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Archiv "Arbeitszeiten im Krankenhaus: Gefährdete Erfolge" (04.06.2004)

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Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 234. Juni 2004 AA1621

S E I T E E I N S

Präventionsgesetz

Zähes Ringen

Arbeitszeiten im Krankenhaus

Gefährdete Erfolge E

in Plädoyer für Prävention eignet

sich hervorragend, um bei wider- streitenden Interessen Konsens her- zustellen. Geht es indes um die Finanzierung entsprechender Ange- bote, ist die Einigkeit schnell passé.

Dies zeigt das zähe Ringen um ein Präventionsgesetz, für das sich ins- besondere Bundesgesundheitsmini- sterin Ulla Schmidt stark macht.

Trotz schwieriger Verhandlungen mit den Krankenkassen und Stör- feuer der unionsgeführten Bundes- länder ging Schmidt nun in die Of- fensive. Noch vor der Sommerpause soll ein Gesetzentwurf vorliegen, kündigte die Ministerin an.

Kernstück werde eine „Stiftung Prävention“ sein, in der alle vorbeu- genden Aktivitäten der Sozialversi- cherungsträger koordiniert und vom Robert Koch-Institut evaluiert wür-

den. Nach einer Aufbauphase soll sie über einen von den gesetzlichen Krankenkassen und anderen Sozial- versicherungen finanzierten Betrag von 140 Millionen Euro jährlich verfügen. Der Bund will sich daran allerdings nicht beteiligen. Den Löwenanteil der Stiftungsfinanzen müssten die gesetzlichen Kranken- kassen aufbringen. Geld, das den Kassen für individuelle Präventions- angebote (mit denen sie sich im Wettbewerb profilieren könnten) fehlen würde. Sie drängen deshalb auf Nachbesserungen.

Zahlreiche Bundesländer be- fürchten hingegen, das Gesetz könn- te ihre Freiräume einengen. Daher sei ein Gesetz mit Detailvorgaben für die Länder abzulehnen, heißt es in einem Positionspapier der unions- geführten Länder Baden-Württem-

berg, Hessen und Niedersachsen.

Wie nötig die Koordination von Prävention ist, zeigte unlängst eine Studie des Medizinischen Dienstes der Spitzenverbände der Kranken- kassen. Demnach gingen die Vor- sorgeangebote an den wesentlichen Zielgruppen – wie die der Ju- gendlichen – größtenteils vorbei.

Auch deswegen ist es gut, dass die Regierung auf verstärkte Koordina- tion und Evaluation setzt. Dass sich Ministerin Schmidt mit Zähigkeit ausgerechnet einem Gesetzeswerk widmet, das allenfalls langfristig Wirkung zeigt und dessen Früchte sie deshalb nicht selbst wird ernten können, verdient Respekt. In Zeiten hastiger und auf Wahlkampftaug- lichkeit ausgerichteter Entscheidun- gen ist dies eher eine Rarität in der Politik. Samir Rabbata

D

ie EU-Arbeitszeitrichtlinie vom 23. November 1993 sollte die Gesundheit und die Sicherheit der Arbeitnehmer verbessern. Deshalb wurde festgelegt, dass die durch- schnittliche Wochenarbeitszeit 48 Stunden nicht überschreiten darf.

Als Arbeitszeit gilt dabei jede Zeit- spanne, während der ein Arbeit- nehmer arbeitet beziehungsweise seinem Arbeitgeber zur Verfügung steht: also auch der ärztliche Bereit- schaftsdienst. Dies hat der Euro- päische Gerichtshof am 9. Septem- ber 2003 bestätigt. Auch Klinik- ärzte haben demnach ein Recht auf humane Arbeitszeiten.

Doch die Umsetzung Richtlinie 93/104 in den Kliniken ist teuer, und die Sozialkassen sind leer. Da wird der Arbeitsschutz anscheinend zweitrangig. Ob die Klinikärzte mehr

arbeiten müssen, als für sie und für ihre Patienten gesund ist, tritt gegen- über anderen Interessen zurück.

Wie anders ist es zu erklären, dass der für Beschäftigung und Soziales zuständige EU-Kommissar jetzt auf eine Änderung der Arbeitszeitdefini- tion in der Richtlinie drängt: Neben der Arbeits- und Ruhezeit soll eine dritte Kategorie eingeführt werden, die die inaktive Zeit während eines Bereitschaftsdienstes umfasst. Es gel- te, „den Unternehmen die zur Wah- rung der Wettbewerbsfähigkeit not- wendige Flexibilität zu verschaffen“, sagte Stavros Dimas am 19. Mai in Brüssel. Der Grieche forderte die So- zialpartner auf Gemeinschaftsebene deshalb auf, „ihren Teil der Verant- wortung bei der Aktualisierung zen- traler Aspekte der Arbeitszeitricht- linie zu übernehmen“. Wenn keine

Einigung zustande komme, werde die Kommission eine diesbezügliche Än- derung der Richtlinie vorschlagen.

Dabei würden auch die Regelun- gen für die Ruheperioden nach der Bereitschaftszeit klarer gefasst.

Eine Einigung der Sozialpartner ist unwahrscheinlich. Daher ist damit zu rechnen, dass im Zuge der Überarbeitung der Richtlinie eine Neudefinition der Arbeitszeit er- folgt. Aus rein ökonomischen Grün- den dürfte dann zwischen aktiven und inaktiven Zeiten während des Bereitschaftsdienstes unter- schieden werden – also ein Schritt in Richtung alter Regelung, als die Dienste zur Ruhezeit zählten. Die in den letzten Jahren erzielten Erfolge zur Verbesserung der Arbeitszeiten in den Krankenhäusern würden konterkariert. Jens Flintrop

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