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Archiv "Methadon-Substitution: Steigende Akzeptanz" (08.09.2000)

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D

ie seit dem 18. Juni 1999 geltenden Substitutionsrichtlinien des Bun- desausschusses werden teilweise heftig kritisiert. Substituierende Ärzte beklagen vor allem ein umständliches Antragsverfahren.

Auch die neu gefasste Richtlinie bindet die Substitution im Rahmen der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) an ein Antragsverfahren. Die Indikation ist weiterhin an Begleiter-

krankungen geknüpft, jedoch werden diese sehr weit gefasst. Zur Verbesse- rung der Qualität der Substitutionsbe- handlung wird unter anderem in Über- einstimmung mit der Betäubungsmittel- Verschreibungs-Verordnung (BtmVV) festgelegt, dass die Substitution nur im Rahmen eines umfassenden Behand- lungskonzeptes zulässig ist, das auch die psychosoziale Begleitbetreuung beinhaltet. Für die Substitution wird

beim Arzt die Fachkunde „suchtme- dizinische Grundversorgung“ voraus- gesetzt.

Die Überarbeitung der davor gelten- den NUB-Richtlinien zur Methadon- Substitution war aus mehreren Grün- den erforderlich: Einerseits regten Ärz- te eine Anpassung der Indikationen an, da sie die strikte Bindung an schwere Begleiterkrankungen als medizinisch überholt ansahen. Andererseits forder- te auch das Bundesgesundheitsministe- rium strengere Qualitätssicherungs- maßnahmen, insbesondere eine Quali- fikationsvorgabe für den substituieren- den Arzt und die Einbindung der Sub- stitution in ein therapeutisches Gesamt- konzept mit begleitender psychosozia- ler Betreuung. Auch aufgrund der geänderten BtmVV und aktueller Ur- teile des Bundessozialgerichts musste die NUB-Richtlinie überarbeitet wer- den. Zudem sollten bisher mit Codein substituierte Patienten aufgenommen werden, da Codein/DHC seit dem 20. Januar 1998 den einschränkenden Bestimmungen der BtmVV unterstellt ist, um die missbräuchliche Verwen- dung dieser Arzneimittel zu Substituti- onszwecken zu unterbinden.

Umfrage folgte der Kritik an den Richtlinien

Substituierende Ärzte monieren, das Antragsverfahren der Richtlinie sei überbürokratisch und verhindere Sub- stitutionen. Ferner würden die Substi- tutionskommissionen der Kassenärztli- chen Vereinigungen (KVen) oder auch die Krankenkassen Substitutionen ab- lehnen oder verzögern. Diese Vorwürfe waren Gegenstand mehrerer Ge- spräche im Bundesgesundheitsministe- rium im Frühjahr dieses Jahres. Aktuell P O L I T I K

Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 97½½½½Heft 36½½½½8. September 2000 AA2275

´ Tabelle CC´

Substitution Opiatabhängiger vor und nach Änderung der Richtlinien des Bundesausschusses am 18. Juni 1999

(Ergebnisse der Umfragen bei den Substitutionskommissionen der 23 KVen vom 16. Mai und 23. Juni 2000) Anzahl der Ärzte1 Anzahl der Patienten Substitutionsanträge nach § 3a

Kassenärztliche davon

Vereinigung (KV) davor aktuell davor aktuell anteilig abgelehnt

Bayerns 143 190 1 912 2 841 106 von 2 116 40

Berlin 156 159 2 300 2 600 52 von 900 4

Bremen 69 67 1 045 1084 20 von 369 3

Brandenburg 13 17 12 11 0 von 11 entfällt

Hamburg 125 127 1 970 4 172 570 von 1 710 6

Hessen 170 172 2 939 2 846 72 von 1 500 0

Koblenz 19 15 158 119 3 von 79 2

Mecklenburg-Vorp. 25 22 6 28 1 von 28 0

Niedersachsen 265 275 3 726 3 624 95 von 2 804 56

Nordbaden 93 96 691 875 90 von 900 3

Nordrhein 349 434 ca. 3 000 3 636 90 von 3 794 85

Nord-Württemberg 100 107 1 199 1 575 34 von 606 34

Pfalz 45 49 339 429 63 von 333 0

Rheinhessen 14 13 125 236 6 von 236 0

Saarland 17 20 224 215 0 von 70 entfällt

Sachsen 9 9 54 52 1 von 100 0

Sachsen-Anhalt 18 20 41 88 34 von 88 0

Schleswig-Holstein 143 129 227 955 40 von 400 5

Südbaden 142 150 808 897 22 von 350 2

Südwürttemberg 145 153 243 638 329 von 638 0

Thüringen 3 4 14 13 0 von 13 entfällt

Trier 5 6 16 38 4 von 24 1

Westfalen-Lippe 349 399 ca. 4 500 ca. 6 000 423 von 2 358 348 Summen 2 417 2 633 25 549 32 972 2 055 von 19 427 589

Zuwachs Zuwachs

von 9 Prozent von 29 Prozent

1Angegeben sind in der Regel die tatsächlich zulasten der GKV substituierenden Ärzte, nicht die höhere Anzahl der hierzu berechtigten Ärzte.

2Die hier wiedergegebene Zahl der Anträge umfasst teilweise auch Verlängerungsanträge. Quelle: Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen

Methadon-Substitution

Steigende Akzeptanz

Eine Umfrage des Bundesausschusses der Ärzte und Kranken-

kassen widerlegt die Behauptung, dass die Substitution aufgrund

der neuen Methadon-Richtlinien zurückgehen würde.

(2)

wird behauptet, dass aufgrund der Schwierigkeiten mit den neuen Richt- linien des Bundesausschusses die An- zahl substituierender Ärzte signifikant zurückgegangen sei, wobei Rückzugs- quoten von bis zu 50 Prozent genannt werden.

Substitution Opiatabhängiger nimmt in den meisten KVen zu

Um objektive Daten zu gewinnen, hat der Bundesausschuss eine zweizeitige Umfrage bei allen 23 KVen vorgenom- men: Im Ergebnis hat die Anzahl der substituierenden Vertragsärzte bun- desweit von 2 417 auf 2 633

(+9 Prozent), die Anzahl der substituierenden Ambulanzen von 44 auf 47 zugenommen.

Dieser Trend ist gleichmäßig über nahezu alle Regionen verteilt, nur in wenigen Berei- chen ergab sich eine geringfü- gige Abnahme. Die Angaben der KVen beziehen sich in der Regel auf Ärzte, die regel- mäßig GKV-Patienten substi- tuieren. Die Anzahl der zur Substitution berechtigten Ärz- te liegt erheblich höher.

Die Anzahl der zulasten der GKV substituierten Patienten ist von etwa 25 600 vor Ände- rung der Richtlinien auf der- zeit etwa 33 000, also bundes- weit um 29 Prozent, gestiegen.

Aus dem allgemeinen Trend ragt die KV Hamburg mit einer Verdoppelung der Patientenzahlen heraus, die mit ei- ner Überführung der bislang nach dem Hamburger Rahmenvertrag substitu- ierten Patienten in die GKV-Substituti- on zu erklären ist, Ähnliches gilt für Schleswig-Holstein.

Bei der Bearbeitung von Substituti- onsanträgen gehen die Kommissionen der KVen sehr pragmatisch vor. Im Rahmen von Eilanträgen unmittelbar begonnene Substitutionen werden von den Methadon-Kommissionen der KVen entweder mit Eingang des Eilan- trages vorläufig als genehmigt angese- hen oder mit Ausnahme einer KV in Abhängigkeit vom Beratungsergebnis der Methadon-Kommission rückwir- kend als GKV-Leistung übernommen.

Die endgültige Entscheidung fällt bei einem Teil der KVen innerhalb von ein bis acht Tagen; bei der Mehrheit der KVen wird in etwa der gleiche Zeit- raum wie bei normalen Anträgen benötigt.

Bundesweit ist für 70 Prozent der re- gulären Substitutionsanträge eine ab- schließende Bearbeitung innerhalb von drei bis sechs Wochen gewährleistet. 90 Prozent der Substitutionsanträge sind nach zwei Monaten durch Bewilligung oder Ablehnung abgeschlossen. Verzö- gernd wirken sich nach Angaben der KVen unvollständige Substitutionsan- träge aus. Hinzu kommt, dass die An- tragsunterlagen in einigen KVen zusätz-

lich zur Kommissionsberatung den lei- stungspflichtigen Krankenkassen vor- gelegt werden müssen, die teilweise ab- weichend von den Kommissionen vo- tieren.

Streitpunkt § 3 a

Heftige Diskussionen hat es zudem um die erweiterte Indikationsstellung nach

§ 3 a der Richtlinien gegeben. Dieser Paragraph wurde auf Intervention des BMG unter der politischen Absicht ein- geführt, einen niedrigschwelligen Zu- gang zur Methadon-Substitution auch ohne Vorliegen bestimmter Begleit- erkrankungen zu ermöglichen. Der Wortlaut dieses Paragraphen steht die- ser Intention jedoch entgegen und ist in

seiner Interpretation strittig. Dies be- stätigt sich sowohl in der stark vari- ierenden Anzahl der Substitutionsan- träge nach § 3 a als auch in der Überprü- fungs- und Bewilligungspraxis dieser Anträge. Insgesamt beläuft sich bun- desweit der Anteil der Substitutionsan- träge nach § 3 a auf 11 Prozent (2 055 von 19 269). Von diesen Anträgen wur- den bundesweit 71 Prozent (1 466 An- träge) bewilligt, 29 Prozent (589 Anträ- ge) abgelehnt. Bezogen auf die Ge- samtzahl der Substitutionen (etwa 33 000), entsprechen diese Ablehnun- gen 1,8 Prozent. Befragt nach den Hauptgründen für Ablehnungen von Substitutionsanträgen nach § 3 a, nen- nen die KVen: keine medizini- schen Gründe, sondern psy- chosoziale oder allgemeine Probleme; unvollständig be- gründete Anträge; fehlen- de psychosoziale Betreuung;

Überschreitung der Patienten- höchstzahl; fehlende Plausibi- lität, unzureichende Begrün- dung, warum eine drogenfreie Therapie nicht möglich ist;

keine aussagefähigen Anträ- ge; Opiatabhängigkeit unter zwei Jahren.

Darüber hinaus gibt es Hin- weise einzelner KVen, dass die psychosoziale Begleitbetreu- ung, die nach wie vor bundes- weit uneinheitlich geregelt und nicht qualitätsgesichert wird, ein großes Problem darstellt.

Offenbar wird sie teilweise von den bis- herigen kommunalen oder Landesträ- gern eingeschränkt. Dieser Aspekt be- dürfte ebenso wie andere Qualitätssi- cherungsfragen einer gesonderten Un- tersuchung.

Dass die Substitution im Rahmen der GKV durch die Richtlinien eher be- hindert wird und sich ein großer Anteil substituierender Ärzte aus dieser Auf- gabe zurückziehe, belegen die erho- benen Daten nicht. Der Anstieg der substituierten Patienten um 29 Prozent innerhalb von eineinhalb Jahren spricht vielmehr für ein anhaltend großes En- gagement substituierender Ärzte.

Dr. med. Paul Rheinberger, Gabriele Sander, Geschäftsführung des Arbeitsausschusses

„Ärztliche Behandlung“ des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen, 50931 Köln P O L I T I K

A

A2276 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 97½½½½Heft 36½½½½8. September 2000

Die Anzahl der substituierten Patienten hat bundesweit um 29 Pro- zent, die Anzahl der substituierenden Ärzte um neun Prozent zuge-

nommen. Foto: Hoechst

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