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Archiv "Neue Influenza: Gesundheitsämter fehlten" (09.08.2010)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 107

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Heft 31–32

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9. August 2010 A 1521

IMPFUNGEN

Im realen Leben existieren zahlreiche Determinanten, die den Nutzen von Impfstoffen auf Be- völkerungsebene beeinflussen (DÄ 23/2010: „Nutzen- bewertung aus ver- schiedenen Blickwinkeln“ von Ariane Höer et al.).

Ergänzungen

Ariane Höer ist für ihre Einführung zum Thema „Nutzenbewertung bei HPV-Impfung“ zu danken. Jedoch sind einige wesentliche Aspekte nicht berücksichtigt, die bei der Kosten-Nutzen-Analyse von Impf- programmen von hoher Bedeutung sind.

1. Die üblichen Kalkulationen le- gen zugrunde, dass alle Mädchen aller sozialen Schichten gleicher- maßen an dem Impfprogramm teil- nehmen. Daten aus den USA (Bach, The Lancet, 2010) zeigen jedoch, dass insbesondere Mädchen aus hö- heren sozialen Schichten dieses An-

gebot nutzen, somit sich hier wie- derum ein schönes Beispiel zeigt von Jul ian Tudor Harts „Inverse Care Law“ (Medizin kommt vor al- lem denen zugute, die ein relativ hohes Gesundheitsniveau haben).

2. Bislang ist weiterhin nicht ge- klärt, wie künftiger Nutzen abzu- zinsen ist. Während die Abzinsung monetärer Effekte prinzipiell breite Zustimmung erhält, ist die Abzin- sung von Nutzen erheblich komple- xer. (Ortendahl und Fries, Journal of Clinical Epidemiology, 2002;

West, Review Medical Virology, 1999) . . .

3. Eine kürzlich erschienene Über- sichtsarbeit (Rozenbaum et al., The Open Pharmacoeconomics and Health Economics Journal, 2010) zeigt zudem, wie schwierig es ist, Kosteneffektivitätsdaten von Land zu Land zu übertragen, wiederum ein Hinweis auf das hohe Maß an Unsicherheit bei derartigen Kalku- lationen, was sehr deutlich gemacht werden sollte.

Prof. Dr. med. Dr. rer. pol. Konrad Obermann, Mannheimer Institut für Public Health, Universitäts- klinikum Mannheim, 68167 Mannheim

NEUE INFLUENZ A

Diskussionsrunde beim Deutschen Ärzteblatt: Die Struktur des deut- schen Gesundheits- systems hat beim Umgang mit einer drohenden Pandemie zahlreiche Schwachstellen (DÄ 18/2010: „Kriti- scher Rückblick mit wegweisender Vorausschau“ von Vera Zylka-Menhorn).

Gesundheitsämter fehlten

Ein vierseitiger Artikel im DÄ 18/2010 berichtet über die Ergeb- nisse des „Impfgipfels“, zu dem das DÄ eingeladen hat. Was lief gut, was wurde kritisiert, was sollte wie verbessert werden. In der lan- gen Liste der eingeladenen Teilnehmer (inn)en fehlt leider der öffentliche Gesundheitsdienst! Die zitierten „positiven Rückmeldun- gen in Niedersachsen“ zur Organi-

sation der Impflogistik beruhen auf einer Einbindung der Gesundheits- ämter durch die Landesbehörden bereits in die Planungsphasen. Die pandemische Ausbreitung eines Vi- rus mit wenig schweren Krank- heitsverläufen erforderte eine Ver- teilung der 500er-Packungseinhei- ten in einzelne Mehrdosisbehälter für je zehn Impfungen nach Arz- neimittelgesetz außerhalb des Ka- tastrophenfalls. Hierfür war die be- währte Zusammenarbeit zwischen Landesbehörden und Gesundheits- ämtern wichtige Voraussetzung.

Die Strategie des Impfangebots für die Berufsfeuerwehr einer Groß- stadt ist eine andere als für die über 100 freiwilligen Feuerwehren eines Flächenlandkreises. In die Planun- gen eingebundene Gesundheitsäm- ter können die Aufgabe der aktuel- len Information von Ärzten und Bürgern besser wahrnehmen. Lei- der versäumten die Bundesbehör- den in ihren Planungen und jetzt

U U

D b Ä S s s U drohenden Pandemi Im realen Leben exis

D d I v b 2 b schiedenen Blickwin rufs, auch die Vorwürfe erwähnt,

Sewering sei durch Einweisungen in die Heilanstalt Eglfing-Haar in

„Euthanasie“-Morde in der Zeit des Nationalsozialismus verstrickt.

Über die Recherchen von Histori- kern und Journalisten zu dem The- ma hat das DÄ in den vergangenen Jahren mehrfach berichtet.

Als Ergänzung dieser Meldung ha- be ich Herrn Prof. Dr. med. Karsten Vilmar und Herrn Prof. Dr. med.

Jörg-Dietrich Hoppe, die Nachfol- ger Sewerings im Amt des Präsi- denten der Bundesärztekammer, um eine Würdigung der Verdienste Se- werings in der ärztlichen Berufs- und Standespolitik gebeten. Beide Autoren stehen außerhalb jeglichen Verdachts, die Aufarbeitung der Verbrechen von Ärzten in der NS- Zeit blockieren zu wollen. In Vil- mars Amtszeit begann die lange überfällige aktive Beschäftigung mit der Rolle der ärztlichen Körper- schaften in der NS-Diktatur. Hoppe hat 2008 bei einer Tagung des Insti- tuts für Geschichte der Medizin der Universität Gießen gesagt, die Er- kenntnis „dass Ärztinnen und Ärzte nicht nur weggesehen und ge- schwiegen haben, sondern aktiv an der systematischen Ermordung von Kranken und sogenannten gesell- schaftlichen Randgruppen mitge- wirkt haben, ist nicht erträglich“.

Eine vollständige Aufarbeitung der Gräuel stehe noch aus. Die Bundes- ärztekammer (BÄK) hat gemein- sam mit dem Bundesgesundheits- ministerium in diesem Jahr zum dritten Mal einen Forschungspreis für Arbeiten zur Geschichte der Ärzte während der NS-Diktatur ausgeschrieben. Im Auftrag der BÄK arbeitet zudem eine Experten- kommission unter Leitung von Prof. Dr. Robert Jütte, Institut für Geschichte der Medizin der Robert- Bosch-Stiftung in Stuttgart, an ei- nem Forschungsbericht „Medizin und Nationalsozialismus“. Zu den Themenfeldern gehören „Euthana- sie und Krankenmord“, „Men- schenversuche“ und „Zwangssteri- lisation“. Diese und andere For- schungsarbeiten werden auch ihren Niederschlag im Deutschen Ärzte- blatt finden.

Heinz Stüwe, Chefredakteur Deutsches Ärzteblatt

B R I E F E

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9. August 2010 auch das DÄ bei diesem „Impfgip-

fel“, die vor Ort tätigen Gesund- heitsämter ausreichend einzubin- den . . .

Dr. Christoph Wenzel,

Leiter des Gesundheitsamtes Gifhorn, Sprecher des Landes-Fachausschusses Infektionsschutz Nieder- sachsen, 38518 Gifhorn

Fehlentwicklungen vermeiden

Danke für den überfälligen „Kriti- schen Rückblick mit wegweisender Vorausschau“ zum bundesdeut- schen Pandemie-Management, den ich gern wie folgt ergänzen würde:

Die zentral verordnete Beschrän- kung auf einen einzigen Impfstoff (Pandemrix) war inakzeptabel und sollte künftig vermieden wer- den. Für Kleinkinder mit Grunder- krankungen wie Mukoviszidose oder Asthma bronchiale und be- kannter Anaphylaxie auf Hühnerei- weiß war es nicht möglich, einen hühnereiweißfreien Impfstoff (Cel- vapan) zu verordnen. Das in der Stellungnahme der Europäischen Stiftung für Allergieforschung ECARF beschriebene Vorgehen (intravenöser Zugang, Pricktest, fraktionierte Gabe von Pandemrix) war nach meiner Überzeugung für

Kleinkinder nicht zumutbar. Betrof- fene Familien sahen sich zu einer Odyssee bei bayerischen Gesund- heitsämtern, Bundeswehrkranken- häusern sowie Apotheken und Ärz- ten in Österreich gezwungen, wo sie dann auf der Suche nach hüh- nereiweißfreien Alternativen fündig wurden, allerdings auf eigene Kos- ten.

Kosten, die natürlich gering er- scheinen im Vergleich zu den ca.

225 Millionen Euro, die der Steuer- zahler an Glaxosmithkline allein für nichtverbrauchte Pandemrix- Dosen zahlen musste.

Eine lange noch spürbare uner- wünschte Wirkung der Pandemie- planung soll nicht unerwähnt bleiben: Als Folge der Produktions- umstellung gibt es nach wie vor Lieferengpässe beim Sechsfach- impfstoff Infanrix hexa und beim Vierfachimpfstoff Priorix tetra, die monatelang nicht oder nur in Zeh- nerpackungen abgegeben wurden.

Als Kinder- und Jugendarzt wäre ich der Expertengruppe für Vor- schläge dankbar, wie solche Fehl- entwicklungen künftig vermieden werden können.

Dr. med. Thomas Nowotny, 83071 Stephanskirchen

EINMA LPRODUKTE

Die EU hat sich in die Diskussion über das Für und Wider aufbereiteter Ein- malprodukte einge- schaltet (DÄ 18/

2010: „Aufbereitung von Einmalprodukten: Nicht immer po- rentief rein“ von Petra Spielberg).

Studien kaum machbar

1. Im Medizinproduktegesetz ist nur der Begriff „Medizinprodukt“

enthalten, und zwar aus gutem Grund, denn nicht nur Einmal-, sondern auch Mehrweg-Medizin- produkte sind einheitlich aufzube- reiten – Reinigen, Desinfizieren und Sterilisieren.

2. Die Industrie kann ohne gesetzli- che Vorgaben ihr Medizinprodukt

als Einmal- oder als Mehrweg-Me- dizinprodukt einstufen.

3. Für den Laien muss klargestellt werden, dassauch Mehrweg-Medi- zinprodukte ordnungsgemäß aufzu- bereiten sind – entsprechend den RKI-Empfehlungen. Sich nur die Einmal-Medizinprodukte – siehe Artikel von H. Haindl im DÄ – vor- zunehmen, ist unredlich.

4. Da die Zielgröße von Studien die (infektiöse) Komplikationsein muss, sind derartige Studien – wenn überhaupt – selbst mit einem sehr, sehr großen Aufwand nicht machbar.

5. Die Entscheidung des Bundesge- sundheitsministeriums, gleiche An- forderungen an beide Medizinpro- dukte zu stellen, ist im Sinne einer umfassenden Patientensicherheit unabdingbar.

Prof. Dr. med. Henning Rüden, 10777 Berlin

O

D d d a m s 2 von Einmalprodukten

KO STENERS T ATTUNG

Ein Antrag, das Ab- rechnungssystem in der GKV umzustel- len, fand beim Deut- schen Ärztetag kei- ne Mehrheit (DÄ 20/2010: „Gesund- heits-, Sozial- und ärztliche Berufspoli- tik: Die Versorgung sichern, dem Nach- wuchs mehr bieten“ von Jens Flintrop).

Ängste ablegen

Die deutschen Ärzte: 50 Jahre Angst vor der Kostenerstattung!

Auf ein Neues: Wieder hat sich der Deutsche Ärztetag nicht entschlie- ßen können, mehrheitlich für eine Kostenerstattung einzutreten. Das begann um das Jahr 1960, als der damalige Minister Blank Kostenbe- teiligung einführen wollte. Unter dem Schlagwort „Keine Kasse in die Arztpraxis“ wurde gekämpft, die damaligen Spitzen der deutschen Ärzte wurden bei Kanzler Adenauer vorstellig – Blank musste gehen.

Was befürchten diese Kollegen?

Die Angst, der Patient könnte er- kennen, was die Arbeit eines Arztes wert ist, ist unbegründet!

Überforderung der Patienten? So- ziale Grenzen können eingeführt werden!

Übermäßige Bürokratie wegen Rechnungsschreiben, Mahnung säu- miger Zahler? Warum nicht wie zum Beispiel in Belgien: Beim Betreten der Praxis ca. 20 Euro bar auf den Tisch, Quittung für die Kasse, Pa- tient erhält Kassenanteil ausbezahlt, etwa 30 Prozent trägt er selbst . . . Was kostet unsere Kassenbürokratie an Personal, Investitionen und Arzt- zeit samt der Kontrollen wie Fall- zahlbegrenzungen, Plausi-Prüfun- gen, Wirtschaftlichkeitsprüfungen?

Alles überflüssig! Sicherstellung?

Warum nicht bei den Kammern . . . Deshalb meine Aufforderung an die Kollegen: Legt eure Ängste ab.

Auch unsere Leistungen sind ihr Geld wert – wir müssen uns dafür nicht schämen. Fassen wir Mut, sprengen wir überflüssige Fesseln und unterstützen wir die Politiker, die den Weg in eine moderne Kran- kenversicherung gehen wollen.

Dr. med. Klaus Reichel, 91217 Hersbruck

O S S

E r d l s n 2 heits- Sozial-undä

B R I E F E

Referenzen

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