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Archiv "Anwendungsbeobachtungen: Weg vom „Schmuddel-Image“" (07.11.1997)

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Academic year: 2022

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ekaufte Verschreibungen, be- stochene Ärzte sind die Schlag- worte im Zusammenhang mit Anwendungsbeobachtungen.

Dabei sollen sie dazu dienen, „Er- kenntnisse bei der Anwendung zuge- lassener oder registrierter Arzneimit- tel zu sammeln“. So will es das Arznei- mittelgesetz. „Derzeit haben die An- wendungsbeobachtungen nichts mit Wissenschaft zu tun. Sie sind ein reines Marketinginstrument“, beschrieb der Allgemeinarzt Dr. med. Klaus Wahle auf der Tagung der Fachgesellschaft der Ärzte in der Pharmazeutischen In- dustrie (FÄPI) in Bonn die aktuelle Situation. Wahles Kritik richtete sich vor allem gegen ein simples Studien- design, das keinem wissenschaftlichen Anspruch genüge. Dabei könnten An- wendungsbeobachtungen seiner An- sicht nach dazu beitragen, die Kluft zwischen klinischen Studien und der Realität der praktizierenden Ärzte zu schließen. Viele Ergebnisse der kli- nischen Forschung hätten keinerlei Relevanz für die Praxis, lautet Wahles Urteil. Zudem finde Forschung im weitverzweigten Gebiet der Allge- meinmedizin kaum statt. Hier bö- ten Anwendungsbeobachtungen auf- grund ihrer praktischen Ausrichtung eine Möglichkeit, allgemeinmedizini- sche Forschung zu betreiben. So könn- ten beispielsweise „klinische“ Thera- piekonzepte unter Alltagsbedingun- gen überprüft und hausärztliche Dia- gnose- und Therapieschemata ent- wickelt werden.

Produkt-Management zu einflußreich

Wahle räumte ein, daß es kein In- strument gebe, um zu überprüfen, ob die niedergelassenen Ärzte den Ein- satz eines neuen Arzneimittels gewis- senhaft dokumentieren. Abhilfe kön- ne nur geschaffen werden, indem die Ärzte entsprechend motiviert würden.

Fachliches Interesse müsse durch ein qualitativ gutes Studiendesign und pra- xisrelevante Fragen geweckt werden.

Ähnlich kritisch sieht auch Dr.

med. Claus Kori-Lindner, Vorstands- mitglied der FÄPI, die derzeitige Situa- tion: „Wir haben uns die Fragestellun- gen vom Produkt-Management aus der Hand nehmen lassen. Wir sollten einen

Schlußstrich ziehen unter das bisherige Vorgehen.“ Denn Anwendungsbeob- achtungen könnten wichtige Informa- tionen zur Nutzen-Risiko-Bewertung eines Arzneimittels liefern. „Bei einer fundierten, überzeugenden AWB geht es um die Marktfähigkeit und Sicher- heit des Arzneimittels, nicht um seine Marktpenetranz“, sagte Kori-Lindner.

Nach Ansicht von Rechtsanwalt Herbert Wartensleben sind die Miß- stände derzeit so, daß kein Arzt mehr eine AWB ernst nehme. Ziel einer ord- nungsgemäßen Anwendungsbeobach- tung sei es, Erkenntnisse über die Arz- neimittelutilisation zu gewinnen. Des- halb dulde eine AWB keine Manipula- tionen der Therapie zum Zweck der Beobachtung. Der Arzt dokumentiere nur dann, wenn er das betreffende Arzneimittel im Rahmen seiner Routi- nebehandlung verordne. Das werde gerade von Marketingmitarbeitern der Pharmafirmen gerne übersehen.

Die Frage, wie sich ein Arzt davor schützen kann, unwissentlich in Mar- keting-Studien eingebunden zu wer- den, hat den Förderkreis Qualitätssi- cherung der Kassenärztlichen Vereini- gung Schleswig-Holstein beschäftigt.

Er hat eine Checkliste zur Qualität von Anwendungsbeobachtungen her- ausgegeben, von denen der Arzt ablei- ten kann, ob die AWB wissenschaftli- chen Kriterien gerecht wird.

Auch das Bundesinstitut für Arz- neimittel und Medizinprodukte hat Empfehlungen zur Durchführung und Planung von Anwendungsbeobachtun- gen erstellt und den betroffenen Ver- bänden zur Stellungnahme zugeleitet.

Dr. med. Maria Holz-Slomczyk vom Bundesinstitut begründet dies damit, daß die Berliner Behörde vor allem im Bereich der Homöopathie und der be- sonderen Therapierichtungen schlech- te Erfahrungen mit Anwendungsbeob- achtungen gemacht hat. Ein großes Problem sei die Datenqualität. Dabei hält auch sie das Instrument für aus- baufähig. Im Gegensatz zu klinischen Studien, die sehr eingeschränkt seien, erhalte man hier „wirkliche Daten“.

Rahmenbedingungen schaffen

Dr. med. Karl-Heinz Munter, Ge- schäftsführer der Arzneimittelkommis- sion der deutschen Ärzteschaft, ist der Ansicht, daß eine Verpflichtung zur Veröffentlichung der Ergebnisse die Qualität von Anwendungsbeobachtun- gen verbessern könnte. Er forderte zu- dem angemessene wissenschaftliche und organisatorische Rahmenbedin- gungen. AWB dürften sich jedoch nicht zu einem Kontrollinstrument für ärztli- ches Handeln entwickeln. Qualitäts- sichernde Maßnahmen seien Aufgabe der ärztlichen Selbstverwaltung.

Vor allem die Honorierung der Dokumentationsleistungen im Rah- men von Anwendungsbeobachtungen hat die Ärzte in Verruf gebracht.

Wahle schlug deshalb vor, das Hono- rar auf der Basis einer ärztlichen Gebührenordnung, beispielsweise der GOÄ, zu berechnen. Vorwürfe der Bestechlichkeit würden auf diese Weise entkräftet. Heike Korzilius A-2965

P O L I T I K AKTUELL

Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 45, 7. November 1997 (21)

Anwendungsbeobachtungen

Weg vom

„Schmuddel-Image“

Anwendungsbeobachtungen (AWB) als wissenschaftlicher Beitrag zur Arzneimittelsicherheit

sind zunehmend in Verruf geraten. Pharmaunternehmen wird vorgeworfen, die Anwen-

dungsbeobachtung als reines Marketinginstrument zu nutzen. Ärzte schätzen sie angeblich

als zusätzliche Einnahmequelle, ohne sich um eine gewissenhafte Dokumentation zu

bemühen. Auf einer Tagung der Fachgesellschaft der Ärzte in der Pharmazeutischen Indu-

strie Ende Oktober in Bonn forderten die Teilnehmer aus Pharmaindustrie und Ärzteschaft

Standards, um das aus ihrer Sicht durchaus sinnvolle Instrument der AWB aufzuwerten.

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