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Archiv "Kommunale Krankenhäuser: Teure Ausnahmen" (07.01.2013)

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A 10 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 110

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Heft 1–2

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7. Januar 2013

KOMMUNALE KRANKENHÄUSER

Teure Ausnahmen

In den Tarifverhandlungen mit den kommunalen Klinik- arbeitgebern strebt der Marburger Bund an, die Arbeit der Ärzte zu ungünstigen Zeiten weiter zu verteuern.

D

er zentrale Streitpunkt in den Verhandlungen zwischen dem Marburger Bund (MB) und der Vereinigung der kommunalen Ar- beitgeberverbände (VKA) über ei- nen neuen Tarifvertrag für die 51 000 Ärztinnen und Ärzte in den kommunalen Kliniken wird auch diesmal nicht die lineare Anhebung der Gehälter sein. Die Ärztege- werkschaft fordert hier ein „absolut berechtigtes“ Plus von sechs Pro- zent, die Arbeitgeber weisen dies als „nicht finanzierbar“ zurück – das übliche Geplänkel. Beide Sei- ten werden sich auf eine Lohn - steigerung zwischen drei und vier Prozent einigen; die Krankenhäuser haben dies in ihren Budgetplanun- gen für 2013 längst berücksichtigt.

Heftiger ringen dürften die Tarif- parteien hingegen um die Verlänge- rung der „Opt-out“-Regelung. Das

deutsche Arbeitszeitgesetz erlaubt eine Überschreitung der wöchentli- chen Höchstarbeitszeit von 48 Stun - den nur, wenn regelmäßig Bereit- schaftsdienst geleistet wird. Diese Ausnahme von der Regel muss ta- rifvertraglich fixiert sein, und der Arbeitnehmer muss schriftlich ein- willigen, wenn von der gesetzlichen Höchstarbeitszeit nach oben abge- wichen wird.

Die bisherige Opt-out-Regelung im VKA-Tarifvertrag legt darüber hinaus für die Ärzte eine durch- schnittliche Höchstarbeitszeit von 60 Stunden je Woche fest. Zum 31. Dezember 2012 hat der MB die- se Vereinbarung jedoch gekündigt.

Verständigen sich MB und VKA in der am 10. Januar startenden Tarif- runde nicht auf eine Nachfolgerege- lung, dürfen die Ärzte in den kom- munalen Kliniken bis auf weiteres

nicht mehr als 48 Stunden in der Woche arbeiten – einschließlich der Bereitschaftsdienste. Der MB knüpft den Abschluss einer neuen Opt-out-Regelung an zwei Bedin- gungen: Erstens will die Ärztege- werkschaft, dass die Höchstarbeits- grenze je Wo che für die Ärzte auf unter 60 Stunden sinkt. Zweitens soll jeder Arzt, der eine solche Vereinbarung unterschreibt, dafür 400 Euro im Monat mehr verdienen.

„Die Krankenhäuser sind auf ei- nen bezahlbaren Bereitschaftsdienst und die Regelungen zum Opt-out angewiesen. Anders ist eine Rund- um-die-Uhr-Versorgung nicht zu gewährleisten“, kritisiert VKA- Hauptgeschäftsführer Manfred Hoff- mann diese Forderung des MB.

Durch die Europäische Arbeits - zeitrichtlinie und die arztspezifischen Tarifverträge sei das durchschnittli- che Arbeitszeitvolumen pro Arzt oh- nehin seit Jahren rückläufig, weshalb die Zahl der Ärzte in den Kliniken deutlich steige. So arbeiteten heute in den kommunalen Krankenhäusern 51 000 Ärzte – ein Plus von 25 Pro- zent gegenüber 2006, als der erste Ärzte-Tarifvertrag in Kraft trat.

Der MB verweist auf seine Mit- gliederbefragung 2010: „Danach würden die meisten Ärztinnen und Ärzte gerne mehr Arbeitszeit gegen Freizeit eintauschen“, unterstreicht der MB-Vorsitzende, Rudolf Henke.

Angesichts dieser Präferenz sei es angemessen, die in dividuelle Be- reitschaft des Arztes, länger zu ar- beiten, mit 400 Euro je Monat zu- sätzlich zu vergüten.

Als „Einmischung in laufende Tarifverhandlungen“ wertet die Ärztegewerkschaft den Vorschlag des CDU-Gesundheitsexperten, Jens Spahn, „zugunsten der Pflegekräfte auf Gehaltssteigerungen zu verzich- ten“. Ärzte und Pflegekräfte hätten gleichermaßen Anspruch auf gute Arbeitsbedingungen im Krankenhaus und eine faire Vergütung ihrer Ar- beitsleistung, betonte Henke, der ja ebenfalls für die CDU im Bundestag sitzt: „Die Idee, durch eine Kollekte bei den Ärzten könnten mehr Stellen für die Pflege geschaffen werden, hilft weder tarifpolitisch noch ge- sundheitspolitisch weiter.“

Jens Flintrop Unter welchen Bedingungen

ist der MB bereit, eine neue

„Opt-out“-Regelung mit der VKA zu vereinbaren?

Lübke: Wir haben die Regelung zum „Opt-out“ gekündigt, um die maximale durchschnittliche wöchentliche Arbeitsbelastung zu reduzieren. Es ist nicht das Ziel dieser Tarifrunde, ein Über- schreiten der Grenze von durchschnittlich 48 Stunden gänzlich auszuschließen. Die mit dieser weiterhin möglichen Überschreitung verbundene Be- lastung der betroffenen Ärzte soll aber angemessen honoriert werden: mit einer Erhöhung der Monatsvergütung um 400 Euro.

Die Gehälter der Ärzte sollen linear um sechs Prozent stei- gen. Wie sollen die Kranken- häuser das finanzieren, wenn die Landesbasisfallwerte nur um höchstens 2,01 Prozent steigen dürfen?

Lübke: Die Finanzkraft der Krankenhäuser bestimmt sich nicht nur nach der Preis-, son- dern auch nach der Leistungs- entwicklung. Dies hat in den vergangenen Jahren dazu ge- führt, dass die Einnahmen der Kliniken zum Teil sogar stärker gestiegen sind als die Gehälter ihrer Beschäftigten. Die Ärzte haben einen Anspruch auf Teil- habe an den von ihnen schließ-

lich so selbst mit erwirtschafte- ten Einnahmen der Kliniken.

Die VKA weist die MB-Forde- rungen als „unbezahlbar“

zurück. Ihre Prognose: Be- ginnt das Jahr 2013 mit ei- nem Ärztestreik?

Lübke: Dass unsere Forderungen nicht finanzierbar seien, hören wir von den Arbeitgebern in jeder Ta- rifrunde. Wir gehen mit dem Ziel einer Einigung am Verhandlungs- tisch in die Tarifrunde. Wenn die Arbeitgeber mit der gleichen Ein- stellung antreten, wird sich die Frage nach einem Arbeitskampf nicht stellen. Über den Tisch zie- hen lassen wir uns aber nicht.

3 FRAGEN AN . . .

Rolf Lübke, Verhandlungsführer des Marburger Bundes in der Tarifrunde mit den kommunalen Klinikarbeitgebern

Foto: MB

P O L I T I K

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