• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Neue Influenza: „Keine Panik hier“" (24.08.2009)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Neue Influenza: „Keine Panik hier“" (24.08.2009)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

A 1644 Deutsches Ärzteblatt

|

Jg. 106

|

Heft 34–35

|

24. August 2009

NEUE INFLUENZA

„Keine Panik hier“

Die Neue Grippe ist präsent, aber sie beherrscht nicht das Tagesgeschehen in den Praxen und Kliniken.

Allerdings gibt es erhebliche regionale Unterschiede.

N

ein, wir hatten bisher keine Patienten mit der Neuen Grippe. Nur einen vagen Verdacht gab es, aber der hat sich in nichts aufgelöst.“ Das sagt Peter Höxter vom Kreiskrankenhaus Hameln und klingt dabei fast ein wenig be- dauernd. Die Klinik im Landkreis Hameln-Pyrmont verfügt über 443 Betten, ist Akademisches Lehrkran- kenhaus der Medizinischen Hoch - schule Hannover und hat sich auf eine mögliche Grippewelle gut vor- bereitet. Der Öffentlichkeitsbeauf- tragte Höxter erklärt die Maß - nahmen, mit denen die Hamelner H1N1 begegnen: „Es gibt einen be- sonderen Ablaufplan für die Betreu- ung möglicher Grippekranker in der Notaufnahme“, erläutert er. In ei- nem gesonderten Raum stehen die notwendigen Materialien wie Ein- weghandschuhe und Filtermasken bereit. Das Personal – besonders am Empfang und in der Notaufnah- me – ist für den Umgang mit den Erkrankten geschult und darauf vorbereitet, sie möglichst früh zu

erkennen und von den übrigen Pa- tienten zu trennen. „Sollte uns doch einer durchgehen und auf einer Sta- tion auftauchen, haben wir auch hier überall besondere Grippe-Bo- xen mit Handschuhen, Kitteln und Masken bereitgestellt und das Per- sonal informiert“, so Höxter. Bis- lang ist der Ansturm aber ausgeblie- ben: „Die Niedergelassenen filtern die Patienten im Augenblick noch vollständig heraus“, sagt er.

Auch telefonische Anfragen Der Ansturm in den Praxen ist daher deutlich größer – aber es gibt be- trächtliche regionale Unterschiede.

„Wir haben einen Riesenandrang“, sagt Hans-Michael Mühlenfeld. Er betreibt eine Gemeinschaftspraxis mit vier weiteren Kollegen und einem Weiterbildungsassistenten am Stadtrand von Bremen und ist außer- dem Landesvorsitzender des Deut- schen Hausärzteverbandes in Bremen und des Institutes für hausärztliche Fortbildung. In dieser Eigenschaft hat er die Ärzte- und Patienteninfor- mationen des Hausärzteverbandes zur Neuen Grippe konzipiert. Im Augenblick stehen rund sechs Pa- tienten pro Tag mit dem Verdacht auf die Neue Grippe (Stand 11. Au- gust) in der Praxis. Es sind Reise - rückkehrer und Patienten, die be- fürchten, sich im eigenen Land an- gesteckt zu haben. Hinzu kommen Anrufer, die ihre Symptome schil- dern und Fragen zu Vorgehen und

Verhalten haben. „Das Problem ist

weniger medizinischer Art. Die Fra- ge ist vielmehr, wie wir diese Patien- ten und ihre Anfragen managen“, sagt Mühlenfeld.

Diese Probleme hat Andreas Ma- rian im Augenblick noch nicht. Der Allgemeinmediziner betreibt eine Gemeinschaftspraxis mit zwei wei- teren Hausärzten und einem Arzt für Physikalische und Rehabilitati- ve Medizin in Blankenheim in der Eifel. „Wir haben hier keine Grip- pewelle“, sagte Marian, „allenfalls den einen oder anderen verunsi- cherten Spanienrückkehrer.“ Aber auch von diesen war noch keiner an der Neuen Grippe erkrankt. Den Kollegen in der Region gehe es ähnlich, weiß Marian zu berichten.

Trotzdem hat sich die Praxis auf ei- ne Grippewelle eingestellt, einen eigenen Untersuchungsraum reser- viert und die notwendigen Utensi- lien bereitgestellt. Das Infomaterial des Hausärzteverbandes zum Um- gang mit den Patienten liegt am Empfang bereit und ist mit den Mit- arbeiterinnen besprochen. Außer- dem ist die Praxis auf den Öffentli- chen Gesundheitsdienst in der Re- gion zugegangen und bespricht mit den Verantwortlichen dort die Or- ganisation der Grippeimpfungen in den kommenden Wochen.

Fühlen sich die Hausärzte von Behörden und zuständigen Institu- ten gut informiert? Laut Marian eher nicht: „Der Knackpunkt ist, wie wir bei Risikogruppen vorge- hen sollen, zum Beispiel bei Patienten -

informationen für die Praxis:

Der Deutsche Hausärzteverband

unterstützt seine Mitglieder mit diesen Plakaten.

P O L I T I K

(2)

Deutsches Ärzteblatt

|

Jg. 106

|

Heft 34–35

|

24. August 2009 A 1645 Schwangeren“, sagt er. Die Emp-

fehlungen hier seien unklar: Imp- fen? Virostatika? Oder eher nichts tun, weil gerade dies kontraindiziert sei? „Da gibt es keine klare Linie bei den Experten“, so Marian.

Auch der Bremer Hausarzt Müh- lenfeld kritisiert den Informations- fluss. „Diese Wissenschaftler und Experten sind alle keine Praktiker“, sagt er. Das herausgegebene Mate- rial sei zwar wissenschaftlich kor- rekt, aber für die hausärztliche Pra- xis nicht brauchbar: „Es fehlen zum Beispiel die konkrete Information für die Mitarbeiterinnen und die In- formation für die Patienten.“ Diese seien aber entscheidend für die Be- treuung von Grippeerkrankten und –verdachtsfällen in der Praxis. „Wir haben deshalb unser eigenes Mate- rial erarbeitet und über den Haus- ärzteverband zur Verfügung ge- stellt“, so Mühlenfeld.

Frühes Erkennen ist wichtig Die Strategie für das Management der Grippekranken ist, diese an ver- schiedenen Stellen möglichst früh zu identifizieren und von den übri- gen Patienten zu trennen. Dazu dient ein Türschild, das Patienten auffordert, bei Verdacht auf Grippe nicht hereinzukommen, sondern die Praxis anzurufen. Die gleiche Auf- forderung gibt es auch auf der Web- site der Praxis und als Presseunter- lagen für die lokalen Medien. Auf diese Weise werden knapp ein Drit- tel der Verdachtspatienten bereits

abgefangen. Die Praxis berät die Anrufer dann telefonisch. Einen Hausbesuch machen die Ärzte nur bei Risikopatienten und bei Grippe- patienten mit Komplikationen, zum Beispiel Fieber über 40 Grad Celsi- us, Gewichtsverlust von mehr als vier Kilogramm oder Atemnot. Me- dikamente wie Fiebersenker, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und ein Patienteninfoblatt sollen die Angehörigen in der Praxis abholen.

Sollte ein Patient mit Grippever- dacht dennoch in die Praxis kom- men, sind die Mitarbeiterinnen laut Mühlenfeld mittels eines Infoblat- tes geschult, die Symptome abzu- fragen und dringende Verdachtsfäl- le zu identifizieren. Diese Patienten kommen nicht ins Wartezimmer oder die Sprechstunde, sondern sol- len sich ebenfalls telefonisch bera- ten lassen.

Und wie sieht es in den großen Kliniken der Maximalversorgung aus, den Universitätskliniken? Von einer Grippewelle möchte die Pres- sesprecherin der Uniklinik Köln, Si- na Vogt, im Augenblick noch nicht sprechen. In die Notaufnahme kom- men am Tag maximal fünf bis sechs Patienten mit Grippeverdacht. Zwar existiert ein Notfallplan mit den Stu- fen eins bis vier, aber im Augenblick behandeln Ärzte und Pflegepersonal diese Patienten noch im Rahmen des Routinebetriebes, allerdings mit ei- nem besonderen Prozedere: Ge- schultes Personal befragt und unter- sucht die Patienten in dazu reservier- ten Räumen. Sollten neben dem Kar- dinalsymptom „Fieber über 38 Grad“ mindestens zwei Sekundär- merkmale wie Schüttelfrost, trocke- ner Husten, aber auch Auslandsauf- enthalt oder Kontakt zu anderen In- fluenzapatienten hinzukommen, er- halten die Patienten einen Grippe- test. Handelt es sich nicht um Risi- kopatienten, wie Schwangere oder um Patienten mit Komplikationen wie Atemnot oder Bewusstseinsein- trübung, werden sie nach einer Bera- tung wieder nach Hause geschickt.

Die Uniklinik kontaktiert dann den Öffentlichen Gesundheitsdienst, der die Patienten anruft, wenn der Test positiv ausfällt. In diesem Anruf be- rät der Gesundheitsdienst die Patien- ten auch über das weitere Vorgehen.

Einen größeren Patientenan- drang erlebt das Universitätsklini- kum Hamburg-Eppendorf (UKE).

„Zu uns kommen tagsüber 25 bis 35 Patienten mit Grippeverdacht und in der Nacht nochmals acht bis zehn“, berichtet die Direktorin für Patienten- und Pflegemanagement, Ricarda Klein. Das UKE hat daher eine eigene Spezialambulanz in ei- nem Container eingerichtet. Hier arbeitet Personal aus den Infekti- onsstationen des Klinikums. Die Patienten werden über Hinweista- feln und das Personal an der Haupt- pforte zu der Ambulanz gewiesen.

„Das klappt sehr gut“, so Klein. Die Patienten seien zufrieden. „Beson- ders wichtig: Auf diese Weise schützen wir unsere anderen Not- fallpatienten“, erläutert sie. Bei bis zu 45 Patienten pro Tag mit Grippe- verdacht sei es sinnvoll, die Abläu- fe komplett voneinander zu tren- nen. Warum der Ansturm im UKE höher ist als in der Uniklinik Köln, weiß Klein nicht zu sagen. Viel- leicht spielt die Größe der Stadt ei- ne Rolle oder die Ferienmitte in Hamburg, zu der mancher Urlauber aus dem Ausland zurückkommt.

Nicht alle Patienten mit Fragen zur Neuen Grippe wenden sich an eine Klinik oder ihren Hausarzt.

Viele rufen auch bei den Hotlines des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) oder bei lokalen Infodiens- ten an. Die Zahl der Anrufer ist sehr stark von der Medienberichterstat- tung abhängig, erläutert eine Spre- cherin des BMG. Im Augenblick verzeichnet die Hotline rund 300 bis 400 Anrufe pro Tag, nach einem Be- richt in der Tagesschau schnellen die Anruferzahlen auf bis zu 3 000 hoch. „Ist Schweineinsulin anste- ckend? Werden die Schulen ge- schlossen? Wie muss ich meine Wä- sche waschen?“ wollen die Anrufer wissen. Ärzte sind froh, dass sie nicht alle diese Anfragen beantwor- ten müssen. „Der Öffentliche Ge- sundheitsdienst, Hotlines und die Presse filtern viel weg“, sagte Höx- ter aus dem Kreiskrankenhaus Ha- meln. Ansonsten sind Praxen und Kliniken aber gut vorbereitet. „Kei- ne Panik hier“, sagt der Öffentlich-

keitsbeauftragte. ■

Dr. med. Arne Hillienhof Bis zu 45 Patienten

kommen derzeit täglich mit Grippe - verdacht in die Spezialambulanz des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf.

Foto: dpa

P O L I T I K

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Die Chemotherapie mit Neur- aminidasehemmern ist laut Lange überall da angezeigt, wo Geimpfte oder Ungeimpfte durch die Influenza besonders gefährdet seien oder eine Verkürzung

Zwar ist es so, dass das Herstel- len eines Arzneimittels nach § 13 AMG eine Tätigkeit ist, für die eine gesonderte Erlaubnis zu erteilen ist, für die Ärzte gelten dabei aber nach

Diese Entwicklung deutet den Beginn einer qualitati- ven Wende des Epidemieverlaufs auch in Deutschland an, so wie es in anderen Ländern, zum Beispiel USA, Groß- britannien

Gerd Glaeske (Zentrum für Sozialpolitik, Universität Bremen) stehen die für die Zulassung des Impfstoffs und für die Beratung der Öffentlichkeit verantwortli- chen Institute

Warum nicht gleich noch ein spezielles Zeu- genschutzprogramm für Ärzte schaf- fen, um die Zeugen vor den zu er- wartenden Mord attacken ihrer kor- rupten und mafiösen

Dazu WHO-Direktorin Margaret Chan in Genf: „Das Virus kann nicht gestoppt werden, eine weitere Verbreitung ist unvermeidbar.“ Eine Befürchtung ist, dass sich das Erb- gut von A/H1N1

H1N1 2009 – Influenzaschutzimpfung - GKV- Leistungspflichtverordnung – ISchGKVLV) be- schlossen, dass die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten einer Impfung gegen die Neue In-

Um aber eine ausreichende Immunantwort zu induzieren, war es in die- sem Fall notwendig, entweder statt gereinig- ter Virusantigene gesamte, inaktivierte Viren einzusetzen