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Archiv "Neue Influenza: Kritik ohne Realitätssinn" (05.02.2010)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 107

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Heft 5

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5. Februar 2010 A 163

E

in Sachbuch mit dem Titel „Schweinegrippe als Jahrtausend-Fake. Chronik einer geplanten Seu- che“ sowie eine Strafanzeige gegen die Ständige Impf- kommission sind Extreme der Kritik am politischen Um- gang mit der Neuen Influenza A/H1N1. Die Vorwürfe:

Nachdem die Weltgesundheitsorganisation die „Schwei- negrippe“ voreilig zur Pandemie erklärt habe, sei in Deutschland eine Impfaktion aus dem Boden gestampft worden, die einen Großteil der Bevölkerung zu Ver- suchskaninchen der Pharmaindustrie mit unzureichend getesteten Impfstoffen gemacht habe – nur um deren Ge- winne zu steigern. Zudem werden Verschwörungstheo- rien konstruiert mit heimlichen Allianzen zwischen Pharmafirmen, Vertretern öffentlicher Institutionen und Wissenschaftlern. Ohne Zweifel: Nachträgliche Evaluie- rungen gesundheitspolitischer Entscheidungen und das Aufdecken von Interessenkonflikten sind ein absolutes Muss. Doch man fragt sich, ob nicht vielmehr die Kriti- ker das Augenmaß für die Verhältnismäßigkeit von Be- drohung und erforderlichen Gegenmaßnahmen verloren haben – und Kenntnisse der Virologie vermissen lassen.

Bei der „normalen“ Grippe kennt man die zirkulie- renden Viren gut, sie verändern sich stetig in geringem Maß, so dass der Impfstoff jährlich „nur“ angepasst werden muss; daher existiert in der Bevölkerung eine gewisse Immunität. Zu den unzweifelhaften Tatsachen gehört, dass A/H1N1 ein neues Influenzavirus ist, das sich außerhalb der üblichen Grippesaison verbreitet hat und dessen weitere Entwicklung nicht absehbar war (und immer noch nicht ist). Es existierte daher keine oder lediglich eine beschränkte Immunität in der Be- völkerung. Schwere Verläufe und Todesfälle traten vor allem bei jüngeren Menschen auf. Dies war die Aus- gangslage, auf der relevante gesundheitspolitische Ent- scheidungen getroffen werden mussten, um den Staat auf ein potenziell gefährliches Virus vorzubereiten.

Es war aus virologischer Sicht daher unverzichtbar, Vorräte an Impfstoffen und antiviralen Medikamenten anlegen zu lassen. Auf Bitten der Politik hat die viel ge- scholtene Industrie in kürzester Zeit auf der Basis von

Musterimpfstoffen effiziente Vakzinekandidaten in ausreichender Menge zur Verfügung gestellt. Dies ist ein Beweis für die Leistungsfähigkeit der Branche.

Dar an ändern auch möglicherweise schlecht ausgehan- delte Verträge zwischen Herstellern und Bundeslän- dern nichts, in denen bestimmte Mengenabnahmen ver- einbart wurden. Das letztlich eine einzige statt zwei Impfdosen pro Person gegen A/H1N1 ausreichte, war zum Zeitpunkt der Bestellung nicht abzusehen. Hätte Deutschland keine Pandemie-Vorbereitungen getroffen und die Schweinegrippe hierzulande einen ähnlichen Verlauf genommen wie in der Ukraine, wo das soziale Leben virusbedingt zum Stillstand kam, stünde nun der Vorwurf der Fahrlässigkeit im Raum.

Wo ist das rechte Maß des Handelns? Risikoforscher Prof. Dr. Ortwin Renn vom Institut für Sozialwissen- schaften an der Uni Stuttgart gab im „Tagesspiegel“

(31. Januar) folgende Empfehlung: „Politik, Wissen- schaft und Medien haben die Aufgabe, alles dazu bei- zutragen, damit die Menschen . . . Risikomündigkeit auch entwickeln können. Dazu gehören Informationen über den Stand des Wissens zu dem jeweiligen Risiko, Kommunikation über die Wahrnehmungs- und Bewer- tungsmuster der Menschen und das Aufzeigen von Steue- rungsmöglichkeiten, die der Einzelne oder die Gemein- schaft zum Umgang mit diesen Risiken nutzen kann.“

NEUE INFLUENZA

Kritik ohne Realitätssinn

Dr. med. Vera Zylka-Menhorn

Dr. med. Vera Zylka-Menhorn Ressortleiterin Medizinreport

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