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Archiv "Krebsfrüherkennung in Mund, Rachen und Kehlkopf: Ergebnisse des Erlanger Vorsorgetests" (02.12.1976)

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(1)

Krebsfrüherkennung

in Mund, Rachen und Kehlkopf

Ergebnisse des Erlanger Vorsorgetests*)

Wolfgang Steiner

Aus der Universitäts-HNO-Klinik Erlangen (Direktor: Professor Dr. Malte E. Wigand)

Schematische Darstellung der Kehlkopfuntersuchung mit dem Lupenlaryngoskop. Bild unten:

Umschriebene Epithelabhebung.

Dem Krebs im Kopf-Hals-Bereich wird in der Diskussion über Früher- kennung und Vorsorge zu wenig Bedeutung beigemessen. In stati- stischen Vergleichen von Krebser- krankungen bei Mann und Frau bleibt oft der HNO-Bereich unbe- rücksichtigt. An der Erlanger HNO- Klinik wurde in den letzten Jahren ein Anstieg der Larynxkarzinome und der Präkanzerosen beobachtet (Abbildungen 1 a und 1 b). Durch- schnittlich kommt täglich mehr als ein neuer Patient mit einer Krebs- erkrankung zur Aufnahme.

Zahlreiche Patienten kommen erst mit fortgeschrittenem Tumorsta- dium in die klinische Behandlung.

Dabei fällt auf, daß die Mehrzahl der Malignomträger mehr als sechs Monate krebsbezogene Be- schwerden bemerkt hat und teil- weise in Behandlung stand. Oft kommen Patienten spät zum Arzt, weil sie Warnzeichen nicht beach- ten und Frühsymptome bagatelli- sieren. Manche gehen trotz eines sichtbaren Tumors im Kopf-Hals-Be-

*) Mit Unterstützung der Deutschen For- schungsgemeinschaft

Die Krebsvorsorgeuntersuchung im HNO-Bereich erweist sich be- sonders für den Kehlkopf ergiebig. Endoskopie und bioptische Hi- stologie stellen den Kern laryngologischer Diagnostik dar. Die Lu- penendoskopie, eine neue Methode zur Inspektion von Rachen und Kehlkopf, wurde im Rahmen eines Forschungsprojektes erprobt und beim Erlanger Krebsvorsorgetest erfolgreich eingesetzt. Die vorläufige Auswertung von bisher 5171 Dokumentationsbögen er- gab einen relativ hohen Anteil an Präkanzerosen (3 Prozent) und malignen Tumoren (0,3 Prozent).

Zunahme der Tumoren Symptomatik

im HNO-Bereich von Rachen- und Kehlkopftumoren

(2)

Universitäts-HNO-Klinik Erlangen Mikrolaryngoskopie: 2348 Kehlkopf Karzinome: 1025

••m•••• Hypopharynx Karzinome: 161 1961-1975

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1961 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75

Abbildung 1 a: Zunahme der Kehlkopfkarzinome an der Universitäts-HNO- Klinik seit 1961; deutlicher Anstieg auch der Mikrolaryngoskopien

Präkanzerosen 145 Karzinome

108 107

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74 75 Juli 76

Abbildung 1 b: Häufigkeit der Präkanzerosen und Karzinome im Larynx von 1973 bis Juni 1976 der Universitäts-HNO-Klinik Erlangen

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Krebsvorsorge im HNO-Bereich

3160 Heft 49 vom 2. Dezember 1976 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

reich erst zu einer Untersuchung, wenn sie von ihrer Umgebung dazu gedrängt werden. Eine weitere Ur- sache für eine verspätete Krebs- diagnose im HNO-Bereich ist das versteckte Wachstum von Tu- moren.

In Freiräumen, wie zum Bei- spiel in den Nebenhöhlen, im Naso-, Oro- oder Hypopharynx, können Geschwülste lange Zeit wuchern, ohne charakteristische Frühsymptome hervorzurufen. Erst größere Volumina oder invasive Ausbreitung rufen eines Tages Be- schwerden hervor (Abbildungen 4 a bis 4 d auf Seite 3163).

Symptome wie behinderte Nasenat- mung, einseitige Absonderung von Nasensekret, Nasenbluten, übler Geruch in der Nase, Kopfschmer- zen, Schalleitungsschwerhörigkeit und Knotenbildung am Hals kön- nen auf einen malignen Tumor im Bereich_ der Nase, der Nebenhöh- len oder des Nasenrachens hinwei- sen.

Unklare Schluckbeschwerden, Fremdkörper- und Kloßgefühl, Kratzen im Hals und Räusper- zwang können durch Tumoren im supraglottischen Bereich sowie im Oro- und Hypopharynx hervorgeru- fen sein. Liegt eine Schluckbehin- derung oder eine Halsmetastase vor, so ist der Tumor meist schon in seinem Wachstum fortgeschrit- ten (7)**)

Günstiger hingegen sind die Vor- aussetzungen für eine Früherken- nung von Kehlkopfkrebs. Für die Stimmlippentumoren, und sie ma- chen fast 80 Prozent der endola- ryngealen Karzinome aus, ist Hei- serkeit ein Leit- und Frühsymptom.

Auch läßt sich der Kehlkopf leich- ter inspizieren als die Nischen und Falten des Naso- und Hypopha- rynx. Dennoch müssen noch etwa 40 Prozent der Patienten mit einem von der Glottis ausgehenden Tu-

mor laryngektomiert werden.

**) Die in Klammern gesetzten Zahlen be- ziehen sich auf das im Sonderdruck veröffentlichte Literaturverzeichnis.

(3)

Kehlkopf

1 2 3

6 7 8 9

4 10 5

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1 Rachenhinterwand 2 Trachea

3 Plica aryepiglottica 4 Epiglottis

5 Vallecula epiglottica

6 Aryknorpel 7 Sinus piriformis 8 Stimmlippen 9 Taschenfalten 10 Schleim 11 Zungengrund

Abbildung 2 a (links oben): Lupenendoskopische Übersicht des Larynx. Beginnendes ödem der linken Stimmlippe.

Guter Einblick in den Sinus piriformis und den subglottischen Raum — Abbildung 2 b (rechts oben): Schemati- sche Darstellung der Kehikopfuntersuchung mit dem Lupenlaryngoskop-Epipharyngoskop nach v. Stuckrad — Ab- bildung 2 c (rechts unten): Umschriebene ädematöse Epithelabhebung am freien Rand der rechten Stimmlippe (Lu- penvergrößerung)

Die Früherkennung von Kehlkopf- krebs ermöglicht dagegen eine funktionserhaltende Therapie. Sei- ne Prognose ist mit einer Fünf-Jah- res-Überlebensrate von fast 90 Pro- zent hervorragend.

Diagnostische Methoden zur Krebsfrüherkennung in Rachen und Kehlkopf

Seit drei Jahren beteiligt sich die Erlanger HNO-Klinik zusammen mit anderen Kliniken und Instituten der

Erlanger Universität an einem von der Deutschen Forschungsgemein- schaft geförderten Projekt (SFB 118) zur Erforschung von Methoden zur Krebsfrüherkennung. In Ra- chen und Kehlkopf lassen sich Ver- dachtsfälle bereits mit Hilfe der In- spektion aussondern und einer weiteren Diagnostik zuführen. Aus diesem Grund kann zur Früherken- nung auf Untersuchungsmethoden wie Röntgen, Xeroradiographie, Thermographie und Ultraschallun- tersuchungen weitgehend verzich- tet werden.

Endoskopische

Untersuchungsmethoden

Bisher waren Schwerpunkte laryn- gologischer Diagnostik die Spiegel- untersuchung und Narkose-Mikro- laryngoskopie nach Kleinsasser (3).

Winkeloptiken, wie beispielswei- se die Hopkins-Optiken (12), wur- den relativ - wenig und vorwie- gend zur Fotodokumentation ein- gesetzt, nicht aber als Routineun- tersuchungsmethode in Praxis und

Klinik. Mit dem von v. Stuckrad in

(4)

Nasenrachenraum

5 6

1 Rachendach 2 Tubenwulst 3 Tubenostium 4 polypöse Schleim-

hautveränderung 5 hintere Muschelenden

6 unterer Nasengang 7 verdicktes hinteres

Muschelende 8 Choanen

9 hintere Muschelenden 10 Vomer

9

4 10

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Krebsvorsorge im HNO-Bereich

München entwickelten „Lupenla- ryngoskop-Epipharyngoskop" steht seit Ende 1974 eine neue Routi- neuntersuchungsmethode für La- rynx und Nasopharynx zur Verfü- gung (10). Diese 90 °-Winkeloptik mit regelbarer Vergrößerung — maximal fünffach — und Weitwin-

kelperspektive stellt einen techni- schen Fortschritt dar (Abbildungen 2 a bis c und 3 a bis c). Rasch und ohne wesentliche Belästigung des Patienten und mit vorzüglicher Ausleuchtung lassen sich Regio- nen in Rachen und Kehlkopf einse- hen, die mit dem Spiegel schwer

oder überhaupt nicht inspizierbar sind. Photo- und auch Filmdoku- mentation sind relativ einfach mög-

lich.

Seit Anfang 1975 wurde dieses neue Endoskop in über 10 000 Fäl- len eingesetzt.

Abbildung 3 a (links oben): Lupenendoskopische Übersicht des Nasopharynx. Geringgradige Schwellung der Schleim- häute im Bereich der Nasenmuschelenden und des Vomers — Abbildung 3 b (rechts oben): Schematische Darstel- lung der lupenendoskopischen Untersuchung des Nasenrachens — Abbildung 3 c (rechts unten) Zyste in der rechten Choane (Lupenvergrößerung)

3162 Heft 49 vom 2. Dezember 1976 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Abbildung 4 a (links oben): Oropharynxkarzinom: „polypöser" Tumor in der Vallecula epiglottica mit Übergriff auf die Epiglottis — Abbildung 4 b (links unten): Hypopharynxkarzinom: exzessive Ausdehnung des vom rechten Sinus piri- formis ausgehenden, exulzerierend wachsenden Tumors mit Penetration in den inneren Kehlkopf und Verdrängung der Epiglottis — Abbildung 4 c (rechts oben): Lymphoepitheliales Karzinom des Nasopharynx (sogenannter Schmincke- Tumor). Die rechte Tubenöffnung ist durch den vom Rachendach ausgehenden, schmierig belegten Tumor verlegt. Leit- symptom: einseitige Schwerhörigkeit vom Schalleitungstyp — Abbildung 4 d (rechts unten): Rechte Choane von einem gelblich-rötlich glatten, kugeligen Tumor verschlossen. Histologisch: ein Meningeom

Diagnostisches Konzept im Larynx:

Bioptische Histologie, Nadelbiopsie, Zytologie, Intravitalfärbung (Toluidinblau) Ob Spiegeluntersuchung, Strobo- skopie, Lupenendoskopie oder Mi- krolaryngoskopie, immer ermög- licht die endoskopische Untersu- chung nur eine klinische Verdachts- diagnose. Die Abgrenzung zwi- schen chronischer Entzündung, Präkanzerose und Karzinom ge- lingt nur durch den Einsatz zusätz- licher diagnostischer Verfahren wie mit zytologischen Abstrichen

(2 und 11) oder der Intravitalfär- bung (4 und 9). Größere Si- cherheit bietet die bioptische Histologie. Unter dem klinischen Bild chronischer Laryngitiden (Ab- bildungen 5 a bis c), Leukoplakien (Abbildungen 6 a bis c) oder Papil- lome können sich histologisch un- terschiedliche Dignitätsgrade ver- bergen.

Diese reichen von der einfachen Hyperplasie und Dysplasie über das Carcinoma in situ bis hin zum invasiven Plattenepithelkarzi- nom (Abbildungen 7 a bis b).

Aufgrund der in den Jahren 1973 bis 1975 gesammelten Erfahrun- gen durch die parallele Anwen- dung der verschiedenen Untersu- chungsmethoden Biopsie, Zytolo- gie und Intravitalfärbung konnte ein diagnostisches Konzept zur Früherkennung von Kehlkopf- krebs und seinen Vorstadien erar- beitet werden, über das an anderer Stelle berichtet wird (Abbildung 9).

Dabei wurden wesentliche Erkennt- nisse durch die enge Zusammenar- beit mit einem auf diesen Organbe- reich spezialisierten Pathologen

(6)

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Krebsvorsorge im HNO-Bereich

Abbildung 5 a (oben): Laryngitis acuta: Rötung und Schwellung der Schleimhäute, schleimeitriges Sekret

— Abbildung 5 b (Mitte): Akut exazerbierte chronische Laryngitis: Schleim- und Fibrinauflagerungen beider Stimmlippen — Abbildung 5 c (unten): Laryngitis tu- berculosa: beide Stimmlippen sind von weißlichen Be- lägen überzogen

Abbildung 6 a (oben): Eine kleine, weißliche, warzen- artige Veränderung der linken Stimmlippe. Histolo- gie: mittelgradige Dysplasie (Präkanzerose) — Abbil- dung 6 b (Mitte): ödematös-hyperplastische Stimmlip- penveränderung. Histologie: mittelgradige Dysplasie (Präkanzerose) — Abbildung 6 c (unten): Umschriebe- ne, leukoplakische Veränderungen in den vorderen Stimmlippenbereichen beidseits. Histologie: mittelgra- dige Dysplasie (Präkanzerose)

3164 Heft 49 vom 2. Dezember 1976 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

(7)

N 5171 Vorsorgeuntersuchungen Mund- Rachen -

Larynx- Hals 500-1

Abbildung 7 a (links): Weißliche, filmartige leukoplakische Veränderungen beider Stimmlippen; linke Stimmlippe unre- gelmäßig verdickt und gerötet. Histologisch: Mikrokarzinom — Abbildung 7 b (rechts): Tumoröse Veränderung der linken Stimmlippe, übergehend in den Sinus Morgagni und in die vordere Kommissur. Histologisch: invasives Plattenepithel- karzinom

Abbildung 8: Krebsvorsorgeun- tersuchung in Mund, Rachen

und Kehlkopf (n = 5171); Abbil- dung 8 a (oben): Alters- und Ge- schlechtsverteilung mit Häufig- keit der Raucher — Abbildung 8 b (rechts): Häufigkeit pathologi- scher Befunde, nach Organberei- chen aufgeschlüsselt

5171 Vorsorgeuntersuchungen Mund - Rachen - Kehlkopf - Hals Häufigkeit Pathologischer Befunde

Benigne - Präkanzerös - Maligne 847 = 16,4%

im Larynx n — 585 (11,0 0/o)

davon im Cavum oris/Oropharynx n = 140 ( 3,0%)

im Nasopharynx n = 108 ( 2,190)

am Hals (mit Parotis) n = 14 ( 0,3%)

(8)

Klinische Diagnosen

Entzündung Papillom Hyperplasie Pachydermie Hyperkeratose Leukoplakie Ulkus Malignom

Differential- Diagnose

Entzündung Präkanzerose Karzinom

PATHOLOGE PATIENT LARYNGOLOGE

Endoskopie

ABSTR ICH BIOPSIE bakteriol. Einzel mykol. Mehrfach zytol. Herdexzision

INTRAV ITALFÄRBUNG Toluidinblau

Diagnostik

Histologische Diagnosen

Entzündung Papillom (Grad 1-1111 Epithelhyperplasie Epitheldysplasie

I ntraepitheliales Karzinom ( = Carcinoma in situ Mikrokarzinom

I nvasives Karzinom

Abbildung 9: Diagnostisches Konzept zur Abgrenzung von Entzündung, Präkanzerose und Karzinom im Larynx

3166 Heft 49 vom 2. Dezember 1976 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Zur Fortbildung

Aktuelle Medizin.

Krebsvorsorge im HNO-Bereich

gewonnen. Das simultane Vorkom- men von Entzündungen Präkanze- rose und Karzinom im Larynx wur- de durch umfangreiche histopatho- logische Studien nachgewiesen (5).

Die Ergebnisse sprechen dafür, daß das Larynxkarzinom multiloku- lär entsteht und daß man stets mit der simultanen Existenz von Vor- stadien unterschiedlicher Differen- zierung rechnen muß. Hier besteht Übereinstimmung mit neueren Mit- teilungen im Schrifttum (1).

Konsequenzen haben sich daraus für eine Modifizierung und Syste- matisierung der Probeexzisions- techniken ergeben. Dementspre- chend verliert die einzeitige, unilo- kuläre Probeexzision als Stichpro- be für die Gesamtveränderung an Aussagekraft. An ihre Stelle muß eine geplante, dem jeweiligen en- doskopischen Befund angepaßte Mehrfachexzision oder bei kleine- ren Herden die Herdexzision (Exci- sional biopsy) treten (13). Auch die therapeutischen Prinzipien mußten neu überdacht werden. Die ad-

äquate Therapie von Präkanzerosen und noch umschriebenen Larynx- karzinomen besteht nicht nur in der Behandlung durch Exzision, Teilresektion oder Bestrahlung, sondern beinhaltet auch ein rhino- logisches Vorgehen. Kausalthera- pie bedeutet unter anderem eine systematische Sanierung der obe- ren Luftwege zur Beseitigung chro- nischer Entzündungsherde und ei- ner Wiederherstellung der Nasen- atmungsfunktion sowie eine kon- sequente Ausschaltung krebsför- dernder Noxen wie Zigaretten- rauch, Alkohol, Hitze, Staub, che- mische Dämpfe und Reizgase.

Krebsvorsorgeuntersuchung in Mund, Rachen und Kehlkopf:

Anlässe, Ziele

Die Einrichtung einer Untersu- chungsstelle für einen Vorsorge- Siebtest ergab sich als logische Konsequenz aus den bisherigen Erkenntnissen über die Krebsfrüh- erkennung. Sie paßte günstig in

den Erlanger Sonderforschungsbe- reich 118 „Methodenforschung zur Krebsfrüherkennung" der Deut- schen Forschungsgemeinschaft.

An das Angebot einer kostenlosen Krebsvorsorgeuntersuchung wurde die Hoffnung geknüpft, Patienten mit frühen Krebsstadien und mit Vorstadien zu erfassen. Früherken- nungsmethoden sollten eigentlich schon dann eingesetzt werden, wenn beim Untersuchten noch kei- ne oder nur eine geringe Sympto- matik besteht. Derartige Vorsorge- untersuchungen erscheinen für die Früherkennung notwendig, da nach den bisherigen Erfahrungen der Patient meist erst mit stärkeren Be- schwerden zum Arzt geht. Es sollte ferner nach Wegen gesucht wer- den, gefährdete Personenkreise aufzufinden. Einer gezielten Laien- aufklärung sollten Unterlagen ver- schafft und den für die Krebsfrüh- erkennung letztlich zuständigen niedergelassenen Fachärzten soll- ten geeignete Untersuchungsme- thoden zur Verfügung gestellt wer- den.

Vorläufige Ergebnisse

des Erlanger Vorsorgemodells (6) Vom 1. Oktober 1975 bis 31. März 1976 fanden sich 6866 Vorsorgewil- lige ein. Sie hatten einen Fragebo- gen auszufüllen. Nach Abtasten des Halses und Inspektion der Mundhöhle wurden Nasenrachen und Kehlkopf mit dem Wolf-Lupen- endoskop nach v. Stuckrad endo- skopiert. In Zusammenarbeit mit dem Institut für medizinische Stati- stik und Dokumentation der Uni- versität Erlangen-Nürnberg (Direk- tor: Prof. Dr. L. Horbach) wurden bisher 5171 Dokumentationsbögen ausgewertet.

Alters- und Geschlechtsverteilung Es kamen fast ebenso viele Frauen wie Männer zur Untersuchung: 45 Prozent sind oder waren Raucher, etwa 10 Prozent sind am Arbeits- platz einer Luftverschmutzung aus- gesetzt. Unter den Rauchern be-

(9)

trug das Verhältnis Mann zu Frau 3:1 (Abbildung 8 a). 90 Prozent ga- ben Beschwerden im HNO-Bereich an: am häufigsten Heiserkeit, Druck- und Fremdkörpergefühl so- wie Räusperzwang und Kratzen im Hals.

Befundhäufigkeit und Organlokalisation

846 Personen (16,4 Prozent), das bedeutet jeder sechste Vorsorge- willige, hatten einen pathologi- schen Befund, der weitere Diagno- stik, Überwachung oder Therapie erforderlich machte (Abbildung 8 b). Bei 3 Prozent aller Untersuch- ten bestand der Verdacht auf eine Präkanzerose, wovon bisher 20 Prozent histologisch abgeklärt und verifiziert werden konnten. Bei über 100 Patienten ist die Aus- schlußdiagnostik, die alieno loco erfolgt, noch nicht abgeschlossen, oder das Untersuchungsergebnis liegt uns noch nicht vor. In 14 Fäl- len (0,3 Prozent) sind histologisch Malignome gesichert worden: je einmal fand sich Krebs im Hals- lymphknoten, in der Ohrspeichel- drüse, am Gaumen, im Oropharynx und im Nasopharynx. Bei neun Pa- tienten wurde ein Larynxkarzinom diagnostiziert; alle waren Raucher im Alter zwischen 45 und 75 Jah- ren. Acht von ihnen waren 3 bis 10 Monate lang heiser gewesen. In über der Hälfte der bisher bestätig- ten Karzinomfälle kann von einer echten Krebsfrüherkennung ge- sprochen werden.

Kommentar

Diese vorläufigen Daten weisen auf einen beachtlichen Prozentsatz von Präkanzerosen und Karzinomen bei Personen mit Heiserkeit und schleimhautbezogenen Rachen- symptomen hin. Die Aufnahme der endoskopischen Vorsorgeuntersu- chung bei Menschen mit entspre- chenden Beschwerden sowie von Risikogruppen in den Vorsorgeka- talog ist zu empfehlen. Damit wäre eine Früherkennung von Kehlkopf- krebs und seinen Vorstadien mög-

lich. Für die Früherfassung von Ra- chentumoren fehlt derzeit die Grundlage, denn Reihenuntersu- chungen aller gesunden Erwach- senen erscheinen vorläufig nicht realisierbar. Die Aufklärung des Publikums über einschlägige Sym- ptome und die Schulung der Fach- ärzte in der Rachen- und Kehlkopf- endoskopie sind die nächstliegen- den Konsequenzen. Weiteres Ziel muß die Ausforschung von gefähr- deten Personenkreisen wie Rau- chern oder beruflich Exponierten sein, um die Risikofaktoren genau- er kennenzulernen. Nur so könnte es wohl gelingen, die heute wirksa- men Karzinogene besser auszu- schalten und die Zahl von bösarti- gen Erkrankungen einzudämmen.

(Endoskopische Abbildungen:

W. Steiner und M. P. Jaumann)

Literatur

Glanz, H., Kleinsasser, 0.: Chronische La- ryngitis und Karzinom, Arch. Oto-Rhino-La- ryng, 212 (1976) 57-75 - Kleinsasser, 0.: Mikrolaryngoskopie und endolaryngeale Mikrochirurgie, F. K. Schattauer Verlag, Stuttgart, New York 1968 - Pesch, H.-J., Steiner, W., Maak, G.: Simultanes Wachs- tum von Karzinom und Präkanzerose im Kehlkopf. Eine stratigraphische, histomor- phologische Analyse. Vortrag auf der 47.

Jahresversammlung der Deutschen Gesell- schaft für HNO-Heilkunde, Kopf-Hals-Chirur- gie in Basel am 1. 6. 1976, Laryngol. Rhi- nol. (im Druck) 1976 - Steiner, W., Bierl, F., Köstler, R., Jaumann, M. P., Panis, R.:

Krebsfrüherkennung in Mund, Rachen und Kehlkopf. Analyse eines regionalen Vor- sorgemodells. Vortrag auf der 47. Jahres- versammlung der Deutschen Gesellschaft für HNO-Heilkunde, Kopf- und Halschirur- gie in Basel am 2. 6. 1976, Laryngol. Rhinol 1976 (im Druck) — Stuckrad, H. v., Laka- tos, I.: Über ein neues Lupenlaryngoskop- Epipharyngoskop. Laryng. Rhinol. 54 (1975) 336-340

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Wolfgang Steiner Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenkranke der Universität Erlangen—Nürnberg

Waldstraße 1 8520 Erlangen

Diagnostik

Auch eine einmalige Blutung, die schwach und von kurzer Dauer ist, sollte bei Frauen in der Postmeno- pause durch eine sofortige Küret- tage mit anschließender histologi- scher Untersuchung abgeklärt wer- den. Daß Zytologie allein nicht ge- nügt, dokumentieren die 50 Prozent Versager beim Korpuskarzinom.

Auch nach Rezidivblutung sollte erneut kürettiert werden, wenn die vorherige Abklärung länger als ein Jahr zurückliegt. Ursachen waren bei einem Kollektiv von 554 Fällen zu 64,7 Prozent benigne Prozesse, vorwiegend Atrophie des Endome- triums und Polyposis uteri. Mehr als ein Drittel, nämlich 35,3 Pro- zent, waren Genitalkarzinome, da- von am häufigsten Korpuskarzinom mit 18 und Zervixkarzinom mit 13,3 Prozent. Die hohe Rate fortge- schrittener Stadien beim Zervixkar- zinom läßt eindeutig folgern, daß auch bei der Kontrolluntersuchung in der Postmenopause jeweils die Portioinspektion verlangt werden sollte.

(Samartzis, S., Hauser, G. A.: Geburtsh. u.

Frauenheilk. 36 [1976] 326-333)

Bei septisch-eitrigen Prozessen können Salmonellen eine Rolle spielen, auch wenn klinisch nichts dafür spricht. Wie die extraintesti- nale Lokalisation von Enteritis-Sal- monellen zum Problem werden kann, weil die klinischen Bilder und die verschiedenen isolierten Erreger keine typische Symptoma- tik und keine typenspezifische Prä- dominanz aufweisen, zeigten vier zunächst falsch beurteilte Fälle.

Beim ersten wurde Salmonella enteritidis aus dem Pleurapunktat isoliert, beim zweiten aus dem Ei- ter eines Prälaryngealabszesses, beim dritten Salmonella typhi mu- rium aus dem Liquor und beim vierten der gleiche Erreger aus dem Fluor. he

(Preae-Mursic, V.: Münch. med. Wschr. 118 [1976] 863-864)

Referenzen

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