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4.7. DARSTELLUNG DER FALLSTUDIEN

4.7.3. NICHT-AMERIKANISCHE AIRLINES, DIE 2000 EINEN VERLUST ERZIELEN

4.7.3.1. SWISSAIR UND SWISS

Die Entwicklungen, die zur Pleite der schweizerischen Fluggesellschaft Swis-sair führen, haben ihren Beginn bereits Anfang der 90er Jahre des vergangenen Jahr-hunderts. Da sie auf die Situation 2001 einen wichtigen Einfluss haben, werden sie zunächst kurz dargestellt. Die Höhe des Verlusts, mit dem die Swissair das Jahr 2000 abschließt, ist so enorm, dass auch eine hohe Summe an Subventionen von Seiten der Eidgenossenschaft zu erwarten ist. Die Begriffe Swissair und Swissair Holding Group werden synonym verwendet.

Eine der ersten Fluggesellschaften, die nach dem 11. September in arge wirt-schaftliche Turbulenzen gerät, ist die Swissair. Ende September werden Pläne ver-öffentlicht, die den angeschlagenen Konzern retten sollen. Das Geld des Unternehmens wird immer knapper. Als Anfang Oktober die Flugzeuge nicht mehr fliegen können, da das Flugbenzin nicht bezahlt werden kann, ist das Ende der Flug-linie bereits eingeläutet (ftd.de 05.10.2001).

Die Probleme der Airline beginnen jedoch viel früher. Durch die Deregulierung des Luftverkehrs haben sich für die Airlines der EU-Mitgliedsstaaten die Wettbe-werbsbedingungen nachhaltig verändert. Die Swissair ist von diesen Entwicklungen ebenfalls betroffen. Als Anbieter aus einem Nicht-EU-Land bleiben die Vorteile der Öffnung des Luftraumes verwehrt. Um durch die bilateralen Abkommen nicht zu stark benachteiligt zu werden, und um eine Stellung als viertgrößter Anbieter in Euro-pa einzunehmen, ist zunächst eine Allianz mit KLM, SAS, und Austrian Airline unter dem Namen Alcázar geplant. 1993 scheitert dieser Plan, vor allem auf Grund von unterschiedlichen Allianzpartnern der einzelnen Firmen (NZZ 21.04.2001).

Daher versuchen die Verantwortlichen zu expandieren. 1995 erwirbt Swissair dann 49,5% der Anteile an der belgischen Fluglinie Sabena. Mehr kann Swissair nicht kaufen, da sonst der Status einer EU-Airline verloren gehen würde. Außerdem beteiligt sich Swissair an weiteren ausländischen Gesellschaften, um im EU-Markt weiter Fuß zu fassen. Allerdings sind auf dem Markt keine größeren Gesellschaften zu haben. So ist die Auswahl der schweizerischen Gesellschaft auf Airlines beschränkt, die nicht zu den europäischen Topunternehmen gehören. Das ist der Hauptgrund dafür, dass sich diese Beteiligungen als finanzielles Fiasko entpuppen.

Sie verschlechtern die Situation der Gesellschaft weiter.

Im Januar 2001 wird der Verantwortliche, CEO und Präsident des Unter-nehmens des UnterUnter-nehmens, Philipp Bruggisser, entlassen. Die Strategie, die

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hauptsächlich er geprägt und verfolgt hat, wird geändert. Altlasten, wie Beteili-gungsaufstockungen bei anderen Airlines, die zu bestimmten Zeitpunkten ver-tragsgemäß erfolgen müssen, verschlimmern die Situation jedoch zunehmend.

Im April wird ein Plan in Angriff genommen, die Airline umzustrukturieren.

Dazu kommt es nicht mehr, spätestens mit den Terroranschlägen vom 11. Sep-tember 2001 wird dieser Plan obsolet, die wirtschaftliche Lage der Swissair ver-schlechtert sich rapide. Nach den Anschlägen in den Vereinigten Staaten kommt die Airline sehr schnell ins Schlingern, was sich weiter verstärkt und schließlich zum finan-ziellen Kollaps führt. Die Swissair Holding Group ist im Oktober zahlungsunfähig, die Fluggesellschaft muss aufgelöst werden. Nachdem zunächst eine staatliche Betei-ligung an der Rettung ausgeschlossen wird (NZZ 02.10.2001), ändert der Bundesrat diese Einstellung, als die Flugzeuge nicht mehr fliegen können und Proteste in der Schweiz aufkommen. In einer konzertierten Aktion vom schweizerischen Bundesrat, Kantonen, Gemeinden und der Wirtschaft wird ein Rettungsplan für die Swissair aus-gearbeitet. Eine Auffanggesellschaft wird geschaffen: die Swiss Group. Zahlungen, die eigentlich an die belgische Sabena überwiesen werden müssen, in Höhe von 200 Millionen Franken, werden nicht mehr geleistet. In der Folge muss auch diese Flug-gesellschaft den Flugbetrieb einstellen.

Die genauen Zahlen für die Swissair sind ebenfalls nicht einfach zu bewerten.

Denn nach dem Zusammenbruch wird eine neue Airline (Swiss) geschaffen, die weni-ger Unternehmen umfasst, als zuvor die Swissair bzw. die Swissair Holding Group.

Für eine Entscheidung der Regierung sind jedoch die Zahlen der Swissair von hauptsächlicher Bedeutung. Die Daten der Swiss werden zusätzlich geliefert.

Beide Unternehmen zeigen deutlich, wie prekär die Situation für die Eidge-nossen ist. Mit einem Umsatz von 10,672 Milliarden Euro (16,229 Milliarden CHF)

erwirtschaften die Flieger mit dem Schweizer Kreuz ein Minus von 1,897 Milliarden Euro (2,885 Milliarden CHF) im Jahre 2000 (siehe Tabelle 4.4.).

Alles in allem werden knapp 3 Milliarden Euro (4,3 Milliarden CHF) in die Auf-fanggesellschaft einbezahlt. Fast 1,4 Milliarden (2 Milliarden CHF) werden in Form von Krediten und Kapitalerhöhungen durch Ausgaben des Bundes gedeckt. Kanto-ne und Gemeinden sind mit mehr als 300 MillioKanto-nen Euro (450 Mio. CHF) beteiligt (Flottau 2001b). Diese Zahlungen werden auf mehrere Jahre verteilt. Der Staat gewährt zunächst einen Überbrückungskredit von 450 Millionen Franken, damit der Flugplan bis Ende Oktober aufrechterhalten werden kann. Hinzu kommt eine Finanz-spritze von 1,8 Milliarden Euro (2,7 Milliarden CHF) an die Swissair Tochter Crossair, die dann unter dem Namen Swiss die Swissair übernimmt (Süddeutsche Zeitung 24.10.2002). Der Staat hilft also auf allen Ebenen, den neuen Carrier ins Leben zu rufen. Das heißt sowohl Bund, als auch Kanton und Gemeinden, beteiligen sich an der neuen Gesellschaft. Die Staatsbeteiligung an der Swiss Group wird von 0%

(Swissair) auf 23% (Swiss Group) erhöht. Auch Schweizer Banken, denen zumin-dest eine Mitschuld am Scheitern der Airline gegeben wird und weitere schweize-rische Unternehmen übernehmen einen Teil der Kosten, die entstehen, um die Swiss Group ins Geschäft zu schicken. Die Unternehmen, die Swissair in den Jahren zuvor aufgekauft hat, oder an denen sie Anteile besitzt, sind nicht mehr Teil dieses Unter-nehmens. Einige dieser Gesellschaften, wie die belgische Sabena, werden mit der Swissair in den Sog der Pleite gezogen und überleben die Turbulenzen nicht.

4.7.3.2. ALITALIA

Alitalia kann mit den Konkurrenten aus den anderen europäischen Staaten nicht mithalten. Gemessen am Umsatz wird sie das Gewicht, das Lufthansa, British Airways oder Air France besitzen, auch durch hohe Zahlungen der Regierung nicht

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erreichen können. Aus diesem Grund versuchen die Italiener immer wieder, durch Kooperationsverträge in weltweite Allianzen Eintritt zu erlangen, um somit eine Position zu erreichen, aus der heraus sie sicherer auf dem Weltmarkt agieren kön-nen. Die Regierung in Rom hat der Gesellschaft, deren Mehrheit bis heute in Staats-besitz ist, bereits in der Vergangenheit mit hohem finanziellen Aufwand unter die Arme gegriffen (Ingwersen 2001: 152). Trotz dieser Bemühungen des Unterneh-mens und der Regierung verläuft die Zeit vor den Anschlägen alles andere als erfol-greich (Sauer 2001).

Die italienische Airline fliegt schon im Jahre 2000 tief in den roten Zahlen, nachdem sie 1999 bereits nur knapp mit einem Nettogewinn von 6 Millionen Euro gelandet ist. 256 Millionen Euro Verlust schlagen 2000 für die Fluggesellschaft zu Buche, auch das erste Quartal 2001 bringt das Unternehmen weiter ins Minus (Süddeutsche Zeitung 30.04.2001). Die italienische Regierung reagiert auf die Anschläge in den USA und unterrichtet die EU-Kommission von dem Vorhaben, die Finanzdecke des Unternehmens durch Rekapitalisierung zu erhöhen. Die Erhöhung um 1,43 Milliarden Euro wird vom Staat mit 892 Millionen Euro unterstützt, der Rest kommt aus der Wirtschaft und von Privatanlegern (Süddeutsche Zeitung 30.07.2002). Diese Rekapitalisierung ist vor allem für die Aktionäre eine fragliche Methode der Kapitalzufuhr an das Unternehmen. Sie stehen vor der Wahl, zusätz-liches Geld für ihre Anteile bezahlen zu müssen, oder insgesamt weniger Anteile am Unternehmen zu haben. Zwar ist der Staat der größte Anteilseigner und führt die-se Entscheidung bewusst herbei, aber auch Privatkunden werden vor diedie-se Wahl gestellt. Mit diesem finanztechnischen «Trick» kann der Staat die Kapitaldecke der maroden Airline ein wenig verstärken.

Weiteres Geld kommt durch eine Kreditumwandlung in die leeren Kassen.

Zudem genehmigt die Brüsseler Behörde eine Auszahlung von staatlicher Hilfe, die bereits 1997 in mehreren Stufen angemeldet wird (Europäische Kommission 2003,

Tabelle 4.1.). Die Zahlungen, die auf diese Hilfe zurückgehen, werden nicht in die Analyse aufgenommen, da sie auch ohne die Anschläge und ihre Folgen stattfinden würden. Nachdem die EU-Kommission diese Finanzspritze genehmigt hat, reichen mehrere andere Airlines in Brüssel offiziell Beschwerde ein und verurteilen das Vor-gehen als wettbewerbsverzerrend (Dombey / Done 2002). Nichtsdestotrotz erhält Alitalia das Geld aus der italienischen Staatskasse.

Alitalia hat, wie Air France, bereits in der Vergangenheit hohe staatliche Unter-stützungen erhalten. Die Airline schafft es im Gegensatz zu der französischen Kon-kurrenz jedoch nicht, auf einen erfolgreichen Kurs zu kommen. Beide Unternehmen sind mehrheitlich im Besitz der Staaten. Ein Unterschied besteht in der Größe der Gesellschaften, gemessen an ihrem Umsatz. Alitalia bemüht sich mehrfach um eine engere Zusammenarbeit mit Air France, was aber nicht erreicht wird. 2003 schließen sich Air France und die niederländische KLM zusammen, Alitalia ist in diesem Bünd-nis nicht dabei. Die Italiener haben auch 2003 schlechte ErgebBünd-nisse aufzuweisen, an ihrer finanziellen Lage hat sich trotz der vergleichsweise großzügigen Hilfe des Staa-tes kaum etwas merklich verändert (ftd.de 12.09.2003).