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Angst vor dem Absturz? Staatliche Subventionen für Airlines nach dem 11. September 2001

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Academic year: 2022

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Universität Konstanz Rechts-, Wirtschafts- und Verwaltungswissenschaftliche Sektion Fachbereich Politik- und Verwaltungswissenschaft

A N G S T V O R D E M A B S T U R Z ?

S t a a t l i c h e S u b v e n t i o n e n f ü r A i r l i n e s n a c h d e m 1 1 . S e p t e m b e r 2 0 0 1

M a g i s t e r a r b e i t, vorgelegt von Frank Zimmerer

Schwaketenstr. 5a 78467 Konstanz Matr.-Nr. 01/427454

1. Gutachter: Privatdozent Dr. Thomas Plümper 2. Gutachter: Professor Dr. Adrian Vatter

Konstanz, im Dezember 2003

(2)

I N H A L T S V E R Z E I C H N I S

Verzeichnis der Tabellen

I I I

1. Einleitung

1

2. Literaturteil

5

2.1. Redistribution, Markt- und Politikversagen 6

2 . 1 . 1 . R e d i s t r i b u t i o n 6

2 . 1 . 2 . M a r k t v e r s a g e n 7

2 . 1 . 3 . P o l i t i k v e r s a g e n 7

2 . 1 . 4 . Subventionen nach dem 11. September:

Markt- und Politikversagen? 8

2.2. Ursachen ineffizienter Redistribution 9

2 . 2 . 1 . Vorausschauendes und Zurückblickendes Wählen 1 0

2.2.2. L o b b y i n g 1 3

2.3. Defizite der bisherigen Forschung und

die Verortung dieser Arbeit 1 6

3. Theorieteil

1 7

3.1. E i n l e i t u n g 1 7

3.2. Rekapitulation des Argumentes – Die Angst vor dem Absturz 1 7

3.3. Annahmen der Argumentation 2 0

3.3.1. Die Akteure im Subventionsspiel 2 0

3.3.2. Internationale Anti-Subventionsregime 2 1

3.3.3. Die Besitzstruktur der Airlines 2 2

3.4. Die Intuition des Argumentes 2 3

3 . 4 . 1 . Unterstützung von wichtigen Unternehmen 2 3

3 . 4 . 2 . Staaten und Subventionen 2 7

3.4.3. Zahlungen an gefährdete Unternehmen 2 9

(3)

I I

4. Analyseteil

3 1

4.1. E i n l e i t u n g 3 1

4.2. Intention und Ziel der Analyse 3 1

4.3. Grundlegende Annahmen und Definitionen 3 2

4.3.1. Definition von Subventionen 3 2

4.3.2. Staaten und die zivile Luftfahrt 3 3

4.4. Begründung der Fallauswahl 3 7

4 . 4 . 1 . U n t e r s u c h u n g s g e g e n s t a n d 3 8 4.4.2. Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes 4 0 4.5. Angemessenheit der Ceteris Paribus Annahme –

Die Finanzielle Situation der Airlines 4 2

4.6. D a t e n q u e l l e n 4 3

4.7. Darstellung der Fallstudien 4 5

4.7.1. Übersicht und Prognosen 4 5

4.7.2. Nicht-amerikanische Airlines, die 2000 einen Gewinn erzielen 4 6

4.7.2.1. L u f t h a n s a 4 8

4.7.2.2. Air France 5 0

4.7.2.3. Scandinavian Airline Systems – SAS 5 0

4.7.3. Nicht-amerikanische Airlines, die 2000 einen Verlust erzielen 5 2

4.7.3.1. Swissair und Swiss 5 2

4.7.3.2. A l i t a l i a 5 5

4.7.3.3. Air Canada 5 7

4.7.4. Die amerikanischen Airlines 5 9

4.8. Diskussion der Ergebnisse der Fallstudien 6 4

5. Schlussteil

6 9

5.1. F a z i t 6 9

5.2. A u s b l i c k 7 3

L i t e r a t u r v e r z e i c h n i s

7 6

Anhang A:

Liste aller entschädigten amerikanischen Airlines 8 8

Anhang B:

Übersicht über die «loan guarantees» 1 0 2

(4)

V E R Z E I C H N I S D E R T A B E L L E N

Tabelle 4.1.:

Staatliche Hilfen für EU Airlines, 1990 – 1997 3 6

Tabelle 4.2.:

Alle US-Airlines mit mehr als 100 Mio. US$ staatlicher Hilfe 3 9

Tabelle 4.3.:

Nichtamerikanische Airlines und ihre staatlichen Hilfen 4 0

Tabelle 4.4.:

Umsatz- und Gewinnentwicklung 2000/01, Subventionen 4 8

Tabelle 4.5.:

Umsatz- und Gewinnentwicklung 2000/01, Subventionen (USA) 6 1

Tabelle 4.6.:

Loan Guarantees in Mio. US$ 6 2

Tabelle 4.7.:

Gewinnentwicklung aller Quartale 2000/01 in Mio. US$ 6 3

(5)

1

1 . E I N L E I T U N G

«Also geht es darum – das muss jedem in Deutschland und darüber hinaus klar sein –, dass die Bundesregierung ein eminentes Interesse daran hat, eine star- ke Lufthansa als Unternehmen in und für Deutschland zu erhalten. Ich will hin- zufügen: Dieses Interesse ist nicht etwa deshalb weniger geworden, weil wir nicht mehr Direkt-Miteigentümer des Unternehmens sind. Auch als wichtiges, großes Verkehrsunternehmen - auch und gerade der Arbeitsplätze wegen - liegt uns das Schicksal dieser Fluglinie am Herzen, und wir haben mit Befriedigung festgestellt, dass es die ganze Zeit über so gewesen ist, dass die Lufthansa eines der führenden Luftverkehrsunternehmen – nicht nur in Europa, sondern in der Welt - gewesen ist und - ich bin dessen sicher – auch bleiben wird.»

Gerhard Schröder im Dezember 2001

Ähnliche Aussagen wie in der Rede von Bundeskanzler Schröder sind nach den Anschlägen vom 11. September 2001 auf der ganzen Welt zu hören. Politiker zei- gen sich solidarisch mit den Fluggesellschaften ihres Landes und beteuern, dass die- se die Folgen des historischen Tages nicht alleine tragen müssen. Der Schock, den die Attacken bei den Menschen und in der Wirtschaft verursacht haben, sitzt tief.

Bereits kurz nach den Anschlägen geraten die ersten Fluggesellschaften in mas- sive Turbulenzen, der Ruf nach staatlicher Unterstützung wird laut. In vielen Fällen bleibt es nicht bei Lippenbekenntnissen der Politiker, sie erhören die Rufe nach staat- lichen Zuschüssen. Regierungen verabschieden Hilfspakete, um den Airlines finan- ziell unter die Arme greifen.

(6)

Allerdings sind nicht alle Staaten bereit, die Fluggesellschaften für die Fol- gen des 11. September zu entschädigen. Andere Staaten übernehmen die direk- ten Schäden, die die Schließung des amerikanischen Luftraums nach den Attacken verursacht. Eine dritte Kategorie von Staaten bezahlt weit mehr Geld an natio- nale Airlines als diese direkten Schäden.

Ziel der Arbeit ist es, eine Antwort auf die Fragen zu liefern, woher die Unter- schiede der Reaktionen auf die Anschläge rühren, wie sie sich erklären lassen, und woher die Angst vor dem Absturz nationaler Fluggesellschaften kommt – oder wie Bundeskanzler Schröder es nennt: das eminente Interesse – die Staaten dazu bringt, die Fluglinien finanziell zu unterstützen.

Um dies leisten zu können, wird im 3. Teil ein Modell entwickelt, das zeigt, dass die Höhen der staatlichen Hilfen, die an Fluggesellschaften fließen, keineswegs zufällig entstehen. Vielmehr hängen sie vom (Miss-) Erfolg der jeweiligen Fluglinie ab. Wenn bereits vor den Terrorattacken Verluste gemacht werden, dann sind die Subventionen, die nach dem 11. September an die Gesellschaften fließen höher als die Schäden, die die Unternehmen zu verkraften haben. Die Staaten nützen eine Schwächung des internationalen Anti-Subventionsregimes, um überhöhte Zahl- ungen an Fluggesellschaften im eigenen Land durchführen zu können.

Das Hauptargument der Arbeit lässt sich folgendermaßen zusammenfassen:

Staaten zahlen dann überhöhte Subventionen an Airlines mit Sitz im eigenen Land, wenn sie bereits vor den Attacken Verluste erwirtschaften. Dadurch soll die Über- lebenswahrscheinlichkeit jener Unternehmen vergrößert werden, weil Staaten an ihnen ein «eminentes Interesse» haben.

Nicht alle Branchen und Unternehmen sind für Staaten gleich wichtig. Ein Indu- striezweig, der aufgrund vielerlei Faktoren von allen Staaten als wichtig betrachtet

(7)

3

wird, ist die Airlinebranche. Neben ökonomischen spielen auch psychologische Gesichtspunkte wie Prestige für die Einschätzung dieses Wirtschaftszweiges eine ent- scheidende Rolle. Daher werden Staaten Unternehmen in dieser Branche unter- stützen, wenn sie in ihrem Überleben bedroht sind.

Politiker als rationale Akteure verbinden mit ihren Handlungen ein Ziel. Somit wägen sie ab, unter welchen Umständen sie Subventionen auszahlen. Sie handeln rational, wenn sie nationale Unternehmen, die sie für die Volkswirtschaft als wich- tig erachten, durch finanzielle Hilfen aus der Staatskasse beim Überlebenskampf unterstützen. Denn die (politischen) Kosten, die Subventionen verursachen, werden geringer eingeschätzt als der Nutzen, den das Überleben der geförderten Firma für den Politiker erbringt. Erleichtert wird die Auszahlung der Subventionen durch die Schwächung der internationalen Anti-Subventionsregime.

Je schlechter die Situation, in der sich die Fluggesellschaften bereits vor dem externen Schock befinden, desto mehr Geld muss ein Staat investieren, um die Schief- lage zu entschärfen. Daher ist zu erwarten, dass diejenigen Staaten am meisten Geld auszahlen, deren Fluggesellschaften vor den Anschlägen die höchsten Verluste erzie- len. Politiker verhalten sich dabei, betrachtet man jedes Land für sich, rational. Inter- national bedeuten diese Subventionen allerdings einen enormen Verlust für die weltweite Wohlfahrt.

Um die Annahmen und Aussagen der Argumentation einem Test in der Rea- lität unterziehen zu können, werden im 4. Abschnitt dieser Arbeit komparative Fall- studien angefertigt, in der die wichtigsten Airlines und das Verhalten der jeweiligen Staaten untersucht werden. Die Ergebnisse der Fallstudien bestätigen die im Theorie- teil der Arbeit gemachten Prognosen. In den europäischen Fällen, in denen die Flug- gesellschaften das Jahr 2000 mit einem Gewinn beenden, erfolgen Zahlungen, die im Rahmen dessen sind, was die Airlines durch die Schließung des Luftraumes über

(8)

den USA als Ausfälle zu verzeichnen haben. Ein anderes Bild ergibt sich bei den nicht- amerikanischen Airlines, die bereits 2000 in den roten Zahlen fliegen. Die staatlichen Hilfen übersteigen die direkten Schäden um ein Vielfaches. Der Fall von Air Canada – bereits 2000 mit einem hohen Verlust – ist etwas weniger eindeutig. Zwar sind auch hier die Zahlungen, gemessen am Umsatz, höher als bei den erfolgreichen Airlines, auf der anderen Seite sind sie aber bedeutend niedriger als bei Alitalia oder Swissair.

In den USA befindet sich die zivile Luftfahrt schon vor den Anschlägen in einen Abwärtstrend. Viele Airlines können das Jahr 2000 zwar noch mit einem Gewinn abschließen, die Quartalszahlen Ende des Jahres und Anfang 2001 weisen aber ein- deutig in die Verlustzone. Auch hier werden die Erwartungen der Theorie bestätigt.

Die US-Regierung greift tiefer in die Tasche, als wenn sie lediglich die direkten Fol- gen der Attacken ausgleichen würde. Die Fluglinien der USA erhalten insgesamt den höchsten Zuschuss, den ein einzelner Staat aufbringt, die größten US-Fluggesell- schaften bekommen auch den größten Anteil der Entschädigung. Innerhalb der USA scheint diese Verteilung gerecht vorgenommen zu werden, gegenüber den Kon- kurrenten aus Europa handelt es sich allerdings um Hilfen, die den Wettbewerb zugunsten der Flieger aus den Vereinigten Staaten verzerren. Die Ergebnisse in die- sem Fall sind jedoch unter Vorbehalt zu betrachten, da alternative Erklärungen, die beispielsweise die Höhe der Subventionen als Folge des direkten Betroffen-Seins durch die Anschläge sehen, nicht ausgeschlossen werden können.

Eine zusammenfassende Bewertung der Ergebnisse und ein Ausblick auf mögliche zukünftige Entwicklungen erfolgen im Schlussteil (5.). Zunächst gibt der nächste Abschnitt der Arbeit (2.) einen Überblick über die relevante wissen- schaftliche Literatur.

(9)

5

2 . L I T E R A T U R T E I L

Politische Ökonomie und Public Choice betrachten politikwissenschaftliche Phänomene mit Instrumenten und Methoden der Wirtschaftswissenschaften. Die grundlegenden Annahmen, die sie machen, kommen ebenfalls aus der Wirt- schaftswissenschaft. Als Analyseeinheit stehen rationale, eigennützige Akteure im Mittelpunkt, die Ihren Nutzen maximieren.

Den Individuen werden abstrakte Präferenzen unterstellt, im dem Sinne, dass sie die Auszahlung als Ergebnis, die sie mit einer Aktion verbinden, einer anderen Auszahlung vorziehen, wenn diese eine niedrige Auszahlung verspricht. Anhand der Auszahlungsmuster entscheiden sich die Akteure (Plümper 2003: 14).

Mit diesen einfachen Basisannahmen und einigen weiterführenden Verfeine- rungen sind die Modelle in der Lage, viele komplexe Phänomene der Politikwissen- schaft präzise zu erklären.

Ein wichtiger Forschungsgegenstand, mit dem sich die Politische Ökonomie seit jeher beschäftigt, sind Subventionen. Als eine Form der Redistribution befinden sie sich an der Schnittstelle zwischen Politik und Ökonomie. Da die Politische Öko- nomie beide Bereiche vereint, ist es nicht überraschend, dass Subventionen von Beginn an eine zentrale Rolle in der politökonomischen Forschung spielen.

Es gibt zwei Argumentationsmuster, mit denen Public Choice und Politische Ökonomie das staatliche Eingreifen in den Markt bewerten. Auf der einen Seite steht die Sichtweise des Marktversagens. Dem entgegengesetzt kann der Eingriff aber

(10)

auch als Politikversagen gewertet werden. Die erste Frage, die also beantwortet wer- den muss, um die Zahlungen nach den Terrorattacken einordnen zu können, ist, zu welcher Kategorie die Subventionen an Airlines gehören.

2.1. REDISTRIBUTION, MARKT- UND POLITIKVERSAGEN

Aufgrund der zahlreichen Arbeiten, die sich mit Subventionen beschäftigen, ist es nicht leicht, den Überblick über die bestehende Literatur zu behalten. Daher ist es sinnvoll, die Literatur zu typologisieren, um einen besseren Überblick geben zu kön- nen. Die hier vorgenommene Typologisierung erfolgt zunächst anhand der Themen- bereiche Redistribution, Markt- und Politikversagen.

2.1.1. REDISTRIBUTION

Immer wenn Redistribution stattfindet, wird, quasi per definitionem, min- destens ein Akteur schlechter gestellt, als vor der Umverteilung. Subventionen sind ein Mittel, mit dem Staaten Umverteilungen vornehmen können. Aus die- sem Grund ist eine Erforschung der Ursachen und Bewertung der Effizienz von Redistribution wichtig.

Redistribution wird in der Public Choice Literatur als eine der hauptsächlichen Existenzgründe und Aufgaben von Staaten gesehen. Daneben sieht sie als Aufgabe der Staaten noch die Bereitstellung von öffentlichen Gütern, das heißt eine effizi- ente Allokation von Mitteln der Allgemeinheit. Ein weiteres Ziel von Staaten ist die Beseitigung oder Minderung von Externalitäten, die durch den freien Markt entste- hen. Die Bürger werden so vor negativen Auswirkungen des Marktes geschützt.

(11)

7

Durch staatliche Institutionen werden zudem Transaktionskosten verringert, Kom- munikation und somit auch Informationsaustausch werden erleichtert.

Wichtige Forschungsfrage ist hierbei, in wieweit sich die Umverteilung recht- fertigen lässt. Auf diese Frage können mehrere Antworten gegeben werden. Sieht man von normativen Erwartungen ab, so ist die Forderung zu stellen, dass redistri- butive Zahlungen effizient sein müssen. Das bedeutet, dass durch Subventionen die Wohlfahrt insgesamt gesteigert werden muss, um gerechtfertigt zu sein.

2.1.2. M A R K T V E R S A G E N

Um den Aufgaben, die Staaten haben, gerecht zu werden, kann es Situatio- nen geben, in denen sie in den freien Markt eingreifen. In der ersten Sichtweise, die ein staatliches Intervenieren rechtfertigt, ist Marktversagen ein Grund für das Eingreifen. Ein Schaden wird durch Subventionen wird ein Schaden beseitigt, den der Markt sonst verursachen würde. Ohne staatliche Hilfen würden Firmen vom Markt verschwinden und die Wirtschaft geschwächt. Die Zahlung von Subventio- nen ermöglicht somit das Fortbestehen von Arbeitsplätzen, die sonst durch die Mechanismen des Marktes verloren gingen.

2.1.3. POLITIKVERSAGEN

Die Sichtweise, die dem Marktversagen gegenüber steht, ist das Politikver- sagen. Sie argumentierte in diesem Falle, dass der Markt auf den externen Schock reagiert und die Unternehmen, die am wenigsten effizient am Markt sind, ver- schwinden werden. Eine Marktbereinigung findet statt, falls nicht von außen ein-

(12)

gegriffen wird. Die Subventionen ermöglichen lediglich eine Umverteilung von einem Unternehmen zu anderen, insgesamt wird durch das staatliche Eingreifen kein Arbeitsplatz gerettet (Plümper 2003: 10).

2.1.4. SUBVENTIONEN NACH DEM 11. SEPTEMBER:

MARKT- ODER POLITIKVERSAGEN?

Die staatlichen Hilfen, die als Folge der Anschläge bereitgestellt werden, sind nun entweder als erfolgreiches Eingreifen des Staates oder als Politikversagen zu bewerten. Um die Subventionen einordnen zu können, muss zunächst ein Blick auf die Entwicklung der Branche geworfen werden.

Nach den Anschlägen im September 2001 bauen fast alle Fluglinien Stellen ab (n-tv.de 20.09.2001). Der Abbau ist teilweise enorm. Aufgrund des Nachfrageein- bruchs geraten immer mehr Gesellschaften in finanzielle Nöte und müssen daher Arbeitsplätze streichen. Flugverbindungen werden reduziert und Flugzeuge stillge- legt (Süddeutsche Zeitung, 25.10.2003). Die Subventionen bewirken keine Ver- änderung in der Nachfrage. Insbesondere durch SARS und den Krieg im Irak wird diese sogar noch weiter geschwächt.

Das staatliche Eingreifen lässt sich also nicht aufgrund des Marktversagens recht- fertigen. Es handelt sich um eine ineffiziente Redistribution und das führt zu Verlusten für die inländische Wohlfahrt. Die Beispiele, die in dieser Arbeit untersucht werden, legen nahe, dass es sich bei den staatlichen Hilfen, die nach dem 11. September 2001 ausbezahlt werden, um Beispiele von Politikversagen handelt.

(13)

1) Eine Fußnote aus dem Original fehlt hier. 9

Daher stellt sich folgende Frage:

«Wie lassen sich derartige wohlfahrtssenkende politische Handlungen in den scheinbar perfekt kompetitiven politischen Märkten der demokratisch ver- fassten Staaten erklären? Das Argument der politischen Ökonomie lautet etwa folgendermaßen: Eine oppurtunistische Regierung verteilt Ressourcen von unorganisierten zu organisierten Interessen um, um auf diese Weise politische Unterstützung zu gewinnen (Olson 1965; Grossman/Helpman 1994; 2001). Die Regierung tauscht somit Wahlkampfunterstützung von Interessengruppen gegen Vergünstigungen, die für die Adressaten einen deutlichen Einkom- mensanstieg bedingen. Der scheinbar effiziente politische Markt in den Demo- kratien ist folglich nicht wirklich effizient, da einige Interessen über einen präferentiellen Zugang zum politischen System verfügen. Häufig kommen die- se Geschenke an Interessengruppen die Steuerzahler teuer zu stehen. Diese Poli- tik ist für die Regierung rational, da sie ihre politische Unterstützung erhöht1. » (Plümper 2003: 10-11)

Dieses Zitat fasst bereits die wichtigsten Punkte, die nun dargestellt werden, zusammen. Die Politik, die ohne die Einflussfaktoren eingeführt werden müsste, ent- spräche den Vorstellungen des Medianwählers. Sie wird in der Realität jedoch nur selten eingeführt. Durch die Kategorisierung werden die wichtigsten Punkte her- ausgearbeitet und zusammengefasst dargestellt, warum ein rationaler Politiker von diesen Politiken abweichen und diesen ineffizienten Weg wählen kann.

2.2. URSACHEN INEFFIZIENTER REDISTRIBUTION

Der nächste Schritt ist also eine Suche nach einer Begründung für das ineffi- ziente staatliche Eingreifen. Die bisherigen Ansätze sehen hauptsächlich Faktoren auf

(14)

nationaler Ebene als entscheidend an. Sie erklären, warum Subventionen ausbezahlt werden, die von einem ökonomischen Standpunkt aus ineffizient sind. Außerdem können sie zeigen, dass Demokratien und ihre Institutionen nicht gegen solche In- effizienz gefeit sind. Die internationale Ebene ist bislang weitestgehend aus den Erklärungsmodellen ausgeklammert.

Es mag zunächst überraschen, dass die internationale Ebene bisher kaum unter- sucht wird, dieser «Mangel» ist jedoch leicht zu erklären. Glücklicherweise kommt es nicht oft zu externen Schocks wie den Anschlägen vom 11. September 2001, was den Untersuchungen eine «natürliche» Grenze setzt. Außerdem ist es schwer, verlässliche Daten zu generieren. Staaten sind einerseits darauf bedacht, Subventionen zu umge- hen und wenden daher andere Methoden an, die staatliche Mittel umzuverteilen. Zum anderen haben verschiedene Staaten unterschiedliche Buchführungspraktiken, was Vergleiche von Daten oft extrem schwierig werden lässt (Mueller 2003: 503).

Das Bild, mit dem Regierungen in Public Choice Ansätzen gesehen werden, wird mit dieser Arbeit weiter bestätigt. Die Annahmen erlauben auch im internatio- nalen Vergleich eine passende Erklärung der zu beobachtenden Realität und eine präzise Prognose über das Verhalten der einzelnen Staaten.

2.2.1. VORAUSSCHAUENDES UND ZURÜCKBLICKENDES WÄHLEN

Der erste Grund, der zu ineffizienten Umverteilungen führt, liegt im wesent- lichsten Merkmal demokratisch verfasster Staaten selbst begründet: den Wahlen.

Bürger können dabei ihrem Willen Ausdruck verleihen.

Die Annahme ist, dass Regierungen als Hauptziel ihrer Handlungen den Ver- bleib im Amt haben. Um dies zu erreichen, müssen sie den Wählern als kompetent

(15)

2) Auch außerhalb der Politikwissenschaft wird diese Ansicht vertreten, siehe Latsch / Schumann / Wassermann (2003). 1 1 3) Diese Richtung der Literatur geht auf die Arbeiten von Downs (1957) zurück.

erscheinen, was die Wahrscheinlichkeit für eine Wiederwahl steigert. Wähler sehen die ökonomische Situation als Indikator für (In-) Kompetenz der Regierung an. Das Argument lässt sich folgendermaßen zusammenfassen:

«The citizen votes for the government if the economy is doing all right;

otherwise, the vote is against 2.» (Lewis – Beck / Stegmaier 2000: 183)

Die makroökonomischen Mittel, die Regierungen hierfür zur Verfügung ste- hen, nützen diese für ihren Zweck aus und verteilen beispielsweise Subventionen.

Sie implementieren ineffiziente Politiken, um höhere Kompetenz zu zeigen und als Folge dessen mehr Wählerstimmen zu erhalten2.

Der Konkurs einer großen inländischen Fluglinie wäre, folgt man dieser Argu- mentation, ein Zeichen für Inkompetenz, das die Wahrscheinlichkeit verringert, wieder gewählt zu werden. Daher ist es für die Regierung rational, den Unter- nehmen finanziell zu helfen. Die grundlegende Arbeit, die diese Richtung der For- schung anstößt, kommt von Kramer (1971). Tufte (1975) ist ebenfalls ein Autor, der diese Richtung der Debatte entscheidend weitergeführt hat.

Die eigentliche Aufgaben, die Wahlen haben, nämlich Regierungen zu kontrol- lieren und nur effektive Politiken zu erlauben, werden ausgehebelt. Die Gesamtwohl- fahrt wird nicht maximiert, es entstehen Wohlfahrtsverluste, die, wenn sich Politiker nach dem Willen des Medianwählers verhalten würden, nicht entstehen dürften.

Innerhalb der Wahlliteratur sind vor allem zwei Richtungen zu erkennen, die den Zusammenhang von Wahlen und ineffizienten Umverteilungen untersu- chen. Sie unterscheiden sich durch die Annahmen, wie Wähler zu ihrer Entschei- dung gelangen. Von der problematischen Fragestellung, warum rationale

(16)

Menschen überhaupt wählen, wird hier abgesehen3. Dieser Ansatz ist für die The- matik, die hier untersucht wird, nicht von zentraler Bedeutung.

Die erste Richtung der Wahlliteratur behauptet, dass Bürger vorausschauend wählen, d.h. die Stimme für den Kandidaten abgeben, von dem sie sich in Zukunft die höchste Auszahlung erwarten und der somit ihre Nutzenfunktion maximiert.

Damit verbunden ist die Bedingung, dass sich die Individuen auf die Inhalte der Wahl- programme und die Versprechen der Parteien verlassen (können), denn diese die- nen als Informationsgrundlage für Wählerentscheidungen (Plümper 2003: 20).

Politiker verkünden vor den Wahlen in Form von Wahlprogrammen, oft mit Ver- sprechungen verknüpft, welche Politiken sie einführen. Diese Versprechen sind oft mit finanziellen Leistungen verbunden, seien es Subventionen oder Steuererleichte- rungen. Downs (1957) kann als «Begründer» dieser Denkrichtung gesehen werden.

Weitere wichtige Arbeiten stammen von (Minford / Peel 1982) und Alesina (1987).

Einige Annahmen sind besonders kritisch. Zum einen müssen Wähler den Auf- wand betreiben, sich zu informieren, und das bei der Wahrscheinlichkeit, dass ihre Stimme nicht sonderlich ins Gewicht fällt. Zum anderen müssen die Versprechen der Politiker glaubhaft sein, oder die Wähler müssen einschätzen können, in wieweit die Versprechen eingehalten werden.

Die zweite Sichtweise der Entscheidungsgrundlagen von Wählern behauptet, dass sie rückblickend wählen. Das heißt, dass sie ihr Kreuz für den Kandidaten machen, der im Amt ist, wenn sie mit der Amtsführung zufrieden sind und für den Opposi- tionskandidaten, wenn nicht. Zufriedenheit der Wähler ergibt sich dabei aus der Lei- stung, die der Politiker im Amt erbringt. Vor allem wirtschaftliche Fragen wie Inflation oder Arbeitslosigkeit sind für die Entscheidung wichtig. Diese sind leicht zu beobach- ten, Wähler können sich somit günstig informieren.

(17)

1 3

Anstoß für Forschungen, die dieses Denkmodell verwenden, ist die Arbeit von Key (1966). Fiorina (1981: 26), spricht, dieser Argumentation folgend, von

«an electorate that treats elections […] as referenda on the incubent admini- stration’s handling of the economy».

Rogoff und Sibert (1988) benutzen diesen Ansatz um zu zeigen, warum kurz vor Wahlen eher makroökonomische Programme eingeführt werden, als dies bei- spielsweise direkt nach den Wahlen der Fall ist. Diese politischen Konjunkturzyklen sollen den Wählern die Kompetenz der Regierung demonstrieren und sind mit Transferzahlungen verbunden (Mueller 2003: 439).

Beide Ansätze haben Punkte, die für und gegen sie sprechen. Es ist daher keine Überraschung, dass es Arbeiten gibt, die jeweils einen der beiden Ansätze untermau- ern. Norpoth (1996) findet beispielsweise Belege, die für zurückschauendes Wählen sprechen, Erikson / MacKuen / Stimson (2000) sehen durch ihre Ergebnisse die Annah- me des vorausschauenden Wählers bestätigt. Eine dritte Richtung versucht, die bei- den Ansätze zu kombinieren und erzielt ebenfalls viel versprechende Ergebnisse (Carter / Steward 1994). Lewis – Beck / Stegmaier (2000) geben einen fundierten Ü b e r b l i c k über beide Richtungen. Außerdem erscheint auch eine Erweiterung der Ansätze um einen Faktor wie ideologische Verbundenheit nicht völlig abwegig (Hibbs 1979). Diese Ansätze sind in der Lage zu zeigen, dass Wahlen nicht in der Lage sind, ineffiziente Redistributionen zu verhindern.

2.2.2. L O B B Y I N G

Ein zweiter Ansatz der Literatur begründet die ineffizienten Zahlungen staat- licher Hilfen mit der Organisation von Interessensgruppen. Manche Gruppen

(18)

erhalten Subventionen, andere bekommen weniger oder keine. Die zentralen Fak- toren, die eine Erklärung ermöglichen, sind Organisationsgrad der Gruppe einer- seits und die (finanziellen) Mittel, die der Interessensgruppe zur Verfügung stehen, andererseits. Mit ihren Ressourcen versuchen die Gruppen, durch Lobbying die Entscheidung der Politiker zu beeinflussen.

Das Argument lässt sich verkürzt so skizzieren, dass Politiker dafür entschä- digt werden, eine ineffiziente Politik einzuführen, wenn sie beispielsweise an eine Gruppe Subventionen auszubezahlen. Die Implementierung dieser Politik kostet die Regierung eigentlich Wählerstimmen. Sie lohnt sich für rationale Politker aber trotz- dem, weil sie den Stimmenverlust durch Geld oder zusätzliche Informationen von der betroffenen Interessensgruppe zu kompensieren vermag. Nicht alle Gruppen sind in gleichem Maße in der Lage, Politiker zu entschädigen und zu beeinflussen.

Zurückgehend auf die Arbeit von Olson (1965) wird zunächst erklärt, warum verschiedene Gruppen unterschiedlich große Probleme haben, sich zu organisieren.

Zentrales Hindernis, das Gruppen überwinden müssen, ist das Problem kollektiven Handelns. Dabei ist eine Asymmetrie zu erkennen. Kleine («privilegierte») Gruppen sind größeren Gruppen überlegen. Je mehr Akteure in einer Gruppe sind, umso schwieriger sind Probleme kollektiven Handelns, wie Trittbrettfahren, zu überwin- den. Daher müssen große Gruppen zu dem von ihnen produzierten Öffentlichen Gut

«Lobbying» zusätzlich Anreize schaffen, damit die Mitglieder ihren Beitrag zu dem öffentlichen Gut entrichten (Olson 1965: 51)

Ein stabiles Gleichgewicht ist nur dann erreicht, wenn entweder alle oder keine Gruppen Lobbying betreiben (Grossman / Helpman 2001). Da aber beides unrealistische Annahmen sind, wird es immer zu ungerechten Verteilungen kom- men. Alle Interessensgruppen versuchen, ihren Anteil an dem Kuchen, den der

(19)

1 5

Staat verteilt, so groß wie möglich zu gestalten. Das ist schädlich für die Wohl- fahrt und kann letzten Endes dazu führen, dass Nationen schwächer werden (Olson 1982).

Grossman / Helpman (2001), sowie Persson / Tabellini (2002) geben einen fundierten Einblick auf die Zusammenhänge der Einflüsse von Gruppengröße, Organisationsgrad, Lobbying-Bereitschaft und finanzielle Entschädigungen auf Ent- scheidungen von Politikern. Das bedeutet nicht zwangsläufig, dass Politiker korrupt sind, die Zusammenhänge sind weitaus komplexer. Lobbying-Gruppen können auch durch Informationen als Gegenleistung an den Politiker bieten. Damit können Wähler in ihrer Entscheidung beeinflusst werden. Oder sie bieten Wählerstimmen als Gegen- leistung für eine nicht effiziente Politik.

Folgt man dieser Argumentation, fließen die Subventionen nach dem 11. Sep- tember aufgrund von erfolgreicher Lobbyingarbeit an Fluggesellschaften. Die Luft- fahrtbranche ist, gemessen an ihren Mitgliedern, innerhalb der Staaten sehr klein.

Wenige Airlines sind auf dem Markt tätig. Deshalb sollte die Bildung einer Interes- sensgruppe für Fluglinien vergleichsweise leicht sein. Da die Branche mit anderen Wirtschaftszweigen verzahnt ist und als wichtig für die Volkswirtschaft betrachtet wird (siehe Abschnitt 3 dieser Arbeit) können die Airline-Lobbies erfolgreich mit Geld und Wählerstimmen auf die Subventionsentscheidungen einwirken.

Diese Denkrichtung bringt weitere Erklärungen, warum innerhalb von demo- kratischen Staaten ineffiziente Subventionszahlungen nicht nur möglich sondern auch wahrscheinlich sind. Die Annahmen gelten als gesichert und haben wichtige Einsich- ten hervorgebracht, die beispielsweise in den Theorien internationaler Beziehungen Anwendung finden.

(20)

2.3. DEFIZITE DER BISHERIGEN FORSCHUNG UND DIE VERORTUNG DIESER ARBEIT

In all den bisher diskutierten Modellen und Theorien geht es um eine Erklärung von staatlichen Hilfen innerhalb einer Volkswirtschaft und warum manche Gruppen auf Kosten anderer subventioniert werden. Sie sind in der Lage komplexe Zusam- menhänge so einfach wie nötig theoretisch zu begründen und erklären. Um sie auf den hier behandelten Sachverhalt der Airline Subventionierung nach dem 11. Sep- tember zu übertragen, fehlt jedoch der letzte Schritt zu einem Modell, das für einen komparativen Vergleich angewendet werden kann.

Darin liegt das Hauptaugenmerk dieser Magisterarbeit. Die Argumentation zeigt, warum Staaten, die rational handeln, nach dem 11. September unterschied- lich hohe Subventionen ausbezahlen. Die nationale Komponente, warum die Air- line-Branche auf Kosten anderer Gruppen subventioniert wird, ist dabei ausgeblendet. Die Effizienz dieser Zahlungen wird ebenfalls nicht bewertet. Ledig- lich der Grund für diese Variation wird betrachtet. Es soll hier geklärt werden, war- um die Subventionen auf der internationalen Ebene innerhalb einer Spanne von Null bis 5 – wenn man das Angebot der «loan guarantees» mitrechnet sogar von Null bis 15 – Milliarden Dollar liegen.

Die Erklärung, die in dieser Arbeit entwickelt wird, stellt die bisherigen Arbeiten keinesfalls in Frage, sie ist vielmehr als Ergänzung und als eine Ausweitung des Unter- suchungsgegenstandes gedacht. Sie zeigt, dass Public Choice Ansätze auch in der Lage sind, internationale Phänomene komparativ zu erklären, ohne dabei die Grundan- nahmen der Theorie zu verändern.

(21)

3 . T H E O R I E T E I L

3.1. EINLEITUNG

Im folgenden Kapitel werden die theoretischen Grundlagen für diese Magi- sterarbeit gelegt. Zunächst wird das Argument noch einmal rekapituliert (3.2.). Es folgt danach eine explizite Nennung und Erklärung der Annahmen, die die Argu- mentation stützen und erklären können (3.3.). Anschließend soll die Intuition des Arguments verdeutlicht werden (3.4.).

3.2. REKAPITULATION DES ARGUMENTES – DIE ANGST VOR DEM ABSTURZ

Bereits kurz nach den Anschlägen in den USA werden Rufe nach staatlichen Hilfen laut, die die Fluggesellschaften für die Folgen der Attacken entschädigen s o l l e n . In einigen Staaten scheinen diese Rufe ungehört zu verhallen. Manche Regierungen gehen jedoch auf die Forderungen der Fluggesellschaften ein. Wie- der andere schütten zwar Geld aus, allerdings weit weniger, als es die Verant- wortlichen der Unternehmen fordern.

Diese Arbeit gibt eine Antwort auf die Frage, warum verschiedene Staaten unterschiedlich viel Geld als staatliche Hilfen an nationale Airlines nach den Terror- attacken des 11. September 2001 überweisen. Die Unterschiede in der Höhe der staatlichen Hilfen sind dabei enorm. Sie reichen von Nichts im Falle der skandi- navischen Fluggesellschaft SAS bis hin zu einer Höhe von 5 Milliarden US-Dollar,

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die die amerikanische Regierung als Bargeldauszahlung an die Luftfahrtgesell- schaften des Landes vornimmt.

Eine «gerechte», nicht wettbewerbsverzerrende Verteilung der Subventionen würde die Schäden, die für die jeweiligen Unternehmen direkt entstehen, als Grund- lage für die Höhe der Zahlung heranziehen. Die Folgen des 11. September haben die Branche stark und unerwartet getroffen (Esslinger / Haas 2001). Außerdem sind die Airlines weder an den Attacken noch an der Schließung des Luftraumes über den USA schuld. Eine Entschädigung durch staatliche Hilfen für die Zeit des Flugverbo- tes ist somit gerechtfertigt. Wenn eine Fluggesellschaft durch die Schließung des Luftraumes höhere Verluste erleidet, bekommt sie mehr Geld als ein Unternehmen, das durch die Schließung nicht im gleichen Ausmaß betroffen ist. Dieses Vorgehen fordert auch die in der EU-Kommission für den Bereich Transport zuständige Kom- missarin Loyola de Palacio (Oldag 2001). In der Realität erfolgen die Zahlungen jedoch nicht nach diesem Muster, denn Swissair ist von den direkten Folgen nicht mehr betroffen als Lufthansa oder Air France. Die Hilfen, die an die Airline fließen, sind jedoch um ein Vielfaches höher.

Der Grund für die Varianz der Subventionshöhe muss anhand anderer Fak- toren erklärbar sein. Wie im Folgenden gezeigt wird, liegt sie vor allem in der unterschiedlichen finanziellen Situation der jeweiligen Fluggesellschaft(en) begründet. Diese spiegelt sich in den Unternehmensergebnissen wider, die die Firmen am Markt erzielen.

Die Branche insgesamt wird durch die Anschläge schwer getroffen (n-tv.de 01.11.2001). Sie steckt jedoch schon zuvor in einem Abwärtstrend. Einige der Unter- nehmen erwirtschaften bereits Ende 2000 einen Verlust. Die schlechteste Bilanz der

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hier untersuchten Airlines weist die Swiss Air auf. Sie erreicht im Jahre 2000 einen Verlust von 1,9 Milliarden Euro. Andere hingegen verzeichnen weiterhin Gewinne wie beispielsweise Lufthansa und Scandinavian Airline Systems (SAS). Es gibt Unter- nehmen, die dem Branchentrend entkommen und selbst das Jahr 2001 mit einem Gewinn abschließen können, wie Air France oder Southwest Airlines.

Zwischen den beiden Faktoren – dem Unternehmensergebnis auf der einen und der Höhe der Subventionszahlung auf der anderen Seite – besteht ein Zusam- menhang. Das Hauptargument der Arbeit lässt sich folgendermaßen zusammenfas- sen: Staaten werden dann hohe Summen an nationale Airlines überweisen, wenn diese bereits vor den Anschlägen in finanziellen Problemen stecken, um damit das Überleben dieser Carrier auf dem Weltmarkt wahrscheinlicher zu machen. Auf diese Weise nützen sie die Schwächung des Regimes, das zuvor eine Zahlung von staatli- chen Hilfen begrenzt. Der Zusammenhang ist monoton steigend, wenn nicht sogar linear: je schlechter die Gesellschaft abschneidet, desto mehr wird der einzelne Staat bereit sein zu zahlen.

Es ist für Staaten dabei unerheblich, ob die Subventionierung des Unterneh- mens im ökonomischen Sinne rational ist, also ob das Unternehmen zukünftig über- haupt auf dem Markt überleben kann. Die Geschichte der belgischen Luftgesellschaft Sabena ist hierfür ein gutes Beispiel. Mehrmals versucht der belgische Staat, den Flie- ger vor der Pleite zu retten und überweist staatliche Hilfen in Milliardenhöhe an das Unternehmen. Die zugrundeliegenden Probleme werden allerdings nicht beseitigt.

Selbst eine Übernahme von 49,5% der Anteile durch Swissair kann den Konkurs der Firma letzten Endes nicht verhindern.

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3.3. ANNAHMEN DER ARGUMENTATION

Um die Argumentation dieser Arbeit vollständig auszuarbeiten und sie, sowie die Intuition des Argumentes, anschließend besser nachvollziehen zu können, müs- sen zunächst einige grundlegende Annahmen gemacht werden. Zunächst werden die Akteure und ihre Handlungsmotivationen dargestellt.

3.3.1. DIE AKTEURE IM SUBVENTIONSSPIEL

Die Basisannahmen, die hier vorausgesetzt werden, entstammen der Spiel- theorie, also der Rational Choice Literatur (siehe auch Abschnitt 2 dieser Arbeit).

Diese geht von rationalen Individuen als Analyseeinheit aus. Staaten werden als Individuen gesehen, sie sind daher rationale Akteure. Das heißt, sie handeln und wählen zielbewusst und haben eigene Präferenzen über die Auszahlungen oder Ergebnisse, die ihre Handlungen hervorrufen. Staaten wollen ihre individuelle Nutzenfunktion maximieren. Folglich entscheiden sie sich für die Handlung, von der sie die höchste Auszahlung erwarten.

Politiker sind diejenigen Akteure, die die Politik von Staaten lenken. Die Begriffe Politiker, Regierungen und Staaten können dabei ausgetauscht werden, denn mit dem Begriff «Politiker» sind in dieser Arbeit diejenigen gemeint, die aufgrund ihres Amtes in der Regierung dazu in der Lage sind, die Politik eines Staates zu gestalten und zu lenken.

Ziel von Staaten ist es, wichtige nationale Unternehmen im internationalen Wettbewerb halten zu können. Die Wichtigkeit ergibt sich aus der ökonomischen Relevanz, einem öffentlichen Interesse an der Branche und einem Prestige, das in den Staaten mit den Unternehmen verbinden.

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Das Überleben solcher Unternehmen ist gefährdet, wenn sie Verluste erzielen.

Eine kurze erfolglose Periode, wie ein einziges Quartal, stellt keine wirkliche Bedro- hung dar. Wenn Firmen allerdings über einen längeren Zeitraum nur negative Ergebnisse erzielen, verringert das die Überlebensaussichten erheblich. Die Wahr- scheinlichkeit, diese Firma trotzdem im Wettbewerb zu erhalten, wird durch die Zah- lung von Subventionen verbessert, egal ob andere Staaten ebenfalls subventionieren oder nicht. Somit kommt es ohne Institutionen oder internationale Abkommen, die die Zahlungen beenden oder zumindest begrenzen, zu einem Wettsubventionieren.

3.3.2. INTERNATIONALE ANTI-SUBVENTIONSREGIME

Die Situation auf internationaler Ebene entspricht einem Gefangenendilem- ma, denn jeder Staat hat individuell einen Anreiz, von Regelungen abzuweichen, die Subventionen verbieten, und doch Zahlungen vorzunehmen. Der Anreiz besteht, obwohl insgesamt alle Staaten besser gestellt wären, wenn niemand Subventionen auszahlte. Um diesem Gefangenendilemma zu entgehen und internationale Koope- ration zu ermöglichen, gründen Staaten internationale Regime, wie die EU-Kom- mission oder die Welthandelsorganisation (WTO). Diese haben die Aufgabe, die Einhaltung der Subventionsverbote zu überwachen und nötigenfalls Verstöße zu ahnden. Der Anreiz für Staaten zu defektieren und Subventionen zu zahlen besteht zwar weiterhin, die Regime wirken diesem Anreiz aber entgegen.

Der Erfolg von Regimen steht vor allem mit ihrer Ausstattung an Ressourcen in Zusammenhang. Ob sie effektiv Einfluss auf die Subventionsabsichten der Staa- ten haben, hängt von ihrem Zugang zu Informationen und der Art der möglichen Strafmittel ab, mit denen sie Verstöße gegen die Regelungen ahnden können.

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Bestehende internationale Anti-Subventionsregime können durch externe Schocks, wie die Anschläge des 11. September, geschwächt werden, da dann die normalen Mechanismen der Überwachung nicht mehr greifen. Die Ausnahmerege- lungen, die für solche Fälle vorgesehen sind, werden von den Staaten ausgenützt, um nationalen Unternehmen über Gebühr staatliche Beihilfen zukommen zu lassen.

Durch den Zusammenbruch oder die Schwächung des Regimes müssen Staa- ten in ihre Nutzenkalkulation die Risiken nicht mehr in gleichem Maße aufnehmen, die sie sonst durch eine Subventionierung eingehen würden. Eine Ahndung oder mögliche Strafzahlungen sind in dieser Situation weniger wahrscheinlich. Daher haben sie einen größeren Anreiz, Zahlungen vorzunehmen. Wenn die inländische Airline in finanziellen Problemen steckt, werden sie somit vor überhöhten staatlichen Hilfen nicht zurückschrecken.

3.3.3. DIE BESITZSTRUKTUR DER AIRLINES

Rationale Akteure mit einem Anreiz, Subventionen zu bezahlen und geschwächte internationale Regime sind notwendige, jedoch keine hinreichenden Bedingungen für tatsächliche Zahlungen an Unternehmen. Damit sich Subventionen für den einzelnen Staat lohnen, muss zudem sichergestellt sein, dass die Besitzer der Firmen mehrheitlich aus dem jeweiligen Staat kommen. Die erwarteten Gewinne würden sonst auch im Ausland abgeschöpft werden. Denn für Staaten ist es sinn- voller, die Dienstleistung zu importieren, als durch Subventionen an ausländische Besitzer das Unternehmen am Leben zu halten. Bei den Besitzverhältnissen der Flug- gesellschaften ist diese Forderung erfüllt, da die Gesetzgebung – bis zur Deregulie- rung innerhalb des europäischen Marktes in vollem Umfang – vorsieht, dass die Mehrheit an den Airlines im (EU-) Inland gehalten werden muss. Seit der Liberalisie- rung des Luftmarktes sind zwar Mehrheitseigner aus dem EU-Ausland möglich, für

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alle nicht EU-Anleger gilt diese Begrenzung jedoch fort. Die restriktiven Besitzrege- lungen sind in anderen Staaten, die nicht Mitglied in der EU sind, ebenfalls noch immer vorhanden4.

3.4. DIE INTUITION DES ARGUMENTES

Nachdem Annahmen über Akteure, ihre Präferenzen und Strategien im inter- nationalen Subventionsspiel erklärt sind, wird nun die Intuition der Argumentation näher erläutert. Es wird gezeigt, dass Staaten einen Anreiz haben, nationale Flug- gesellschaften zu subventionieren, wenn ihr Überleben gefährdet ist. Die Hilfen sol- len sie retten oder zumindest ihr Überleben wahrscheinlicher machen, da Fluggesellschaften als wichtige nationale Unternehmen angesehen werden.

3.4.1. UNTERSTÜTZUNG VON WICHTIGEN UNTERNEHMEN

Nicht alle Unternehmen oder Branchen werden von Staaten als gleich wichtig eingestuft, nicht an allen haben Staaten ein «eminentes Interesse». Daher werden nicht alle Gesellschaften durch staatliche Hilfen unterstützt, deren Überleben gefähr- det ist. Staaten sind auch gar nicht in der Lage, allen Unternehmen finanziell zu hel- fen, denn 3584 Firmen, die beispielsweise im Juli 2003 in Deutschland Insolvenz anmelden, sind für eine allgemeine «Pleiteverhinderung» zu viel (ftd.de 17.10.2003).

Staaten beschränken sich somit auf wichtige Fälle.

Der Begriff «wichtig» zielt sowohl auf die Branche ab, in der die Firma agiert, als auch darauf, ob es sich um ein Unternehmen handelt, das aufgrund seiner Größe für die nationale Volkswirtschaft von Bedeutung ist. Da Staaten wichtige Unternehmen auch in Zukunft im eigenen Land halten wollen, werden sie diese

4) Weitere Deregulierungsbestrebungen zwischen den USA und der EU sind zu erkennen, 2 3 die Implementierung wird jedoch noch einige Zeit in Anspruch nehmen.

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durch staatliche Hilfen unterstützen, wenn ihre Zukunft gefährdet ist, um deren Überlebenswahrscheinlichkeit zu erhöhen.

Die Flugindustrie ist ein solcher Bereich, der für die nationale Volkswirtschaft als besonders wichtig angesehen wird (Pompl 2002: 48ff). Dies hat mehrere Gründe:

Staaten sehen die zivile Luftfahrt nicht nur als öffentliches Interesse. Größt- mögliche Mobilität soll für Bürger gewährleistet sein. Dies gilt für Privatleute, wenn sie beispielsweise Urlaubsreisen zu entlegenen Zielen antreten, wie auch für Geschäftsreisende. In der heutigen Zeit ist es unerlässlich, dass Personen innerhalb kurzer Zeit große Strecken überwinden können. Abgesehen von Internet und Tele- fonkommunikation ist es vor allem die Luftfahrt, die die Welt in ein «globales Dorf»

verwandelt. Geschäftsreisen von Europa in die USA sind innerhalb weniger Stunden möglich, mit Schiffen dauern solche Reisen mehr als eine Woche. Zudem ist durch den Luftverkehr gewährleistet, dass Güter schnell transportiert werden können.

Auch die wirtschaftlichen Effekte, die die Luftfahrt für die nationale Ökono- mie hat, sind von nicht zu unterschätzender Wichtigkeit, in Zahlen allerdings schwer anzugeben. Denn um die Effekte genau bestimmen zu können, muss ein Blick über die Branche hinaus geworfen werden. Das bedeutet, dass nicht nur die Arbeitsplätze und die Leistungen einkalkuliert werden müssen, die Fluglinien oder der Luftverkehr direkt erbringen. Ebenso zu kurz greift eine Rechnung, die zusätzlich die Stellen und Dienste einrechnet, die indirekt durch die zivile Luftfahrt generiert werden. In d i e s e Kategorie fallen Zulieferbetriebe wie Cateringfirmen oder Reiseverkehrsveranstal- ter. Ein weiterer Baustein, der die Wichtigkeit der Branche unterstreicht, sind indu- zierte Effekte. Diese entstehen durch die finanziellen Mittel, die Angestellte der Gesellschaften erhalten und damit die Konjunktur stärken. Die Wichtigkeit der zivi- len Luftfahrt wird zusätzlich durch katalysierte Effekte gesteigert. Das heißt, als Folge vom Flugverkehr entstehen Arbeitsplätze und Dienstleistungen, wenn sich

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beispielsweise Firmen in der direkten Umgebung von Flughäfen ansiedeln (Pompl 2002: 50). Die katalysierten Effekte machen eine Einschätzung der Wirtschafts- kraft, die durch die zivile Luftfahrt generiert wird, besonders schwer. Trotzdem erkennen Staaten die große Bedeutung, die der Luftverkehr für die Volkswirtschaft hat (Doganis 2002: 30).

Hinzu kommt, dass Staaten mit einer eigenen Airline auch ein hohes Maß an Prestige verbinden (Pompl 2002: 337). Nicht zuletzt aus diesem Grund ist zu erklären, warum in der Vergangenheit beispielsweise ein kleiner Staat wie Belgien enorm viel Geld in eine nicht rentable Fluggesellschaft, Sabena, investiert hat, obwohl, auch auf lange Sicht hin, keine großen Gewinnchancen zu erwarten sind5. Airlines wer- den oft als Botschafter für das Land gesehen, aus dem sie kommen. Sie sollen im Ausland, wo sie auch um Kunden werben, das jeweilige Land repräsentieren. Zusätz- lich wird die zivile Luftfahrt für die nationale Sicherheit als zentraler Wirtschaftszweig betrachtet (Pompl 2002: 57).

Auch die Bürger verbinden mit einer nationalen Airline ein großes Maß an Pre- stige. So ist der Protest, der auf die Schweizer Regierung zukommt, nachdem die Swissair ihre Flugzeuge Ende 2001 am Boden lassen muss, enorm. Der Druck, den die Bevölkerung auf den Bundesrat ausübt, wird letzten Endes so groß, dass der Schweizer Staat seine anfängliche Zurückhaltung aufgibt und der bankrotten Swissair finanziell unter die Arme greift (ftd.de 05.10.2001). Gerüchte im Som- mer 2003 um eine Übernahme der Swiss durch die deutsche Lufthansa sind ein weiterer Beleg für die enge Verquickung von nationalem Prestige und der inlän- dischen Fluggesellschaft. Die Meldung, dass ein deutsches Unternehmen die schweizerische Fluglinie übernehmen könnte, löst Proteste in allen Gesell- schaftsteilen aus (Keller / Voigt 2003).

5) Sabena fliegt inzwischen nicht mehr, nach der Firmenpleite ist jedoch umgehend eine neue Airline 2 5 entstanden, ähnlich wie dies bei Swissair zu beobachten ist.

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Wenn eine Fluggesellschaft eine schlechte Überlebensprognose hat, da sie Ver- luste erzielt, werden Regierungen versuchen, das Unternehmen zu retten. Die Poli- tiker befürchten zum einen ein schlechtes Image im Ausland. Zum anderen haben sie auch Angst vor schlechter Presse und Protesten von Bürgern im Inland, die nicht verstehen, warum der Staat nicht in der Lage ist, die «eigene» Fluggesellschaft am Leben zu erhalten und sie als inkompetent einschätzen. Das wäre für ihre Wieder- wahl nicht förderlich.

Fluglinien sind zusätzlich aus einem anderen Grund in ihrem Überleben bedroht. In den kommenden Jahren ist damit zu rechnen, dass auf dem Flugver- kehrsmarkt eine weitere Konzentration stattfinden wird (Hanlon 1996: 61). Dieser Trend deutet sich in den USA bereits an. Firmen schließen sich unter internationa- lem Druck zu größeren Firmen zusammen, um weiterhin erfolgreich fliegen zu kön- nen (Clougherty 2002: 573). Die großen Airlines sind in der Lage, ihre Stellung am Markt weiter auszubauen und den Größenvorteil auszuspielen, sei es durch Vortei- le im Marketingbereich oder bei der Vergabe von Lande- und Startslots (Borenstein 1989, 1991). Es werden daher immer weniger Unternehmen übrig bleiben, die den Markt unter sich aufteilen, falls die Besitzregelungen weiter gelockert werden.

(Doganis 2001: 99). Regierungen wollen die Firmen aus dem eigenen Land unter den dann verbleibenden Fluggesellschaften erhalten. Daher werden Politiker die Instrumente verwenden, die ein Überleben der «eigenen» Airline in diesem Ver- drängungswettbewerb wahrscheinlicher macht. Sie werden diese Instrumente vor allem dann einsetzen, wenn ohne Hilfe die Zukunft der Firma stark gefährdet ist.

Staaten haben also aus drei Gründen ein Interesse daran, nationale Flugge- sellschaften am Markt zu behalten. Das belegen auch viele Beispiele aus der Ver- gangenheit, in denen bereits große Summen an Fluggesellschaften transferiert wurden (Ingwersen 2001: 113, Doganis 2002: 18). Zum einen zählt die zivile Luft- fahrt zu einer Branche, die als wichtig für die Volkswirtschaft betrachtet wird. Der

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zweite Grund ist ein psychologischer Aspekt, weil Staaten und Bürger mit inländi- schen Fluggesellschaften, die international erfolgreich sind, einen Zugewinn an Pre- stige für ihr Land verbinden. Der dritte Grund ist, dass in Zukunft nur einige wenige große Airlines auf dem Markt verbleiben werden und Staaten ein Interesse daran haben, ihre Fluglinie unter diesen wenigen zu sehen.

Daher ist zu erwarten, dass sich Staaten zu Zahlungen bereit zeigen, die höher sind als die Schäden, die direkt durch die Schließung des Luftraumes über den Vereinigten Staaten verursacht werden, wenn ein Fortbestehen fraglich ist.

Weil Staaten ein Überleben der nationalen Firmen ermöglichen wollen, sind Sub- ventionszahlungen dann besonders hoch, wenn das Unternehmen bereits vor den Anschlägen ein Minus vor dem Jahreseinkommen aufweist. Dadurch haben sie die Möglichkeit, die Chancen für das Überleben positiv zu manipulieren und kön- nen diese Zahlungen vor den Wählern rechtfertigen.

3.4.2. STAATEN UND SUBVENTIONEN

Subventionen sind für die gesamte Wohlfahrt aller Staaten nicht förderlich.

Daher versuchen Staaten durch internationale Regime die Subventionierung zu begrenzen. Generell können einzelne Länder einen Vorteil aus unilateral gezahlten Subventionen erzielen, da das Überleben der nationalen Unternehmen dadurch wahrscheinlicher gemacht wird (Collie 2000). Weil alle Staaten einen Anreiz haben, unilateral zu subventionieren, befinden sie sich in einem Gefangenendilemma. Eine für die Wohlfahrt schädliche Spirale des Wettsubventionierens ist daher die Folge, falls keine Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Durch internationale Regime ist die- ses Problem entschärft worden. Staaten werden durch sie zur Zurückhaltung in Sachen Subventionen gezwungen.

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Für die Mitgliedsstaaten der Welthandelsorganisation (WTO) sind Subventi- onszahlungen verboten (Slotboom 2002: 518). Die zivile Luftfahrt ist aus dem Wir- kungsbereich allerdings ausgeschlossen. Daher ist das Subventionsverbot hier nicht direkt anwendbar, die WTO scheidet als kontrollierender Akteur aus. Allerdings haben die Liberalisierungsbemühungen des Luftverkehrs, die die USA seit den 1970er Jahren betrieben haben, dazu geführt, dass staatliche Hilfen auf internationaler Ebe- ne auch in der zivilen Luftfahrt genauestens beobachtet werden.

Innerhalb des gemeinsamen Marktes der Europäischen Union gibt es mit Artikel 87 (1)6des Europäischen Vertrages eine explizite gesetzliche Regelung, die Subventionen verbietet. Diese schaden dem freien Handel und verzerren den Welt- markt. Bei Verstößen drohen den Staaten hohe Strafen. Daher können Staaten nicht einfach ihrem Interesse nachgehen, inländische Firmen zu unterstützen. Die Kosten, die solche Strafmaßnahmen mit sich bringen könnten, heben den mög- lichen Nutzen, den Staaten durch Subventionierung generieren würden, wieder auf. Aus diesem Grund sind Staaten im Gebrauch der Instrumente ihrer Handels- politik – wie das Ausbezahlen von Subventionen – an internationale Regelungen gebunden. Sie können diese nicht direkt und nach ihrem eigenen Willen anwen- den. Der Transportsektor steht inzwischen ebenfalls unter der Kontrolle der EU- Kommission. Vor den Anschlägen vom 11. September 2001 hat es den Anschein, dass die Europäische Kommission die Subventionspolitik der Mitgliedsstaaten im Bereich der zivilen Luftfahrt in den Griff bekommt (Balfour 2002). Indirekte Sub- ventionszahlungen sind deshalb in vielen Staaten weit verbreitet (Feeney / Hillman 2001: 535). Da diese nicht erlaubt sind, und ebenfalls sanktioniert werden kön- nen, suchen Staaten nach Wegen, die offizieller und transparenter sind, um Unter- stützungen «guten Gewissens» verteilen zu können.

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Die Überwachungsfunktion ist bereits vor dem externen Schock nicht trivial.

Das zeigen die Zahlungen, die trotz der bestehenden Regeln vor dem 11. Septem- ber geleistet werden, sehr eindrücklich. Schwierigkeiten entstehen, da viele Sub- ventionsleistungen gar nicht als solche in den Büchern der Fluggesellschaften auftauchen. So werden Landegebühren, die einzelnen Airlines erlassen werden, nicht als Subvention aufgeführt (Morrell 1997: 3). Die Regime, die bis zum 11. Septem- ber in der Lage sind, Subventionen auf ein gewisses Maß zu begrenzen, werden die- se Überwachungsfunktion nicht nur aufgrund der Ausnahmesituation nach den Anschlägen nicht mehr wahrnehmen können. Denn die genaue Höhe Schäden, die als direkte Folgen der Anschläge entstehen und für die die Fluggesellschaften ent- schädigt werden dürfen, ist schwer zu überprüfen.

Die Anschläge vom 11. September sind eine Möglichkeit, mit der sich hohe Zahlungen rechtfertigen lassen. Die Regelungen für Ausnahmesituationen sind, zumindest innerhalb der EU, strikt und verlangen dort beispielsweise vorherige Anmeldung und Genehmigung der EU-Kommission. Hinzu kommt, dass nur die direkten Auswirkungen der Ausnahmesituation ausgeglichen werden dürfen, zumin- dest fordert das die für den Verkehr zuständige Kommissarin Loyola de Palacio, die Subventionszahlungen im Verkehrssektor bereits vor den Anschlägen bekämpft (Haas 2001)7. Trotzdem werden die internationalen Regime, auch die EU-Kommis- sion, nicht in der Lage sein, dem Auszahlen von Subventionen wirksam entgegen zu treten (Nicolaides 2002: 249).

3.4.3. ZAHLUNGEN AN GEFÄHRDETE UNTERNEHMEN

Zahlungen, die über das «gerechte» Maß hinausgehen, sind an gesunde Unter- nehmen nicht zu erwarten. Wenn Firmen ohnehin einen Gewinn erzielen und sie bereits erfolgreich auf dem Markt agieren, kann eine Subvention lediglich den

7) Loyola de Palacio ist die EU Kommissarin für Verkehr und Transport, in ihren Zuständigkeitsbereich 2 9 fällt auch die zivile Luftfahrt.

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Gewinn vergrößern. Man könnte argumentieren, dass sich diese Subventionen eben- falls lohnen, da Fluglinien dieses Geld dazu benützen könnten, andere Konkurren- ten aufzukaufen. Außerdem würde, wenn die Konkurrenz auf dem Markt durch Subventionen an andere Airlines größer wird, auch eine Zahlung an erfolgreiche Gesellschaften sinnvoll sein, um die Position auf dem Markt erhalten zu können. Ein entscheidender Faktor spricht allerdings gegen die Subventionierung von erfolgrei- chen Unternehmen. Dies sind die Wähler. Politiker, die an einer Wiederwahl interes- siert sind, dürften Probleme haben, staatliche Hilfen in Millionenhöhe an gesunde Unternehmen zu rechtfertigen. Außerdem sind Regierungen Hauhaltsrestriktionen unterworfen und müssen sich auch aus diesem Grund auf staatliche Hilfen an erfolg- lose Unternehmen konzentrieren.

Daher werden nur solche Fluggesellschaften als Folge der Anschläge hohe Unterstützung erhalten, die bereits vor dem 11. September finanziell angeschlagen sind. Als rationale Akteure werden Politiker nur dann Subventionen beschließen, wenn ein Nutzen aus der Handlung zu erzielen ist. Das ist bei gefährdeten Gesell- schaften der Fall, bei gesunden nicht.

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4 . A N A L Y S E T E I L

4.1. EINLEITUNG

Im folgenden Teil werden die Hypothesen, die im vorherigen Abschnitt gemacht und theoretisch erläutert werden, einem Test in der Realität unterzogen.

Die Aussagen des Theorieteils sollen hier anhand einiger Fallbeispiele untersucht und gegebenenfalls untermauert werden. Zunächst werden Intention und Ziel der Ana- lyse dargestellt und kurz erklärt, warum die Daten anhand von Fallbeispielen analy- siert werden und warum dafür keine andere Methode in Frage kommt (4.2.). Danach werden grundlegende Annahmen und Definitionen geliefert (4.3.). Anschließend wird begründet, warum die einzelnen Fälle untersucht werden (4.4.). Es folgt eine Diskussion der gemachten ceteris paribus Annahmen, die einer Rechfertigung bedür- fen (4.5.). Die Datenquellen werden beschrieben und genannt (4.6.). Den Hauptteil dieses Kapitels bildet die Darstellung der Analyse und ihrer Ergebnisse (4.7.), eine Diskussion der Ergebnisse und welches Licht diese auf die Theorie werfen, sowie eini- ge abschließende Bemerkungen, vervollständigen diesen Analyseteil (4.8.).

4.2. INTENTION UND ZIEL DER ANALYSE

Anhand von Fallbeispielen wird im Folgenden gezeigt, wie Staaten die Aus- nahmesituation, die durch die terroristischen Anschläge am 11. September 2001 hervorgerufen wird, ausnützen, um die Überlebenswahrscheinlichkeit inländischer Airline(s) im internationalen Wettbewerb zu erhöhen. Die Analyse unterstützt die Annahme, dass Staaten umso mehr Subventionen ausschütten, je schlechter die finanzielle Lage des Carriers bereits vor den Terrorattacken ist.

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Die Wahl von Fallbeispielen als Methode wird in dieser Arbeit statistischen Regressionen vorgezogen. Um eine Regression sinnvoll berechnen zu können, benötigt man eine große Anzahl an Fällen. Es gibt allerdings nicht genügend Fälle, die in die Untersuchung hätten einfließen können. Deshalb wird die Argumentation anhand von Fallbeispielen vorgenommen. Dies schmälert den Wert dieser Arbeit aber nicht. Eine Begründung für die Fallauswahl ist jedoch zwingend notwendig. Die Kri- terien für die Auswahl der Fälle werden daher in Abschnitt 4.4. explizit genannt und b e g r ü n d e t .

4.3. GRUNDLEGENDE ANNAHMEN UND DEFINITIONEN

Bevor die Analyse der Daten vorgenommen wird, erscheinen noch einige wich- tige Punkte nennenswert, die ein besseres Verständnis der Arbeit ermöglichen.

Annahmen und Definitionen müssen zu diesem Zweck explizit gemacht werden.

Geldsummen werden immer in US-Dollar oder Euro angegeben8.

4.3.1 DEFINITION VON SUBVENTIONEN

Da der Begriff Subventionen in verschiedenen Bereichen unterschiedliche Bedeutungen hat, erscheint es sinnvoll, ihn zunächst zu definieren. In der Literatur finden sich verschiedenste Definitionen, die, je nach Herkunft aus Politikwissenschaft oder aus der Ökonomie, unterschiedliche Schwerpunkte und Zugänge mit in die Defi- nition aufnehmen. Auch die Definitionen, die Staaten oder die die Europäische Uni- on vornehmen, sind nicht immer eindeutig. Die hier verwendete Definition versucht die Gemeinsamkeiten der unterschiedlichen Ansätze einzubeziehen.

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Subventionen im hier verwendetet Sinn sind alle diejenigen finanziellen Mit- tel, die dadurch, dass sie gewährt werden, negative Auswirkungen auf den Staats- haushalt haben. Sei es durch direkte Ausbezahlung, Verzicht auf Steuern seitens des Staates oder andere Wege, die sich im staatlichen Haushalt niederschlagen. Alle finanziellen Aufwendungen, die mit dem Ziel an private Firmen gerichtet werden, Verhältnisse auf dem Markt zu verändern, sind als Subventionen zu betrachten.

Diese Eingriffe in den Wettbewerb sind auch vor allem der Grund, warum Sub- ventionen verboten sind, da sie die bestehenden Marktverhältnisse zu verändern ver- suchen. Die Unterscheidung, die in der Literatur teilweise gemacht wird, zwischen Subvention auf der einen Seite, als die Beihilfen, die verboten sind und staatlichen Beihilfen auf der anderen Seite als alle erlaubten Zuwendungen, erscheint eine künst- liche Trennung zu sein und wird in dieser Arbeit nicht vorgenommen. Subventionen und staatliche Hilfen werden synonym verwendet.

4.3.2. STAATEN UND DIE ZIVILE LUFTFAHRT

Die zivile Luftfahrt besitzt einige Merkmale, die sie von anderen Industrie- zweigen unterscheidet. Gleichzeitig sorgen dies Merkmale auch dafür, dass Sub- ventionszahlungen in dem Sektor, durch das hohe Maß an Verflechtung zwischen Industrie und Politik, eine lange «Tradition» haben. Um die Fallbeispiele besser zu verstehen, werden die Eigenschaften kurz aufgezeigt.

Zwar ist kaum ein Industriezweig, was Angebot und Produkt selbst betrifft, so international wie die Luftfahrt. Auf der anderen Seite gibt es wohl kaum eine ande- re Branche, die so sehr durch nationale Bestimmungen geregelt ist. Daran haben auch Bemühungen und neue Regelungen, die seit 1978 den Luftraum liberalisieren wollen, noch nicht viel geändert. Das hängt zunächst damit zusammen, dass bis auf

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wenige Ausnahmen die Verträge, die Überflugrechte und Landeslots an Flughäfen vergeben oder Flugrouten regeln, immer bilateral abgeschlossen werden. Ein reines Überflugrecht, das auch erste Freiheit genannt wird, ist immer zu gewähren. Für Anflugerlaubnisse in die jeweiligen Länder oder das so genannte Kabotagerecht, das sind Flüge, die völlig außerhalb des Herkunftslandes stattfinden, gilt dies nicht. Sol- che Regelungen werden fast ausschließlich bilateral verhandelt 9. Innerhalb der EU hat sich dies zwar mittlerweile durch EU-Vertrag geändert, aber für alle nicht-EU- Anbieter werden die Luftverkehrsabkommen noch immer bilateral ausgehandelt (Doganis 2002: 31ff.).

Staaten sehen ihre Souveränität im Bereich Transport immer angegriffen, wenn sie nicht selbst die Entscheidungen über multilaterale Abkommen bestimmen kön- nen. Dies trifft in besonderem Maße auch auf den europäischen Luftraum zu. Anfangs ist der gesamten Transportindustrie innerhalb von Europa eine spezielle Rolle zuge- wiesen worden (Lawton 1999: 91). Bereits Walter Hallstein, der erste Präsident der EU-Kommission, hat das paradoxe Dilemma beschrieben, in dem sich die Trans- portpolitik befindet. So hat er in ihr einen potentiellen Motor der europäischen Inte- gration erkannt, der die Menschen in Europa mobiler macht, gleichzeitig allerdings ist die Branche ein Hindernis für diese Integration, da der Bereich Transport von den Staaten national politisiert wird (Lawton 2003: 11).

Subventionen für Airlines sind kein neues Phänomen – nicht nur innerhalb der EU. Einen Überblick über die staatlichen Hilfen, die zwischen 1990 und 1997 an Air- lines innerhalb der EU fließen, gibt Tabelle 4.1. Die tatsächlichen Zahlen sind um einiges höher, da Gelder ausbezahlt werden, die nicht als staatliche Hilfen gekenn- zeichnet sind oder in keinen Geschäftsberichten als staatliche Beihilfe oder Kapital- zufuhr auftauchen (Doganis 2002: 18). Auch diese Hilfen werden ausnahmslos an Unternehmen transferiert, die Verluste erwirtschaften, deren Überleben daher unwahrscheinlicher wird. Die genehmigten Hilfen werden von Seiten der EU-Kom-

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mission mit Umstrukturierungsauflagen verbunden. Dies ist nicht neu und für den 11. September konzipiert, sondern bereits seit langem die gängige Praxis (Balfour 1996: 162ff). Bei der Genehmigung durch die Kommission spielen das «one time last time» und das «private investor» Prinzip eine entscheidende Rolle. Das erste Prinzip besagt, dass Unternehmen nur unterstützt werden dürfen, wenn sich die Subventionierung nicht mehr wiederholen wird. Daher ist eine Genehmigung mit Vorschriften zur Umstrukturierung der Unternehmen verbunden. Nach dem zwei- ten Prinzip darf das Geld nur unter den üblichen Marktbedingungen an die Unter- nehmen bezahlt werden, also mit handelsüblichen Zinsen oder Gewinnerwartungen (Frühling 2002: 135).

Europäische Staaten haben in der Vergangenheit ausgiebig von Subventionen an nationale Betriebe Gebrauch gemacht. Die Kommission erfährt mit den Jahren jedoch eine Stärkung ihrer Position und verschärft zunehmend die Regelungen für staatliche Beihilfen. Subventionen an inländische Unternehmen sind somit immer schwieriger vorzunehmen und werden in der Folge weniger häufig (Balfour 2002:

398). Einige Autoren stufen diesen Befund als Beleg für die Verlagerung von Sou- veränität aus den einzelnen Staaten nach Brüssel ein (Lawton 1999: 91). Manche Fachleute sehen sogar schon das Ende dieser Praxis. Nach den Anschlägen vom 11.

September hat sich diese Prognose jedoch als eine zu voreilige entpuppt.

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TA B EL L E 4. 1 . S T A A T L IC H E HI L F E N F ÜR E U -A IR L I N E S , 1 9 90 – 1 9 9 7

Quelle: Doganis (2001: 202)

Das enorme nationale Interesse ist in der Luftfahrt nach wie vor vorhanden.

Das führt dazu, dass die Regelung eines einheitlichen europäischen Luftraumes mit erheblicher Verspätung in Angriff genommen wird. Immer wieder fordern Staaten eine weitere Öffnung des internationalen Luftraumes. Wenn es dann jedoch an die Umsetzung in rechtlich bindende Verträge geht, ist kein Staat bereit, weitere Zuge- ständnisse zu machen, die die Vormachtstellung der nationalen Luftfahrt in irgend- einer Weise beeinträchtigen könnten. Auf die ersten Schritte der Öffnung des Luftraumes, die einiges verändert haben, sind daher kaum weitere gefolgt.

A I R L I N E KAPITALZUFUHR

(in Millionen US$)

Staatliche Airlines

Von der Kommission genehmigt:

Sabena (1991) 1 8 0 0

I b e r i a ( 1 9 9 2 ) 8 3 0

Aer Lingus (1993) 2 4 0

TAP (1994) 1 9 6 5

Air France (1993) 3 3 0 0

Olympic (1994) 2 2 4 5

Alitalia (1997) 1 7 0 8

Nicht als staatliche Hilfe klassifiziert:

Air France (1991) 3 3 8

Sabena (1995) 2 6 7

AOM (1995) 4 9

I b e r i a 5 9 3

Privater Sektor

British Airways (1993) 6 9 0

KLM (1994) 6 2 0

Lufthansa (1994)* 7 1 0

Finnair (1992/4/5) 1 7 5

*Lufthansa erhält 1995 weitere Staatliche Hilfe für einen Rentenfonds.

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Ein weiterer Beleg dafür, wie wichtig Staaten den Luftverkehr für ihr nationa- les Interesse einschätzen, sind die Verhandlungen der Uruguay Runde. Die Staaten sind nicht zu weitgehenden und neuen Regelungen bereit, die den Luftraum libe- ralisieren, daher wird dieser Sektor einstimmig von allen Staaten aus dem Verhand- lungspaket der Uruguay Runde ausgeschlossen. Deshalb sind in diesem Sektor auch Subventionen innerhalb des WTO Regimes weiterhin möglich. Staaten sehen natio- nale Airlines nicht nur als wichtigen Beitrag für das eigene Prestige, sondern auch als ein Instrument, mit dem die Sicherheit des Landes gestützt werden kann, und mit dem die nationale Wirtschaft angekurbelt und am Leben gehalten werden kann (Aharoni o.J.: 3).

Die Besitzregelungen für Airlines können ebenfalls als illustratives Beispiel herangezogen werden. Wenn eine europäische Fluggesellschaft ausschließlich europäische Ziele anfliegt, müssen mindestens 50% der Anteile in europäischer Hand sein. Ryanair ist solch eine Fluglinie. Sollten die Iren jedoch planen, Flughäfen außer- halb der EU anzusteuern, dann müssten irische Investoren mindestens die Hälfte der Anteile besitzen (Aharoni o.J.: 1). Eine Hinzunahme von außereuropäischen Zielen ist somit nicht einfach dadurch zu erreichen, dass eine Gesellschaft sich Linien- und Landerechte aneignet. Für eine Expansion über Europa hinaus müssten eventuell sogar die Besitzstrukturen verändert werden.

4.4. BEGRÜNDUNG DER FALLAUSWAHL

Da im Theorieteil Aussagen darüber gemacht werden, welche Faktoren die potentielle Auszahlung der Subventionen beeinflussen und letztlich auch bestim- men, sind die Fallbeispiele so gewählt, dass sie diese Aussagen auch einbeziehen können. Die Fallbeispiele sind hierbei nach Kriterien ausgewählt, die im Folgenden

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