Substitution unter strengen Auflagen
Die Richtlinien zur Methadon-Substitution dienen den erkrankten Drogenabhängigen tUld dem Schutz der Kassenärzte
In der Öffentlichkeit wurden die neuen Richtlinien zur Methadon- Substitution in der kassenärztlichen Versorgung unterschiedlich aufge- nommen. Im Zusammenhang mit der Zunahme der Zahl der Heroin- Süchtigen und schwerer Krankheits- bilder bei gleichzeitiger HIV -Er- krankung wird aber der pragmati- sche Ansatz der neuen Richtlinien allgemein begrüßt. Derzeit wird die Zahl der Heroinabhängigen in Deutschland auf 100000 geschätzt, davon sind möglicherweise 20 000 HIV-infiziert. Die Substitution durch Methadon wird jenseits aller Meinungsverschiedenheiten über die Vor- und Nachteile dieser Methode als Behandlungsmöglichkeit im Rah- men der kassenärztlichen Versor- gung für Erkrankte angeboten. Hier- mit wird dem gesetzlichen Auftrag der medizinischen Versorgung Dro- 'Senabhängiger genüge getan.
Die Richtlinie des Bundesaus- schusses der Ärzte und Krankenkas- .sen ist auch im Zusammenhang mit neuen höchstrichterlichen Entschei-
lungen zu sehen, die die Methadon- Substitution nicht generell verwerfen oder gar kriminalisieren. Dennoch 1st von Gesetzes wegen der Hand- lungsrahmen, den die Richtlinien er- ,Jfnen, enger, als die durch das Be- täubungsmittelrecht begrenzte indi-
"iduelle Entscheidungsfreiheit des Arztes unter Berücksichtigung seiner Berufsrechtregeln, weil der Bundes-
"usschuß an das Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung
;ebunden ist. Deshalb wird mit den neuen Richtlinien im Bereich der Kassenärztlichen Versorgung der In- liikationskatalog für die Substitution mit Methadon eng formuliert und 'cr behandelnde Arzt strengen Auf- lagen unterzogen. Dies dient auch dem Schutz der Kassenärzte selbst.
hiachfolgend eine knappe Zusam-
menfassung der bereits veröffent- lichten (Heft 39/1991) Richtlinien des Bundesausschusses der Arzte und Krankenkassen:
Mit Beschluß vom 2. Juli 1991 hat der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen Richtlinien zur Methadon-Substitutionsbehandlung bei i.v.-Heroinabhängigen verab- schiedet, die mit Genehmigung der Bundesgesundheitsministerin zum 1.
Diel<8lZ
' . in ' lormiert
Oktober 1991 wirksam geworden sind. Hiermit wird dem Auftrag des
§ 72 SGB V entsprochen, die kassen- ärztliche Versorgung im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Richtlinien des Bundesausschus- ses der Ärzte und Krankenkassen so zu regeln, daß eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche ,Versorgung des Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein an- erkannten Standes der medizini- schen Erkenntnisse gewährleistet ist.
Die Methadon-Substitution bei Lv.- Heroinabhängigen wird durch die verabschiedeten Richtlinien unter ganz bestimmten Bedingungen als neue Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung definiert. Eine allgemeine Freigabe der Methadon- Substitution für Heroinabhängige ist damit nicht eröffnet.
In der Präambel der Richtlinien wird klargestellt, daß nach Auffas- sung des Bundesausschusses der Arzte und Krankenkassen die Dro- gen-Substitution für sich allein keine Krankenbehandlung darstellt und
damit nicht Gegenstand der kassen- und vertragsärztlichen Versorgung ist. Die Drogensucht selbst stellt kei- ne Indikation zur Drogen-Substituti- on im Sinne einer Krankenbehand- lung dar. Die Drogen-Substitution mit Methadon kann nach Maßgabe der Richtlinien nur bei ganz be- stimmten Indikationen als Teil der Krankenbehandlung angesehen wer- den. Die Auflistung der Indikationen läßt die enge Anlehnung an eine In- dikationsliste des Wissenschaftlichen Beirates der Bundesärztekammer er- kennen. Der zur Methadon-Substitu- tion berechtigte Kassenarzt kann bei einzelnen Indikationen ohne Zu- stimmung, bei anderen nur mit ge- sonderter Zustimmung der entspre- chenden Kommission der Kassen- ärztlichen Vereinigung die Entschei- dung zur Substitutionsbehandlung treffen.
Die Durchführung der Substitu- tionsbehandlung wird von einer Ge- nehmigung durch die Kassenärztli- che Vereinigung abhängig gemacht.
Die bei der Kassenärztlichen Verei- nigung einzurichtende Kommission berät bezüglich der ErteiJung von Genehmigungen und zur Durchfüh- rung der Substitutionsbehandlung.
Methadon darf nur durch den Arzt selbst oder einen von ihm be- auftragten Praxismitarbeiter verab- reicht werden. Auch bei Abwesen- heit des Arztes muß die kontinuierli- che Einnahme unter Überwachung eines anderen berechtigten Arztes erfolgen. Jeder Arzt darf höchstens zehn Süchtige gleichzeitig substituie- ren.
Während der Substitutionsbe- handlung sind Drogensuchttests vor- geschrieben. Bei nachgewiesenem Gebrauch anderer Drogen während der Substitutionsbehandlung kann nur nach Zustimmung durch die Kassenärztliche Vereinigung weiter behandelt werden.
Die vom öffentlichen Gesund- heitsdienst durchgeführten Metha- don-Substitutions-Maßnahmen be- ru hen auf anderen Vorschriften und werden von diesen Richtlinien nicht
berührt. KBV/Mee/Rh
Dt. Ärztebl. 88, Heft 46, 14, November 1991 (47) A-4011