A1498 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 30⏐⏐24. Juli 2009
P O L I T I K
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ie aktuelle Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO), wonach die Länder Impf- stoffe gegen das neue Influenzavi- rus A/H1N1 für die Bevölkerung bereitstellen sollen, wird auch in Deutschland bereits umgesetzt. Die Bundesländer sind verantwortlich für die Realisierung von Impfpro- grammen. Sie haben 50 Millionen Impfstoffdosen für die zweimalige Vakzinierung von 25 Millionen Bundesbürgern bei den Herstellern geordert. Auf dieses Vorgehen haben sich die Gesundheitsminister der Bundesländer geeinigt.Die WHO hatte am 14. Juli er- klärt, die Ausbreitung des Pande- mievirus sei nicht mehr zu stoppen.
„Es ist jetzt davon auszugehen, dass
in Deutschland gegen die Schwei- negrippe geimpft werden wird, vorrangig Personen aus dem Ge- sundheitswesen“, erklärte ein Spre- cher des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt. Dem Verord- nungsentwurf, der derzeit in Berlin kursiert und dem Deutschen Ärzte-
blatt vorliegt, ist eine solche Rang- folge allerdings nicht zu entnehmen.
Sie müsse zwischen Bund und Län- dern abgestimmt werden, erklärte der BMG-Sprecher. Im Entwurf werden bislang vier Gruppen aufge- führt, für die die Krankenkassen auf jeden Fall die Kosten für Schutz- impfungen übernehmen sollen:
>Gruppe 1:Patienten mit chro- nischen Krankheiten wie Asthma oder chronisch obstruktiver Bron- chitis, chronischen Herz-Kreislauf- sowie Leber- und Nierenkrankheiten, Diabetes, Adipositas, multipler Skle- rose, bestimmten Immundefekten und HIV-Infektionen
>Gruppe 2:Schwangere
>Gruppe 3:Beschäftigte in Kran- kenhäusern, Arzt- und Zahnarztpra- xen, Pflege- und Rehaeinrichtungen, Apotheken und Rettungsdiensten so- wie Gesundheitsämtern
>Gruppe 4: Beschäftigte der Polizeibehörden und der Feuerwehr.
Für die Krankenkassen würden dem Verordnungsentwurf zufolge pro Person für Impfstoffe und zwei- malige Impfung Kosten von rund 14 Euro entstehen: neun Euro für die Bezahlung des Impfstoffs, fünf Euro für die Dienstleistung Impfen.
Insgesamt kämen Ausgaben von rund 600 Millionen Euro zustande – allerdings nur, wenn der öffentliche Gesundheitsdienst die Koordination übernähme und rund die Hälfte der Betroffenen in der Arbeitsstätte geimpft würde. In Deutschland soll per Verordnung vorgeschrieben werden, dass Versicherte, die der Gruppe 1 angehören, einen An- spruch darauf haben, von ihrer Krankenkasse benachrichtigt zu werden. Dazu müsste diese entspre- chende Diagnosen aus Abrech-
nungsdaten verwenden dürfen. Ge- plant ist weiterhin, in jedem Bun- desland einen Fonds zu errichten, an dem sich Krankenkassen, private Krankenversicherer und Beihilfe- träger beteiligen könnten. Sie wür- den je Versicherten einen festgeleg- ten Betrag einzahlen, aus dem die Impfungen bezahlt würden.
Eine Sprecherin des Spitzenver- bands Bund der Krankenkassen er- klärte auf Anfrage, alle Krankenkas- sen seien im Pandemiefall gefragt.
Allerdings sollten Bund und Länder prüfen, ob nicht sie im Fall der Impfkosten von öffentlichen Be- diensteten, wie Polizisten oder Feu- erwehrleuten, in der Pflicht stünden.
Ein Sprecher des Verbands der pri- vaten Krankenversicherungen be- tonte, man werde sich auf freiwilli- ger Basis an den Impfkosten beteili- gen. Entscheidungen über die Form der Beteiligung seien aber noch nicht getroffen.
Der Impfstoff gegen die neue In- fluenza A/H1N1 wird aller Voraus- sicht nach nicht auf dem Arznei- mittelmarkt verfügbar sein, sondern nach seiner Auslieferung an die Länder in deren Verfügungsgewalt verbleiben. „Realistisch ist, dass ab September Impfstoffe zur Verfügung stehen“, sagte Dr. rer. nat. Susanne Stöcker (Paul-Ehrlich-Institut) ge- genüber dem Deutschen Ärzteblatt.
Nach Anlaufen der Impfprogramme werde eine intensivierte Surveil- lance auf unerwünschte Wirkungen erfolgen. Da die Musterimpfstoffe an Erwachsenen zwischen 18 und 59 Jahren getestet worden seien, sei es möglich, dass eine klinische Prüfung auf Sicherheit für die Verimpfung an Kindern erfolgen müsse. Impfstoffe, die auf Öl-in- Wasser-Emulsionen basierten, sei- en vermutlich untereinander aus- tauschbar.
Um im Rahmen der Infektions- prophylaxe unnötigen Praxis- schließungen entgegenzuwirken, schränkte das Robert-Koch-Institut (RKI) das Management der Isolie- rung und Tätigkeitsverbote ein: Nur Krankheitsverdächtige und Erkrank- te seien nunmehr davon betroffen.
Kontaktpersonen sollten lediglich informiert werden. I Sabine Rieser, Nicola Siegmund-Schultze
NEUE INFLUENZA A/H1N1
Konkrete Vorbereitung für Impfungen läuft an
Einzelne Personengruppen wie Beschäftigte im Gesundheitswesen und chronisch Kranke sollen bevorzugt geimpft werden.
Neue Influenza:In Deutschland sind bis zum 17. Juli 2009 insgesamt 1 469 Fälle gemeldet worden.
Foto:GlaxoSmithKline