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Archiv "Euthanasie: Unethisch" (11.06.1987)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

V

oraussichtlich wird die 39. Generalversamm- lung des Weltärztebun- des, die Anfang Oktober in Ma- drid tagt, eine Deklaration von ungewöhnlicher Kürze, aber entschiedener Eindeutigkeit verabschieden: Euthanasie steht im Gegensatz zur ärztlichen Ethik! Der gesamte (englische) Wortlaut ist sechs Schreibma- schinenzeilen lang und heißt in nichtoffizieller Übersetzung:

„Euthanasie, das heißt das ab- sichtliche Beenden des Lebens eines Patienten, sei es auf des- sen eigenen oder auf Wunsch naher Angehöriger, steht im Gegensatz zur ärztlichen Ethik.

Dies hindert den Arzt nicht dar- an, den Wunsch eines Patienten zu respektieren, daß dem natür- lichen Verlauf des Sterbens in der Endphase seiner Krankheit Raum gegeben wird." Also:

keine „ aktive " Sterbehilfe, aber gegebenenfalls Verzicht auf lebensverlängernde Maß- nahmen, „passive" Sterbehilfe.

Angestoßen wurde der Vor- stand des Weltärztebundes, der

Euthanasie

Unethisch

Ende Mai in München im Haus der Bayerischen Landesärzte- kammer tagte, durch ein Doku- ment der holländischen Ärz- teorganisation. Dort sind näm- lich seit einiger Zeit lebhafte Diskussionen über die Euthana- sie im Gange, und es gibt sogar schon Richtlinienentwürfe.

AIDS hat die Dinge noch be- schleunigt; einige holländische Ärzte haben verkündet, daß sie AIDS-Kranken Sterbehilfe ge- leistet hätten. Daß AIDS-Pa- tienten auf den Wunsch nach Sterbehilfe kommen, ist ver- ständlich angesichts des ständi- gen Betonens der (vorläufig noch) infausten Prognose in den Medien. Aber es verwundert doch, daß gerade in den Nieder- landen, wo man so gern seine weiße antifaschistische Weste herausstreicht, nicht gesehen

wird, daß — wie es der General- sekretär des Weltärztebundes, Dr. Andr6 Wynen (Belgien), in München formulierte — Eutha- nasie auf Wunsch nur der erste Schritt zum Begriff des „lebens- unwerten Lebens" ist.

Die Ärzte der Welt sind sich hier ausnahmsweise einmal mit einer grünen „Fundamentali- stin" einig. Jutta Ditfurth hat ei- nen Tag nach dem Münchener Vorstandsbeschluß ihre Teil- nahme am Kasseler „Gesund- heitstag" abgesagt, weil man sich dort nicht eindeutig von Hackethal distanziert habe. Die Pressestelle der GRÜNEN hat dies auch offiziell bekanntgege- ben. Frau Ditfurths Satz: „Wer Menschen ein ‚Leiden' unter- stellt, das ihr Leben angeblich unwürdig macht, beschreitet den Weg zum unwerten Leben, der dann anderen als diesen Menschen selbst die Entschei- dung über Leben ja oder nein wird" ist zwar grammatisch ver- unglückt, aber er kann in sei- nem Inhalt nur kräftig unterstri- chen werden. bt

B

' esonders hilfreich . . . ist die Stimmungsgedrückt- heit." — Bitte sehr: so steht es in einem medizinischen Artikel über larvierte Depres- sionen und über die dabei natur- gemäß gegebenen diagnosti- schen Schwierigkeiten.

Nein, der Autor wollte de- pressive Menschen sicher nicht verhöhnen. Nur hat er nicht be- dacht, daß das, was er sagen wollte, möglicherweise sehr zy- nisch wirken kann. Gemeint war nämlich, und so steht es auch da: „Besonders hilfreich in dia- gnostischer Hinsicht ist die Stimmungsgedrücktheit". Aber konnte man das wirklich nicht besser formulieren?

Zugegeben: vieles ist ja bes- ser geworden. Der alte Liebling sprachsensibler Leser, das

„Krankengut" (das mich immer an den schlimmen Ausdruck

„Menschenmaterial" erinner- te), ist glücklicherweise fast ganz verschwunden. Aber vieles

Fachsprache

Aufgespießt

ist beinahe noch schlimmer ge- worden.

Da ging es neulich um die Mastektomie: An 200 Patientin- nen wurde eine neuartige Krebsbehandlung erprobt, bei der die Brust erhalten werden soll, und dann wurde ein Ver- gleich mit 200 Mastektomie-Pa- tientinnen gezogen. Ob Sie's glauben oder nicht: die 200 Pa- tientinnen der ersten Gruppe

„schnitten dabei ebensogut ab"

wie die der zweiten. Das schreibt eine renommierte Nachrichtenagentur.

Eine mindestens ebenso re- nommierte Publikation verließ sich nicht auf die Agentur, son- dern ließ den eigenen Fachre- dakteur schreiben. Aber der

brachte leider auch unfreiwillig Komisches zu Papier: „Die Mastektomie hinterläßt tiefe psychologische Narben".

Damit nun keiner denkt, hier werde nur über andere ge- meckert: Das DEUTSCHE ÄRZTEBLATT brachte einen Beitrag über die AIDS-Gefähr- dung von Angehörigen der Heil- berufe. Auf blauem Grund ei- gens hervorgehoben wurden Ratschläge über den vorsichti- gen Umgang mit Nadeln, Sprit- zen und anderen scharfen In- strumenten: In stabilen Behäl- tern sammeln; Kanülen nicht in die Schutzkappe zurückstecken;

Handschuhe tragen — alles, um Nadelstichverletzungen mög- lichst zu vermeiden.

Und dann folgte die wahr- lich in diesen Zusammenhang

„passende" Forderung: Auf die Einhaltung solcher Vorschriften sollte der jeweilige Vorgesetzte durch wiederholte „Stichpro- ben" achten . . . gb

Dt. Ärztebl. 84, Heft 24, 11. Juni 1987 (1) A-1681

Referenzen

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