üeber das Traditionswesen bei den Arabern.
Von A. Sprenger.
Ibn Kotaibah (angeführt im Kamäl fi asmä al-ri^äl)
bat Recbt wenn er sagt: „Keine Religionsgenossenschaft bat so
genügende bistoriscbe Bezeugung wie die unsrige" X.«^ tj^.^
»Äi? ^Oi;...^ jU«.I . In der That ist die Tradi¬
tionswissenschaft eine Eigenthümliehkeit des Islam; doch wird sie
von sebr wenigen Orientalisten gehörig gewürdigt und verstanden.
Der arab. Ausdruck für Traditionswissenschaft ist
Eine Tradition besteht aus zwei Tbeilen: der Autorität jLLwit
und dem Text ^JLtt. Das Traditionswesen der Araber ent-
wickelte sich aus ihrer Gerichtspflege. Die Orientalen erwarten
von einem Propheten , dass er ihnen nicht nur über alle auf Re¬
ligion bezügliche Fragen Aufschluss gewähre , sondern aucß ihre
Staatsverfassung gründe, sie mit Civil- und Criminalgesetzen ver¬
sorge und ihnen ausführliche Vorschriften über die Einrichtung
ihres täglichen Lebens gebe: wie sie sich kleiden, die Haare
scheeren, den Bart kämmen, die Nägel verschneiden, wie sie
essen und trinken sollen. Es verstebt sicb, dabs der Koran kei¬
ner dieser Forderungen entspricht. Diesem Mangel nun musste
Ueberlieferung der Aussprüche und Handlungen des Propheten ab¬
helfen. Zuerst fühlte man die Unzulänglichkeit des Korans als
Gesetzbuch. Wir lesen im Miäkdt (engl. Uebers. Bd. II, S. 71):
Al-Mo^irah b. ^o'bah führte vor Abü Bakr einen Ausspruch Mo¬
hammads an , ura eine zweifelhafte Gesetzfrage zn bestimmen.
Der Cbalife fragte ibn , ob sonst jemand jenen Ausspruch gehört
habe; und erst nachdem Mohammad b. Moslamah ihn bestätigt
hatte., erkannte er ihn als Gesetz an. — Unter '^Omar wurden
Syrien , Persien und Aegypten erobert. Die Eigentbumsverbält-
nisse in diesen Ländern waren viel complicirter als in Makkah
oder Madinah. Es mussten daber in den Gerichtshöfen, in denen
immer einer der Geuossen des verstorbeneu Propheten den'Vorsitz
führte, täglich Fälle vorkommen, für die man keine Gesetze im
Koran fand und die daher nacb den Aussprüchen Mohammads —
der Ueberlieferung — entscbieden werden mussten. Wir dürfen
Bd. X. 1
1 «
'2 Sprenger, über das Tradilionsuiesen bei den Arabern.
uns (lulicr nicht wundern, wenn in den Asnäd der Traditionen das
Princip gerichtlicher Zeugenschuft vorwaltet. Wenn nun vor Ge¬
richt ein Ausspruch des Propheten von einem Manne citirt wurde,
der ihn nicht persönlich gekannt hatte, so musste er angeben
können, von wem er ihn gehört hatte, und sein Gewährsmann
musste auf Vertrauen Anspruch machen können. Ein blosses Stück
Papier oder ein Heft — (eigentliche Bücher gab es während
des ersten Jahrhunderts der Hi^rah wobl noch nicht) — konnte
nicht als gerichtlicher Beweis gelten. Einige der grossen Tra-
ditionisten selbst nocb des zweiten Jahrhunderts gingen so weit,
dass sie eine Tradition für unzuverlässig hielten, wenn sie der
Ueberlieferer nicbt im Gedächtnisse, sondern bloss schriftlich auf¬
bewahrte. So sagt Mälik b. Anas (angeführt im Kamäl)
»ftj ^!äiS^. ^ ^j*" |»UJI '-^■>^h' o^j' ü.<JI.< JLä
L^Äji«^ iA_s (J>ft*5 — ».-il) JjÄis w*.Ä^ j,t JL_s ^ jL_ä g«*^
^f,Uii fcSj.As> ^ 0\iJi ^( oLi-l iit iX>>J ^ jLä iCäj,^»^ „Mälik b.
Anas, erzählt Aäbab, wnrde gefragt, ob man die Wissenscbaft
(d. h. Traditionen, — damals fast die einzige Wissenschaft, die
betrieben wurde) von Jemand entnehmen dürfe, der sie nicht im
Gedächtnisse aufbewahre, übrigens abfr ein wirklich zuverlässiger
Gewährsmann aey. Er sprach: Nein. Der Fragende fubr fort:
Aber er kann sie doch aufschreiben und als zuverlässiger Ge»
wähnimann sagen: icb babe sie gehört —? Mälik sprach wieder:
Es darf nichts von ihm entnommen werden; ich fürchte, dass
seine Ueberlieferung über Nacht Zusätze bekomme."
Bs war eine fromme Sitte, scbon während der letzten Jahre
Mohammads, dass, wenn zwei Gläubige sicb begegneten, der eine
nach Neuigkeiten (diess ist die Bedeutung des Wortes Hadft)
fragte und der andere einen Spruch oder eine Anekdote von dem
Propbeten zum Besten gab. Diese Sitte dauerte nacb seinem Tode
fort, und das Geantwortete biess fortwäbrend Hadit, obwohl es
keine Neuigkeit mehr war. Wir finden Beispiele davoa noch in
neuem Zeiten. Im J. d. H. 796 kam Ibn al-Äküli Bagdädi nach
Damaskus. Ibrähim Haiabi stattete ibm am Sonntage den 24. Ra¬
madän den ersten Besuch ab, und die erste Frage, die Ibn al-'ÄkflIi
nacb den gewöhnlichen Begrüssungen an ibn richtete, war, ob
er einen Hadit wisse? Halabi wiederholte darauf aus dem Ge¬
dächtnisse mehrere Blätter des Bocfaäri mit den Asnäd. Es giebt
etwas Aehnliches in Frankreich. In bourbonistischen Abendgesell¬
schaften werden häufig , statt Tagesneuigkeiten , Anekdoten vom
Hofe Ludwigs XIV. erzählt und mit all dem Interesse angehört,
welches das neueste Stadtscandal erwecken würde. Obwohl aber
die Sprüche dea Propheten bei jeder Gelegenheit wiederholt wur¬
den, so war ea dennoch, wie schon gesagt, der Gebrauch derselben
Sprenger , über das Traditionswesen bei den Arabern. 3
vor Gericht, der dem Traditionswesen scbon sebr früh wissen¬
schaftliche Ausbildung' gab. Es ist wahrscheinlich, dass schon
zu Lebzeiten des Propbeten an Orten , die von Madinab ent¬
fernt waren, seine Aussprüche mit derselben Förmlichkeit, die
man später beobachtete, wiederholt und als Gesetze betrachtet
wurden. Und folgende Tradition des Propheten, die wir bei
Baihaki lesen , mag daber wobl acht seyn : Ua ^ jJjt ^oi
(' ^ ij^^l »jli ^«v. „Gott stehe einem
Manne bei , der einen Ausspruph von uns hört und dann so ,
wie er ihn gehört, Andern bericbtet; denn Mancher, dem etwas
bericbtet worden , merkt es besser als wer es (unmittelbar) gehört
bat", zumal da in demselben Werke vier Traditionen vorkom¬
men, in denen Mohammad denjenigen ewige Verdammniss androht,
die Traditionen erfinden oder falscb überliefern. Aus Allem er¬
hellt, dass das Traditionswesen scbon damals eine gewisse Aus¬
bildung erhalten hatte.
Seit dem dritten Jahrhunderte der Hi^rah sind die Tcaditio-
nen gewöbniicb wörtlich wiederholt worden , ausgenommen in Fäl¬
len , in denen nach einer Tradition auf eine ähnliche verwiesen
wird, die sicb in einer bekannten Sammlung befindet. So führt
z. B. Baibaki in seinem ^jfSJ\ ^-^i^ Traditionen des Bocbäri
und Moslim, die einander äbnlich aind, als identiscb an, ohne
anf die Verscbiedenbeit aufmerksam zu machen. Icb glaube aber,
weder er nocb ein anderer neuerer Sammler würde diess gethan
haben , wenn er nicbt den Leser wegen einer wortgetreuen Ver¬
sion auf ein bekanntes Werk bätte verweisen können. Vor An¬
fang des dritten Jahrhunderts waren die Ansichten über diesen
Punkt verschieden. Al-Hasan^asri, l^a'bi, Ibräbim und Wätilab
b. Aska' begnügten sich den Sinn festzuhalten. Saicb Alimad Ibn
Qanbal (st. 241) nimmt an , dass eine Tradition , in welcber der
Sinn auf eine vernünftige Weise auagedrückt ist, volle Beweis¬
kraft babe. Wir lesen daher im Bostän : q« iuL^uail ^Lf;
*****" » **
t^ju' ^ ^J'Ujjkj> Ijl JLs „ Einige der Genossen Mo¬
hammads sagten : Wenn wir euch den Sinn der Worte des Pro¬
pheten mittbeilen, so habt ibr genug." Andere jedocb waren
schon in den ersten Zeiten darauf bedacht, die Traditionen wort-
1) Diese Tradition wird nacb zwei andern Riwüj&t im Boslin des Abu-l-
mC * w
Lait angerührt : »l>>Li hLc^ LajA> LL/« iJJt (^yJt JLS
»«JL*i L*jv\s>. ^ Uj*^ [oLal^^l Q.] Lfdatu, L»J'.
Diese kleinen Verschiedenheiten im Ansdrucke dienen zur Vtfransehaiilichung dessen, wovon wir sprechen.
1 •
4 Sprenger , über das Tradüionswesen bei den Arabern.
getreu zu wiederholen. Der obengenannte Saicb Alimnd Ibn
Hanbal erzählt von seinem Vater, er sey so genau gewesen, dass
er „Prophet" in „Gottgesandter" umgeändert habe, wenn es so
ß - o
in dem Texte seines Lehrers stand : ».Ad lyj I j! eXi\ ».J^ Jjl o*jIj Jj,«^ j^_c OJv.:^! JLs^ ikAlc illl J.«5 v'^-i^' lj o*"^* vi>A;^l
|ju.j &-JLc jJÜI Jjw3 &Dt i3^*^j yy«= (J'>*"5 's^^ J"*^
Abu-I-Dardä (st. 32) und Anas b. Mälik waren so ängstlich ge¬
wissenhaft, dass sie nach jeder Tradition sagten: „oder wie der
Prophet gesagt hat" oder etwas Gleichbedeutendes.
In den ersten Zeiten wurde immer erwartet, dass der Leh¬
rer die Traditionen , die er mittheilte, mit dem Sanad auswendig
wisse, gleichviel ob er sie aufgeschrieben hatte, oder nicbt. Der
Bifer der Moslimen war damals noch sebr warm , und Ueberliefe¬
rung war der einzige Gegenstand, mit dem sich Tausende von
ihnen beschäftigten. Daber kam es, dass mancbe von ihnen eine
erstaunliche Menge von Traditionen auswendig wussten. So wird
von Abü Zar ah (ic^j^jl) erzäblt, dass er in seinem Hause viele
hundert tausend Traditionen aufgeschrieben batte und dass er sie
alle auswendig wusste. Von Ahmad Ibn Hanbal sagt man , dass
man nach seinem Tode zwölf Lasten (Jw?*) von Noten fand, die
Traditionen enthielten, und dass er die meisten davon auswendig
wusste, und was er wusste, das wusste er genau.
Die wichtigste Frage iu der arabischen Literaturgeschichte
ist gewiss die, wann zuerst Bücher gescbrieben wurden. 6azzäli
glaubt, Ibn dlorai^ sey der erste gewesen, der ein Buch verfasste.
Indessen 6azzäli war zwar ein gute^ Dialektiker , aber ein schlech¬
ter Historiker. Folgende .Stelle, die ich dem Rande des Beiruter'
Exemplars des Bostän entlehne, scbeint mir etwas ricbtiger zu seyn:
wLsUaJI ^yUj Ljixi j^jC^ |J äSiX^ ^_A*JL.a*Jl ^ KAäXJI
BL:^ >^«J5 "j-^H^' er v:i«.3cX5>. L*jlj (^juIäJI
jUi»^ j^w^tj >-*lwJi '^-H'** "^^'s tW^^' ^-^f juLcSV«aJi
e^.jL>l oA^' ^ (cÄ:*^L:^l o^^^
^vXXil ^^j;^ ««I^SJtj L^j u«Uil iVäAi &J *_ft*AAaj5
^AxJtj „Die Anwendung der Schrift zur Abfassung von Werken
ist neuern Ursprungs; zur Zeit der Genossen des Propbeten und
in der ersten Periode der „Nachfolger" war sie noch durchaus
unbekannt und erscheint erst nach dem J. d. H. 120, nach dem
Tode sämmtlicber Genossen des Propbeten und der angesehensten
(ältesten) „Nachfolger", ferner uach dem Tode des Sa'id b. al-
Sprenger, über das Traditionswesen hei den Arabern. 5
Musajjab, des al-Hasau und der trefflichsten „Nachfolger der
Nachfolger". Ja die Alten hatten sogar einen Widerwillen gegen
das Aufschreiben der Ueberlieferungen nnd die Abfassung von
Schriftwerken, aus Besorgniss, duss die Menschen dadurch vom
Merken und Hersagen, vom Ueberlegen und Nachdenken abgezogen
werden möchten."
Obwohl ich gern zugebe, dass vor dem J. d. H. 120 kaum
eigentliche BUcher geschrieben worden sind, so wäre es doch
gewiss ein Irrthum, zu glauben, dass alle Traditiohisten die
Ueberlieferungen bloss dnrch wiederholtes Vor- und Nachsagen
(8ely») auswendig lernten nnd im Gedächtnisse behielten, und dass
sie keine geschriebenen Notizen hatten.
Da das Bostän in dieser Beziehung am vollständigsten ist,
so gebe ich hier was es für uud gegen das Schreiben der
Traditionen sagt. Erstlich dagegen:
_yjljt}\ äCiUS" (j«L*-J! (jiaju [^_^l\aSj4-wJ1 vit«.A]J| _^jl] juäftJl JLs
j^M..S. Ji,^ LÄ (ä)^I3 iC^ LxLs _^JI J._»l KxLe läUj ^LjIj
\^3k^' Jt er (--.Lj (Tjl ÜJ! J^«^ L) JLs vjLbil ^ ^♦c ^\
(?^jC ^yL*9) L^j 'ijai *_aJI ßäxa L^»i3«j w<j:<j ci*ji>l>L
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c;A.^_^i" L»^ (»Xjl ij^^^^Ä/«! JLäs b^jL*!! *5>^l iS u.Aja*]l
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L« Las> (.$w^ ^äi iLa^saj (i^il«:) L^. |»^ä£:> ^3 ^^LuxJI^
^y5J^v^^Ä^l JLs l« Jw^Ss ^cLJi "51
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^Jls (»UjI SwjLäJ' ^ ^^.Jl ^öLx*«! »_3I li' J^*"-
u-W*» ü'^ -^^■^ o- (lir**^) c;^:**^ — c)'^*^
(-H') CT*' <-S>;5 SLAx^JLj ^OaS (j, }jo Lil J^Sj, üjLäXJI
l^JLüs *ÖI iAac ^1 ÜI! Jcfc v^^i »L» JLS «ujI ^ .To^OcJI
. w « «
i^lXj v^j'Li JLs Lä! iÄAAÄs u^aIs «.csjjtÄsl L4.IC i,>5Uc Luxj' lAS Li!
^Je LifS; ^ »UL, i^L^i ■Uci.Ü\ J«>U (vgl. H. Ch. 1, S. 79).
Dass 'Abd-Alläh b. Mas'^üd die Traditionen , die seine Schü¬
ler nach seiner Mittbeilung aufgeschrieben hatten , auslöschte, be¬
weist gerade, dass damals von den Traditionsschiilern Notizen
gescbrieben wurden ; und es ist nicht vorauszusetzen , dass andere
Lehrer sie ebenfalls ausgelöscht hätten.
Ich gebe nun zunäcbst ein hierher gehörendes arabisches
Sprücbwort, nebst drei Balbversen, welche dasselbe weiter aus-
6 Sprenger , über das Tradilionswesen bei den Arabern.
führen; und dann die Steile des Bostän, aus welcher erbellt,
dass die Traditionen schon sebr früh aufgeschrieben wurden, um
sie auswendig zu lernen und das Gedäcbtniss zu unterstützen.
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^jc^ * Lsjufll «jLjXJCjj L*^Jksr J^j ^«Aj ^_aJ ^-jLaJl ^^LJlw
^rj.»t («ej^^-j^O ar?^ '^^ *"*' cj' cT*^'
»^AJ ._a*jC^ jü jui iJ^ er «rilJ^ cj'
3Jdt » fcjlc JXig jt U iuJl 5|>,J v^j-J*
^t e)l i^s» aiXJi^ * j^^Mi.A Ju£i\ v_A>-Li05 j>/^ -tiä^l 4-o>Lo
iJL«J| v^ltfii jJj» jLfii ^t JULäT i IjCs? >_ajLc UU>»
(JL«Jt RjLxT c>u,I_^- lXS ^"S, ».^^ j,| JJU jyJdj ^ .L«^t J,^
Jüo jLäj ^ Li*»»- ^^♦L-.II »Ij U (Jö j^v^lII Jlä J^jjj
JLä JLä ^ e;f^' er* er^^ * *^^'*^' <J^^ £^ *'^'
/(»i'a /-iäij [js* J-J" iS>t er ✓^UJt l-x* l^*Ä^'l d» J^,-«^
c
»>**A^ ^ y-ft**» a' j-*-»^ ^«-JU» — J-»-' er .✓JL»)! üdjj; era
^Lüi ^ »Ajüu
In dieser Stelle kommt mir die Antwort des Imäm Mohammad
interessant vor. Dm zu seigen, dass Bücber zu verfassen (denn
Sprenger , über das Traditionswesen bei den Arabern. 7
darum handelt es sicb doch da) nicht gegen die Aeligion sey,
sagt er bloss, es sey diess unter den Gläubigen eine altherge¬
brachte Gewohnheit, und das, worin alle Gläubigen übereinstim¬
men, müsse auch recht seyn; denn vox populi vox dei '). Wäre
die darauf folgende Tradition des Nafi' acht, so würde sie Mo¬
hammad wohl zu seiner Rechtfertigung angeführt baben. Aber
wir haben keine gegründete Ursache zu zvreifeln, dass scbon der
Subn des zweiten Cbalifen und nacb ihm die Scbüler des Salmän
Traditionen aufzeichneten; denn die erste Thatsache wird von
zwei von einander ganz unabhängigen Traditionen verbürgt, und
die zweite beruht auf eiuer Pnmilienüberlieferung ; solcben aber
darf man immer trauen.
im Texte der Lucnower Handscbrift des Bostän kommt noch
eine andere Tradition vor, welche ein Beispiel davon enthält, dass
scbon zur Zeit des Propbeten seine Aussprüche aufgezeichnet
wurden. In dem Beirufer Codex aber steht sie auf dem Rande
und ist als w^l^j^i ü*>y bezeicbnet:
vXjjI üJi tiyMj ».Ä»**«. J-/ wfcAi't c;A«Lr ojLxJI j_^*c JLs
„ G ' - — *
^ajjJI i3 j-^i *JL!I J_^.««^5 »i^i i}S waäXj I^JLs (jSij ^ (^Ä^is <iM>
x^Li *iJl J^j-5 ki^Jj Oj^j Jis> äCjL;iX!! ^ o>X*«..«Lj w*«a«Jtj
*^ G
Jls * uÄs» ^1 «uU g/^' ^ "'*^* tf***^ i^i^i^' ^-AÄ^I Jlä^ **5 j^l kumsIj
uJ^ix. ^"^i i! »Li Lj JL^&i jLöi^l er "La- »j-Jy-* ^-j'
^\ Lcjt^ <ä^****J er***"' t-*^ sJäii»\ "if ^^jk^^fi cioA^
Solchen Nachrichten dürften wir nur dann Glauben versagen,
wenn sie etwas Unwahrscheinliches enthielten. Es erhellt aber
ans der Propbetengescbichte , aus Abü Isma'il's „Eroberung von
Syrien" und andern Gescbichtswerlten , dass die Bewahrer zu
jener Zeit in ihrer Correspondenz sehr pünktlich waren. Es ist
daher nicht unwahrscheinlich, dass wenigstens einige von ihnen
das', was sie sicb merken wollten, schriftlich aufzeichneten.
Wenn diess auch unter den Zeitgenossen des Propbeten sel¬
ten vorkam und selbst unter den Täbi's nocb nicht sehr bäufig war,
80 wurde es docb zu Anfang des zweiten Jahrhunderts gewöhnlich
und zu Ende desselben allgemein. Schon zur Zeit des Ibn ^ihäb
(d. b. Zohrt, st. 125) wurden diese Notizen abgeschrieben, dann
vor dem Lebrer gelesen und collationirt, und Traditionen auf
diese Art fortgepflanzt. Diese Lehrmethode kam später in all¬
gemeine Aufnahme. Wir lesen im 7ten Kapitel dea Bostän :
1) Es musa bemerkt werden , dass Mohammad unter Hariin al - Rasid
lebte.
8 Sprenger , über das Tradüionswesen bei den Arabern.
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vk*^ ü*' JLä *_jt ^»c sXl\ v>_*_C Bj*«S _j_jt ^^3j5
«_j ( ^^^jrfa^LjiAi ) tyj-'S'y!* i5>fl*» «äjc li^jLi^" *I JLraS vL*^Lj
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Si My^^MtS^ä tjlyä Uj L(
Dennoch sind die Varianten , besonders in der Zusammenstellung,
in den auf der Autorität des Zobri beruhenden Traditionen in
verschiedenen Riwäjät zu bedeutend, als dass man an ein eigent¬
liches von Zobri verfasstes Buch denken dürfte. Zum Beweis
dürfen wir nur an die erste Tradition bei Bocbäri erinnern, Sie
beruht auf dem Zeugnisse des Zobri und findet sicb bei Ihn Sa'd,
Ibn Ishäk , im Mosannaf des Ibn Saibah und in andern Werken,
Alle diese Scbriftsteller haben sie von verscbiedenen Scbülern des
Zobri gehört, dennoch lautet sie in allen ganz gleich, mit Aus¬
nahme des Ihn Ishäk, der, wie es mir scheint, sie willkürlich
veränderte. Diese Gleichheit könnten wir ohne schriftliche Fort¬
pflanzung kaum erwarten. In der Anordnung aber herrscht grosse
Verschiedenheit, besonders zwischen der Version des Ibn Sa'd und
der des Bocbäri; letzterer giebt drei Traditionen, wo ersterer
nur eine hat.
Ich bericbte nnn hier nocb die Meinungen der Imame in Be¬
zug auf das Aufschreiben der Traditionen. Der Stifter der Han¬
balitischen Sekte sagt: ujl^er*^! uS^tt O^X^'^; Imäm täli'i:
er 0,X£> ^ ujIä^ UäsL». viy-JiX^ üJLs»! *A9i_jL^a «ks>-j vJüa ^
XilXS , Auch Marwän b. Mohammad meint , dass man dem Ge¬
dächtnisse allein nicht trauen dürfe, sondern die Traditionen aucb
aufzeichnen müsse.
Es ist wohl bekannt, dass die Moslimen, wenn sie auch Tra¬
ditionen schriftlich erhieltet oder in einem Bucbe lasen , dennocb
sagtan : haddatani (oder achbaranä oder etwas Aehnliches),
ohne das Buch zu erwähnen i). Der Grund ist schon oben an¬
gegeben worden , und ich werde ferner noch durüber zu sprechen
haben. Hier will icb nur zeigen, dass schon in den frühesten
Zeiten Traditionen schriftlich (in Briefen und auf andere Art)
mitgetheilt wurden, und dass der Scbüler doch immer sagte LoJc»
und selbst o».««,«., als bätte er sie mündlich überliefert erbalten:
O* j>*^^' .-*_Ä_J' JLä ÜAiiÄ ^ ^^j-ijai^ cXac ^ ^_gjJ
y ) B >
i^Ck^t oaajLT iXJi o><w<^! jLüi liÜö iÄilwj sJUÜj ^i«itt
1) Auf diese Art nimmt z. B. Jabari Traditionen aus Ibn Ishäk, obne seine Quelle zu nennen.
Sprenger, über das Tradüionswesen bei den Arabern. 9
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liUj OjS'Jvi ^ JLäs »u ^xSkX»" uXäs J,\ 'j' oJläs LjLu'
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BA^^Ij >^ tkcltM) |JUil &jIäS' Jls ixl^
xÄ,o ci-uu-i» J^^F '■♦S' t^Jl &ic jsi'a/^i jj-^. i/J»J
Zunächst Einiges über die Licenz HjL>t. Ich schreibe
dss Kapitel über diesen Gegenstand aus dem ^j; t_.\jy-0
des Nawawi ab:
w S 5 f ym S>oC
U 5? i^jLäJI tjkjjs.Li' L*A«-o jA^sf. Jj"!i! Vj*'' SjLs»^!
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g.AÄ»fljtj iiijLitI ^^c L^j_^i jj^cl liX^a ij^j** c>«I*ÄÄi
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JwvJtj *-.j'a/' vVv^^' ^A^e /»^o-'^ ^jt^bJI er «■^'■5^tXJl
^ G - •
i_^«sL;Ui oLalj^l (_5>Xs>! v_ftjl^£3Jt er oLj:L*=. L^LLit^ L^j
VjAöJI * JJab tJ^j J.*-jII^ L^-i jJ;s> ^ |9^Lä<j, xI^LIiJ! JLsj
9 ~ oi 9 »» lü'ff •• A
M O^ii^ ^Lc^4^^ li^J^^K' Laaä* ^UU!
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jA^. e^JLÜ! * L_^ J-vlII l_,A>5!j -fcjy >_Äjl_^WJ er j^i^s
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J,-5>l ji lX»-I J_J' jt ^^*U«at o^>li (•_^./Jt v_ft*fl^ e^:«-«
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vLäT *J jt J_^^:s!« 83L=.t ^tyt * ...A^ ^LäJ! er!;>^'
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^Ls^LaJ ■5(j ^^^Xc Kj ^jLawJI -Jij ^Lac[ |Jj ÜJ^AC _,t BjL:FV-«"5(t »j
^ Oj>i Uj JLii Iä? i jumJLs^^ !t_A_xi iSUL*-*^ !>jL>'2(l o^^ius
jj«.*L^ * wblLu ^t-b'^Ls ^JUi-j üJL^ JUäs tÄ? ^s' jt ^ytü »Läj
^^Ls L^x^ j ü»/^^^' «-ftlxi-t ^y^äJ o^s-St ^jiAnJl B^L»."^!!
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aj|^> J--^^ äaI^ ^^^^ g»Ai=UaJ!^ &j AX«J ^ (J=<^
to Sprenger, über das Tradilionswesen bei den Arabern.
Dieser Unfug', irgend jemandem die Erlaubniss zu geben,
Traditionen zu lebren, die er nicbt gebört odv gelesen butte,
berrsebte scbon im dritten Jabrbunderte, wurde aber damals von
den Bessern verdammt, wie aus folgender Stelle des Baibaki
erhellt, aus welcher auch hervorgeht, dass bloss schriftliche
Mittbeilung (obne mündliche Erklärung und Collation) nicht von
Allen gebilligt wurde: ^11 /=><i wt — ^j' ^*isji
Li^jt iiS>_jJi 8jA*».j ^lIi ^ _^]t lX».L ^] Jwj^ \j^3> JLäs 8jL=."Üt
- ■ . O . 3
KäA^Uait x_!jLLe ^ <AISS^ &_cL4,s>i ijaifjj ^U« &.cU>
er 5 * l4?j-S' o* jjUxj kj'^tjj) ^^jO L^as U. jl^js^'i jCoiLs»! er k*»
. , '
-blÄjp «Juaa»ö «_jLÄ."5!t jt KÄAÄAaJI iüjUf, eAjoL>i(t er k^ ^55^
• * • ^ ,
Ua9 ^^.i^. U j eKrt'i g-iVÄJt J>jat Lto^U/o L-jj-^ä Js!> «itv3 vi
«jt^M LtiAi idjiA "3 ^JJI ,_ÄJj.^t er "-if-^^ ''-^
KÄi^Atö tk.«-« ±Ä£> j{ (c^Jj.<o ;t »Jb 1^ jt i^Ä^I ^«,3 er
Diese Vorsicbtsmassregeln sind von Baibaki (st. 408) und nicht
von Ibn Anas.
Um die Lächerlichkeit der l^äzät in ein noch grelleres Licht
zu stellen, theile icb bier eine Urkunde aus dem zu Beirut in
der Bibliothek der Syrischen Gesellschaft befindlichen Autograph
des Borbän-addin Ibräbim b. Mohammad b. Chalil Halabi, der
Sibt Ibn al-'A^ami geheissen wurde, mit. — Er wurde 753 zu
Aleppo geboren , und nacbdem er die Elemente der Theologie
studirt hatte, besuchte er die vorzüglichsten Sitze mobammada-
nischer Gelehrsamkeit mit untenstehendem Gesuch um I^äzät für
sicb , seine Verwandten , ihre Töchter und Sklaven :
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Sprenger, über das Tradüionswesen bei den Arabern. H
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^äaÜ jcxiuj U-jiLAaJj ej'**^ er'^' j*^* cr*"^5 '^"^a /^L*«*^
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l»A?{jjl (^^^^\ ej-:'-'^' JL+S» 8L«afiJl ^äjIs LiSA**i chl_jt JwkcUwJj
^JüJI J^iii 8^'y?- li' Jus»' «jJ! lX.*.* li' SLafiJl j^tolä ^jt
j^JlXlt fcli! «AaCJ iXaC QJlXJt QJjJj
iXls^ ^^-«»ü eJ-*-*^' '^'^^ Lii^ j^J J>.*=-"!(j (J=;J'f
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ItfJkJIj c^!**^ «-V« li' o*"^' L-^^l-*^
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iwWjy.^ W>JL^ K,ll t »AilWg C^yA^S O^^MI
Zu diesem Gesuch und*zu einem andern, welches diesem
ganz ähnlich ist und in demselben Bucbe stebt, bat er mehrere
hundert Unterscbriften gesammelt, z. B.
jOjIj, j^Ä^" L« iSU «iJf *«ä£J *LcJ>Ä-":jl tiX* j ^j^^sJuU o^t
jJa? ixls' ejJ iJ»-»^ ila^' i^' A' /A»4^' '^' '^j^
iUUl JJ! s_äLJ J,L^1 jJa? jZ:if ^\
Es befindet sich darunter auch die Unterscbrift des Verfas-
üers des Ijämüs; er sagt bloss:
«u£ tkÜ! Uc ^jä*i ü-i «xl^ ()jti v^JSS^
Viele von den I^äzät sind von Frauen ertbeilt, aber sie unterzeich¬
nen nicht selbst. Ich tbeile eine mit, die besonders liberal ist:
12 Sprenger, über das Tradüionswesen bei den Arabern.
» B
U er Lfj'LAS» M^j^i' ej*" «-«JLä» ^"i} «^J "^jl-^t ajükXf
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vX*s»J qäaII vk*" cL*"^' c' **ri'aj j.?-?^:!
JwJli- ej-J v\*Ä^ Q-i *i>sjö!j ,_^L^J! üV^-^^' eJ- ü*'
LfÄc
Obwohl io deo vorbergebeodeo Bemerkungeo die Art uod
Weise, wie Traditionen mitgetheilt wurden, im Allgemeinen be¬
sprochen worden ist, mag es doch der Deutlichkeit wegen nicht
überflüssig seyn, das sich darauf beziehende Kapitel des Nawawi
abgekürzt mitzutbeilen.
Die Mittbeiinng geschieht auf sieben Arten. 1) Der Scbüler
hört die Tradition von seinem Saicb, welcber sie entweder dictirt
oder bloss vorträgt, aus dem Gedächtnisse oder aus eiuem Buche.
Wenn ein Scbüler Traditionen auf diese Weise überliefert erhält,
kann er sagen Liiiixs» oder ijj-*3-t oder liU-jt oder IjiLs o«..«**.
oder U3 JÜ» oder Lü y^=>3. (Ich möcbte dazu bemerken, dass
zwischen diesen Ausdrücken in Büchern über die v:^iJ^!
oft feine Unterschiede gemacht werden , die abef nicht beob¬
achtet wurden.)
2) Die Tradition wird von einem der Schüler vorgelesen,
oder, wenn er sie vorber auswendig gelernt hat, aus dem Ge¬
dächtnisse wiederbolt. Der Saicb mag nun die Tradition aus¬
wendig wisseo oder io seinem Hefte nachsehen, oder es mag
eine andere zuverlässige Person im Hefte nachsehen : in allen
diesen Fällen sind die Schüler berechtigt zu sagen : wir baben
diese Tradition von dem Saicb. Nach Mälik und seiner Scbule,
den Gelebrten von Hi^äz und al-Küfab, und auch nach Bocbäri
und Andern stehen diese und die erste Metbode ( in welcber der
Saicb vorliest) sicb gleich; die (ielehrten des Ostens (Persien
u. s. w.) ziehen die erste Methude der zweiten vor. Abü Hanifah
und Ibn Abi Di'b hingegen ziehen die zweite der ersten
vor. Obwohl nun in diesem ^Fall der Schüler sagen soll olyi
oder (wenn diess nicbt der Fall ist) ^«.i Lil^ «uLc ^ßji
oder irgend etwas Aehnliches, erlaubten docb scbon Zobri (der,
wie bemerkt, 125 starb), Mälik, Ibn 'Ojainab, Bocbäri und An¬
dere, dass er sagte LuAs» oder LijA=>t, ohne hinzuzusetzen
juiLc . Bs ist scbon bemerkt wordeo , dass es nicbt nöthig ist,
dass der Saicb den Text selbst in der Hand habe und niichsehe,
ob der Schüler richtig liest. Dieses kann von einem andern
Schüler gethan werden.
Sprenger, üher das Tradüionswesen hei den Arabern. 13
3) l^äzali; davon ist schon gesprochen wurden.
4) jCJjUtl, d. h. der Saich giebt dem .Schüler entweder sei¬
nen eignen Text oder einen andern, der mit dem seinigen colla¬
tionirt worden ist. Geschieht dicss mit einer It^äzab , so ist
dicss die zuverlässigste Art von l^äzah. Indem der Saich das
w U.C
Buch übergiebt, sagt er »^^15 ^"^i (^^j'^^) ^^cL*«. IÄ.?
oder ,_$\_c it_Ä_jjj^ «^J o^_=>.|. Dies kann aucb so geschehen:
der Scbüler übergiebt ihm sein eignes Heft, und er, wenn er
sich überzeugt bat, dass es correct ist, stellt es zurück mit djer
U.O ,
Igäzah, indem er sagt: »^jls ^^JjAs- oder iÄjlj^ ajCJ o^>l.
Zobri, Mo^ähid und Andere halten diese Art von Monäwalab für
ebenso gut wie die erste Art der Ueberlieferung. Icb schreibe diese
Stelle nb , weil sie auf die Art des Ueberlieferns und auf die
Allgemeinheit des Aufzeichnens der Traditionen schon in den früh¬
sten 'Zeiten viel Licht wirft : Aic g^äJl ^ g^L**»JI/ XJ^UII slX,? ^
^j*xAl\f iX.?L.^^j ^_ßJlta}"i\ Ju««. ^_yA.s?._5 '^itij} i^j-^J-^l
cjLcL«,>j ffM^al\ w»?^ ejj's «^Uj J{>äII jjjjJI jüJljiJI
^ UjAi»?} USj.> liSüLoj i}j-?jj! jj=. ... ey!r>T
äiJ,HL
5) Briefliebe Mittbeiinng äüi'lJC-o. Es ist gleichgültig, ob der
Scbüler in der Ferne, oder an Ort und Stelle lebt, nnd aucb ob
der Saicb selbst, oder ein anderer den Brief scbreibt.
6) Die Erklärung des Saichs, dass er dieses Buch oder diese
Tradition gehört habe.
7) Der Saich ertbeilt dem Schüler in seinem Testament das
Recht, ein Buch, das er gebört bat, zu überliefern, oder er
hinterlässt ibm sein Heft, und der Schüler weiss ganz gewiss,
dass es seine Handschrift ist.
Der Sanad wurde ursprüngl'ch nuf folgende Art aufbewahrt:
der Abscbreiber (oder Besitzer) eines Traditionswerkes pflegte
am Anfange des Büches den IVamen seines Saichs und des .Saichs
seines Saichs u. s. w. aufwärts bis zum Verfasser, und, obne
den Verfasser hesonders zu bezeicbnen, vom Verfasser bis zum
Urbeber der ersten Tradition zu schreiben; z. U. Abu-I-Fara^
.'Abd al-Latif schrieb das Werk des Abü Bakr Ahmad ab, welcbes
den Titel hat vL>.jJ^t «-^^5 oyi, und studirte es; er fängt nun
auf folgende Weise an : ^[jii] 31' »Läo J.c ÄwyiJI U^*»-!
14 Sprenger, üher das Tradüionswesen hei den Arabern.
sXf^. j**.t Litj «uie 8«-tjJj i_AjjÜ ^ »l-A-Jö ^i,t ^ lXJ"!
j,}";}! ^v>U=» _^-Ä.c j^fj *LS1aJ! s^^äs oljkij i)>*flc
j^LJi kX»c j^t A^iS? i.U'St j_yÄDLäJI |>^^xS»t »J J-ö ölv iU** jj,
[d. h. Ljf J-M-J «;<jtj A*le b*'_j9 ^jlAaSi\ j|j*Ji «Jil uXac
»_.^Jaü i^A.J'« ej* ^-^^S o* a' O* ^i^ g"*«*^'
^1 »Iii ^_y*>t .i^jL^i vLöp! ^ JkH ^1 JLs er JLs
Ju^ yXj LjI vii»Jl<w J^äj ijj|jfji«.'5(t Aju* Lt »^««^ jLs i^^LftJt
Der Ausdruck ^It ti] bedeutet, dass ein Schüler dem
äaich die Tradition vorlas und daber doch nicbt sagen konnte
J^^'
Der Sanad von dem Abschreiber bis auf den Verfasser wird
in den folgenden Traditionen nicbt wiederholt; es steht vor ihnen
blos der Sanad der bezüglichen Tradition von dem Verfasser bis
w '
zum Urheber. In Büchern, die in Hefte oder Vorlesungen *l^:>t
eingetheilt sind, stebt zu Anfang eines jeden Heftes der Sanad
vom Abschreiber bis auf den Verfasser, z. B. in dem Exemplar
der Magäzi des Wäkidi, welcbes dem Herrn Prof. v. Kremer ge¬
bört, und in meinem Exemplar der »^äÄm A^t^s. Diess ist aber
nicht immer der Fall. So wird z. B. vor den einzelnen Heften
meines Damascener Exemplars der Propheten-Biographie des Ibn
Hi^äm, so wie in einem Ex. derselben, welches icb in Delhi habe,
der Sanad ausgelassen, ja in dem letzteren Exemplar, obwohl
es vielleicht den besten Text des Werkes entbält, fehlt sogar die
Eintheilung in Hefte. Am Ende des Bucbes (oder, wenn der Sanad
am Anfang jedes Heftes stebt, am Ende jedes Heftes) stebt der
Name des Abschreibers (oder vielmebr der des Studirenden), der
Name aller seiner Mitschüler, die Angabe der Zeit, zu welcher
er das Bucb oder Heft gehört und rollendet hat. Hat das Buch
(oder Heft) ein Titelblatt, so steht darauf der Sanad in umge¬
kehrter Ordnung, d. b. znerst* nacb dem Titel des Werkes der
Name des Verfassers, dann der seines Schülers, dann der des
Schülers des Schülers u. s. w. So in oben^ genanntem Werke:
[}e üi /-^ Jü' '-*JLi' ^^jaS. wL^' Oj-^i vL-^-S"
aI^V-« ^Xj »^1 ^^LäJI iiUj Jäi[^\ ^r'^f^ (Ja^ A^s»! ^jI
^\ ^u.^^' C^^ ^ ^jL»!} LcLjw «Oe .^tj*it aIä/» ^ »3LJI A*a
«US^LaJ IkiA ^Lfw «-ic vjAjü ^il^ ^\ ^ ftM.[Ail Jjl »l^ Jj.C
Sprenger, über das Tradüionswesen bei den Arabern. 15
J.äA'ö-'! /'öj ü- O- 1***^' O* '-"i^' 2/*!'
Es ereignet sicli liäufig, dass eiu solches Werk nach dem
Tode des Verfassers in die Hände mehrerer aufeinander fol¬
gender neuer Besitzer kommt. In diesem Falle schreiben sie,
wenn sie es studiren, bloss am Ende oder auf dem Rande, dass
sie es gelesen oder gebört haben, den Namen ibres Saichs , und,
wo nöthig, seinen Sanad und das Datnm. Manchmal aber streicht
der neue Besitzer den am Anfang stebenden Sanad des Abschrei¬
bers aus und schreibt seinen eignen bin, so weit derselbe von
dem seinigen abweicht. Folgendes z. B. ist der Inhalt des Titel¬
blatts einer Traditions-Sammlung des Abu-i-Käiim 'Abd b. Moham¬
mad b.'Abd al-'Aziz: A«j^ /^^Ja ^\ it-i'jj |_^üääII i\jl_ji
jJi:^ 3<^^t gwkAJl S-il^j (jaLsUI (j»ll«jr^j ^r^il
g.AÄj| gU* ».Iii sLäjt jSjJI «u.!«»-« ^ cj^*^ er* *^*-^ o"* '^**"'
juuftJ qL-*-?, ßjxi\ A*c j^jI e;y»»:4( A*js? ,._,L<i! jjt JJlS.
^juJL} «Li
Der ursprüngliche Sanad zu Anfang des Bucbes lautete wie
folgt: Avs? ^ yX4S-\ jol 5^"^! LjjL>l]
Juc cxls? j,?LL jjI Li,*3.| Jüi *aU S»1jä [JÄ«!! HjU»-« ^^*««it
j_jja-Ui ^'«l»' ,i »*Lc 8*tyj ^>iL5:m C7- U*L«tII CJ'^J^'
I
^Uil_>_jl l-i;*»'! i3Ls Taa Xa« Jj^f ^J0^:>' er i:;):^^ «^JI a_ji-j
oLc O».*^^ lil rtö «-Jl= 8»!^ i^j"^' CT* '^♦^ o*
^1 ijCtI . Der neue Besitzer hat die eingeklammerten Worte aus¬
gestrichen , JLs kJLc in ^LS L^^^aIc verändert und darüber seinen
eignen Sanad geschrieben , der mit dem des Abschreibers in Abü
Xähir Mocblis zusammentrifft : JkA««»! |»m^I^jI JüLÜ |.U^I ü^a»-!
'AXm e)L*i*»j li ^ö-iw-AJl jZj^ er* Lii j^^ixa^,*^! A*».t
^yüJi aI.s? iX»»-l ^;Jr«<»^_^-^' ej^v-JI (^^JJ^=>'\ ji^kis ©hv
^jijWjl Js: qJ kX*.*' »X*5>-f fyj J.C (»<»JiJI ^jlj
Diess scbeint zu allen Zeiten die gewöhnlichste Art der Auf¬
bewahrung des Sanad gewesen zu seyn. Es giebt aber noch zwei an¬
dere Arten. Männer, die alsTraditionisten gelten wollten, verfass¬
ten einen ^yk,wJI f»^^, in dem sie die Namen, das Datum der
16 Sprenger , über das Tradüionswesen bei den Arabern.
Geburt und das Todesjabr aller ibrer Lebrer und Uberliaupt der¬
jenigen Personen, von denen sie Traditionen oder I^Azat erbalten
batten, eintrugen. Da sie viel reisten, so entbleit ein solcbes
Verzeicbniss oft Uber tausend Namen, Es entbleit aucb die Na¬
men der BUcber, die der Studirende nnter diesen Lebrern gelesen
batte. Diese Mu'^ams bilden das Hauptiuaterial der grossen lo¬
calen biograpbiscben Werke, wie des > '^^^
(dieses Bucb babe icb beute geseben ; es bestebt aus vier¬
zig Folio-Bänden, jeder von ungefäbr 800 Seiten; es ist ganz
biograpbiscb , mit Ausnabme der ersten Hälfte des ersten Bandes^
g-ijl-j' 8." W.
Die dritte Art, den Sanad aufznbewabren , war die, das
mancbe Sifliüler ein Tagebucb c>>.aS' bielten , in welcbes sie täg¬
lich eintrugen was sie lasen Cd. b. bloss den Namen des Bucbes
und die (Quantität des Gelesenen) , den Namen des .Saicbs, nötbi-
genfalls dessen Sanad, die Namen der Mitscbüler und das Datum;
dabei unterzeichneten sie jedesmal ihren Namen. Sobald sie in
eine neue Scbule übergingen, fingen sie ein neues Heft au, und
schrieben auf das Titelblatt den Namen der Stadt, z. B. *JL>-j,
und die Namen der Professoren, deren Vorlesungen sie besucbten.
Es ist kaum nötbig zu bemerken , dass nach obiger Art docu-
mentirte BUcher oft abgeschrieben wurden, ohne den Sanad bis
auf den neuen Abscbreiber fortzusetzen.
Die Gewohnheit, den Sanad aufzubewahren, erstreckte sich
auf alle Wissenschaften und ist nnch jetzt nicbt ganz abgekom¬
men. Erst beute hörte ich einen Araber sicb rühmen , dass sein
Sanad als Gebetausrufer bis auf Biläl hinaufsteige, und als ich
im Jahre 1847 durch Cawnpore reiste, trat ungebeten ein Mann
ins Zimmer, der, wie es sich zeigte, die schändliche Profession
eines Kutna trieb; als ich ihn hinausjagte, rühmte cr sicb seines
Meisters, der, wie er sagte, zu Meerut (sprich Miratli) lebte,
und seines Sanad, Ohne den Unfug, der mit den I^äzät getrie¬
ben wurde, bätte das Sanad-System wohl viel dazu beitragen
können, die Tradition vor Verfälschung zu schützen. Jedenfalls
ist es eine Tbatsacbe, *dass diejenigen Bücber, weicbe den Sanad
bis zum Abschreiber haben, sehr correct sind (das Lehren der
Traditionen bestund ja nur io Collationiren) und manchmal auch
vortreffliche Randglossen hüben. Aucb ist der Sannd oft, wenn
über denselben Gegenstand widersprechende Traditionen vorhan¬
den sind, unentbebrlich für den Historiker, wenn er sicb nicbt
von seinem eignen Systeme (wie gewölinlicb jetzt in Europa),
sondern von rein bistorischer Evidenz leiten lassen will. Uebri¬
gens ist zu bemerken , dass Traditionisteu nur in denjenigen
Ueberlieferungen kritisch sind, welche sich auf Dogmatik und
Osiander , sw himjarischen AUerthums- und Sprachkunde. 17
Jurisprudenz beziehen. 'Abd al-Ruhniän Ibu Mahd! und scbon
Alimad Ibn Hanbal und Sofjan Tauri (s. KamälJ bielten dafür,
dass grosse Genauigkeit nur dann nötbig sey, wenn es sicb
darum handle, ob etwas recbt oder unrecht sey; in minder wich¬
tigen Dingen aber ( wozu diese frommeu Herren besonders die
Gescbicbte rechneten) brauche man nicbt so ängstlich zu seyn.
Der grosse Gelehrte Abu-l-Hosain Sacbäwi spriclit in üjLiJl ^jJt>
einen Grundsatz aus, den mohammadanische Historiker wohl im¬
mer im Auge behielten, nämlicb: >_jLA««aJI yi*-Jjs.;il..j J^4*j
oUI^'j J>-jL.aäJI »In BetreflF der ausgezeichneten Eigenscbaften
grosser Männer und der Wunder der Heiligen mag man aucb von
schwachbegründeten Traditionen Gebrauch macben."
Da icb die Absicht habe , in meiner Sammlung von Text¬
büchern mobammadanischer Wissenschaften ein Werk über die
cvokXä mit Uebersetzung herauszugeben , so erlaube ich
mir, hinsichtlich der Erklärung der hier vorkommenden Aus¬
drücke dieser Wissenschaft im voraus darauf zu verweisen.
Damoscus d. 16. Nov. 1854.-
Zur himjarischen Alterthums- und Sprachkunde.
Voo
Dr. Ernst Oslander.
Der Gegenstand dieser Abhandlung ist seit geraumer Zeit
ziemlich in den Hintergrund getreten. Das allgemeine Interesse
hat sich andern Gebieten des asiatischen Altertbums zugewendet,
die durch Reichtbum und Grossartigkeit der monumentalen Ueher¬
reste allerdings einen weit höheren Rang einnehmen ; selbst der
verdienstvolle Sammler und Forscher südarabiscber Antiquitäten,
Fresnel, bat, dem Zuge der Zeit folgend, seioe Arbeiten auf ein
anderes Ziel gerichtet. Indessen ist doch die Bedeutung der
himjarischen Denkmäler und ihrer Inscbriften zu -eotschiedeo , als
dass eine erneute Untersuchung derselben besonderer Rechtferti¬
gung bedürfen sollte; da aber grössere, tiefer eiogeheode Arbei-
teo noch ausbleiben, werden einstweilen kleinere Beiträge nicbt
unwillkommen sein. Und so hofft aucb der Vf. wohlwollende
Aufmerksamkeit zu finden, weno er hier aus arabiscben Quellen
Notizeo über jene Monumente zusammenstellt, und dann die In¬
schriften selbst nnd ihre einigermassen sichern Ergebnisse be¬
spricht.
Bd. X. 2
0. r.