf.

(2)

In diesem Aufsatz nehmen wie die Bauarten der drei im Titel pr¨asentierten Formulierungsvarianten unter die Lupe und bewerten deren jeweilige Vor- und Nachteile. Das Ergebnis soll hier gleich vorweggenommen werden:

Entgegen einem allf¨alligen ersten Augenschein sind just [A] und [B]

eng miteinander verwandt, w¨ahrend [C], die dritte Variante, von grunds¨atzlich anderer Struktur ist.

Die Verwendung von [A] zieht jedoch eine lange Reihe von Pro- blemen mit sich; man verstrickt sich derart in Inkonsistenzen und chaotisch anmutenden Komplikationen, dass [A] letztlich als feh- lerhaft zur¨uckgewiesen werden muss.

Im Gegensatz dazu geben einem sowohl [B] als auch [C] — pas- send gehandhabt — zwei korrekte M¨oglichkeiten des Einbaus von Aussageformeln in laufende Texte an die Hand.

Dementsprechend wird man [A] in seri¨os lektorierten mathematischen Buch- werken auch nicht finden; ¨uberdies wird diese Variante in den meisten Leit- f¨aden zur guten Praxis der Erstellung mathematischer Texte abgelehnt.

Wir verschieben eine genauere strukturelle Analyse aller drei Varianten auf den Punkt, an dem wir von [B] auf [C] ¨ubergehen. Stattdessen beginnen wir gleich damit, uns eine Reihe konkreter Anwendungsbeispiele von [A] anzuse- hen und sie in der Folge mit den entsprechenden Beispielen unter Heranzie- hung von [B] zu vergleichen.

Jedesmal m¨ussen wir dabei die geschriebene der (laut) gelesenen beziehungs- weise gesprochenen Version gegen¨uberstellen. Dabei wird sich zeigen, dass man sich mit [A] eine Unmenge von Komplikationen und sprachlichen In- konsistenzen einhandelt.

Variante [A]

Wir beginnen mit einer (bereits geordneten) Serie von Beispielen von g¨angi- gen Satzfragmenten in Variante [A], das heißt, wir lassen die dem Gleich- heitszeichen der Formel zukommende Bedeutung

”ist gleich“ die Rolle des Pr¨adikats des betreffenden Satzes spielen, soweit dies m¨oglich ist, und zwar derart, dass das Hilfszeitwort, also die jeweils passende Form von

”sein“, in der geschriebenen Form nicht explizit aufscheint, sondern als im Gleichheits- zeichen enthalten gedacht wird.

(3)

Jedesmal tritt die einfache Aussageformel a = b innerhalb eines laufenden Textes auf, in geschriebener Form (linke Spalte) und in gesprochener Form (rechte Spalte).

Beispiele zu Variante [A]

Gruppe 1

Wir setzena=b und [. . . ] Wir setzen a gleich b und [. . . ] Gruppe 2

[. . . ], denn a=b. [. . . ], denn a ist gleich b.

Gruppe 3

Wir sehen, dass a=b, [. . . ] Wir sehen, dass a gleich b ist, [. . . ] W¨ahrenda =b, ist jedoch W¨ahrend a gleich b ist, ist jedoch Zeige, dass a=b und [. . . ] Zeige, dass a gleich b ist und [. . . ] Gruppe 4

Wir fragen nun: a=b? Wir fragen nun: Ist a gleich b?

Gruppe 5

Angenommen a=b, Angenommen a w¨are gleich b, dann [. . . ] dann [. . . ]

Gruppe 6

Wir ber¨ucksichtigen, Wir ber¨ucksichtigen,

dass obena=b, und [. . . ] dass oben a gleich b war, und [. . . ] Gruppe 7— Keine [A]-Formulierung m¨oglich

Wir fragen nun: Ist a =b? Wir fragen nun: Ist a gleich b?

W¨are nuna =b, dann [. . . ] W¨are nun a gleich b, dann [. . . ] Ohne M¨uhe k¨onnte man diese Liste um weitere Gruppen erg¨anzen.

(4)

Wir listen nun gruppenweise auf, wie das in der geschriebenen Form, also in der linken Spalte der voranstehenden Tabelle, immer gleich dastehende Gleichheitszeichen jeweils zu lesen beziehungsweise zu sprechen ist:

Gruppe 1: gleich

Gruppe 2: ist gleich

Gruppe 3: gleich und nachgestelltes ist (nach b) Gruppe 4: vorgestelltesist (vor a) und gleich Gruppe 5: w¨are gleich (Konjunktiv)

Gruppe 6: gleich und nachgestelltes war (nach b, Imperfekt) Gruppe 7: gleich

Ein derartiges Chaos kann zu keiner positiven Bilanz f¨uhren:

Abh¨angig vom Kontext und der jeweiligen Satzkonstruktion ist das Gleichheitszeichen in Variante [A] je nach Beispielgruppe notwen- digerweise anders zu lesen und zu sprechen, unter anderem inklu- sive oder exklusive Hilfszeitwort; vorgestellt, mittig oder nachge- stellt. Es gibt keine einfache und allgemein g¨ultige Regel, wie der Einbau einer Aussageformel in einen Text zu handhaben ist.

Insgesamt werden mathematische Texte mit Variante [A] weniger gut lesbar und schlechter verst¨andlich.

Als Konsequenz daraus empfehle ich dringend, auf [A] ausnahmslos zu ver- zichten und sich ausschließlich einer der beiden anderen Schreib- und Lesar- ten zu bedienen. Es wird sich zeigen, dass jede von diesen frei von all den genannten Problemen ist.

Variante [B]

Wir setzen fort, indem wir die obige Tabelle vom [A]-Setting in das von [B]

transformieren. Dieses ist dadurch gekennzeichnet, dass das Hilfszeitwort, also die jeweils passende Form von

”sein“, in der schriftlichen Form immer explizit auftritt und dadurch m¨uhelos an die jeweils passende Stelle gesetzt werden kann. Das Gleichheitszeichen ist im [B]-Setting stets nur als das Wort

”gleich“ zu lesen beziehungsweise auszusprechen.

(5)

Wiederum tritt die einfache Aussageformel a = b innerhalb des laufenden Textes auf, in geschriebener Form (linke Spalte) und in gesprochener Form (rechte Spalte).

Beispiele zu Variante [B]

Gruppe 1

Wir setzena=b und [. . . ] Wir setzena gleich b und [. . . ] Gruppe 2

[. . . ], dennes ist a=b. [??] [. . . ], denn a istgleich b.

Gruppe 3

Wir sehen, dassa=b ist, [. . . ] Wir sehen, dassa gleichb ist [. . . ] W¨ahrenda=b ist, ist jedoch W¨ahrenda gleich b ist, ist jedoch Zeige, dass a=b ist und [. . . ] Zeige, dass a gleich b ist und [. . . ] Gruppe 4

Wir fragen nun: Ist a=b? Wir fragen nun: Ist a gleich b?

Gruppe 5

Angenommenes w¨are a=b, Angenommen a w¨are gleich b,

dann [. . . ] dann [. . . ]

Gruppe 6

Wir ber¨ucksichtigen, Wir ber¨ucksichtigen,

dass oben a=b war, und [. . . ] dass oben a gleich b war, und [. . . ] Gruppe 7

Wir fragen nun: Ist a=b? Wir fragen nun: Ist a gleich b?

W¨are nun a=b, dann [. . . ] W¨are nun a gleich b, dann [. . . ]

Hier, unter Verwendung von [B] also, pr¨asentieren sich die Verh¨altnisse als vollkommen geordnet, ganz im Gegensatz zur Situation, wie wir sie hinsicht- lich [A] konstatieren mussten:

Das Hilfszeitwort, also die jeweils passende Form von

”sein“, tritt in der schriftlichen Form von Variante [B] immer explizit auf und kann daher m¨uhelos in die jeweils passende Form und an die je- weils passende Stelle gesetzt werden. Das Gleichheitszeichen ist hier stets nur als das Wort

”gleich“ zu lesen beziehungsweise aus- zusprechen.

(6)

F¨ur andere Relationszeichen w¨are dies alles analog zu handhaben: Beispiels- weise w¨are der gesprochene Satz

”Wir sehen, dass x Element von M ist“

gem¨aß [B] zu schreiben als

”Wir sehen, dass x∈M ist“.

Auch die [B]-Tabelle ist nicht vollst¨andig makellos: An zwei Stellen war es erforderlich, das W¨ortchen

”es“ einzuschleusen, um ¨uberhaupt eine [B]- Formulierung zu erm¨oglichen. Daf¨ur braucht sich [B] aber nun wirklich nicht zu genieren, denn zwei Eintr¨age der [A]-Tabelle waren nicht einmal mit Tricks zu retten.

Zusammenfassend k¨onnen wir somit sagen, dass immer und ¨uberall Variante [B] der Variante [A] vorzuziehen ist, denn mit [B] — und nur damit — hat das Gleichheitszeichen eine und nur eine Lesart.

K¨unftig sollte es also nie wieder

”Wir sehen, dass a = b“ heißen, sondern ausnahmslos nur mehr

”Wir sehen, dassa =b ist“.

Objekt- und Metasprache

An der Oberfl¨ache mag es den Anschein haben, als ob der Unterschied zwi- schen den Varianten [B] und [C] nur im Austausch des Wortes

”ist“ durch die Worte

”es gilt“ best¨unde, die beide im gegebenen Zusammenhang als mehr oder weniger synonym angesehen werden k¨onnten:

”aist gleichb“ klingt nicht viel anders als

”Es gilt a gleich b“, und die Bedeutung dieser beiden S¨atze ist im Alltag selbst der wissenschaftlich betriebenen Mathematik praktisch deckungsgleich.

De facto besteht jedoch zwischen [B] und [C] ein tiefgreifender struktureller Unterschied. Um diesen zu erfassen, ist es erforderlich, etwas weiter auszu- holen.

Wir wollen das (einfache) obige Beispiela =b beibehalten und dennoch pro- blemlos von einem mathematischen

”Satz“ im Sinne einer Aussage sprechen (mit Aussageformen wollen wir uns hier nicht abgeben); dazu erkl¨aren wir a und bformal gesprochen zu Konstanten einer Theorie der (sagen wir) reellen Zahlen. Wer mag, kann sich etwa auch die Setzungen a := 13 und b := 13 vorstellen.

Ich m¨ochte an dieser Stelle darauf hinweisen, dass hier — abgesehen von der soeben gemachten Bemerkung ¨uber die Natur von a und b — nicht von ei- nem formalisierten Kalk¨ul (etwa f¨urR) die Rede sein soll; die Betrachtungen spielen sich ganz im Bereich der nat¨urlichen (deutschen) Sprache ab, erwei- tert um die mathematische Fachsprache. Formelaussagen werden einfach als Abk¨urzungen von gewisen S¨atzen der mathematischen Objektsprache aufge- fasst.

(7)

In diesem Rahmen ist der Satz

”aist gleich b“, als Formel geschriebena=b, ein St¨uck (deutscher) mathematischer Objektsprache reinsten Wassers:

”a“

ist hier das grammatische Subjekt,

”ist gleich“ ist Pr¨adikat und

”b“ ist eine von diesem Pr¨adikat geforderte Erg¨anzung im Dativ (dass b tats¨achlich als im Dativ stehend aufzufassen ist, erkennt man aus der Wendung

”Der Term u ist gleich dem Term v“).

Im zusammengesetzten Satz

”Wir sehen, dassagleichbist“, haben die beiden Teile allerdings verschiedenen Status: W¨ahrend der Objektivsatz (der

”dass“- Satz) der Objektsprache angeh¨ort, muss man den Hauptsatz

”Wir sehen“ als einen Satz der mathematischen Metasprache ansehen: Subjekt sind

”wir“

als gemeinsam Mathematik betreibende Personen, und das Einsehen eines mathematischen Sachverhalts ist ein metamathematisches Ph¨anomen.

Diese beiden Teils¨atze, der erste aus der Metasprache und der zweite aus der Objektsprache, werden nun gewissermaßen aneinander gekoppelt und in die- ser Konstruktion als Elemente (Haupt- und Nebensatz) einer ¨ubergreifenden Sprachebene betrachtet. Jeder der beiden Teils¨atze hat sein Subjekt (

”Wir“

bzw. ”a“) und sein Pr¨adikat (

”sehen“ bzw.

”ist gleich“) sowie allenfalls wei- tere Bestandteile (die Dativerg¨anzung

”b“), und durch das Bindewort

”dass“

werden die beiden Teils¨atze letzlich verkoppelt.

Variante [C]

Unabh¨angig davon, ob nun das Gleichheitszeichen die Rolle von

”ist gleich“

(Variante [A]) oder bloß von

”gleich“ (Variante [B]) ¨ubernimmt — beide Male wird der objektsprachliche Satz

”a ist gleichb“ in seine Bestandteile zerlegt, die dann entsprechende grammatische Rollen im zusammengesetzten Satz ubernehmen. Im gegenst¨¨ andlichen Fall spielen sie diese Rollen im Objektsatz genauso wie

”wir“ und

”sehen“ ihre Rollen im Hauptsatz spielen.

Im Satz

”Wir sehen, dass a =b gilt“ der Variante [C] jedoch sieht sie Sache grunds¨atzlich anders aus: Hier wird der objektsprachliche Satz

”a ist gleich b“ justnichtin seine Bestandteile zerlegt, um diese einzeln in grammatischen Rollen einsetzen zu k¨onnen, er wird hier vielmehr in eine Substantiv-H¨ulle eingekapselt, zu einem Substantiv gemacht, das nicht weiter zerlegt werden kann und auch nicht zerlegt zu werden braucht, sondern in der jeweils pas- senden Fallform als der eine oder andere (substantivische) Satzteil eingesetzt wird. Der objektsprachliche Satz wird aus dieser Sicht gewissermaßen als sein eigenes Zitat aufgefasst. Wir werden diese Substantiv-H¨ulle durch Spitzklam- mern kennzeichnen und schreibenhaist gleichbif¨ur den derart eingekapselten und substantivierten Satz, wenn wir diesen Aspekt extra hervorheben wollen.

(8)

Was hier gemeint ist, wird am besten klar und geht einem auch am leichtesten uber die Lippen, wenn man statt der Kennzeichnung durch die Spitzklammer¨ eine der (metasprachlichen) verbalen Kennzeichnungen

die Gleichung

”a ist gleichb“ oder die Relation

”a ist gleich b“ oder die Beziehung

”a ist gleichb“ oder die Aussage

”a ist gleichb“

verwendet. Hier wird die H¨ulle (typographisch: die Spitzklammer) jeweils durch eines der Worte Gleichung, Relation, Beziehung, Aussage und die Anf¨uhrungszeichen wiedergegeben.

Die Formulierung

”Wir sehen, dassa =b gilt“ gem¨aß Variante [C] entspricht in ihrer Struktur somit dem Satz

”Wir sehen, dass die Gleichung a = b gilt“. Die eingekapselte, das heißt substantivierte objektsprachliche Aussage ha = bi (ausgeschrieben ha ist gleich bi) beziehungsweise die Gruppe

”die Gleichung ha=bi“ ist Subjekt des Nebensatzes, und

”gilt“ ist sein Pr¨adikat.

Variante [C] ist auch robust gegen¨uber einem Wechsel der Les- beziehungs- weise Sprechart der Formel a = b: Gleichermaßen kann man

”Wir sehen, dass a gleich b gilt“ sagen oder

”Wir sehen, dass a ist gleich b gilt“; beide Male wird die Gleichheitsbeziehung ja nur zitiert, ohne in ihren Teilen mit der grammatischen Struktur des umgebenden Satzes zu interferieren.

Es gibt eine ganze Reihe weiterer g¨angiger Wendungen, in denen eine Aus- sageformel substantivisch als Zitat gebraucht wird, so etwa

Somit liefert a=b [. . . ] Somit liefert a [ist] gleich b [. . . ] Wegena=b folgt nun [. . . ] Wegen a [ist] gleich b folgt nun [. . . ] Ausa =b erhalten wir [. . . ] Aus a [ist] gleich b erhalten wir [. . . ] Wir erhalten a=b und [. . . ] Wir erhalten a [ist] gleich b und [. . . ] Dies liefert a=b und [. . . ] Dies liefert a [ist] gleich b und [. . . ].

Wiederum sind links die Schreibweise und rechts die beiden m¨oglichen Les- beziehungsweise Sprecharten angef¨uhrt. Die substantivierte Formel tritt der Reihe nach im Nominativ, im Genitiv, im Dativ und zweimal im Akkusativ auf.

Ein interessanter Fall, als dessen Urheber ich mich selbst anzusehen habe, ist mir k¨urzlich untergekommen: Im Rahmen eines Aufsatzes habe ich frei von der Leber weg, ohne lang nachzudenken, den folgenden Satz in die Tastatur geklopft:

”Auch hier hat der Graph die Gestalt eines liegenden s,K(0) >0 und als Wendepunkt tritt (1,65) auf.“

(9)

Schon bei der ersten Korrekturlesung bin ich an dieser Stelle h¨angengeblie- ben: Hier liegt mit

”K(0) >0“ (ohne explizit gesetztes Hilfszeitwort) eindeu- tig Variante [A] vor. Der gesamte zitierte Satz setzt sich aus drei Haupts¨atzen zusammen, die durch einen Beistrich und durch die Konjunktion

”und“ ver- bunden sind.

Mein Versuch einer Rekonstruktion der Vorg¨ange, die beim Abfassen die- ser Textstelle un- beziehungsweise vorbewusst in mir abgelaufen sind, l¨auft darauf hinaus, dass ich offenbar Variante [C] im Vorfeld ausgeschlossen hat- te. In der Tat verwende ich [C] nur dann, wenn es tats¨achlich erforderlich ist, denn diese Variante ist einerseits mit der (oben durch Spitzklammern repr¨asentierten) Kapsel belastet, die jedenfalls einen

”extra“ Bewusstseins- schritt zur Verarbeitung des involvierten zweifachen Ebenenwechsels erfor- dert, und andererseits enth¨alt sie Elemente wie

”es“ und

”gilt“, die inhaltlich nichts beitragen, sondern mehr oder weniger toten Ballast darstellen.

Der Clou des zitierten Satzes besteht nun allerdings darin, dass eine Formu- lierung gem¨aß [B] nicht m¨oglich ist. Ist dann ¨uberdies [C] abgeblockt, wird man automatisch auf [A] zur¨uckgeworfen.

Im Zuge der Korrekturen habe ich meine [C]-Blockade aufgehoben und das bloße

”K(0) >0“ durch

”es gilt K(0) >0“ ersetzt.

Zusammenfassend: Je nach Kontext wird man Variante [B] oder Variante [C]

bevorzugen. Hauptsache nur, Variante [A] wird definitiv aus dem Rennen genommen.

Michael Grosser, Fakult¨at f¨ur Mathematik der Universit¨at Wien Oskar-Morgenstern-Platz 1, A-1090 Wien

e-mail: michael.grosser@univie.ac.at

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