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Archiv "Neue Influenza: Nicht nur bei Reisenden sollte jetzt an die Neue Grippe gedacht werden" (19.06.2009)

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A1290 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 25⏐⏐19. Juni 2009

M E D I Z I N R E P O R T

A

m vergangenen Wochenende ist erstmals in Europa ein Pa- tient an der Neuen Grippe gestor- ben. Der Todesfall wurde aus Schottland gemeldet. Der männliche Patient habe eine Grunderkrankung gehabt, berichten die zuständigen Gesundheitsbehörden. Es sei nicht auszuschließen, dass es auch in Deutschland künftig schwere oder tödliche Verläufe geben werde, so die Bundesärztekammer (BÄK). En- de vergangener Woche hatte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die neue Grippe A/H1N1 offiziell zur Pandemie erklärt, indem sie die seit dem 29. April geltende WHO- Alarmstufe fünf auf sechs angeho-

ben hat. Voraussetzung dafür war, dass sich das Virus in zwei oder mehr Ländern außerhalb der Ur- sprungsregion (Mexiko und USA) ausgebreitet und sich von Mensch zu Mensch übertragen hat. Es ist das erste Mal seit 1968, dass die WHO eine Grippepandemie ausruft.

Dazu WHO-Direktorin Margaret Chan in Genf: „Das Virus kann nicht gestoppt werden, eine weitere Verbreitung ist unvermeidbar.“ Eine Befürchtung ist, dass sich das Erb- gut von A/H1N1 zum Beispiel durch eine Mischung mit saisonal zirku- lierenden Influenzaviren verändern könnte, und so die Pathogenität von A/H1N1 erhöht werden könnte.

Nach Angaben von Bundesge- sundheitsministerin Ulla Schmidt ändert sich für Deutschland mit der Ausrufung der Phase sechs faktisch nichts. Dem Ministerium zufolge ist Deutschland aber gut vorbereitet.

Grundlage sei der Nationale Pande- mieplan, der in allen Details ge- meinsam von Bund und Ländern ausgearbeitet wurde.

Rasante Fallzahlerhöhung Weltweit hat sich die Zahl der gesi- cherten Neuinfektionen innerhalb weniger Tage rasant erhöht, von cir- ca 27 000 Infektionen Mitte vergan- gener Woche auf knapp 35 000 In- fekte in 74 Ländern bei Redaktions- schluss dieser Ausgabe (www.ecdc.

europa.eu). 165 Menschen sind ge- storben. Die Altersgruppe der 30- bis 50-Jährigen sei am stärksten von tödlichen Verläufen betroffen gewe- sen, häufig hätten aber Vorerkran- kungen bestanden, sagte Chan. Den- noch sei die Altersverteilung bei den letal verlaufenden Infektionen deut- lich anders als bei der saisonalen Influenza.

In Deutschland ist in der vergan- genen Woche die Zahl bestätigter Fälle von 111 auf 172 (Stand 15. Ju- ni) gestiegen. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) in Ber- lin verliefen die Erkrankungen mil- de. Die höchsten Fallzahlen wurden aus Nordrhein-Westfalen (78) ge- meldet, davon sind die meisten Kin- der im Alter zwischen sechs und 14 Jahren. Dies ist auf Ausbrüche in Schulen der Städte Düsseldorf und Köln zurückzuführen.

Nach Auskunft der zuständigen Gesundheitsämter sind möglicher- weise noch nicht alle Fälle erfasst worden. „Wir sind darauf angewie- NEUE INFLUENZA

Nicht nur bei Reisenden sollte jetzt an die Neue Grippe gedacht werden

Die Neue Grippe gilt jetzt als Pandemie, für Deutschland sind zurzeit aber keine neuen Maßnahmen geplant. Behörden bitten die niedergelassenen Ärzte dringend um Mithilfe.

Forschung zum Subtyp A/H1N1 wird im FluResearchNet gebündelt.

VORGEHEN BEI VERDACHT AUF INFLUENZA

Wenn der Verdacht auf eine Infektion mit Influen- za A/H1N1 besteht aufgrund der Symptomatik (akute, meist fieberhafte respiratorische Erkran- kung), möglicherweise – aber nicht notwendig – einer Reiseanamnese oder bekannter Kontakte zu erkrankten Personen aus dem Umfeld, sollte der Arzt eine diagnostischen Abklärung in die Wege leiten. Unter Einhaltung der Arbeitsschutz- maßnahmen sollten mit je einem Tupfer aus

– dem Rachen (rechts und links der Uvula ab- streichen)

– getrennt aus jedem Nasenloch

insgesamt drei Abstriche genommen werden.

Stehen keine Tupfer für die Virusdiagnostik zur Verfügung, dann sollen die Abstriche mit trocke- nen sterilen Tupfern erfolgen (keine Abstrichröhr- chen für die Bakteriendiagnostik verwenden) und in getrennte Röhrchen mit 1,5 ml NaCl überführt, der Stiel nicht zu kurz abgebrochen oder abge- schnitten und das Röhrchen fest verschlossen werden (Schraubverschluss). Virusdiagnostik- tupfer werden erst später im Labor in 1,5 ml Me- dium/Puffer resuspendiert.

Für einen Influenza-(Antigen)-Schnelltest sollte einer der beiden Nasenabstriche eingesetzt wer- den. Hier wird empfohlen, den Abstrich direkt in den Schnelltest einzusetzen, um das ganze Material des Abstrichs für den Schnelltest zur Verfügung zu ha- ben. Wenn dieser positiv auf Influenza A ist, so ist dies auf dem Meldeformular an das Gesundheits- amt zu vermerken. Ist der Abstrich positiv auf Influ- enza B, so ist der Fall lediglich beim Gesundheits- amt als (saisonale) Influenzaerkrankung zu melden.

Bei Influenza-A-positivem oder -negativem Schnell- test sollen die Rachen- und die zweite Nasenab- strichprobe an ein Labor geschickt werden, das in der Lage ist, eine Diagnostik auf das neue Grippe- virus A/H1N1 durchzuführen. Beim Versand ist auf die Einhaltung der Verpackungsrichtlinien für dia- gnostische Materialien der Risikogruppe 2 (Influen- za) zu achten (Informationen unter www.rki.de, Ru- brik: für Experten, sowie auf den Internetseiten der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin www.baua.de/ > Biologische Arbeitsstoffe).

Dr. rer. nat. Brunhilde Schweiger Robert-Koch-Institut, Berlin

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A1292 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 25⏐⏐19. Juni 2009

M E D I Z I N R E P O R T

sen, dass sich die niedergelassenen Kollegen, auch die Pädiater, gut in- formieren und wachsam sind“, sagte Dr. med. Klaus Brenner vom Referat Infektionsschutz der Stadt Köln ge- genüber dem Deutschen Ärzteblatt (DÄ). Bei der Probenentnahme aus dem Nasen-Rachen-Raum werde vor allem bei Kindern teilweise zu- wenig Material entnommen (Kas- ten). Aus aktuellem Anlass bittet die BÄK die Ärztinnen und Ärzte im Krankenhaus und in der Praxis drin- gend, auf die Einhaltung der infekti- onshygienischen und arbeitsschutz- rechtlichen Verpflichtungen zu ach- ten, damit kein Vorwurf der Fahrläs- sigkeit erhoben werden kann.

Jetzt gelte es, nicht nur bei Rei- serückkehrern an die Neue Grippe zu denken; bei Auftreten der typi- schen Grippesymptome sollte eine Laboruntersuchung auf das neue Grippevirus erwogen werden, rät Prof. Dr. rer. nat. Jörg Hacker, Prä- sident des RKI. Circa 50 Prozent der Fälle in Deutschland gelten als autochthon, also als vor Ort er- worben.

Hatte Hacker schon vor einigen Wochen die am Surveillance-Pro- gramm der Arbeitsgemeinschaft In- fluenza (AGI) teilnehmenden Ärzte gebeten, sich noch stärker als bisher zu beteiligen, so erneuerte Priv.- Doz. Dr. med. Walter Haas, Leiter des Fachgebiets für Respiratorisch übertragbare Erkrankungen am RKI, den Appell angesichts der ak- tuellen Situation. „Es gibt mit Si- cherheit nicht erkannte Infektio- nen“, betonte Haas gegenüber dem DÄ. „Auch, um diese Dunkelziffer abschätzen zu können, benötigen wir Informationen über die Krank- heitslast auf Bevölkerungsebene, die wir aus Meldungen über die AGI erhalten.“

Automatische Erfassung Zusätzlich wurde ein elektronisches System basierend auf der automati- schen Erfassung von Diagnose- schlüsseln entwickelt. Dieses ist be- reits in vielen Arztinformationssys- temen integriert und kann wichtige zusätzliche Informationen liefern (Dtsch Arztebl 2009; 106[5]: A176).

Die Qualität und Auflösung dieser Daten ist jedoch direkt davon ab-

hängig, dass möglichst viele Ärzte das System freischalten und die Da- ten einmal pro Woche per E-Mail versenden.

Das RKI hat vor Kurzem zwei Tests auf Antikörper gegen A/H1N1 etabliert. Sie sind zwar für die aktu- elle Diagnostik nicht erforderlich.

Die Experten versprechen sich aber Informationen darüber, ob Men- schen mit einem aktuell negativen Ergebnis aus dem Nasen-Rachen- Abstrich infiziert waren. Auch sys- tematische Untersuchungen zur Vi-

rusausscheidung werden durchge- führt. „Wir wissen derzeit noch nicht, wie infektiös Menschen ohne Symptome sein können und wie lan- ge jemand ansteckend ist“, sagte Haas. Unklar sei auch, ob sich die Virusausscheidung und damit die Infektiosität durch Therapie verän- dere. „Wir benötigen mehr Informa- tionen über das neue Virus, auch, um unter Umständen die Empfeh- lungen in den Pandemieplänen an- passen zu können.“

Die WHO-Kollaborationszentren haben Impfstoffherstellern inzwi- schen Saatviren für die Vorbe- reitung der Vakzineproduktion zur Verfügung gestellt. Es wird er- wartet, dass die WHO demnächst eine Empfehlung geben wird, mit einer Produktion von pandemischen Impfstoffen zu beginnen. Die WHO- Alarmstufe sechs schafft die Vor- aussetzung, dass die Impfstoffe auch angewendet werden können.

„Der Fall des neuen Erregers vom Subtyp H1N1 zeigt deutlich,

dass man bei der Influenza nie vor- hersehen kann, was als Nächstes passieren wird“, erklärte Prof. Dr.

med. Stephan Ludwig, Direktor des Instituts für Molekulare Virologie des Universitätsklinikums Münster, Ende letzter Woche bei einer Veran- staltung in Berlin. Ludwig ist Koor- dinator des bundesweiten Netz- werks „FluResearchNet“ (http://zm be.uni-muenster.de/FLURESEARCH NET/index.htm), das erstmals Pro- jekte der Influenzaforschung an Universitäten und Bundesinstituten bündelt. „Die Influenza bei Mensch und Tier ist nach wie vor eine der letzten großen Seuchen unserer Zeit. Allerdings ist die Frage, war- um und wie die Influenzaviren vom Vogel auf den Menschen übertragen werden, noch ungeklärt. Und genau das wollen wir herausfinden.“

Hauptziel ist die Aufklärung der Mechanismen und viralen Eigen- schaften, die die Aggressivität von Grippeviren bestimmen und es die- sen Erregern erlauben, vom Tier auf den Menschen überzuspringen.

Auch neue Wege der antiviralen Therapie werden erforscht. Eine der Strategien zielt darauf ab, zelluläre Faktoren, die die Vervielfältigung der Viren ermöglichen, zu blockie- ren. Auch die Forschung an Influen- zaviren vom Subtyp A/H1N1 ist ein wichtiger Teil der Arbeiten.

Das FluResearchNet gehört zur

„Nationalen Forschungsplattform für Zoonosen“, die mit finanzieller Unterstützung des Bundesministeri- ums für Bildung und Forschung (BMBF) im Oktober 2008 ihre Ar- beit aufgenommen hat. Die enge Zusammenarbeit von Veterinär- und Humanmedizin, so die Begründung des BMBF, sei unerlässlich ange- sichts der Tatsache, dass zwei Drit- tel der humanpathogenen Erreger vom Tier zum Menschen weiterge- geben würden und schnelle Reise- und Transportmöglichkeiten eine rasche Ausbreitung von Epidemien begünstigten – wie die Beispiele Vo- gelgrippe, SARS oder die Neue Grippe A/H1N1 zeigten. Von der WHO werden derzeit allerdings kei- ne Empfehlungen für Reiseein- schränkungen gegeben. I Dr. rer. nat. Nicola Siegmund-Schultze Dr. med. Vera Zylka-Menhorn Das FluResearch-

Net wurde initiiert, weil zwei Drittel der humanpathogenen Erreger vom Tier zum Menschen wei- tergegeben werden.

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