Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 38⏐⏐22. September 2006 A2461
B R I E F E
100-prozentige Kostentransparenz und Kostentrennung für Krankenver- sorgung bzw. Forschung und Lehre gewährleistet. Falsch ist, dass in Bo- chum in großem Umfang Lehrbeauf- tragte zur Medizinerausbildung ein- gesetzt werden. Jeder ärztliche und sonstige wissenschaftliche Mitarbei- ter im Klinikum der Ruhr-Universität Bochum ist Mitglied der Medizini- schen Fakultät in der Gruppe der wis- senschaftlichen Mitarbeiter und damit per Dienstvertrag zur Mitwirkung in Lehre und Forschung als hauptberuf- liche Tätigkeit verpflichtet. Es ist da- her unverständlich, dass Bochum und Witten/Herdecke in einem Atemzug genannt werden und eine Adjustie- rung für die Personalausstattung in Bochum nicht möglich gewesen sein sollte. Bemerkenswert ist, dass die Berechnung mit den Gesamtzahlen für das wissenschaftliche Personal und nicht mit den Zahlen für die vor- klinischen Fächer allein durchgeführt wurde, obwohl lediglich das Physi- kum als Erfolgsparameter gewertet wurde. Ich frage mich, warum die in- terfakultäre Varianz weniger gut er- klärt wird, wenn nur die Personalaus- stattung für die vorklinischen Fächer herangezogen wird. Warum sollte die Ausstattung mit wissenschaftlichen Stellen in der Klinik das Ergebnis der ärztlichen Vorprüfung beeinflussen?
Prof. Dr. med. Lars Christian Rump, Direktor der Medizinischen Klinik I, Universitätsklinik Marienhospital Herne, Studiendekan der Ruhr-Universität Bochum, Hölkeskampring 40, 44625 Herne
GLOSSEN
Thomas Böhmekes ausgeprägter Humor spiegelt sich in sei- nen Glossen wider („Von schräg un- ten“-Beiträge von Dr. med. Thomas Böhmeke).
Erfrischend
Vielen Dank für die erheiternden Glossen von Dr. med. Thomas Böh- meke. Angesichts der immer trüber werdenden Berufswirklichkeit ist es jedes Mal sehr erfrischend, wenn man über die Absurditäten, denen man in zunehmendem Maß ausgesetzt ist,
auch einmal lachen kann. Hoffentlich versiegt Herr Böhmekes Humor nie.
Dr. med. Thomas Schuster,Nollendorfplatz 3–4, 10777 Berlin
STETS ZU DIENSTEN
Der Leserbrief von Prof. Dr. R. Bähr löste eine rege Dis- kussion aus (DÄ 28–29/2006: „Dau- men drücken“ von Prof. Dr. R. Bähr).
Auch Sie brauchen Glück
Sehr geehrter großer Professor, Dan- ke für den pointierten Brief, der ein- drucksvoll ungewollte Rückschlüsse auf die hierarchischen Strukturen in der Chirurgie zulässt. In jedem Be- triebführungsseminar wird Kritik (durch Patient oder Mitarbeiter) als willkommene Unternehmungsbera- tung gesehen. Hier offenbaren sich jedoch lehrbuchhaft die kleinen und großen Druckmittel steiler profes- soraler Strukturen und Suppression von positiv motivierten Mitarbeitern.
Wie gekonnt und zynisch der kriti- sierte große Chirurg und auch weite- re mögliche Chefs aufgefordert wer- den, das Repertoire der Druckmittel, hier: „jetzt brauchen Sie aber viel Glück, eine neue Ausbildungsstelle zu finden“ (aber auch beliebt: Jah- resverträge mit halbjähriger Probe- zeit, früher AiP, Erfüllung des „Aus- bildungsvertrages zum Facharzt XY“
nur bei diversen außervertraglichen Zusatzleistungen durch den Auszu- bildenden, Knebel-Doktorarbeiten, öffentliches chefärztliches Mobbing bis hinauf zum leitenden Oberarzt etc. pp.) zu bedienen, zeigt, wie wohlig Sie sich eingerichtet glauben.
Allgemein setzt die Führungspositi- on eines großen Chirurgen auch den souveränen Umgang mit verfas- sungsrechtlich geschützter Ausübung der Meinungsfreiheit und Umwand- lung in fortschrittliche Strukturen voraus. Machtbesessenes Erklimmen akademischer Grade, diktatorische Menschenführung und mangelhafte Ausübung der durch lange Beein- trächtigung mit Narkosegasen verne- belten menschlich-kollegialen Um- gangsformen, auch außerhalb des
OPs, bringen uns, auch zum Wohle unserer Patienten, nicht weiter. Jetzt wollen wir hoffen, dass nicht nur der
„mutige kleine Chirurg“ wieder eine menschlich und fachlich anständige Ausbildung findet, um die von Ihnen propagierten Strukturen zu verän- dern und nicht den sicherlich einfa- cheren Weg ins Ausland sucht. Auch Sie brauchen nun viel Glück, dass keiner Ihrer jetzigen oder zukünfti- gen Mitarbeiter Ihre Zeilen liest und sich überlegt, ob er bei Ihnen auch menschlich profitieren kann. Da kann man ebenfalls nur die Daumen drücken . . .
Dr. med. Achim Dellmann,Marienplatz 13, 87509 Immenstadt
Ungeheuerlich
. . . Ich finde die Schilderung des
„kleinen Chirurgen“ ungeheuerlich und kann mir dabei eben wegen der im Leserbrief artikulierten Überle- gung, dass natürlich auch der „große Chirurg“ dieses Opus gelesen haben wird, nicht vorstellen, dass daran ir- gendetwas nicht stimmt. Warum soll- te sich der „kleine Chirurg“ den zwei- felsohne darauf folgenden Schwierig- keiten aussetzen, wenn gar nichts an der Geschichte dran wäre? Aber fast genauso ungeheuerlich finde ich die Schlussfolgerungen im Leserbrief von Prof. Bähr. Denn eines ist wohl jedem, der sich einmal als „kleiner Chirurg“ in einer renommierten Uni- versitätsklinik als Sklave verdingt hat, klar: Die hier geschilderten Din- ge sind nur ein Beispiel für unzählige andere kleine und große Drangsalie- rungen, Repressalien, Erpressungen, Tritte unter die Gürtellinie und An- griffe auf die menschliche Würde, die in Kliniken solcher Art bis heute ge- gen untergeordnetes Personal in der arbeitstäglichen Tagesordnung sind.
Es ist erstaunlich, dass diese Tatsache durch Prof. Bähr als Unterzeichner des betreffenden Leserbriefes, der chirurgisch gebildeten Kollegen zu- mindest namentlich nicht unbekannt ist und als habilitierter Leiter einer großen chirurgischen Klinik genau diesen Strukturen entsprungen ist, in- direkt Bestätigung findet . . .
Dr. med. Daniel Kersten, Ärztlicher Leiter Rettungsdienst, Kreisausschuss des Lahn-Dill-Kreises, Franz-Schubert-Straße 4, 35578 Wetzlar