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In vitro-Untersuchungen zur Zytokompatibilität von Spinnenseide als Matrix in der Zellkultur

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In vitro-Untersuchungen zur

Zytokompatibilität von Spinnenseide als Matrix in der Zellkultur

Dissertation

zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin in der Medizinischen Hochschule Hannover

vorgelegt von Jörn Wolfram Kuhbier aus Buchholz in der Nordheide

Hannover 2013

(2)

II Gedruckt mit Genehmigung der Medizinischen Hochschule Hannover

Präsident/Präsidentin: Prof. Dr. med. Christopher Baum

Betreuer/Betreuerin der Arbeit: Prof. Dr. med. Peter M. Vogt

Zweitbetreuer/betreuerin der Arbeit: Prof. Dr. rer. nat. Kerstin Reimers-Fadhlaoui Referent/Referentin: Prof. Dr. phil. nat. Dr. med. Ulrike Köhl Korreferent(en)/Korreferentin(nen): Prof. Dr. med. Michael Ott

Tag der mündlichen Prüfung: 12.03.2014

Prüfungsausschussmitglieder: Prof. Dr. med. Christian Krettek Prof. Dr. med. Hans-Rudolf Raab

Prof. Dr. med. vet. Dirk Berens von Rautenfeld

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III

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IV

Feels at each thread, and lives along the line.“

Alexander Pope: „An Essay on Man: In Four Epistles to H. St. John, Lord Bolingbroke“. 1. Brief, Zeilen 217-18;

London 1829.

„Do you not see how the spider weaves a web so subtle that man’s hand cannot imitate it.“

Seneca: „Moral letters to Lucilius”. Translation by Richard Mott Gummere, R. Vol. 3, letter 121, note 21;

Harvard 1925

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V

1.1 Klinische Problematik: Weichteildefekte und chirurgische Strategie zur Behebung ... 1

1.2 Biomaterialien als Matrizes zum Tissue engineering in der rekonstruktiven Chirurgie ... 6

1.3 Spinnenseide – ein natürliches High-Performance-Material ... 8

1.4 Historische Nutzung der Spinnenseide durch den Menschen ... 17

1.5 Fragestellungen und Hypothesen ... 20

2. Material und Methoden ... 23

2.1 Herstellung der Matrizen ... 23

2.1.1 Herstellung der Webrahmengerüste ... 23

2.1.2 Gewinnung von Spinnenseide ... 24

2.1.3 Herstellung von Miniatur-Webrahmen und Kontrollen ... 28

2.2 Bestimmung der mechanischen Eigenschaften ... 30

2.3 Testung der Rahmen in der Zellkultur... 31

2.3.1 Durchführung der Kultivierung von Zellen ... 31

2.3.2 Layout der Versuchsreihen ... 34

2.3.3 Besiedelung der Spinnenseide-Matrizen ... 35

2.4 Analytik ... 37

2.4.1 Lichtmikroskopie ... 37

2.4.2 Rasterelektronenmikroskopie ... 37

2.4.3 LIFE/DEAD®-Assay ... 39

2.4.4 Immunfluoreszenzmikroskopie ... 40

2.4.5 Infrarot-Scannen und Bestimmen des mitotischen Index ... 45

2.5 Statistik und Literatursuche ... 46

3. Ergebnisse ... 48

3.1 Ergebnisse der Methodik der Matrixherstellung ... 48

3.1.1 Gewinnung von Spinnenseide ... 48

3.1.2 Herstellung von Miniatur-Webrahmen und Kontrollen ... 48

3.2 Determination der Benetzbarkeit von Spinnenseide-Webrahmen ... 51

3.2.1 Bestimmung des kritischen Volumens ... 51

3.2.2 Kontaktwinkel-Messung von Nährmedium auf Spinnenseide-Webrahmen und Kontrollen ... 52

3.3 Besiedelung mit NIH/3T3-Fibroblasten ... 54

3.3.1 Analyse der Zelladhäsion, -morphologie und -vitalität ... 54

3.3.2 Analyse der Proliferation ... 58

3.3.3 Untersuchung der Produktion von extrazellulärer Matrix ... 67

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VI

4.1.1 Herstellung von Spinnenseide-Webrahmen ... 70

4.1.2 Betrachtung der deformierenden Kräfte ... 70

4.2 Grenzflächendynamik von Spinnenseide-Webrahmen ... 72

4.2.1 Messung der Kontaktwinkel der Spinnenseide-Medium-Grenzfläche ... 72

4.3 Spinnenseide-Webrahmen als Scaffolds für die Zellkultur ... 74

4.3.1 Analyse der Zelladhäsion und -vitalität sowie der metabolischen Aktivität ... 74

4.3.2 Analyse der Proliferation auf Spinnenseide-Webrahmen ... 76

4.3.3 Spinnenseide als Biomaterial ... 79

4.4Abschließende Bewertung und Schlussfolgerung ... 95

4.4.1 Bewertung der gestellten Fragestellungen und der Hypothesen ... 95

4.4.2 Klinische Relevanz und Schlussfolgerung ... 97

5. Zusammenfassung ... 99

6. Abkürzungsverzeichnis ... 100

7. Literatur ... 104

8. Anhang ... 130

9. Im Rahmen dieser Dissertation entstandene Publikationen ... 134

10. Danksagung... 136

11. Curriculum vitae ... 137

12. Erklärung nach § 2, Abs. 2, Nr. 5 und 6 der Niedersächsischen Promotionsordnung ... 145

(7)

- 1 -

1. Einleitung

1.1 Klinische Problematik: Weichteildefekte und chirurgische Strategie zur Behebung

Die plastisch-rekonstruktive Chirurgie ist definiert als die wiederherstellende Chirurgie der angeborenen und erworbenen Defekte von Form und Funktion. Daher werden zumeist Eingriffe durchgeführt, welche die funktionelle und/oder ästhetische Einheit der Körperform und -funktion wiederherstellen und verbessern sollen. Dabei werden die Folgen von Krank- heit, Trauma und angeborenen Anomalien sowie Veränderungen, die durch altersbedingte Vorgänge des äußeren Erscheinungsbildes entstanden sind, behandelt. Dieses Bestreben ist eines der ältesten Konzepte der Chirurgie überhaupt. Bereits 600 vor Christus wurde eine Nasenplastik in der ayurvedisch-chirurgischen Textsammlung „Sushruta Samhita“ des indi- schen Arztes Sushruta beschrieben, die später als „indische Methode“ bezeichnet wurde, bei der aus einem medialen Stirnlappen mit dem blutversorgenden Gefäßstiel aus dem Nasen- Augenwinkel eine neue Nase geformt wurde (Abb. 1 A; Hessler 1855, Bhishagratna 2006).

Schon damals wurde sowohl die Bedeutung der Stigmatisierung durch die fehlende Nase als auch der Gewinn an Lebensqualität durch die Rekonstruktion betont.

Im weiteren historischen Verlauf entstanden verschiedenste Techniken der Defekt- deckung, denen gemein ist, dass körpereigenes Gewebe an einer Stelle entnommen wird, um an einer anderen Stelle einen Defekt zu decken. Besonders hervorzuheben sind hier die Arbeiten des deutschen Wundarztes Heinrich von Pfalzpaint, der in der ersten Hälfte des 15.

Jahrhunderts vermutlich als Erster zur Defektdeckung von Nasendefekten Gewebe aus dem Oberarm im Sinne einer Fernlappenplastik verwandte (Weißer 1994). Diese später als

„italienische Methode“ bezeichnete Technik wurde von den Brüdern Antonio und Gustavo Branca aus Sizilien und der Vianeo-Familie aus Tropea (Kalabrien) so meisterhaft eingesetzt, dass sie 1570 in Fioravantis umfassendem Buch „Il tesoro della vita umana” in einem eigenen Kapitel beschrieben wurde („Capitolo 27: Del modo che tenevano quei due fratelli nel fare i nasi“; Übersetzung: Von der Art, die diese zwei Brüder hatten, Nasen zu machen. Micali 1993).

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- 2 - Abbildung 1: Historische Darstellung verschiedener Lappenplastiken zur Nasen- rekonstruktion. A: „Indische Methode“ mit Hebung eines Lappens aus der medialen Stirn- region [aus Carpue 1816]; B: „Italienische Methode“ mit der Hebung des Lappens aus der Oberarmregion [aus Tagliacozzi 1597]

Gasparo Tagliacozzi war der erste wissenschaftliche Arzt, der in seinem Werk „De curatorum chirurgia per insitionem“ (Übersetzung: Über die chirurgische Behandlung durch Ersatz) diese Methode untersuchte und beschrieb (Abb. 1 B; Burian 1961, Micali 1993).

Leider gerieten diese Techniken in Europa später in Vergessenheit und es sollte bis ins beginnende 19. Jahrhundert dauern, bis Berichte über während des Mittelalters in Indien fortgeführte Operationen sowie die Erfolge der indischen Ärzte in der Nasenrekonstruktion in England veröffentlich wurden (Longmate 1794, Carpue 1816).

Essenzielle Beiträge zur plastisch-rekonstruktiven Chirurgie wurden in Deutschland von Johann Friedrich Dieffenbach, Erich Lexer und Jacques Joseph geleistet, letzterer hatte bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts Fibula-Transpositionen als osteokutane Lappen zur

„chirurgischen Modellierung und Knocheneinführung“ von vollständig oder nahezu vollständig entfernten Nasen verwendet (Dieffenbach 1829, 1845, Lexer 1920, 1925, 1931, Joseph 1907, 1912, 1931). Ebenfalls sollten hier noch die Arbeiten von Igninio Tansini aus

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- 3 - Padua erwähnt werden, der als Erstbeschreiber der Latissimus-dorsi-Lappenplastik gelten kann. Er schwenkte einen an der Arteria thoracodorsalis gestielten Hautmuskellappen aus dem M. latissimus dorsi und der darüber liegenden Hautinsel zur Defektdeckung nach der ebenfalls von ihm beschriebenen radikalen Mastektomie nach ventral, ein Verfahren, dass erst 80 Jahre später von Neven Olivari „wiederentdeckt“ wurde (Tansini 1896, 1906, Olivari 1976, Bostwick et al. 1978, Bostwick et al. 1979, Maxwell 1980, Bianchi et al. 1983, Olivari 2004). Schließlich führte Holmström 1979 erstmalig eine Defektdeckung mittels eines freien myokutanen Musculus-rectus-abdominis-Lappens durch, bei dem der versorgende Pedikel durchtrennt und durch eine arterio-arterielle Anastomose mit einem dem Defekt nahen Blutgefäß (A. mammaria interna) mikrochirurgisch verbunden wurde (Holmström 1979). Er nannte diese Technik „freie Lappenplastik“, da kein räumlicher Bezug des Spender- zum Empfängerareal mehr vonnöten war. Bekannt wurde diese Technik auch durch die Arbeiten von Pennigton und Hartrampf (Hartrampf 1982, Pennigton 1991). Nach Entwicklung dieser Technik wurden die freien Lappen immer häufiger angewandt, da nun für jeden Defekt eine

„maßgeschneiderte“ Deckung möglich war und nicht, wie zuvor, die Deckung vom lokal verfügbaren Gewebe abhängig war.

Als neueste Entwicklung der freien Lappen kam es aufgrund von Verbesserungen der mikrochirurgischen Technik zur Entwicklung der sogenannten „Perforator“-Lappen, bei der die superfisziale Faszie perforierende Blutgefäße als versorgende Pedikel genutzt werden, hier sollen insbesondere die Pionierarbeiten von Koshima genannt werden (Koshima und Soeda 1989, Koshima et al. 1991, 1992, Itoh und Arai 1993, Allen und Treece 1994, Allen 1998).

Aufgrund der Diversität der verfügbaren Lappenplastiken ist es jedoch schwierig, eine einheitliche Einteilung vorzunehmen. Daher existieren unterschiedliche Einteilungen parallel, wobei sich jedoch bestimmte Einteilungen aufgrund ihrer klinischen Bedeutung bewährt haben. Diese sind in Tabelle 1 dargestellt (Granzow 2010, Gohritz 2011, Weyand 2011).

Diese unterschiedlichen Arten der plastisch-chirurgischen Defektdeckung brachten 1982 Matthes und Nahai dazu, als Systematik für die Deckung von Weichteilgeweben das Konzept der „rekonstruktiven Leiter“ zu propagieren, welches die Schwierigkeit der jeweiligen Operation als Stufe einer gedachten Leiter darstellt, angefangen beim einfachen primären Wundverschluss bis hin zum operativ schwierigsten freien mikrovaskulären Lappen (Abb. 2, Matthes und Nahai 1982). Gemäß des klassischen Paradigmas der rekonstruktiven Leiter sollte jede nächste Stufe erst erklommen werden, wenn alle Möglichkeiten der vorherigen ausgeschöpft sind.

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- 4 - Einteilung nach: Arten der Lappen:

Blutgefäßversorgung Random pattern flaps Axial pattern flaps Beziehung von

Spender- zur Empfängerregion

Nahlappen

Gestielte Lappen/Brückenlappen (= doppelt gestielte Lappen) Fernlappen

Freie Lappen Technik der

Durchführung

Verschiebe-Lappen

Schwenk-(Transpositions)-Lappen Verschiebe-Schwenk-Lappen

Rotationslappen (im Prinzip Verschiebe-Schwenk-Lappen) Insellappen

Mikrovaskuläre Lappen Gewebearten Kutane Lappen

Fasziokutane Lappen Myokutane Lappen Fasziomyokutane Lappen Osteokutane Lappen Osteomyokutane Lappen Osteofasziomyokutane Lappen Viszerale Lappen

Tabelle 1: Darstellung verschiedener Einteilungssysteme von Lappenplastiken. [Nach Wey- and 2011, Gohritz 2011 und Granzow 2010]

Zu dieser Zeit, in der die ersten freien Lappenplastiken populär wurden und eine solche mikrochirurgische Operation daher noch eine außerordentliche technische Schwierigkeit darstellte und mit einer hohen Rate an Lappenuntergängen begleitet war, war ein solches Konzept durchaus sinnvoll.

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- 5 - Abbildung 2: Prinzip der „Rekonstruktiven Leiter“ als Richtlinie zur Defektdeckung

In neuerer Zeit aber, in der in plastisch-chirurgischen Spezialkliniken beinahe täglich freie Lappentransplantationen durchgeführt werden, ist dieses Konzept nicht mehr zeitgemäß.

Aufgrund der besseren funktionellen und ästhetischen Ergebnisse wird häufig schon „höher“

auf der rekonstruktiven Leiter begonnen, d.h. mit den freien Lappen, sodass die Frage, warum man nicht auf jeder beliebigen Stufe „hochfahren“ kann, zum Konzept des “rekonstruktiven Fahrstuhls“ führte (Gottlieb und Krieger 1994, Bennett und Choudhary 2000).

Heute erfolgt üblicherweise eine gründliche Evaluation des geplanten Verfahrens vorrangig anhand der Patientenpräferenzen, des Patientenalters und -allgemeinzustandes (und damit der Frage, inwiefern ein komplexer Eingriff mit entsprechend langer Narkosedauer vom Patienten verkraftet wird), des Gefäßstatus insbesondere in der Empfängerregion und der zur Transplantation zur Verfügung stehenden Gewebe.

Jedoch ist den heute zur Verfügung stehenden Eingriffen und den freien Lappenplastiken im Besonderen gemein, dass an einer anderen Körperregion Gewebe entnommen und somit ein Hebedefekt gesetzt werden muss. Daher sollte ein solcher rekonstruktiver Eingriff stets wohlüberlegt geplant und sorgfältig durchgeführt werden, da im Falle eines Untergangs des transplantierten Gewebes nichts gewonnen, jedoch an einer anderen Körperregion ein Verlust

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- 6 - entstanden ist. Dieses Prinzip wird im englischsprachigen Raum als „robbing Peter to pay Paul“ bezeichnet (nach dem englischen Brauch, nach Abspaltung der anglikanischen von der römisch-katholischen Kirche den Kirchenzehnten für die anglikanische Kirche (und damit der St. Paul’s Cathedral in London als Mutterkirche, „Paul“) vom zurückgelegten Geld für die römisch-katholische Kirche (und damit dem Petersdom in Rom als Mutterkirche, „Peter“) zu nehmen).

Aus diesem Grund erscheinen insbesondere in der rekonstruktiven Chirurgie Verfahren, die ohne Hebedefekt durchführbar sind, attraktiv, wobei in der experimentellen Forschung zum einen die Transplantation von Leichengeweben (Composite Tissue Allotransplantation, CTA), zum anderen das Tissue engineering, d.h. die Züchtung von Geweben auf Biomaterialien mithilfe körpereigener Zellen, verheißungsvoll erscheinen. Bei der CTA ist eine massive Immunsuppression mit den damit verbundenen erhöhten Risiken zur Neubildung von Malignomen und von lebensgefährlichen Infektionen erforderlich, häufig sind auch die psychischen Auswirkungen bedeutend (Hettiaratchy et al. 2001, Piza-Kazer 2008). So wurde bei der weltweit ersten Handtransplantation nach einem halben Jahr eine Re-Amputation der transplantierten Hand auf Patientenwunsch durchgeführt; hier waren sowohl die psychische (durch die Tatsache, die Hände eines Toten zu haben) als auch die physische Belastung durch die Immunsuppression entscheidend.

Daher erscheint insbesondere das Tissue engineering eine in der zukünftigen rekonstruktiven Chirurgie bedeutende Alternative.

1.2 Biomaterialien als Matrizes zum Tissue engineering in der rekonstruk- tiven Chirurgie

Eines der großen Probleme des Tissue Engineering bleibt jedoch die Auswahl der geeigneten Matrix als Grundlage für die Ansiedelung von Zellen. Es gibt verschiedene Ansichten, welche Eigenschaften diese optimale Matrix haben sollte. Das ideale Biomaterial sollte degradierbar sein, um einen tatsächlichen Ersatz von Gewebe und nicht nur den Ersatz des Gewebes durch das Biomaterial zu ermöglichen. Für Binde- und Stützgewebe gilt aber auch, dass eine optimale Matrix nicht zu schnell degradieren sollte, um genügend lange eine Stützfunktion auszuüben, damit es zu einem ausreichenden Einwachsen des gezüchteten Gewebes kommen kann (Lloyd 2002, Brown und Phillips 2007, Cao und Wang 2009). Zudem

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- 7 - sollte das Biomaterial dem zu ersetzenden Gewebe vergleichbare mechanische Eigenschaften besitzen, nicht zytotoxisch sein und idealerweise das Zellwachstum fördern und leiten, um das ungerichtete Wachstum im Sinne einer Narbenbildung zu verhindern.

Degradierbare synthetische polymere Biomaterialien lassen sich nach Chu in 8 Gruppen unterteilen (Chu 2003):

1. Lineare aliphatische Polyester (z.B. Polyglycolide, Polylactide, Polycaprolactone, Polyhydroxybutyrate) und ihre Co-Polymere innerhalb der aliphatischen Polyester- Familie wie Poly(glycolid-L-lactid)-Co-Polymer und Poly(glycolid-ε-caprolacton)- Co-Polymer

2. Co-Polymere zwischen linearen aliphatischen Polyestern in Gruppe 1 und anderen Monomeren als diese wie Poly(glycolid-trimethylen-carbonat)-Co-Polymer, Poly(L-lactidsäure-L-Lycin)-Co-Polymer, Tyrosin-basierte Polyarylate oder Poly- iminocarbonate oder Polycarbonate, Poly(D,L-lactid)-Urethane und Poly(ester)- Amide.

3. Polyanhydride 4. Poly(ortho)-Ester

5. Poly(ester)-Ether wie Poly-p-dioxane

6. Polysaccharide wie Hyaluronsäure, Chitin oder Chitosan

7. Polyaminosäuren wie Poly-L-Glutaminsäure oder Poly-L-Lysin

8. Anorganische biodegradierbare Polymere wie Poly-Phosphazene und Poly(bis- (carboxylatophenoxy))-Phosphazene, die anstelle der Ester-Brückenbindung ein Stickstoff-Phosphor-Rückgrat besitzen.

Während synthetische Polymere wie Polylactatsäure (PLA) oder Polyglykolsäure (PGA) sehr gut formbar sind und dementsprechend in die für die jeweilige Anwendung gewünschte Struktur und Form gebracht werden können, werden sie im sauren Milieu verdaut, was ins- besondere in der Nervenregeneration einen Nachteil darstellt (Evans et al. 1999). Zudem zeigen derartige Polymere häufig schlechte mechanische Eigenschaften und können sich während der Degradation in Größe und Form verändern (Widmer et al. 1998). Polysaccharide hingegen werden relativ schnell und dazu im sauren Milieu verdaut.

Das vermutlich am häufigsten verwendete Biomaterial ist Kollagen, für das es bereits viele klinische Anwendungen gibt, z.B. als Hautersatz (Curran und Plosker 2002, Li 2003, Hu et al. 2006a). Während frühere Kollagene aufgrund ihrer bovinen Herkunft häufig das Risiko der Übertragung von Prionen-Erkrankungen trugen, scheint dieses Risiko aufgrund anderer

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- 8 - Herstellungsmethoden in neueren Ansätzen nicht mehr vorhanden zu sein. Nichtsdestotrotz wird Kollagen in vivo relativ schnell degradiert, sodass ein sogenanntes Cross-linking, d.h. die Vernetzung funktioneller Aminosäure-Gruppen untereinander erforderlich ist, um die nötige Langzeit-Stabilität zu gewährleisten (van Luyn et al. 1992, Riesle et al. 1998, Griffith 2002, Lynn et al 2004, Supp und Boyce 2005). Dieses wiederum verschiebt die normalerweise neutrale Hydrolyse von Kollagen zur Degradation im sauren Milieu.

Eine mögliche Alternative kann hier das Biomaterial Seide darstellen, da es neben einer ausreichend langsamen und im neutralen Milieu verlaufenden proteolytischen Degradation eine ausgezeichnete Stabilität gewährleistet (Altmann et al. 2003, Nazarov et al. 2004, Kim et al. 2005, Mauney et al. 2007, Wang et al. 2008, Mandal und Kundu 2009, Leal-Egaña und Scheibel 2010, Ghaznavi et al. 2011). Dabei ist der Einsatz von Seide als Biomaterial nicht etwa eine neue Idee, da Seide der Seidenspinnerraupe (Bombyx mori) bereits seit Jahrzehnten als Nahtmaterial eingesetzt wird. Seide kann jedoch zu immunologischen Unverträglichkeiten führen, sodass ihr Einsatz nicht unbedenklich ist (Postlethwait et al. 1975, Van Winkle et al.

1975, Salthouse 1980, Santin et al. 1999, Panilaitis et al. 2003, Meinel et al. 2005, Acharya et al. 2008). Bombyx mori-Seide besteht aus zwei Protein-Anteilen, dem eigentlichen Seiden- protein Fibroin sowie einer umhüllenden, klebstoff-artigen Schicht aus Sericin. Diese Sericin- Schicht kann beispielsweise durch Waschen mittels Marseiller Seife entfernt werden, jedoch ist den gängigen Aufreinigungsverfahren gemein, dass es häufig zu einer unvollständigen Entfernung der Sericin-Reste mit einer daraus resultierenden immunologischen Antwort kommt (Santin et al. 1999, Panilaitis et al. 2003). Eine mögliche Alternative könnte hier der Einsatz von Spinnenseide sein, die eine solche umhüllende Schicht nicht besitzt.

1.3 Spinnenseide – ein natürliches High-Performance-Material

Radnetzspinnen sind in der Lage, bis zu sieben verschiedene Arten von Seiden herzustellen, wobei diese Seiden unterschiedliche, für die jeweilige Anwendung optimierte Eigenschaften besitzen (Abb. 3; Tabelle 2; Foelix et al. 1992, Hu et al. 2006b). Spinnenseide besteht aus essentiellen Aminosäuren, wobei hier unpolare, hydrophobe Aminosäuren wie Glycin und Alanin dominieren (Xu et al. 1990, Foelix et al. 1992, Sponner et al. 2005a).

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- 9 - Abbildung 3: Die sieben verschiedenen Spinndrüsen einer Radnetzspinne mit den jeweils produzierten Seiden. [Modifiziert aus Eisoldt et al. 2011a]

Seidenart: Lokalisation: Vorherrschende Proteine:

Major ampullate Netzrahmen, Fallleine („dragline“) MaSp1, MaSp2 Minor ampullate Netzverstärkung, Radii der Fangspirale MiSp1, MiSp2

Flagelliforme Fangspirale unbekannt

Aciniforme Beute-Umhüllungsseide, Kokon-Seide für die direkte Umhüllung der Eier („small diameter egg case“)

AcSp1

Tubuliforme Kokon-Seide für die Umhüllung der Kokons („large diameter egg case“)

TuSp1, ECP-1, ECP-2

Aggregate Klebende Umhüllung der Fangspirale („Fangleim“)

unbekannt

Pyriforme Befestigungs- und Verbindungsseide unbekannt

Tabelle 2: Spinnenseide-Arten und ihre natürliche Funktion; MaSp: Major Ampullate Spidroin, MiSp: Minor Ampullate Spidroin, TuSp: Tubuliformes Spidroin, AcSP: Aciniformes Spidroin. ECP: Egg case protein. [Nach Hu et al. 2006b]

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- 10 - Benannt werden die Seiden jeweils nach der Drüse, die sie produziert (Tabelle 2). Die Major-ampullate-Seide, produziert in der Glandula ampullate major, stellt den Hauptteil der sogenannten „Dragline“, der Fallleine, sowie des Netz-tragenden Rahmengerüstes dar. Die Minor-ampullate-Seide hingegen dient der Netzverstärkung und findet sich in den Radii der Fangspirale.

Die Flagelliforme-Seide wird zum Bau der Fangspirale verwendet, wohingegen die Aggregate-Seide den klebrigen Fangleim auf der Spirale bildet. Sowohl die Umhüllung der Beute als auch die direkte Umhüllung der Eier in den Kokons werden aus der Aciniforme- Seide gefertigt; die äußere Umhüllung der Kokons hingegen baut die Spinne aus der Tubuliforme-Seide. Die Pyriforme-Seide schließlich dient als Befestigungs-Kleber, mit dem die Eckpunkte des Netzes in der Umwelt verankert werden.

Verhältnismäßig einfach zu gewinnen und daher am besten untersucht ist die „Dragline“- Seide. Von dieser Seide ragt stets ein Stück aus der Spinndrüse, da sie von der Spinne entsprechend einer Sicherungsleine beim Klettern eingesetzt wird. Dies bewahrt die Spinne nicht nur vor unvorhergesehenen Stürzen, sondern hilft ihr auch bei dem Bewegen im dreidimensionalen Raum (Foelix et al. 1992). Ihren Aufgaben als Netzbefestigung und Halteleine entsprechend ist Dragline-Seide daher auch die Seidenart mit der mechanisch höchsten Stabilität und stellt mit einer Bruchfestigkeit von 1,2 GPa das stärkste in der Natur vorkommende Material dar, allenfalls vergleichbar mit Kevlar 49 (Agnarsson et al. 2010).

Daneben kombinieren Spinnenseiden eine außergewöhnliche Leichtigkeit (spezifische Dichte 1,3 g/cm³) mit einer für ein Protein außergewöhnlichen Temperaturresistenz von bis zu 250°C sowie einer enormen Elastizität (35-200 %) (Vollrath 2000, Wong Po Foo und Kaplan 2002, Rising et al. 2005).

Die unterschiedlichen Seidenarten bestehen jeweils aus unterschiedlichen Zusammen- setzungen der spezifischen Spinnenseide-Proteine, den sogenannten Spidroinen. So ist die Dragline-Seide aus unterschiedlichen Anteilen der Major-ampullate-Seide mit ihren beiden Proteinen Major ampullate Spidroin (MaSP)-1 und -2 sowie der Minor-ampullate-Seide mit den Proteinen Minor ampullate Spidroin (MiSP)-1 und -2 aufgebaut (Hinman und Lewis 1992).

Ein Spinnenseidefaden zeigt hierbei einen vierschichtigen bzw. nach manchen Autoren sogar fünfschichtigen Aufbau (Sponner et al. 2005b, 2007, Heim et al. 2009). Die unter- schiedliche Anzahl erklärt sich in der Sichtweise mancher Autoren, die Kernregion anhand der Verteilung von MaSP-1 und -2 in äußere und innere Kernregion zu trennen, wobei MaSP-

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- 11 - 1 eher in der äußeren und MaSP-2 eher in der inneren Region liegt (Sponner et al. 2005b).

Dabei weisen die einzelnen Schichten ein unterschiedliches Verhalten gegenüber Lösungs- mitteln auf (Abb. 4). Die äußerste Schicht besteht aus Lipiden, nach innen gefolgt von einer Glykoproteinschicht und einer sogenannten „Skin“-Schicht aus einem Protein-Glykoprotein- Gemisch (Sponner et al. 2007, Schulz 2001). Die beiden inneren Kernschichten hingegen bestehen aus unterschiedlichen Zusammensetzungen der Spinnenseide-spezifischen Proteine Major Ampullate Spidroin 1 und 2 (MaSP1 und MaSP2). Diese weisen einen hohen Gehalt an den unpolaren Aminosäuren Alanin (27 %), Glycin (20 %) und Prolin (13 %) auf (Rising et al. 2005, Sponner et al. 2005a). Zusätzlich sind auch die Aminosäuren Glutaminsäure, Arginin, Serin, Asparaginsäure, Isoleucin, Lysin, Phenylalanin, Thereonin, Tyrosin und Valin zwischen 1 – 9 % an den Gesamtfibroinen beteiligt (Rising et al. 2005, Foelix 1992).

Abbildung 4: Schematischer Querschnitt des 4-lagigen Aufbaus eines Spinnenseide- Fadens. Die äußerste Schicht besteht aus einer Lipidschicht („lipid“), hierunter liegt eine Glykoprotein-Schicht („glycoprotein“). Die inneren drei Proteinschichten gliedern sich in eine äußere Schicht („skin“), die vor allem aus MiSP-1 und -2 besteht, sowie der Kernschicht („silk core“), die von MaSP-1 und -2 in einem ortstypischen Aufbau gebildet wird. [Aus Heim et al. 2009].

Die drei inneren Schichten lassen sich nur durch sehr aggressive Lösungsmittel wie 9-molares Lithium-Bromid oder 6-molare Salzsäure auflösen (Jackson et al. 1995, Michal et al. 1996, Mello et al. 2004). Neben dieser enormen chemischen Stabilität ist gerade die

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- 12 - biologisch außerordentlich verträgliche Zusammensetzung der Spinnenseide aus essentiellen Aminosäuren von besonderem Interesse für den Einsatz in der Chirurgie.

Proteinstruktur der Spinnenseide

Die außergewöhnlichen Eigenschaften der Spinnenseide hängen mit der räumlichen Anordnung dieser Proteine, die nahezu vollständig von Genen der Spinnenseide-Fibroin-Gen- Familie kodiert werden, zusammen (Gatesy et al. 2001). Die Primärstruktur der Spinnenseide zeigt eine hohe Variabilität, die auf den allelen Varianten der Gensequenz beruhen, sodass sich die genaue Sequenz zwischen verschiedenen Spezies unterscheiden kann. Aufgrund negativer Selektion beschränken sich die Proteine jedoch auf Größen zwischen 200 und 350 kDa, entsprechend etwa 3500 Aminosäuren (Ayoub et al. 2007, Chinali et al. 2010).

Abbildung 5: Molekulare Struktur eines Seidenfadens aus der Major-Ampullate-Drüse („MA silk“). Oberer Vergrößerungs-Ausschnitt: Kristalline beta-Faltblatt-reiche Strukturen eingebettet in amorphe Masse. Unterer linker Ausschnitt: Kovalente Bindungen zwischen Kristallen und amorpher Masse. Unterer rechter Ausschnitt: Antiparallele beta-Faltblatt- Struktur. [Aus Römer und Scheibel 2008].

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- 13 - Die meisten Spidroine haben eine modulare Struktur, die aus 12-20 repetitiven modularen Einheiten besteht, die jeweils eine ähnliche Größe haben (Abb. 5, 6 A), sowie aus non- repetitiven C- und N-terminalen Anteilen, die mit der Sekundärfaltung der Proteine zu- sammenhängen (Sponner et al. 2005b, Hagn et al. 2010, Askarieh et al. 2010). Bezüglich der Primärstruktur der Spinnenseide dominieren fünf charakteristische Aminosäuren-Motive (An, GA, GGX, GPGX und GS, wobei X jeweils für eine andere Aminosäure als Platzhalter steht) (Abb. 6 B; Gatesy et al. 2001. Blackledge et al. 2011). Während die Motive An, GA, und GS sich zu Beta-Anti-Faltblattstrukturen anordnen, resultieren GGX in 31-Helices und GPGXn in Nano-Federn (Dong et al. 1991, Hinman et al. 2000, Simmons et al. 1994, Kümmerlen et al.

1996, Hayashi et al. 1999, Blackledge et al. 2011, Abb. 6 B).

Abbildung 6: Schematischer Aufbau von Spinnenseide-Proteinen. A: Darstellung der mo- dularen Proteinstruktur der Spidroine. B: Darstellung der Sekundärstrukturen verschiedener funktioneller Motive: Beta-Faltblätter (An, GA, GS); 310 Helices zur Verbindung von Mole- külen (GGX) und elastische Nano-Federn, die intramolekulare Bindungen erzeugen (GPGX).

Abkürzungen für Aminosäuren: A: Alanin, G: Glycin. P: Prolin. Q: Glutamin. S: Serin. [Aus Blackledge et al. 2011].

Diese verschiedenen Motive mit ihren resultierenden Sekundärstrukturen haben in den Seidenarten unterschiedliche Funktionen, diese sind in Abbildung 6 B für An (hier als (A)4-13), GA (hier als (GA)4-6), GGX und GPGXX sowie für funktionslose Spacer und die oben erwähnten non-repetitiven Termini dargestellt (Eisoldt et al. 2011a, b). Zudem treten die

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- 14 - Motive in den unterschiedlichen Seiden auch unterschiedlich häufig auf; so tritt GGX eher in MaSP1 und GPGXX eher in MaSP2 auf (Abb. 7).

Abbildung 7: Vorkommen und Funktion der unterschiedlichen funktionellen Motive. [Aus Eisoldt et al. 2011a]

Die kristallinen Bereiche sind für die hohe Zugfestigkeit der Spinnenseide verantwortlich, ihre extreme Dehnbarkeit ist auf die amorphen Bereiche des Polypeptids zurückzuführen (Gosline et al. 1999). Die mechanische Stärke der Spinnenseide lässt sich nicht alleine auf die Sekundärstruktur zurückführen, vielmehr lässt sie sich auf eine besondere Nutzung von Wasserstoffbrückenbindungen zurückführen (Keten et al. 2010, Giesa et al. 2011).

Diese auf der Quartärstruktur der Proteine beruhenden Eigenschaften finden sich bereits auf nanostruktureller Ebene (Nova et al. 2010). So zeigen sich die für Spinnenseide typischen Muster im Längen-Dehnungsdiagramm bereits in den 3 nm großen Kristallen, die sich aus den Betafaltblättern ausbilden. Durch die häufige Wiederholung in den modularen, repetitiven Proteinabschnitten kommt es zu einer Multiplikation der auf Nanoebene bereits vorhandenen einzigartigen mechanischen Stabilität (Keten et al. 2010, Giesa et al. 2011). Interessan- terweise können Spinnen diese mechanischen Eigenschaften durch Änderung der Spinn- geschwindigkeit und damit Größe der Nanokristalle beeinflussen (Nova et al. 2010).

(21)

- 15 - Aufbau der Spinnenseiden-Drüsen

Um aus den in wässriger Lösung gelösten Proteinen einen Faden mit den oben genannten Eigenschaften zu machen, erfährt die Spinnenseide während des Sekretionsprozesses eine Modifikation durch den Drüsengang. Exemplarisch soll dies hier am Aufbau der Glandula ampullate major dargestellt werden.

Die Glandula ampullata major in einer adulten Nephila clavipes ist ungefähr 60 mm lang und wiegt 10 mg, entsprechend etwa 1 % des Körpergewichts eines adulten Weibchens (Vollrath und Knight 2001). Anatomisch ist die Glandula ampullate major aus sechs funktionellen Elementen aufgebaut (Abb. 8).

Abbildung 8: Darstellung des Aufbaus der Glandula ampullata major mit ihren sechs funktionellen Anteilen (modifiziert nach [Blackledge et al. 2011])

Die Sekretion der Seide erfolgt durch hochprismatisches Epithel im „Tail“-Abschnitt, wobei sich hier eine sogenannte A- und eine B-Zone unterteilen lassen (Knight und Vollrath 2001). In der A-Zone werden die Spidroine gebildet, die den Kern des Fadens bilden. In der B-Zone hingegen entsteht die umhüllende Glykoprotein-Schicht (Sponner et al. 2005b, Casem et al. 2010). Die Sekretion erfolgt als wässrige, hoch-visköse Proteinlösung mit sehr hohen Proteinkonzentrationen von bis zu 50 % (w/v), die in der „Ampulla“ gespeichert und auf- bewahrt werden (Hijirida et al. 1996, Dicko et al. 2004). Um solche hohen Proteinkon- zentrationen möglich zu machen und eine Aggregation zu verhindern, werden lyotrope Flüssigkristallbildung, Glykosylation der Seitenketten an der Oberfläche des Proteins und durch Polyol oder Phospholipid-Surfactant induzierte Phasenseparations-Vorgänge diskutiert, die zur Bildung von supramolekularen Strukturen, den Mizellen, führen (SenGupta und Scheibel 2007). Diese etwa 100 bis 200 µm durchmessenden Strukturen entstehen aufgrund

(22)

- 16 - des amphiphilen Ladungszustandes mit Ausrichtung der hydrophoben Aminosäureketten ins Innere der Mizellen (Hijirada et al. 1996, Knight und Vollrath 2001, Römer und Scheibel 2008, Eisoldt et al. 2011a). Durch den trichterartigen Übergang zum Ausführungsgang („Funnel“) kommt es zur mechanischen Verformung der Mizellen zu eher flachen Strukturen, die sich longitudinal der Flussrichtung ausrichten (Eisoldt et al. 2011b).

Im dreifach gewundenen Ausführungsgang („Duct“) kommt es durch das Vorhandensein von Ionenpumpen zu einer ausgeprägten Veränderung der Ionenkonzentrationen innerhalb des Ganges, i.e. zu einer Erniedrigung der Natrium-, Chlorid- und damit auch Wasser- Konzentration sowie zu einer Erhöhung der Kalium-, Wasserstoff- und Phosphat- Konzentration und damit verbunden einem Absinken des pH-Wertes von 7,2 in der Ampulla bis auf einen Wert von 6,3 im Ausführungsgang (Vollrath et al. 1998, Dicko et al. 2004, Huemmerich et al. 2004a, b).

Hierdurch kommt es zu Veränderungen des Ladungs-Zustands von Seitenketten in den N- und C-Termini der Spidroine und somit zur Veränderung der Proteinstruktur, die im Zusammenwirken mit den durch den intraluminalen Fluss entstehenden Scherkräften letztlich zur Bildung der Spinnenseide-Fäden führen (Riekel et al. 1999, Vollrath und Knight 2001, Scheibel 2004, Ko und Jovicic 2004, Römer und Scheibel 2008). In den C-terminalen Domänen wurden Aminosäuren-Seitenketten gefunden, die abhängig vom Ionisationsgrad ihre Konfirmation ändern und dadurch stark hydrophobe Wechselwirkungen verursachen, die zur parallelen Anordnung der Spidroine führen (Sponner et al. 2005a). Ebenso existieren in den N-terminalen Domänen Regionen, die ladungsabhängig die Proteinfaltung organisieren;

so kam es bei einem pH-Wert von 6,3 entsprechend dem Wert im distalen Ausführungsgang zur Dimer-Bildung, wohingegen die Spidroine bei einem neutralen pH-Wert von 7 als Monomere verbleiben (Askarieh et al. 2010, Hagn et al. 2010).

Diese chemischen Veränderungen begünstigen die durch den Fluss durch das sich erneut verjüngende, trichterartige Lumen, den sogenannten „Drawdown taper“, entstehende uniaxiale Ausrichtung der Proteine, die zur Bildung einer sogenannten nematischen, d.h.

univektoriellen und in diesem Falle auch uniaxialen Flüssigkristallphase führt (Kerkam et al.

1991, Willcox et al. 1996, Knight und Vollrath 1999, Knight und Vollrath 2001, Römer und Scheibel 2008, Eisoldt et al. 2011a). Durch die zunehmenden Scherkräfte im distalen Bereich des Ausführungsganges kommt es zu einer weiteren Verdichtung und zur Phasenseparation des festen Fadens von den wässrigen Anteilen. Schließlich passiert der Faden eine Art Ventil („Valve“), das durch Vor- und Rückbewegungen des Ausführungsgangs auch Abrisse des

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- 17 - Fadens durch Annäherung der Bruchstellen aneinander zu kitten vermag. Schließlich verlässt der Faden an der Spinndrüse („Spigot“) die Spinne und wird von ihr mit dem hintersten Beinpaar verwoben (Knight und Vollrath 2001, Eisoldt et al. 2011a, Eisoldt et al 2011b).

Die Flüssigkristallbildung insbesondere der Beta-Faltblätter begünstigt zum einen den laminaren, konstanten Fluss, zum anderen hat diese Anordnung den Vorteil, dass eine unkontrollierte Neuorientierung der Moleküle nach Verlassen der Spinndrüse so gut wie unmöglich ist und die zur Fadengewinnung notwendige Kraft sowie die Defektbildung in der Fadenstruktur gering sind (Knight und Vollrath 2001).

Es ist bislang nicht gelungen, Spinnenseide mit einem vergleichbaren Aufbau biotech- nologisch herzustellen.

1.4 Historische Nutzung der Spinnenseide durch den Menschen

Die Idee der Nutzung von Spinnenseide durch den Menschen ist so alt wie die Menschheit selbst. So vermutete der griechische vorsokratische Philosoph Democritus, dass der Mensch das Weben durch die Beobachtung von Spinnen gelernt habe (Peers 2012). Legenden, in denen Spinnen mit ihrer Fähigkeit, ein Netz und somit ihre Behausung und ihr Jagdwerkzeug zugleich selbst herzustellen, vorkommen, finden sich in den alten Kulturen des präkolum- bianischen Peru, des alten Hawaii, unter den Hopi, Navajo, Pueblo-Indianern, den Akan aus Ghana sowie unter den Hindu-lehrenden Upanishad in Indien (Peers 2012). Während jedoch die Seide der Seidenspinnerraupe Bombyx mori in China bereits vor mehr als 5000 Jahren kultiviert und nutzbar gemacht werden konnte, beschränkte sich die Nutzung von Spinnen- seide sehr lange auf die Verwendung der Netze als Fischernetze, Tragebeutel und Kopfbe- deckung (Peers 2012). Hierzu wurden die Netze mittels zweier Bambus-Stäbe einfach abgenommen und in die gewünschte Form gebogen. Es sollte bis 1709 dauern, als François- Xavier Bon de Saint-Hillaire aus Montpellier begann, Spinnen zu sammeln und ihre Seide zur Herstellung von einem Paar Strümpfe zu benutzen, das er der Herzogin von Bourgogne zum Geschenk machte (Peers 2012). Im gleichen Jahr präsentierte Bon diese Strümpfe zusammen mit einem Paar Handschuhe, das er ebenfalls aus Spinnenseide hergestellt hatte, bei der Veröffentlichung seiner „Dissertation sur l’utilité de la soye des arraignées“ (Übersetzung:

„Dissertation über die Nutzbarkeit von Spinnenseide“) in der Société Royale des Sciences in Montpellier (Peers 2012). Interessanterweise wogen diese Handschuhe nur 21 Gramm, wohingegen vergleichbare Handschuhe aus Seidenspinnerraupen-Seide 226 Gramm wogen

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- 18 - (Peers 2012). Im Jahr 1807 stellte der spanische Jesuiten-Priester Raimondo Maria de Termeyer dann in seinen „Opuscoli scientifici d'entomologia, di fisica e d'agricoltura, dell'abate D. Raimondo Maria de Termeyer“ (Übersetzung: „Wissenschaftliche Abhand- lungen über Insektenkunde, Physik und Landwirtschaft vom Abt Herrn Raimondo Maria de Termeyer“) eine Apparatur vor, mit der er Dragline-Seide direkt aus den Spinndrüsen der Spinnen gewinnen konnte (Abb. 9; Peers 2012).

Abbildung 9: Historische Darstellung der Apparatur von Raimondo Maria de Termeyer zur Gewinnung von Spinnenseide [aus Peers 2012]

Es sollte bis ins 21. Jahrhundert dauern, bis Nicholas Godley und Simon Peers Spinnen- seide unter Nutzung von modifizierten Versionen der Apparatur von de Termeyer auch für die künstlerische Textilgestaltung nutzten, so für die Fertigung eines Teppichs und eines Capes komplett aus Spinnenseide der Goldenen Radnetzspinne Nephila madagascarensis (Abb. 10, Peers 2012). Eine weitere Nutzung von Spinnenseide ist die Nutzung als Violinensaiten, wobei hier die Pionierarbeit von Shigeyoshi Osaki zu nennen ist (Osaki et al. 2012). Das Patent für die Nutzung als Instrumentensaite halten allerdings Eva und Volker Müller-Zierach als Eigner der Saitenmanufaktur Pirastro (Patent US 2011/0174134 A1).

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- 19 - Abbildung 10: A: Kunstvoll gestaltetes Cape aus Spinnenseide. B: Nahaufnahme der gewebten Reliefstruktur. C: Teppich in traditioneller Webart aus Madagaskar. Design von Simon Peers und Nicholas Godley (fotografiert vom Autor dieser Arbeit in der Ausstellung

„Golden Spider Silk“ im Victoria & Albert Museum in London, Großbritannien, am 24.01.2012; mit freundlicher Genehmigung von Simon Peers und Nicholas Godley)

Entgegen der textilen Nutzung der Spinnenseide war ihre biomedizinische Anwendung bereits in der Antike bekannt, so wurde sie bereits von griechischen und römischen Ärzten bis ins Mittelalter als Wundauflage verwendet (Newman und Newman 1995, Ratner et al. 2004, Scheibel 2004, Peers 2012). Zudem sollte sie blutstillende Eigenschaften besitzen (Newman und Newman 1995).

Diese Verwendung hat sogar Einzug in die Weltliteratur gefunden, genaugenommen in das Drama in „A Midsummer Night’s Dream“ von William Shakespeare (1595/96), in dem der Weber Nick Bottom sagt: „I shall desire you of more acquaintance, good Master Cobweb:

if I cut my finger, I shall make bold with you. (Übersetzung: „Ich werde um Ihre nähere Bekanntschaft nachsuchen, guter Meister Spinnweb – wenn ich mir in den Finger schneide, werde ich so frei sein, Sie um die Wunde zu binden, um mich Ihrer Verbundenheit als Ver- band verbindlich zu verbinden!)“ (Shakespeare 1595/96)

Eine erste Gewinnung von Spinnenseide für gewebte medizinische Applikationen wurde in einer Arbeit von Dr. Epifano Ferdinando, einem Professor für Medizin und Philosophie in einem Brief von 1621 erwähnt (Peers 2012). Jedoch erschienen diese Anwendungen in der kirchlich geprägten Medizin des Mittelalters als „Hexenwerk“, sodass diese Nutzung zugunsten anderer Verbandsstoffe in den Hintergrund trat.

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- 20 - Erst in neuerer Zeit erlebte die biomedizinische Verwendung von Spinnenseide eine Renaissance. Vollrath et al. implantierten Schweinen subkutan Bündel aus Dragline-Seide.

Diese waren ebenso verträglich wie übliche Wundverbandsmaterialien (Polyurethan, Kollagen, Gaze; Vollrath et al. 2002). Die Fremdkörperreaktion auf Spinnenseide-Kokons, in die die Spinne ihre Eier ablegt, ist weniger stark ausgeprägt als auf das resorbierbare Nahtmaterial Vicryl®, ein Polyglaktin, das zur Subkutan-Naht eingesetzt wird (Gellynck et al. 2008a). Auch wurden bereits Chondrozyten auf der Seide der Kokons angesiedelt (Gellynck et al. 2008b).

1.5 Fragestellungen und Hypothesen

Das Ziel dieser Arbeit sollte die Herstellung von Spinnenseide-Matrizen zur Besiedlung mit Zellen sowie die Untersuchung dieser im Hinblick auf Viabilität, Adhäsion, Proliferation und Metabolismus von Zellen sein.

Als Fragestellungen dieser Arbeit wurden daher die folgenden formuliert:

1. Ein Rahmengerüst herzustellen, das eine Anordnung nativer Spinnenfäden möglich macht, aber dabei die in Tab. 3 geforderten Eigenschaften aufweist, da es Teil der Matrix sein wird.

2. Eine Matrix aus Rahmengerüst und Spinnenseide auf eine Weise herzustellen, die die Anforderungen der Simplifikation mit hinreichender Komplexität erfüllt.

3. Diese Matrix auf Tauglichkeit in der Zellkultur zu überprüfen, verschiedene Techniken der Besiedelung mit Zellen zu prüfen und mit Trypsin-verdauter Spinnenseide zu vergleichen.

4. Die Adhäsion, Proliferation und Migration von Zellen auf dieser Matrix qualitativ und quantitativ zu untersuchen.

Die Forderung, dass die Matrix möglichst plan sein soll, erklärt sich daraus, dass sie licht- und fluoreszenzmikroskopisch untersucht werden soll, um zumindest qualitativ vergleichbar zu Kollagen- und Fibronektin-beschichteten Deckgläschen zu sein. Im Hinblick auf die Anwendung in der rekonstruktiven Chirurgie sollen Zellarten mesenchymaler Herkunft verwendet werden. Hierbei sollen ebenfalls verschiedene Techniken zur Besiedlung dieser Matrizen entwickelt und getestet werden.

(27)

- 21 - - Einfach genug, um konkrete Aussagen zur Adhäsion einzelner Zellen auf einzelnen

Fäden zu ermöglichen

- Komplex genug, um diese Aussagen aber mit hinreichender Zuverlässigkeit für komplexe dreidimensionale Modelle zu übertragen

- Möglichst plan, um einfache mikroskopische Untersuchung zu gewährleisten - Nicht zytotoxisch

- Stabil genug, um nicht von Zugkräften der aufgewickelten Spinnenseide verformt zu werden

- Sterilisierbar

- Einfach in der Herstellung, auch in verschiedenen Größen - Hohe Korrosionsbeständigkeit

Tabelle 3: Anforderung an eine Matrix zur Untersuchung von Zell-Matrix-Interaktionen in vitro.

Dabei ist die Verwendung einzelner loser Fäden aufgrund der Superkontraktion der Spinnenseide nicht günstig und zudem aufgrund der ebenfalls als annähernd zufällig zu betrachtenden Anordnung in wässriger Lösung nicht für die Fragestellungen geeignet (Work 1976, Bell et al. 2002). Es sollte eine Möglichkeit gefunden werden, durch Zuhilfenahme einer Rahmenstruktur eine geordnete Anordnung der Spinnenseide zu ermöglichen, die dann zusammen mit dem Rahmen als Matrix angewendet werden kann.

Daher wurden bestimmte Anforderungen an die Matrix aus gesponnener Spinnenseide und dem Material gestellt, das die gezielte Anordnung von Fäden ermöglichen sollte, die in Tabelle 3 zusammengefasst sind. Selbstverständlich sollten entsprechende Materialien nicht zytotoxisch sein, um die Zellkultur nicht negativ zu beeinflussen, aber auch Sterilisierbarkeit und Stabilität sind Kriterien, die Materialien für Rahmengerüste erfüllen sollten. Im Hinblick auf mögliche Einsätze in Laminar-Flow-Bioreaktoren sollten sie zudem eine hohe Korro- sionsbeständigkeit zeigen, um nicht durch Abrieb die ab- und zuführenden Schläuche der Bioreaktoren zu verstopfen.

Da in der Literatur eine Veränderung der Biokompatibilität von Spinnenseide-Kokons durch enzymatischen Verdau mit Trypsin beschrieben ist (Gellynck et al. 2008 a), soll in

(28)

- 22 - dieser Arbeit zudem untersucht werden, ob ein Verdau oberflächlicher Aminosäuren- Seitenäste durch Trypsin die Adhäsion und Proliferation verändert.

Aufgrund der von Christina Allmeling aus der Arbeitsgruppe der Experimentellen Plastischen und Rekonstruktiven Chirurgie der Medizinischen Hochschule Hannover publizierten Arbeiten (Allmeling et al. 2006, 2008) wird postuliert, dass ein Trypsin-Verdau im Gegensatz zu Spinnenseide-Kokons bei Dragline-Spinnenseide keinen Einfluss auf die Proliferation von Zellen auf eine Spinnenseide-Matrix hat. Zudem wird aufgrund dieser Arbeiten ebenfalls keinerlei Zytotoxität der Spinnenseide erwartet, wie sie von Hakimi et al.

formuliert wurde, wobei diese Arbeitsgruppe allerdings vor allem Seide der Seidenraupe Bombyx mori untersuchte, und die Spinnenseide, die nur als Kontrolle diente, zudem von Nephila edulis und nicht von Nephila clavipes stammte (Hakimi et al. 2010).

Im Hinblick auf die zu erwartenden Ergebnisse werden daher folgende Hypothesen formuliert:

1. Spinnenseide ist nicht zytotoxisch.

2. Zellen mesenchymaler Herkunft, i.e. Fibroblasten, können auf Spinnenseide adhärieren.

3. Fibroblasten können auf Spinnenseide migrieren und proliferieren und erlauben so die dichte Besiedlung mit Spinnenseide als zellkulturelle Matrix.

4. Durch Trypsin-Verdau kann keine signifikant bessere Adhäsion bzw. Proliferation erreicht werden.

Zur Überprüfung dieser Hypothesen und zur Beantwortung der Fragestellungen werden dabei analytisch morphologisch-qualitative (Lichtmikroskopie, Fluoreszenzmikroskopie, Rasterelektronenmikroskopie) sowie quantitative Untersuchungen (Zellzählung, zeitab- hängige Erfassung der relativen Fluoreszenz und des mitotischen Index) durchgeführt.

(29)

- 23 -

2. Material und Methoden 2.1 Herstellung der Matrizen

2.1.1 Herstellung der Webrahmengerüste Dampfsterilisation

Zur Dampfsterilisation wurden die Proben in einem gasdicht verschließbarem Druck- behälter (Autoklav) bei 121°C, 100 % Wasserdampfsättigung und 0,2 MPa Druck für 15 Mi- nuten sterilisiert, wobei Aufheizungs- und Abkühlungsphase nicht in die 15 Minuten ein- gerechnet wurden.

Herstellung eines Rahmengerüsts für die Miniatur-Webrahmen

Zur Untersuchung der Spinnenseide in einer zweidimensionalen Matrix wurden Miniatur- Webrahmen aus 0,7 mm dickem, federhartem, rostfreiem Biegedraht verwendet (REF 527- 070-00, Dentaurum GmbH, Ispringen, Deutschland; Abb. 11 A).

Abbildung 11: A: Federharter, rostfreier Stangendraht (Dicke 0,7 mm); B: Dreipunkt- Biegezange (Größe Medium); beide Fa. Dentaurum

Mithilfe einer 13 cm langen Dreipunkt-Biegezange zur Herstellung von rechten Winkeln (Größe 13 cm; REF 003-200-00, Dentaurum GmbH; Abb. 11 B) wurden diese zu etwa quadratischen Rahmen mit einer Kantenlänge zwischen 5 und 12 mm gebogen (Abb. 12), wobei für die zellkulturellen Untersuchungen vornehmlich Kantenlängen von 12 mm verwendet wurden, um vergleichbar zu den Kontrollen zu sein (siehe nächster Abschnitt).

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- 24 - Hierbei wurde besonderes Augenmerk auf die Herstellung von planen Rahmen gelegt, d.h.

ausschließlich in einen zweidimensionalen rechten Winkel zu biegen, ohne dabei Form- veränderungen in der dritten Dimension zu bewirken. Am Ende des Drahtes wurde eine Art Haken gebogen, mit dem der Webrahmen an dem unter 2.1.2 beschriebenen Adapter befestigt werden konnte.

Abbildung 12: In dieser Studie verwendete Webrahmen aus 0,7 mm dickem, rostfreiem, federhartem Biegedraht.

2.1.2 Gewinnung von Spinnenseide Haltung der Spinnen

Es wurden keine Tierversuche im Sinne des Deutschen Tierschutzgesetz (TschG) oder der Direktiven der Europäischen Union durchgeführt, da die Spinnen lediglich zur Gewinnung von Spinnenseide benutzt wurden. Dies stellt einen physiologischen Vorgang vor, die Tiere wurden dabei nicht verletzt.

Zur Gewinnung von Dragline-Spinnenseide wurden Spinnen der Gattungen Nephila clavipes, edulis und senegalensis sowie Agriope argentata in speziell umgebauten Räumen im Labor für Regenerationsbiologie in der Plastischen Chirurgie gezüchtet. Die ersten Tiere waren ein Geschenk der entomologischen Abteilung des Zoos „Wilhelma“ in Stuttgart, die erfolgreich zur Paarung gebracht werden konnten.

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- 25 - Bis zu 40 Tiere wurden in einem Raum von etwa 25 m² gehalten, bei einer höheren Anzahl von Spinnen pro Raum zeigten die Tiere ein kannibalistisches Verhalten. Die Wände sowie Decken und Böden der Räume wurden mit Folie ausgekleidet, um den Spinnen das Klettern an den sonst zu glatten Wänden zu ermöglichen. Zudem wurden die Räume auf 25°C geheizt und mit elektrisch betriebenen Vaporisatoren und sterilem Wasser eine Luftfeuch- tigkeit von etwa 80 % erzeugt. Die Spinnen wurden 3 Mal pro Woche mit jeweils einem Heimchen (Acheta domesticus) gefüttert und täglich durch Besprühen des Netzes mit sterilem Wasser getränkt. Nach jeder Spinnenseide-Ernte erfolgte unabhängig vom Fütterungsplan eine gesonderte Fütterung und Tränke, um den Protein-Verlust auszugleichen. Für diese Dissertation wurden lediglich Spinnen der Gattung Nephila clavipes verwendet, um eine bessere Vergleichbarkeit der Ergebnisse zur Literatur zu erzielen, da diese Spezies die am besten untersuchte Spinnenart darstellt.

Gewinnung von Spinnenseide

Abbildung 13: Fixierung der Spinnen zur Gewinnung von Spinnenseide. A: Nach Einfangen der Spinnen werden diese am Chitin-gepanzerten Thorax-Segment gehalten und auf einem Styroporblock in Position gebracht. B: Der Spinnenkörper wird soweit mit einer Mullkompresse bedeckt, dass nur noch die Spinndrüse frei liegt. Anschließend wird die Spinne durch die Kompresse, die durch Stecknadeln zwischen den Beinpaaren gehalten wird, auf der Unterlage fixiert.

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- 26 - Adulte Spinnenweibchen wurden mithilfe einer Plastikschachtel aus ihrem Netz gefangen, mit einer Pinzette auf einen Styroporkeil gehalten und mit einer Kompresse (Fuhrmann Mullkompressen 10 x 10 cm, 12-fach gefaltet, Fuhrmann GmbH, Much) und Stecknadeln immobilisiert (Abb. 13 A, B).

Dabei wurden die Tiere mit den Branchen der Pinzette ausschließlich am chitinge- panzerten Thoraxsegment gefasst, um eine Verletzung des weichen Abdomens oder der empfindlichen Gelenke der Beine zu verhindern (Abb. 13 A).

Durch die Fixierung zwischen den Beinen (Abb. 13 B) konnte ebenfalls eine Verletzung der Tiere verhindert werden. Die Spinnenseide-Gewinnung ist für die Spinnen nicht schmerzhaft, daher war eine CO2-Narkose nicht nötig. Zudem war durch CO2-Narkose eine pH-Änderung der Spinnenseide nachgewiesen worden (Riekel et al. 2004).

Abbildung 14: Die zur Bewickelung der Spinnenseide-Rahmen verwendete Maschine zur Gewinnung von Spinnenseide. A: Mit der Pinzette gegriffener Faden (Pfeil) vor dem zu be- wickelnden Rahmen. B: Auf den Rahmen gewickelter Dragline-Faden (Pfeil). C: Gesamtauf- bau der zur Bewickelung verwendeten Maschine; Pfeile kennzeichnen den Fadenverlauf vom Abdomen der Spinne (Sternchen, vgl. Abb. 13).

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- 27 - Da immer ein kurzer Faden Dragline-Seide aus der anterio-medialen Spinndrüse (Glandula ampullate majoris) einer Radnetzspinne hängt, der ihr als Fallleine dient, ist das freie Ende dieses Fadens leicht verfügbar. Der adäquate Stimulus für die Produktion von Dragline-Seide ist Zug an diesem Faden, die Produktion selbst ist ein physiologischer Vorgang, sodass die Spinne bei der Gewinnung nicht geschädigt wird.

Zum Aufkurbeln der Spinnenseide wurde eine ursprünglich 1982 von Robert Work be- schriebene Maschine in Kooperation mit dem Institut für Technische Chemie der Leibniz- Universität gebaut und so modifiziert, dass die Geschwindigkeit des Aufkurbelns (= vlongitudinal) geregelt werden konnte (Abb. 14, Work und Emerson 1982, Kuhbier et al.

2010).

Diese Maschine beruht in den Grundzügen auf der von de Termeyer entworfenen Maschine zur Gewinnung von Spinnenseide aus dem Jahre 1796 (Peers 2012). Dabei wurde zunächst aus der Anzahl der Umdrehungen pro Sekunde (= f) und dem pro Umdrehung zurückgelegten Weg (= s) die vlongitudinal mittels Gleichung (1) errechnet.

(1) vlongitudinal=sf [m s-1]

So wurden verschiedene Geschwindigkeiten der Fadengewinnung ermittelt, die dann den entsprechenden Positionen des Geschwindigkeitsreglers zugeordnet werden konnten. Der Sockel mit dem Elektromotor und dem sich drehenden Stift war auf einem Schlitten aufgebracht, der repetitiv mit etwa 1,2 x 10-4 m s-1 (= vlateral) im rechten Winkel zur Richtung des Aufwickelns, d.h. gewissermaßen in der „lateralen“ Richtung, mit einer Amplitude von 2 cm hin- und herfuhr, um ein räumlich gleichmäßig verteiltes Aufwickeln zu ermöglichen (Abb. 14 C, Abb. 15). Zudem konnten durch vorgebohrte Gewinde verschiedene Aufsätze an dem sich drehenden Stift eingespannt werden (Abb. 14 A). Für die Webrahmen wurde ein spezieller Aufsatz gebaut, an den eine handelsübliche Papierklemme geschraubt wurde (Abb. 14 A/B). In diese konnten nun die im Abschnitt 2.1.1 beschriebenen Webrahmen an dem vorgefertigten Befestigungshaken (vgl. Abb. 12 und 14) eingespannt werden.

Zum Aufwickeln wurde ein kreuzförmiger Aufsatz mit etwa 30 cm langen Streben aus Kunststoff gebaut, auf den mit einsteckbaren Stiften Fäden aufgewickelt werden konnten (Abb. 15). So konnten jeweils Fäden mit einer definierten Anzahl an Umdrehungen mit einer Länge von ca. 90 cm pro Umdrehung gewonnen werden.

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- 28 - Abbildung 15: Maschine zur Gewinnung von Spinnenseide, besetzt mit 30 cm langen Teflon-Streben zur Gewinnung von Fäden großer Länge. Das Sternchen markiert den Faden, der Pfeil das Abdomen der Spinne.

2.1.3 Herstellung von Miniatur-Webrahmen und Kontrollen

Aus den wie unter 2.2.1 beschrieben gefangenen Spinnen wurde nun die Spinnenseide gewonnen, indem die Dragline mit einer sterilen Pinzette gefasst wurde und diese mehrmals um das Webrahmengerüst geschlungen wurde (Abb. 13 A/B, Abb. 14 A - C). Der Elektro- motor wurde eingeschaltet, um die Spinnenseide auf das Webrahmengerüst aufzuwickeln, wobei für die ersten Umdrehungen ein sehr langsamer Zug eingestellt wurde, um ein Ablösen der nur locker umschlungenen Fäden zu verhindern. Die Geschwindigkeit wurde nun vorsichtig auf etwa 1 Umdrehung pro s eingestellt und die Webrahmen bewickelt, bis eine homogene Verteilung der Spinnenseide-Fäden erreicht war.

(35)

- 29 - Abbildung 16: Die in dieser Studie verwendeten Webrahmen mit entsprechender Be- wicklung mit Spinnenseide.

Anschließend wurden die Webrahmen mit einer sterilen Pinzette gefasst, die Klammer geöffnet und die Webrahmen um 90 Grad in der frontalen Ebene gedreht wieder eingespannt.

Nun wurde der Webrahmen in einer vergleichbaren Maschenweite (d.h. Umdrehungsdauer) bespannt, sodass ein überkreuzendes Gittermuster der Spinnenseide-Fäden auf dem Web- rahmen resultierte. Der Befestigungshaken wurde mittels eines Seitenschneiders abgetrennt, damit die Rahmen in eine Kavität einer 6-Kavitätenplatte passen (Abb. 16). Abschließend wurden die bespannten Webrahmen wie oben beschrieben dampfsterilisiert.

Herstellung der Kontrollen

Als Kontrollen wurden Deckgläschen mit einer Kantenlänge von 12 mm (Menzel Gläser, Braunschweig) zunächst mit 70%igem (v/v) Ethanol gereinigt und anschließend dampfsteri- lisiert. Die Beschichtung mit Kollagen A oder Fibronektin als typische Proteine der extra- zellulären Matrix erfolgte entsprechend den Herstellerangaben. Die Beschichtung wurde jeweils direkt vor den Versuchen durchgeführt, um etwaige Beeinflussungen durch längere Lagerungszeiten zu vermeiden.

(36)

- 30 - 250 µl Kollagen A-Lösung (gewonnen aus Kalbshaut; Kollagen A, 1 mg/ml, Biochrom AG, Berlin) wurden pro Deckgläschen mit einer Pipette verteilt, sodass eine homogene Bedeckung des kompletten Deckgläschens gewährleistet war. Dann wurde das beschichtete Deckgläschen für 30 Minuten bei 37°C/100% Wasserdampfsättigung/5% CO2 inkubiert und anschließend mit PBS abgespült.

Fibronektin-Lösung (aus Humanplasma; Fibronektin, 1 mg/ml, Biochrom AG), wurde entsprechend der Herstellerangaben mit PBS auf 0,15 mg/ml verdünnt. Von dieser Ver- dünnung wurden 250 µl pro Deckgläschen mit einer Pipette verteilt, für 30 Minuten bei Raumtemperatur (18°C +/- 4°C) inkubiert und anschließend mit frischem PBS abgespült.

2.2 Bestimmung der mechanischen Eigenschaften

Messung der Verformung und der verformenden Kraft

Webrahmen-Gerüste wurden wie oben beschrieben hergestellt und mit einem Maßband ihre Kantenlänge bestimmt. Dann wurden diese Webrahmen-Gerüste wie oben beschrieben in zwei Richtungen mit Spinnenseide bewickelt und anschließend erneut gemessen (Abb. 17).

Abbildung 17: Darstellung der Deformation durch Vergleich eines Webrahmens vor Be- wicklung mit Spinnenseide (A) und nach Bewicklung (B).

Mit Gleichung (2) wurde die Deformation (D) als prozentualer Anteil der Differenz (Δl) der nun gemessenen Kantenlänge von der Ausgangskantenlänge (l0)berechnet:

(37)

- 31 -

(2) D= (∆ll01)100 [%]

Dabei wurde die aus der Bewicklung resultierende verformende Kraft (Fgemessen) definiert als diejenige Kraft, die mit einer Federwaage appliziert werden musste, um l0 wiederherzu- stellen und anschließend entsprechend gemessen (Medio-Line Modell-Nr. 40310; Kapazität 300 g, d = 2 g; Kern & Sohn GmbH, Balingen, Deutschland).

2.3 Testung der Rahmen in der Zellkultur

2.3.1 Durchführung der Kultivierung von Zellen Kultivierung von NIH/3T3-Fibroblasten

Zur Besiedlung wurden murine Fibroblasten der Zelllinie NIH/3T3 (ATCC Katalog-Nr.

CRL 1658, Vertrieb über LGC Standards GmbH, Wesel) verwendet, da diese als immortale Zelllinie nicht nur einfach zu handhaben sind, sondern in der Literatur gut beschrieben sind und als Standard-Fibroblasten-Zelllinie gelten (Todaro & Green 1963, Webb et al. 1998, Liu et al. 2000, Friis et al. 2005). Lichtmikroskopisch erscheinen diese Fibroblasten spindelförmig mit langen Zellausläufern (Pseudopodien) und gruppieren sich fischzugartig entlang ihrer Längsachse.

Unterdessen wurde bereits Fibroblasten-Nährmedium vorbereitet, für das Dulbeccos Modified Eagle’s Medium (DMEM) High Glucose Cell Culture Medium (PAA, Pasching, Österreich) mit 10 % (v/v) fetalem Kälberserum (Biochrom AG, Berlin), 1 % (v/v) Natrium- Pyruvat (PAA) sowie 1 % (vol/vol) Gentamycin-Lösung (10.000 mg/ml; Biochrom AG) versetzt wird. Anschließend wurden die aufgetauten Fibroblasten in ein 15-ml-Zentrifugen- Röhrchen (TPP), gefüllt mit 10 ml Fibroblasten-Medium, pipettiert und für 5 Minuten mit 800 Umdrehungen pro Minute (rounds per minute, RPM) bei einer Temperatur von 4°C zentri- fugiert. Dadurch sedimentierten die Zellen als schwerste Teilchen der Zellsuspension auf den Boden des Zentrifugations-Röhrchens und sammelten sich hier als Sediment. Der Überstand wurde mit einer Pasteur-Pipette, angeschlossen an ein Vakuum-Absauggerät, abgesaugt.

Dieser Waschschritt ist nötig, um das Dimethylsulfoxid (DMSO; Biochrom AG) zu entfernen.

Daraufhin wurden 10 ml frisches Medium in das Röhrchen gegeben und das Zellpellet resuspendiert. Diese Zelllösung wurde anschließend in eine Zellkultur-Flasche aus Polystyrol

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- 32 - (TPP, Trasadingen, Schweiz) mit einer Fläche von 75 cm² gefüllt und in einem Brutschrank bei 37°C und 100 % Wasserdampfsättigung in einem 95% Luft/5% Kohlenstoffdioxid-(CO2)- Gemisch inkubiert. Das Medium wurde alle 2 bis 3 Tage gewechselt, bis die Fibroblasten eine etwa 70%ige Konfluenz erreichten.

Ablösen und Subkultivieren der Zellen

Die Fibroblasten wurden folgendermaßen subkultiviert: Zuerst wurde das alte Medium mit einer Vakuumpumpe abgesaugt, anschließend wurde die Zellkulturflasche mit etwa 8 ml Phosphat-gepufferter Salzlösung ohne Calcium2+/Magnesium2+-Ionen (PBS without Ca2+/Mg2+; PAA) gespült, da Mediumreste die zum Ablösen der Zellen nötige enzymatische Aktivität durch das im FKS enthaltene α1-Antitrypsin, ein im Serum gelöstes Akute-Phase- Protein, hemmen würden. Anschließend wurde 1 ml einer 0,25%igen (v/v) Trypsin/Ethyl- diamintetraessigsäure-(EDTA)-Lösung (PAA) auf den Boden der Zellkulturflasche gegeben und diese so bewegt, dass sich diese Lösung auf dem kompletten Boden verteilte. Dann wurde der Überstand abgesaugt und die Zellkulturflasche für wenige Minuten bei 37°C/100%

Wasserdampfsättigung/5% CO2 inkubiert, um extrazelluläre Proteine zu spalten, die die Adhärenz am Zellkulturboden bewirken. Dabei wurde lichtmikroskopisch das Ablösen der Zellen kontrolliert, die sich nun non-adhärent mit einem kugelförmigen Phänotyp präsen- tierten. Nun wurde die enzymatische Reaktion durch Zugabe von 10 ml FKS-haltigem Medium abgestoppt und wieder bei 800 RPM und 4°C für 5 Minuten zentrifugiert.

Wenn die Zellen zur weiteren Kultivierung passagiert wurden, wurde das Zellpellet nun in 5 ml frischem Medium aufgenommen und jeweils 1 ml in 5 neue, mit jeweils 9 ml frischem Medium befüllte 75-cm²-Zellkulturflaschen (TPP) aufgenommen.

Wenn die Zellen für weitere Analysen nicht mehr kultiviert werden mussten oder aufgrund der raschen Passagezeit zu große Populationen entstanden, wurden die Zellen eingefroren. Dazu wurden sie wie oben beschrieben abgelöst, zentrifugiert und in 500 µl reinem FKS aufgenommen. Anschließend wurde diese Suspension mit 500 µl DMSO vermischt, welches zwar zytotoxisch ist, jedoch in der Kryokonservierung von eukaryoten Zellen Glycerin in Bezug auf die Hemmung von Eiskristallen und damit der irreversiblen Zerstörung von Zellorganellen überlegen ist (DaViolante et al. 2002, Yawn 2011). Diese Suspension wurde nun in einen abgeschlossenen Behälter, der von Ethanol umgeben ist, gegeben und dieser sofort in einen Gefrierschrank mit einer Temperatur von -20°C überbracht, wo sie für 48 Stunden gekühlt wurden. Durch den Behälter ist eine langsame

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- 33 - Abkühlung von 1°C pro Stunde gewährleistet. Danach wurden sie aus dem Behälter genommen und in einer Gefriertruhe bei -152°C gelagert. Wenn die Zellen nun für das Aussäen auf der Spinnenseide-Matrix verwendet wurden, wurden sie zunächst wie folgt ausgezählt.

Auszählen der Zellen

Das Pellet wurde nun in 1 ml frischem Medium aufgenommen, zur Zellzählung wurden von dieser Suspension wiederum 10 µl entnommen und mit 10 µl 0,4 % (vol/vol) Trypanblau (3,3′-Dimethyl-4,4′-bis(5-amino-4-hydroxy-2,7-disulfonaphtyl-3-azo)-[1,1′-biphenyl]) in PBS vermischt. Trypanblau ist ein Farbstoff, der erstmalig 1904 von Paul Ehrlich zur Behandlung der Erkrankung mit Trypanosomen synthetisiert wurde, und der häufig als Vitalfärbung zum Nachweis lebendiger Zellen genutzt wurde, zuerst von Emanuel Goldmann (Ehrlich & Shiga 1904, Goldmann 1913). Aufgrund der veränderten Permeabilität der Zellmembran toter Zellen kann Trypanblau in das Zytoplasma diffundieren, wodurch sich diese blau anfärben, wohingegen lebendige Zellen zwar einen blauen Saum als Zeichen der Anlagerung von Trypanblau an Proteine der Zellmembran, aber ein vom Farbstoff ausgespartes Zytoplasma zeigen. Entsprechend der gängigen Nomenklatur ist dies eine 1:2 Verdünnung, da 1 Teil Trypanblau auf 2 Teile Gesamtvolumen kommen. Von dieser gefärbten Lösung wurden 10 µl in die Zählkammer einer Neubauer-Zählkammer (Brand GmbH & Co. KG, Wertheim, Deutschland) pipettiert, durch die man durch Auszählen einzelner Zellen in 100-facher Vergrößerung am Mikroskop durch Anwendung von Gleichung (3) den Zellgehalt pro µl bestimmen kann.

(3) Zellen pro µl = ausgezählte Zellen x Verdünnung-1 x Volumen-1 [µl-1]

Dabei wurden die vier Eckquadrate ausgezählt und durch Division durch 4 der Mittelwert gebildet. Da jedes Eckquadrat eine Fläche von 1 mm² und eine Höhe von 0,1 mm hat, ergibt sich ein Volumen von 0,1 mm³, entsprechend 0,1 µl. Da das Volumen der Eckquadrate der Zählkammer somit eine Konstante ist und auch die Verdünnung konstant beibehalten wurde, kann Gleichung (3) durch Einsetzen dieser Konstanten formuliert werden als Gleichung (4):

(4) Zellen pro µl = ausgezählte Zellen x 2 x 10 [µl-1]

Referenzen

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A. 1) A driver may be admitted to the United States with an empty tractor to pick up a trailer for delivery to Canada or Mexico. 2) The driver may be admitted to the United States