Chirurgen und Künstler
Chirurgen verfügen kaum über einen besonderen Zugang zur Kunst, wenngleich sie sich — bei aller gebotenen Einschränkung einer nicht statthaften Verallge- meinerung — wohl zur Kunst hin- gezogen fühlen. Mit dem Künst- ler verbindet den Chirurgen eine Entschlußfreude und als Bestäti- gung des Könnens eine Ent- schlußsicherheit. Beide sollten über eine wichtige Eigenschaft verfügen, nämlich über die Fä- higkeit zur Korrektur aufgrund heilsamer Selbstkritik. Wo sie fehlt, siegt die Verführung. Dazu sollte der Chirurg gelegentlich einmal wie ein Maler von seiner Staffelei zurücktreten, um seine Arbeit zu prüfen und den Über- blick nicht zu verlieren. Ein Er- lebnis teilt der Chirurg sicher mit dem Künstler, nämlich die Freu- de über das gelungene Werk.
Für die Chirurgie gilt, was Max Liebermann (1847-1935) von der Malerei gesagt hat: Die Kunst besteht im Weglassen. Das Ziel des Chirurgen liegt zweifellos darin, mit einem Minimum an operativem Aufwand ein Maxi- mum und Optimum an Heilung zu erreichen. Künstler und Chir-
urgen sollten auf überflüssigen Zierrat verzichten und ihre Gren- zen kennen, diese Einstellung kommt der Qualität ihrer Arbeit zugute. Sie liegt ganz nahe bei der notwendigen Einschätzung des eigenen Leistungsvermö- gens, die Karl Jaspers (1883- 1969) mit den Worten charakteri- siert hat: „Der faktisch wahrhaf- tige Künstler, der lieber ein Still-
leben malt, weiß, daß die Madon- na ihm nicht erreichbar ist."
Bild und Text sind dem soeben er- schienenen Band „Die Chirurgie in der Kunst" entnommen (Econ Verlag, 206 Seiten, 155 teils farbige Abbildungen, 128 DM); er ist das Gemeinschaftswerk eines Chirurgen, eines Medizin- und eines Kunsthistorikers: Gert Carsten- sen, Hans Schadewaldt, Paul Vogt. DÄ Der Volksmaler Günther Helmuth hat unmittelbar nach dem Bekanntwerden der erfolgreichen Herztransplantation an dem Zahnarzt Philip Blaiberg am 2. Januar 1968 das Ölbild „Der erste Mensch, der sein Herz betrachtet" gemalt, das mit ei- ner tiefsinnigen Bedeutung auf das Herz Jesu hinweist (Privatbesitz)
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Aufsätze • Notizen POST SCRIPTUM
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AUSSAGE
108 Heft 43 vom 28. Oktober 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ARZTEBLATT Ausgabe A