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üeber den Ausdruck „Mosaik".
Von 6. 91. Redalob.
Bekanntlicb reicht die Kunst der Mosaikarbeit weit ins Alter¬
tbum zurück. Schon die Römer lernten sie in Torchristlicher Zeit
von den Griechen kennen, und in Griechenland selbst ist sie wohl
so alt uls die griechische Kunst überhaupt. Man nimmt an, dass
sie zu den Griechen erst aus dem Oriente gekommen sey, und
gewiss nicht mit Cnrecht. Erstens ist die Kunst im Oriente seit
längerer Zeit in Ausübung, als in Griechenlaud. Um hier nur
von demjenigen orientalischen Volke zu reden, auf welcbes fur
unsern Zweck etwas ankommt, so befand sich nach Josephus
(bell. jud. 6, 1. 8. 3, 2) ein XiVoarpwrov oder musivischer Fuss¬
boden im zweiten jüdiscben Tempel. War das einmal in späterer
Zeit der Fall , so würde sich nach dem Charakter des stabilen
Wesens des Judenthums schon ohne Weiteres annehmen lassen,
dass dieser Fussboden seit Jahrhunderten dort gelegen habe und
sich aus der Zeit der Ausführung des zweiten Tempels herschrei¬
ben möge, wenn diese Annahme nicht durch den Propheten Eze¬
chiel so gut wie völlig gerechtfertigt würde. Dieser Propbet
schaut nämlich Kap. 40, 17. 18 in seiner angeblichen Vision vom
neuen Tempel ein solches Kunstpflaster (nss^), welcbes man
sich immerhin, selbst dem Geiste des Mosaismiis gemäss, als nur
einfach quadratisch oder rhombisch , vielleicbt aucb in durch¬
schnittenen Rhomben, also dreieckig, gemustert denken mag,
da der Verfolg dieser Untersuchung zeigen wird, dass um die¬
selbe Zeit aucb künstlichere Muster in Mosai£: ausgeführt in
Palästina bekannt gewesen seyn müssen. Wenn ein Propbet, wie
hier Ezechiel , in einer Vision vom neuen Tempel ein solches
Kunstpflaster gesehen baben will, so heisst dieses, in unsre nn-
prophetische Prosa übersetzt, s. v. a. dass nacb aeiner mass¬
gebenden Idee vom wiederherzustellenden Tempel ein solches
Kunstpflaster • in demselben angebracht werden a olle. Erschien
aber dem Ezechiel als anerkanntem Propbeten ein solcher Fusa-
boden einmal nötbig, so scbeint es sicb wieder von selbst zu
versteben, dasa ein solcber bei der spätern wirklichen Wieder¬
berstellung des Tempels aucb deo Wiederherstellern seibat rjifbig
4
664 Redslob , über den Ausdruck „Mosaik".
erschieoen und demzufolge so bald als thunlich ausgefiihrt wor¬
den sey. Aber auch Ezechiel würde sicherlich denselben nicht
für nöthig erklärt haben, wenn ein solcher sich nicbt schon im
ersten Tempel befunden bätte, hier unstreitig durch die geheime
Symbolik des Tempelbaues ebeo so gefordert, wie später durch die
gebeime Symbolik des Kirclienbaues. Von diesem musivischen
Fussboden können wir also getrost annebmen , dass er uus der
Zeit S»lomo'8 stamme, und dafür, dass ein solcher schon vor
Ahas' ^eit sich dort befand, :. ämlich un der Stelle des Königs¬
sitzes im Tempel, wird uos die gegenwärtig; Untersuchung nuch
einen Beleg liefern. Die Bekanntschaft mit Mosuik aus undern
farbigen Stoffen, etwa BIfeobein, farbigen Uölzero und Metall,
vermuthlich in der Form der Marqueterie, in Palästina in einer
verhältnissmässig frühen Zeit ist durch Hohesl. 3, 10 verbürgt.
Dass nuo aber die Kunst nicht nur der Zeit nach im Mor¬
genlande früber aufgetreten sei, als in Griechenland, sondern sich
von dort aus hierher geradezu verpflaozt habe , wird schon dar¬
aus wahrscheinlich, dass ihr prunkender Charakter und der bei
ihr mit dem eigentlichen Kunstwerthe des Produkts nicht in recht
angemessenem Verhältnisse stehende Aufwand von mechanischer
Arbeit und Mühe zu ihrer Herstelluog ihr einen gewissen orien¬
talischen Stempel aufdrückt, nuch mehr daraus, duss wir von
jeher vorzugsweise gefärbtes G I u s für Mosui'karbeiten verwendet
finden. Die Erfindung des Glases wird ja den Phöoiciern bei¬
gelegt, uod es giebt keinen Grund-, ihnen dieselbe abzusprechen.
Aber die Phönicier verstanden auch ihren Glasfabrikaten eineo
ausserordentlichen Preis zu sichern, jedenfalls nicht durch das
gemeine Produkt, soodern durch die Fabrikation, zu welcher
vorzugsweise die Darstellung far b i ger Glasflüsse, durch welche
so zu sagen nachgeahmter Edelstein geliefert wurde, gehören
mochte. Da nun das Steinreich wenig Steine liefert, deren natür¬
licbe Farben sich zur Herstellung feinerer schönfarbiger Mosai¬
ken eigoen, so möchte wesentlich die Erfindung der Glasfärbung
überhaupt erst die Veranlassung zur Ausbildung der Mosuik ge¬
geben haben, welche somit vorzugsweise als eine phönicisehe
Kunst sich durstellt, was dann recht wohl damit übereinstimmt,
duss wir so frühzeitig hei den Hebräern Mosaiken erwähnt finden,
welche wir für etwas mehr als rohe Steinsetzerarbeit ansehen
müssen.
Nun hat das ältere Griechisch für die Sache, und zwar zu¬
nächst für die Steinmosaik, deo eiobeimischeo Namen hd-oargw-
Tov, und von dem Vorhandenseyn eines dem Worte Mosaik
einigermassen ähnlichen altgriechiscben Wortes ist nicht nur keine
Spur vorhanden, sondero die Sprache bietet für eio solcbes Wort
nicht einmal einen etymologischen Anknüpfungspunkt. Erst seit
dem Uebergange auf den Byzantinismus uod in der byzantinischen
Redslob, über den Ausdruck „Mosaik". 065
Zeit, wo an die Musen kaum nocli im Ernste von Jemand ge¬
dacht wurde, treten die Ausdrücke /.lovattov und /Ltovaui'xöf auf,
ohne diiss man weiss, woher sie kommeo, und gehen von du,
hesonders in der letztern Form, in die neuern Sprachen, zu¬
nächst in das Italienische, über. Da ist gewiss der Gedanke
nahe gelegt, dass die Ausdrücke für das Griechische eigentlich
Fremd wiir ter seien. Mosaiken sind Kunst- und Luxusgegen¬
stände. Durchaus geeignet beurtheilen wir also den Namen ge¬
wiss nach Analogie sonstiger Namen für Gegenstände des Kunst-,
Luxus- und Modeliandels , welcher selbst das italienische musaico
nach Frankreich und von da in der Form mosai'que in die deut¬
sche Sprache geführt hat. Da ist hisweilen ein in der Fabrika¬
tion solcber Artikel seit läogerer Zeit vorzugsweise tbätiges und
dadurch für das Ausland tonangehendes Volk, welches den Handel
mit dcnselhcfl auch im Auslände in den Händen hat und durch
Aussendlinge daselbst betreibt, welche fortwährend ihre Nationa¬
lität uod Sprache auch im Auslände behaupten und geradezu bei¬
bebalten zu müssen glauhen, um in dieser eine gewisse Bürg¬
schaft für ihre unmittelbare Geschäftsheziehung mit dem Ursprungs¬
lande und somit dafür zu geben, dass die von ibnen geführten
ausländischen Artikel wirklich ächt und importirt seien. Da tre¬
ten dann die fremdländischen Handelsartikel mit ihren fremdländi¬
schen Nomen auf, und dieses selbst dnnn, wenn die Gegenstände
in der Sprache des Landes, in das sie eingeführt werden, ihre
angemessenen Namen baben und an den importirten Artikeln nur
in unwesentlichen Stücken etwas Eigenthümliches ist, wodurcb
sie sich von schon länger bekannten und einheimischen Artikeln
gleicher Art zu ihrem Vortheile unterscheiden und um dessen
willen sie beim kaufenden Publikum in Gunst und Aufnahme
stehen.
Ist es nun schon an und für sicb wahrscheinlich, dass die
Mosaik eine orientalische und, insbesondere Mosaik in Glas,
speciell phönicisehe Kunst sey, so ist jetzt ebenfalls festgestellt,
dass die altasiatischen Städte und speciell die phöoicischen nicht
schon im Alterthume vom Erdboden vertilgt worden sind, sondern
sich selbst, ihren Handel und Kunstfleiss nuch bis in weit spätere
Zeiten erhalten haben, und eben so, dass phöoicische Hundels-
colouien und Faktoreien in den europäischeo Küstenstädten auf
der oströmischen Halbinsel unter Aufrechthaltung ihrer Nationalität
und Sprache sich his wohl an die Grenze des Mittelalters erbalten
haben, welche den Handel mit den Produkten ibres Vaterlandes
in den Händen hatten und in diesen Zeiten wohl um so schwung¬
hafter betrieben, als die ganze Geistesricbtung, weicbe den Ver¬
fall Griechenlands und Italiens vorbereitet, wesentlich eine orien¬
talische ist. Unter solchen Umständen ist es gewiss eine sehr
Bd. XIV. 43
666 Redslob , über den Ausdruck „Mosaik".
eiofuclie Annahme, dass ein phönicisches Kunstprodukt von einer
gewissen grössern Vollkomnienlieit, wie sie aus einer Jahrhunderte
hindurch geübten Fabrikatioo hervorgebt, auch seinen Namen mit
nach Griechenland brachte und hier fort und fort durch denselben
von dem einheimischen Xt^oaigfinov unterschieden wurde. Die
ächt-phönicischen Mosaiken brauchten blos nicbt von .Stein (lid-oQ)
tu seyn , um den griechischen Namen ht^omgioTov unpassend für
sie erscheinen zn lussen und den Grund abzugeben, sie griechi-
scherseits mit dem Namen zu hezeichnen, unter welchem sie von
den Pböniciern eingeführt wurden. Ist doch um ungefähr solcher
Gründe willen auch das phönicisch-hebräische op_'\ (ricamare) in
dus Italienische eingedrungen.
Betrachten wir so die Ausdrücke novniTov und fiovauixör
als ursprünglich phönicisehe Wörter, so entsteht zunäcbst die
Frage, welche von heiden Formen wir für die ursprünglichere
halteo solleo. So gewiss es in diesem Betracht ist, duss, wenn
wir es mit ächtgriecbischen Wörtero zu thun hätten , die erstere
Form die einfachere ursprüngliche und die letztere die zusammen¬
gesetztere abgeleitete wäre, eben so gewiss ist es, dass wenn
die Wörter eigentlich Fremdwörter sind , diese Betrachtungsweise
nicht so ohoe Weiteres richtig seyn würde. Gerade die völlig
griechische Form des ersten Wortes , welche es geradezu als
das griechische Wort /.lovaiTov (Museum) selbst erscheinen lässt,
macht dusselbe verdächtig, vom griechischen Munde nur om mei¬
sten corrumpirt und so weit uls nur möglich, nämlich bis zur
völligen Einerleiheit des Lautes mit einem ächten griechischen
Worte, gräcisirt worden zu seyn. Dagegen stellt sich das letz¬
tere Wort als weniger gräcisirt dar. Erstens lässt sich nicht
wohl annehmen, dass der Grieche Sachen, wie Mosaiken, durch
ein solches für ibn adjektivisches VVort bezeichnet buben sollte,
wenn dus x in demselben nicht zum Körper des phönicischen
Wortes selbst gehört hätte. Zweitens inacht dns a ira Worte es
wahrscheinlich, dass es geflisseotlich von dem den Griechen ge¬
läufigen Adjektiv ^lovoixov habe unterschieden bleiben sollen,
nnd dies dann jedenfalls nur auf einen in der phönicischen Aus¬
sprache desselben liegenden Grund hin. Endlich hat sich der
Name für die Sache in dieser letztern Form nuch im Italieni¬
schen und nach diesem im Französischen und selbst im Deutschen
geltend gemacht, und gewöhnlicli macht sich in Sprachen doch
das Correktere geltend. Es möchte sich also mit den heiden
Formen verhalten, wie es sich in hundert Fällen mit Fremdwör¬
tern, die in einer Sprache geradezu Aufnahme finden, verhält:
Der Gebildete spricht sie in einer der Originalsprache möglichst
nahe kommenden Weise aus, im gemeinen Leben werden sie ver¬
derbt, häufig bis zum völligen Schein eines einheimiacbea Wor-
Redstob , iiber den Ausdruck „Mosaik". 667
teü')- ^'^ bekam denn das im gewübniiclien Verkelir anslössige
Adjektivum fiovnia'xöv die mundgereclitere Form ^ovaiiov im Sinne
von Museum, ungefäbr wie das französisclie mosaique Veran¬
lassung gegeben bat, im Deutsclien nucb vnn mosaischen
Fussliöilen zu reden , wobei Mancher schon an Fussböden , die
aus dem mosaiscbeo Cultus sich herschreibeo, gedacht haben mag.
.Soll nun die Form /.lovnuixöv auf eio phönicisches Wort zu¬
rückgeführt werden, so verstellt sich von selbst, dass von der
Kndung ov abzusehen seyn wird. Der dunkle Vokul od ist gewiss
(fUt phöiiiciscli , und nur bei der noch weitern Rückführung des
phnoiciscbeo Wortes auf ein hebräisches knnn füglich von dem¬
selben abgesehen werden.' Das aus dem Bedürfnisse des griechi¬
schen Organes , dem unabhängig von einer äusseren Rücksicht
auf die pbönicische Originalaussprache, wie scbon bemerkt, die
Bildung ftovniy('iv naher gelegen hätte, nicht abzuleitende ui er¬
klären wir daraus, dass im Munde des Phöniciers als Semiten
das lebhaftere Gaumeiispiel hei dem Uebergange von dem a auf
das palatine x im Worte ein unwillkührlicbes flüchtiges u (ein
Cliutepli-Patuch) einspielen liess, welches mit derselben Flüchtig¬
keit naclizualimen dem Griechen nicht gelang, wodurch es sich
denn in seinem Munde zu einem vollen sylbenbildenden Vokale
(vgl. etwa n'O'j uod Messias, ]'bz-)C und auQujjaWa , Cnpti
und avxi'qiiroc) breitete, welcher demzufolge als wirklicher Wort-
hestandlheil angesehen nnd in der .Schrift behandelt wurde. Von
Wörtern der hebräischen .Sprache , welche hei geeignet erschei¬
nender Bedeutung sich zur Vergleichung mit einem phönicischen
Laute wie etwa ^^''0^o darbieten , gehört hierher vor nileo das Wort
n'Sica- unterscheidet sich von dem uus der einfachen Weg¬
lassung der griechischen Neutrulendung entstehenden Worte eigeot¬
lich nur durch die Femininform. Aber eben die Nentralisirung
des Wortes im Griechischen möchte gerade darauf beruhen, dass
das phöoicische Wort dem femininal-sächlichen Gescblechte ange¬
hörte und also die griechische Uebersetzuog der grammatischen
Form sey. Die durch den den Griechen geläufigen Wortausgang
ixog , ixrj , (XOV hervorgebrachte Umsetzuog des Vokals I vor das
K würde demnach die Hauptentstellung seyn, welche das Wort
im Grierheninunde erfuhren hätte , und diese Misshandlung wäre
so geringfügig, dass man sagen müsste, es wäre im Vergleiche
1) Von den oft höchst drolllBcn Beispielen dieser Art, von denen einige sich jedem Leser anrdranpen werden, stehe hier nur eines. In Mitteldeutsch¬
land wie in INorddeulschland hohe ich von Jugend auf die Redensart gehört:
etwas zum Posseltand thuu, ungefähr in dem Sinne wie: aus Muth¬
willen etwas thun. Ich habe dabei an nichts zu denken gewusst, als
an Posse und Tand. F.rst spüter habe ich erfahren, dass der Ausdruck das französische passe-temps (pour passer le temps) sei, also zum Zeit¬
vertreib, um die Zeit hinzubringen, zur Kurzweil bedente.
G6S Redtloh, über den Ausdruck „Uosatk".
mit andern Wörtern selir gnädig weggekommen. Wer jedocli
noch grössere Uehereinstimmung verlangen sollte, der könnte
auch zu solchen phönicischen Formen greifen , welche hebräischen
Formen wie T\TV^, T^V3^^a entsprächen und ulle als fähig be¬
trachtet werden miissten, gleichbedeutend mit n^S'iS'j zu seyn; vgl.
^0ü, nsoa, nso?3 (Jes. 25, 7) und rjoio (2 kiin. 16, 18) mit
dem Thema n^O, trauspon. nos. Wir unsererseits bleiben ein¬
fach bei rcsipa stehen.
Div Bedeutung dieses Wortes n'<S^!&i3 nämlich betreffend, so
hat die unglückliche Neigung der Lexikographeo und Exegeten,
die Bedeutungen der Wörter, anstatt sie in möglichst concreter
sinnlicher Anschaulichkeit aufzufassen , 'möglichst zu verallgemei¬
nern und ihnen dadurch die Spitzen abzubrechen , an dem , was
cum Stammgebiete des Thema nsis gehört, so viel geleistet,
dass wir von der Etymologie des Wortes vorläofig gunz absehen,
um dafür vom concreten Einzelfalle des Sprachgebrauchs aus zu
nervigeren Auffassungen der Bedeutung zu gelangen. Du steht
nun so viel fest, dass, wenn auch nicht das einfache n'<SiBQ,
so doch der Ausdruck n^3iS73 "pet 3 Mos. 26, 1 nichts mehr und
nichts weniger bedeutet als Mosai'Ji, bestimmter Steinmosaik
(X(&6aiQuiT0t') , noch bestimmter Fussboden aus Steinmo¬
saik. In dieser Stelle wird den Söhnen Israels geboten, sicii
erstens keine DV.'<be< zu machen (nis^v), zweitens keine Sclinitz-
bilder und Statuen (naxai bcc ) sich zu errichten (o^pn), und
drittens keine Maskitbsteioe in den Boden ihres Landes einzusetzen
(y->Ma , um auf denselhen fussfällig niederzufallen. Zuerst
geht BUS diesen Worteo hervor (vgl. auch 4 Mos. 33, 52), duss
die Maskithsteine keine Standbilder sind, denn erstens werden
sie von diesen hier ausdrücklich unterschieden und ihnen ent¬
gegengesetzt, und zweitens würde ein zum Bilde irgend eines
Dinges gänzlich umgearbeiteter Stein gleichsam ein Stein zu seyn
aufgehört haben und . ein Bild, nämlicb von Stein, geworden
seyn , welches im Hebräischen nicht P'SUSa ISN , sondern n^sipn
•\Z» würde genannt worden seyn, wie im Deutschen nicht Bi Id¬
stein, sondern Steinbild, vgl. anr ''b'':N u. a. Läuft also
»"■Sten auf eine Bedeutung wie etwa 6ild,^Figur, treffender
noch Zeichnung, Muster hinaus, so kann bei unserm Aus¬
drucke nur etwa an Steinplatten, auf welchen sich Fi¬
guren oderZeichnungen befinden, gedacht werden, also etwa
an Busreliefs oderPlatteo mit eingegrabenen Zeich¬
nungen. Solche mit Zeichnungen besetzte .Steinflächen sollen
nun von den Hebräern, wie wir die Worte übersetzt haben, nicbt
in den Erdboden, nämlicb in die Fusshöden von Heiligthü¬
mern, eingesetzt werden, d. h. sie solleo keine privaten
Heiligthümer mit solchen Steinen mit Maskith-Arbeit in den Fuss¬
höden derselben in ihrem Laude haben. Uegen diese Uebersetzuug
Redslob, über den Ausdruck „Mosaik". 669
könnte jemand etwas einzuwenden baben, nnd der Meinung- seyn,
Y-s bedeute nur das dem Israeliten gehörige Territorium,
also den Grund und Boden Palästina's, das Land Israel. Frei¬
lich ist die Vorschrift für deo Aufenthalt in Palästina gegehen,
so dass der Boden, für welchen die Vorschrift gilt, natürlich
zum palästinensischen Territorium gehöriger seyn wirj. Aber
2 in: beisst gar zu bestimmt etwas in etwas hineinstecken,
hineinstellen, bineinsetzen (einsetzen), hineinlegen
(einlegen) und überbaupt hineintbun, in der Weise dass es
von dem Andern umschlossen ist, als dass sich hier an etwas
Anderes als an bestimmte Plätze und Stellen im Fussboden der
Brde denken liesse, und ausserdem muss man nach Massgabe des
unmittelbar vorher in Bezug auf Standbilder gebrauchten sO'ijn
(aufstellen) auch hier einen mit Rücksicht auf die Art der
Situirung dieser Maskithsteine und auf die Richtung, welche sie
nach ibrer Herstellung einnehmen , gewählten Ausdruck erwarten.
Wie D'pvl also von einer solchen Situirnng zu verstehen ist,
nach welcher die Statuen eine aufrechte Stellung einnehmen,
so ist Vl^'t^ ir>; von einer solchen .Sitoirung zu verstehen, nach
welcher die Maskithsteine sicb im Boden befinden, also vom
Einsetzen in die Erde, wie es der Steinsetzer verricbtet.
Hätte man also an Steinplatten mit erhabenen oder eingetieften
Figuren oder Zeichnungen zu denken , so würden sich etwa die
in die Fussböden unserer Kirchen häufig eingesetzten Grabstein¬
decken zur Vergleicbung mit den Maskithsteinen bieten. Aber an
Steinplatten mit Bildhauer- oder Steinmetzarheit zu denken er¬
laubt unsere Stelle nicht. Die Maskithsteine werden hier als für
den Zweck in den Erdbodeo eingesetzt bezeichnet, um auf den¬
selben zur Erde liegend anzubeten (vj'by ninna.":!: ). Wer in
nller Welt wird sicb steinerne Stellen für diesen besondern Zweck
(lioa), also auch eine bierzu eigens in den Erdhoden eingelegte
Steintafel («TSO ]3N übersetzt der Sache nach richtig Onkelos),
dnrch Skulptur absicbtlich uneben und höckerig und dadurcb das
Niederfallen auf derselhen für Hände, Knie und Angesicht schmerz¬
haft machen? Lieber breitet man Uber solche Stellen, auf wel¬
cbeo auf den Knien gelegen werden soll, weicbe Decken oder
noch weichere Kissen. - Wir baben uns also diese Maskithsteine
durebaus eben und wo möglich noch geglätteter zu denken ala
andere Tbeile des Fussbodens. Wenn sie nun hei völlig glatter
Ebenheit docb Maskithsteine , d. b. Steine mit Figuren oder
Zeichnungen, gewesen seyn sollen, so folgt daraus, dass die
Figuren oder Zeichnungen in F a r h e n-ausgeführt gewesen seyn
mUssen, d b. die Oberfläche derselben muss bunt {noixdog) ge¬
wesen seyn.
Nun freilich können die bunten Zeichnungen auf verschiede¬
nem Wege ausgeführt gewesen seyn. Aber man wird zugeben.
670 Redslob , über den Ausdruck „Mosaik".
dass sie sich nicht wohl als durch obenan fg ctr a gene und
aufgesetzte Farben erzeugt denken lassen. Decken und
Wände voo Zimmern , welche gar nicbt angegriffen werden ,
schmückt man wobl mit Malereien in aufgetragenen Farben, aber
nur nicht Fussböden, wo sie der Verderbniss ausgesctzl sind,
am allerwenigsten solche Stellen in Fussbödeo, auf weicircn vur¬
zugsweise gestanden, niedergeworfen und gekniet werden soll.
Hier fordert die Natur der Umslände zur Ausführung bunler Flä¬
chen die Anwendung verschiedenfarbigen Materiuls selbst, und,
wenn das Material Stein ist, die Zusammensetzung der bunlen
Flächen durch verscbiedenfarbige .Steinwürfel, also Musüik, wie
ja die Ausfübruog bunter Fussbuden es eben ist, weicbe die
musivische Kunst hervorgerufen hat. Die .Maskithsteine in un¬
serer Stelle sind also S t e i n ni o s a i k e n , und dns einlache
n'SiO'S würde demnucb für unsre Stelle dem griecbiscben /nov-
nuixov so vollkommen entsprechen uls möglich. Nur dürfte der
hebräische .Ausdruck pN sich io weiterm Sinne nehmen lassen
als unser deutsches .Stein und das griechische XIDug, und die
Uebertragung auf steinartige Massen überhaupt leiden.
Wir dürfen nämlich, wie es scbeint, annehmen, dass diese .Mo¬
saiken der Hebräer mit eineni gewissen Aufwände hergestellt
waren, denn rr'SUiO scheint nach Ezech. 8, 10—12 scbon vor¬
zugsweise von freieo Zeichnungen, wie Durslellungen von
Tbieren, verstanden zu werden zum Unterschiede von der ein¬
fachen ncs'i. Uod du nun, wie schon bemerkt, die natürlichen
Steine nicht eben viele und schöne Furben bielen, so dürften die
Steinwürfel der hebräischeo Mosaiken z. B. uuch uus gebrannten
künstlichen .Steinen bestanden haben, denen man beliebige Farben
geben konnte. Ja das Glas — man denke nur an gefärbte und
abgeschliffene Glaswürfel und Ginsstifte — fiel für den Hebräer
gewiss auch unter den Begrilf ]3N, wn möglich unter den Be¬
grifl^ des künstlichen n^i/"; 13«. Es lässt sich also sehr wohl
annehmen , dass diese Mosaiken bereits aus mehrern stcinurtigen
Stoffen zusammengesetzt waren , ju wir können geradezu an Glas-
musai'ken mit ausgeführten freien Zeichnungen denken , welche
von Phönicien aus mit dem pböniciscben Cultus in Palästina leicht
Eingang sich verschafften. Man denkt sicb diese Mosaiken wobl
am geeignetsten als unmittelhare Umgebung von Götterstutuen
und Altären, vor welchen man auf denselben niederfiel, und zu¬
gleich um eine nder mehrere Stufen über den übrigen Fussboden
erhöht, so dass sie zugleich eine Estrade (ßijfia, suggestus)
bildeten, wie die Altarplätze in den cbristlichen Kirchen ').
1) Es erklärl sich also sebr wohl, wenn dus in der, l'riMlirh soust »ohl eine mystische Beziehung enthaltenden, Slelle Kv. Joh. 19. 13 erwälinle ki!^6- orqmiov chaldäisch ynßßad'n genannt wird, mag man bei demselben iibri-
Rudslob , über den Ausdruck „lUosalk".
So von Mosaik müssen aucli Saadias und der Arabs Erpenii
das Wort in unserer Stelle verstanden baben. Ersterer übersetzt
• Allerdings hat sich die Bedeutuog von vJ^X-J wohl
vcrallgeiiieiiiert auf die Bedeutung des Darstellens huntgezeicline-
ter Flächen überhaupt, abgesehen von dem durch die besondere
Natur des im gegebenen Falle angewendeten Stuffes geboteoen
oder empfohlenen Verfuhren, und heisst eben so eine von
verschiedenfarbigen Pflanzen bunte Landschaft (Blumenteppich,
Matte), wie Di5~i,, und Saadias selbst übersetzt auch n"«;)» Jes.
0.' o' , >
2, |6 durch wo von in aoderer W^eise hergestellten bun¬
ten Flachen die Rede ist. Aber da er hier von solchem blumi¬
gen oder bunten Steine spricht, der sich nur uls durch musi¬
vische Arheit hergestellt betrachten lässt , su muss auch er ihn
uls durch diese Art von Arbeit hergestellt betrachtet haben. Das-
9.i, . 6,-.
selbe gilt voo dem zweiten Uebersetzer, welcher ü^j^ 8^:^ hat,
welches vom Darstellen goldner Zeichnungen auf EisenfläcJien
(man denke an Säbelklingen) gebraucht wird. Auch er kann nur
an ähnliche bunte Steinflächen gedacht haben, durch dasjenige
Verfahren hergestellt, wie es die Natur eines» steinernen Fuss¬
bodens mit sich bringt. Wir werden uns aher sogleich über¬
zeugen, dass auch das hebräische n'Sisn an sich betrachtet
eine solche weitere Bedeutung angenommen hat, welche es ziem¬
lich als .Syoonyinum von nnp*^ erscheioen lässt, und eben nur in
solcheo Fällen bestimmter Mosaik bedeutet, in welchen die Um¬
stände, unter denen es gebraucht ist, auf diese specielle Art von
Buntwerk hinweisen.
Gehen wir ron hier uus weiter, so hüben wir eigentlich
schoo 4 Mos. 33, 52 keine Gewähr mehr, duss n'Sipn von in
AI OS Ulk ausgefübrtco Figuren oder Zeichnungen zu verstehen
sey, denn weder stellt hier ein darauf führendes ^aK , noch irgend
etwus, welches überbuupt nur un Fussböden zu denken geböte.
Nur die ganz genaue Parallele, in welcher diese Stelle mit der
eben besprochenen steht, weist uns an, bier an HTiiBO derselben
Art wie ilort, also an P'SiUD ]3M , zu deoken, und da im vierten
Buche Mose recht wohl die Bekaootschaft des Lesers mit dem
dritten Buche vorausgesetzt werdeo konnte , so sieht man aucb
ein, dass hier im Rückblick auf die schon behandelte Stelle der
einfache Ausdruck D'Sico hinreichend erscheinen konnte, um in
gens an ein l.iihnslrotun im Tempel oder an das gewöhnliche Tribunal des Pilatus denken.
671 Redüob , üher den Aiudruck „MoiaXk".
jeder Hinsicht in dem erinnerlichen bestimmten Sinne der vorher¬
gegangenen Stelle verstanden zu werden. Die Stelle kann also
immerhin als eiu Beleg aogesehen werden , dass unter besondern
ümständen aucb schon das einfache n^sba seihst von Mosaik
scblecbtbin gebraucbt wurde.
Etwas ungewisser ist die Sacbe Ezech. 8, 12. Sicherlich
sind -die n"STBn """^in ähnliche Cultusstätten wie diejenigen, an
welche in den beiden ersten Stellen der BB. Mose, namentlich
bei den riinz der Stelle des vierten Buches, zu denken ist: ver¬
muthlicb an Stätten fiir heidnischen Mysteriencultus, und es liegt
demnacb immer noch nahe genug, an Mosaiken mit mystisch-
symbolischen und hieroglypbiscben Figuren und Zeichnungen zu
denken, die wie Teppiche (ajpwfiura) dort in dem Fusshoden
angebracht waren. Indessen durch Vs. 10. 11 werden wir ange¬
wiesen, die ni«3t3a dieser Privattempel uns auch an den Wän¬
den derselben zu denken, nnd das zu ihrer Herstellung beob¬
achtete Verfahren wird nicbt genannt "T'jsa '\r\:, sondern npn
'^'^pn. Gemäss dem Material, aus welchem die Oberflächen von
Wänden zu bestehen pflegen und gemäss der strengern Bedeutung
von npn wird man sich bier aufgefordert fühlen , mehr an in
verschiedenfarbigem Kalk ausgeführte bunte Flächen zu denken,
so dass die Figuren oder Zeichnungen etwa zuerst mit einem
spitzigen oder scharfen Instrumente (Spitzhammer, Meisel, Stift)
eingehämmert, eingemeiselt, eingekratzt (gekritzelt) und hinterher mit einer verschiedenfarbigen Masse ausgeklebt oder aosgestrichen
worden. Ja man wird am einfachsten von einer solchen speciellen
Bedentung von injSn ganz absehen nnd in Hinblick auf Ezech.
23, 14. Jerem. 22, 14 an mit farbigen Stiften oder geradezu
mit naasen Farbstoffen auf die Wand aufgetragene Figuren oder
Zeichnungen denken. Da es jedoch bekannt ist, dass man im
Alterthume Mosaiken auch in Wänden und Dec^Jien anbrachte und
demnach nichts im Wege stebt, anch bier speciell an Mosai¬
ken zu denken, so macbt diese Stelle es nur in einem gewissen
Grade wahrscheinlich, dass n^Stei: von bunten Figuren oder
Zeichnungen überhaupt zu verstehen sey, wonach n'^sisa "Titi
dem griecbiscben notxtXij (poecile) entspricht, und nur unter
Andern aucb von solcben, die in Mosa'ik ausgeflibrt sind, ver¬
standen werden könne.
Entschieden drängt zu einer solchen Annahme der Gebrauch
des Wortes ^raii}, besser r'OiB oder n^S« Jes. 2, 16, aus wel¬
cbem ri'Sipn nur durch Mem praefonaativnm entstanden ist. Saa-
O'^o « >
dias übersetzt auch bier fij^'j* (nolxiXfia), wobei angenommen
werden mnssi dass er ancb hier an eine von denjenigen Arten
der Herstellung desselben gedacht habe, weicbe unter den hier
Redttob, über den Autdruek „MoeaXk". 673
obwaltenden ümständen als dnreh die Natnr des verwendeten
Stuffes geboten oder anemj>foblen betrachtet werden mnss. Rück¬
sichtlich dieses Wortes ist nun gewiss Gesenius (Thesaurus u.
d. W.) richtiger Ansicht, dass bier von bunten Zeichnungen die
Rede sey, welche sicb in "Verbindung mit den unmittelbar vorher
erwähnten Schiffen befinden und dass hier, wie in der durebaus
lutreffenden .Stelle Ezecb. 27, 7 von luxuriösen bunten Segeln,
voroehmlicb aber wohl von Pracht w i m p el n und Flaggen, der
Phönicier die Rede sei. Es entspricht also n'STB dem ri':p"^ bei
Ezechiel. Bei Segeln , Flaggen , Fahnen lassen sich bunte Zeich¬
nungen aher nicht in Mosaik ausführen, sondern bunte Plaggen
werden hergestellt durch Zusammensetzung 'Zusammennähen! von
.Stücken verschiedenfarbigen Zeugfs, durcb Buntwirkerei oder
Buntweberei, Buntfärbung (Buntdruck) und, wo besondere Pracht
stattfinden soll , durcb Buntstickerei. Dadurch also, ist festgestellt,
dass im Hebräischen n'rilJ-: von mehrern Arten der Herstellung
bunter Zeichnungen verstanden wird und nur insbesondere und
etwa vorzugsweise voo Mosaikarheiten. Das Resultat dieser Be¬
trachtungen ist also eine Cebereinstimmung der Bedeutung des
hebräischen Worles r'Sißa mit der des griechischen fiovonixnv,
welche die Identität heider Wörter wohl über alle Zweifel erbebt.
Somit wäre dasjenige, worauf es hier eigentlich ankommt,
abgetban , aber wir können die Frage nicht umgehen , weicbe
weitere Bewandtniss es mit diesem pbönicisch-bebräiscben Ans¬
drucke habe, und dieses nm so mebr, als das hebräische Wort
selbst sonst noch in einer Weise gebraucht vorkommt, auf welche
die Bedeutuog (bunte) Zeichnung, ja überbuupt nur Bild
oder Figur keine einigermassen passende Anwendung leidet, und
undere Derivate des Thema nsio ebenfalls in ihrem etymologi¬
schen Zusammenhange mit unserm Worte erkannt seyn woHen.
Es bleiht uns daher nocb ein Blick auf das Stammgebiet von ns«
überhaupt übrig.
Das Stammwort rtsn betreffend, so ist schon Maurer im
Wörterbuche dem Richtigen einigermassen nahe gekommen. Das
Verbum r-.ot ist ein Produkt der Drsylbe SK (in härtester Form
ps) , welche füglich für eine Transposition von KS <\n härtester
Form yp) gebalten wird und wie dieses etwa schneiden,
noch hestimmter stechen , stechend nnd stossend schnei¬
den (metzelnd s c h I i t z e n ) , d u r ch s te c h e n (durchstos¬
sen), einstechen (einstossen) bedeutet Tlsis und T^^U)
sind nur die charakteristisch geschärfte und gedehnte Äusspraehe
ilieser Sylhe in der erweichten Form Tjb, und M^is selbst Um¬
bildung zunächst aus -(SiS. Das Wo't ist also aufzufassen:
etwas durch etwas durchstechen und so dasselbe
durchstachen, etwas in etwas einstechen, verallge-
674 Jtedslob , über den Ausdruck .,Mo'ai'fc".
meinert dürc Ii stecken, einstecken { perforavit , Iransßxii ,
inßxit). Diese Grundbedeutung erleidet nun zwei Inflexiunen:
1) so beschaffen seyn, dass man etwas dure Ii -
stechen, in dasselbe einstechen kann, ulso stechen,
stechend seyn, intransitiv, d. h. einen Stachel oder eine
Spitze bilden, in eine Spitze auslaufen, spitz seyn,
wie z. B. der Dorn ( T|i3 ), der Spiess oder die Harpune ( nt-i) ,
vgl. auch D'pT Pfeile) und in geringerm Masse die spilzzuluufende Gerte, die Spiessruthe, das Reis ("Va). >'oii dieser Bedeutung
geht aus TSia. Mag immerhin das diesem Worte entsprechende
arabische Worte sich zu der Bedeutung Messer überhaupt,
gleichviel ob zunächst zum Stechen oder Schneiden eingerichtet,
verallgemeinert haben, das hebriüsclie Wort bedeutet Spr. 23, 2
ein nach dem einen Bnde spitz zulaufendes cylindrisches Instru¬
ment, geeignet, durch den Mund in den Schlund hinab einge¬
stochen und eingesteckt zu werden und, darin steckend, densel¬
ben zu verschliessen, damit keine Speise durch denselben hindurch
gelangen kann. Man hat es auch keinesweges hier etwa als von
Kisen zu denken, sondern einfach als von Holz, also als eineo
zugespitzten Stecken, Stock, Pfahl, Pflock, gleichsam
als einen Dorn im Grossen, als einen solchen Pflock, wie er
etwa angewendet wird, um in das Spundloch eines Wasserfasses
eingesteckt zu werden und dieses so zu verschliessen. Der Vers,
welcher einen Sinn hat wie unser deutsches Sprüchwort „ mit
grossen Herren ist nicht gut Kirschen essen", ist also zu über¬
setzen: Wenn du bei einem grossen Herrn zu Tische bist, so
stecke dir, wenn du Rsslust hast, einen .Spitzpflock in den
Schlund (gleichsam zum Verspunden desselben). Mehr in der
Bedeutung spitzer Holzspao oder Splitter, wie derglei¬
chen bei'm Holzspniten entstehen und wie sie sicb der Spaltende
leicht in die Hand sticht, liegt es dem denuminativen ^^c; Kobel.
10, 9 sich Splitter eiostechen zu Grunde.
2) mehrere solche Dornen, Reiser, Ruthen oder
ibnen vergleichbare Gegenstände durch einander
nnd ineinander stecken. Von einer Menge solcher wirr
und regellos (kreuz und quer, oder bunt durch einander,
wie wir sagen ) durcheinander und ineinander steckender Dornen
und anderer Reiser werden nun T|S"J) und ^.vj) (in anderer Schreib¬
art ?J3D und ?]iD ) gebraucht, vgl. nxion , nDiica die Dornen¬
hecke, nsn-z) collect. Reiser in Büsch ein und Bündeln,
Reisig, T]D , ^b, nao Gestrüpp, Dickicht, auch dus durch
Auflösung des Dag. forte in 1 aus T\t^ entstandene ^]~^^ und
das hieraus erweichte sowie das durch Verhärtung des i in
3 aus ?i:iia entstandene ?l3iü> anderer Schreibart H^O. Diese
Wörter leiden dann die Uebertragung auf ähnliche Geflechte aus
Redslob, über den Ausdruck „Mosaük". 675
Laubwerk, Fichtenoadeln , Spänen, Stroh, Haaren (Pili) n. dgl.,
welche eine Decke bilden, die dann je nach den Umständen
eine Ueberdachnng hildet oder eine Boden- und Fussdecke {(tiqm-
fia, Streu) ')•
nDU3 seihst wird nur gebrauclit von einem regelmässigen
Durcheinander- und Ineinanderstecken solcher Gegenstände, also
vom eigentlichen Flechten, und zwar zunächst vom Flechten
mit Gerten, Reisern oder Ruthen zur Herstellung von Korb-
geflechteo. Davon heisst n-rii^a Spr. 2ft, 11 ein G e f I e ch t i n
Korbform, ein Korb, Körbchen, Pruclitkorh überhaupt,
hier nämlich nicht aus gemeinen Holzrntlieo gegittert, sondern
aus ruthenähnlichen Silberdrähten oder spanförmigen Streifen aus
Silberblech oder endlich überhaupt aus nur nachgeahmtem Geflecht
durch durchbrochene Arbeit. Von eben solchem Flechtwerk, nur
aus gröhern Ruthen , also nus langen Weidenstangen, wie sie
zur Herstellung geflochtener Zäune dienen, also von einer Ein-
zäununfi: (sepes, praesepe, Gatter, Hürde, Pferche u. dgl.) und
überhaupt Gehege um ein Stück Land , ein Grundstück oder
eine Stadt, steht es ferner Spr. 18, 11, wo der Reiche wegen
seiner Andere überragenden Stellung mit einer hohen (steinernen)
Mauer inmitten eines solchen niedrigen und unfesten Geheges
(Umpfälilung oder Gatter- und Zaunwerks) verglichen wird. Am
be.<iten trägt man den Ausdruck wohl über auf den durch eine
solche Umhegung eingeschlossenen Raum und dessen Bevölke¬
rung, so dass der Sinn ist: der Reiche gleicht in seiner niedri-
jrern Umgehung einer hohen Mauer innerbalb einer niedrigen
Umzäunung. — Ein weniu: poetischer Takt hätte den Erklärern
sagen müssen', dass das Wort aucb Ps. 7.1, 7 eine solche, hier
bildlich zu nehmende, sinnliche, Bedeutung, wie etwa Gitter,
hahen müsse. 12» ist hier übertreten, überlaufen, zu¬
näcbst von eingehegtem, eingedämmtem W;isser , dnnn von einer
Wasser in dieser Weise einschliessenden Umhegung (Fascliinen-
werk , Damm, Deich) selbst, hier auf das Herz als Sitz der
Empfindungen übergetragen, wie wenn wir sagen: das Herz
läuft mir über, und macht sicb durch den Mund in ausge¬
sprochenen Worten Luft. Da ist denn stutt einfach vom Herzen,
vom Gitter (Roste, Rechen) oder Zaune und von der Umliegung
des regelmässig vergitterten und verscblosseoeo Herzens (vgl.
i'gxuc rdörrtov) die Rede, und man stellt am einfachsten den
Ausdruck in Parallele mit 3'?,-: ni"i""p Jerem. 4, 19.
Wie verhalten sich nun aber die Bedeutungen flechten,
musivische Arbeit verfertigen und nvixiXXtiv überhaupt
t) IVbergetragen auf Flüssigkcilcn wird dieses dann Sprengen una Giessen.
676 Redslob, üher den Ausdruck „Mosa'ik",
(buntwirken, buntweben, buntsticken, buntzeicb-
nen, buntfärben und malen) zu einander^ Durcb Flechten,
besonders mit breitem bandartigem Holzspan oder Rast, wie z. ß.
hei den sogenannten Holztapeten, entstehen durch die Umrisse
der sich kreuzenden Streifen F'lächen von gewürfelter und netz¬
förmiger (gegitterter) Zeichnung (Quadrate, Rhomben, ritsn ),
welche noch augenfülliger dargestellt werden kann , wenn Span
oder Bast voo verschiedener Farbe durch einander geflochten
wird. Bei feinerer Arbeit dieser Art, welche die Qunrres nicht
sehr bemerken lässt, köonen dann aoch Figuren von freierer
Zeichnung (nop"i) hervorgebracht werden, wie unsere feinern
Korbmacherarbeiten zeigen. Ein Ausdruck wie Flechtwerk
(Korhwerk, Matteowerk) nimmt also leicht die Bedeutung
einer gewürfelten und speciell h u n t g e w ü r f e 11 e n Arbeit
und dann überhaupt eines Gegenstandes, welcher eine Fläche
mit Zeichnung, speciell bunter Zeichnung, dem Auge
bietet, an, und das um so mehr, weil dergleichen Flächen ' in
der That grossentheils durch ein Verfahren hergestellt werden,
welches ganz wie das Flechten im Durcheinander- und ineinander¬
stecken des verwendeten Stofl^es besteht und als eine besondere
Art des Flechtens angesehen werden kann. Denn was ist das
Wirken und Weben im Grunde Anderes als ein Flechten, nur
dass das Durchsteck- uod Einsteckniaterial (rSDa) dünnere, bieg¬
samere und längere Fäden siod, als die Ruthen und Bnststrei-
fen des Flechters, und das fast noch sieb förmige (durch¬
schlag förmige , vgl. pTT) Gewebe gröbster Art (piü; man denke
aucb an Beuteltucb) kommt einem netzförmigen Gitter noch ziem¬
licb nahe. Was vom Wirken und Weben gilt, gilt gewisser¬
massen auch noch vom Durcboäheo uud Einsticken, denn aucb
das Sticken ist ein Durchstecken, Durchziehen und Ein¬
ziehen voo Fädeo recht eigentlicb durch Durchstechen und
Einstechen mittels eines doroartigen ]'>SiU, nämlich der Nadel.
Es ist also der Uebergang vom Flecbten auf die Erzeugung
hunter Flächen durch Wirken, Weben, Nähen uud Sticken höchst
einfach.
Einmal bis zur Bedeutung des pingere, nämlich acu, ver-
allgemeineit , hat das Wort den Weg bis zu der Uebertragung
auf das Herstellen bunter Flächen auf anderm Wege als durch
eigentliches Durch- und ineinanderstecken verschiedenfarbiger
Stofl'e nicht weit. Insbesondere die Mosaik betrefi'end , welche
in ibrer einfachsten Leistung, dem quarrirten Fussbodeo, für
das Auge dieselbe Erscheinung hervorbringt, wie ein aus ver¬
schiedenfarbigem Span gefertigtes Geflecht, so findet bei ihr im¬
mer noch eine Art des Durcheinander- oder loeinandersteckens
der verschiedenen Mosa'i'kstifte slatt, von welchem das Zusam¬
mensetzen, wie es bei der Marquetterie statt findet, ja selbst
Redslob, über den Ausdruck „Mosaik". 677
(las Zusainmeiisetzeii etwa bunter Flaggen durcb Zusamnienslieken
verscbiedcnfarbiger I^appen nur eine Abart zu sejn scbeint, die
sicb bauptsäcblicb nur durch die verscbiedene Art der Anein-
anderbetestigung der einzelneu Würfel oder soustwie gestalteten
Theile der Zusainineusetznng unterscheidet. Und so bildet sich
der Uebergang auf das Buotmulen, zunäclist durcb Zeichnen mit
trocknen Farbenstiften, dann durcb Auftragen verschiedenartiger .Stofi'e, wie bei Gold- oder .Silberzeichoungen auf Kisenflächen,
und zuletzt durch Aufsetzen flüssiger Farbstofi'e, voo selbst. Es
ist dies derselbe Uebergang, welcher bei dem Verbom statt¬
gefunden zu haben scheiut, welches auch eigentlich das Zusam¬
mensetzen eines Fussbodens aus gewürfelten Steinen bedeutet.
Da nach hebräischeu Lautgesetzen sich s in p verwandelt und
^ in a erweicht, so möcbte ."icp-i und c^-\ nur aus riES-i und
und qsl eutstanden seyn und wir hätten hier den Fall, dass die
abgeleitete Bedeutuug voo r|:^-; sicb vorzugsweise nn eine abge¬
leitete Luutform des Wortes geknüpft und dadurch zur Lostren-
iiuiig eines neuen Wortes in dieser ubgeleiteten Form gefülirt
bätte. Es heisst darum ''iwU; (etymologiscb die Maskolioform von
n-nilj) rundweg Buntheit, und es bedeulet Hiob 38, .36 sicher¬
lich einen Vogel voo buntfarbigem Gefieder (Möp" Ez. 17, 3),
wie im Griecbiscben rtoixihg deo Stieglitz. Da man den
Vogel hier zugleicb als mit einem gewissen besoodern Instinkte
(n'.?Dn) begabt denken muss, so köonte also recht wohl der
H a b II (gallus gallinaceus) gemeint seyo ■).
ScIiun durch dus regellose bunte Durcheinanderwerfen von
Reisern und älinlicben Gegenständen bilden sicb Decken des Fuss-
bodens und Ueberdocliungen , durcb dus eigentliche Flechten
eigentliche Matten theils zum Unterbreiten, theils durch Ueber-
breiten (Ueberziehen), wodurch die Bedeutung des Ausbreitens
selbst io die verwuiidteo Verba kommt, welcbes Zeltein und
Streuen, dunn weiter auf flüssige Stoffe übergetragen, auf die
Bedeutung des Besprengens und Uebergiessens (p"H, Sit) führt.
Also für die Schreibarten tj30, ■]nD, nso, und die weitere Bil-
1) Ciinz sonderbar ist die L'ebersetzung dieses Verses bei den LXX:
t/s At iöct)x£ yvrat^ir v(füoumoi ooipiav tJ 7iOfXi^.Ttxt]v tniOTi'jfiTjv ; Man kiiiinle sich versuchl fühlen, anzunehmen, dass nur das erste Hemistich iiber¬
selzt worden und sonsl es unenlschiedcn gelassen sei, ob ^"l^iB hier vom Weben oder Sticken zu versiehe» sei. — Gelegenilich sei hier bemerkt, dass nach Grossniann de disciplina arcani Juil. II, 24 notxdrixi] bei Philo unler den Nainen der aofia ligurlrt , so wie nach dem Aruch (s. Jost, Geschichte
des Judenih. u. s. Sekten II, S. 112) riSDH die l'eherlieferung be¬
zeichnen soll. 1 Pelr, 4, 10 »ird die xii^it 9cot< genannl noixür; , uud die „ Au s er wüh 1 te n ", an welche der Brief gerichtet ist, werden xaXol oixorniiot derselben genannt, wie Tit. 1,7 (vgl. 1 Kor. 4, 12) oixorö/toi
^ivoxrjQtan' d'eov.
678 Redllob, über den Ausdrnck „Mosaik".
dnng ^Qi können ulle Bedeutungen von nz^ vorausgesetzt wer¬
den. Wenn also jemand dem griechischen ftovaa'ixcv etwa um
des Vokals at willen eine Korm wie naiij;: zu Grunde legeo zu
müssen glauben sollte, so köoote er getrost uuch dus bebräiscbe
Wort nSDT: für entsprecbend halten. Ein in Nass uufgetrugenes
buntes Estrich würde z. B. eben so gut eio Buntwerk ul« ein
Fluss oder Guss seyn, und heissen doch viereckige Steinplatten
zum Belegen von Fussböden (Fundamentis, gleicbs. Fandimentis)
im Deutschen geradezu Fliessen '), Besonders könnte das VVort
TfCin 2 Kön. 16, 18 dem griechischen Worte zuoäcbst zu Grunde
liegen, denn die LXX übersetzt geradezu lov dif^ihov tTj? xa-
rtidgag und nicht nur erlaubt n:3 recht wühl, von dem Legeo
eioes musivischen Fussbodeos gebraucbt zu werden (a.iuTpi n'>:an
Ez. 8, 10), sondern es ist aucb sebr leicht denkbar, dass der
Tbronsessel des Königs im Tempel auf einer mit Mosaik {ht^ö-
aTQWTOv) verzierten Estrade (ßfi/na, suggestus, yußßn&a) staod,
wie dem Johannesevangelium gemäss das Tribunal des Pilatus
1) Pelliccia V. I p. 325 leitet Musmlc ab von ^'0^>3 (cum opus musivuui mislls variis lupillis eonslel). Nur ein elyuiologisclies Hysleron proleruii, denn wie die in rjOJ , nSBTJ vereinigten Bedeutungen zeigen , gehört rjOO (erweicht ITT:) elienfalls in die Familie der vou Hia abstammenden Würler, denn dns .Mischen isl nur ein Durcheinander- und Iiieinanderslecken von KIUs.\ig- keiten ( Incinandergicssen , Durcbeinanderrühren , Verreiben u.dgl.). .Man wird rjOi: als ein durclr Anfnuhme des ursprünglichen Servilhochstaben 73 in die K.idix en,t9lundeaes Denominativum von ?)0^ , HSipn u. dgl. zu be¬
tracbten baben.
i) Die obne Noth und nline Geschick in den hebräischen Sprachgebr.inrh eingerührte Bedeulung des Sehens Pur HSiü betrelfend, so ist der L'eber¬
gang von trnnsfixil , ifi/ixit, fixit , perfoäil auf den durchbohrenden, sie¬
chenden, durchdringenden, eindringenden Blick sehr leicht, und eben so dann
weiter auf durchschauen, tiefen Einblick in Dinge und Einsieht
(bsiü). Giebt es aber überhaupt einen durchbohrenden und gleichsam sie¬
chend eindringenden Blick , so ist dann auch jedes (scharfe) Ansehen eines Diagea ia gewissem Grude ein solches Stechen, nnd dem Rlieke an sich betrachtet kommt eine gewisse Schärfe (acies) zu. Die Nomina propria
!)3ttS,-• rOO^T : • erkläre nach DP.^>'V •/
Proben syrischer Poesie aus Jakob v on Sai ug.
Von
Dr. Plu» Zlncerle.
Fortsetzung aus dem Wintertbeile des Festbreviers.
(Vgl. Dd. Xll, S. 117 H'. u. Bd. Xlll, S. 44 IT,)
Christi Taufe im Jordan.
Zqj*jj ]'itni^ liiißo Ia/^' )2] i) l.
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^aj| ^^£u« £tJ.Ai:> oiioj A^iDo
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lAaOoi.:^; |ZQ»«m^ _>o\a U^qj oioiZ
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❖ lio^ lia•Q^^^a^^Aio p
1, Zur Taufe kam der Heil'ge au den Fluss,
Seio Feuer glübt' entflammend in den Wellen ,
Der Fluss froblockt' im reinen Scbooss der Taufe
Wie in Elisabet Johannes vor dem Herrn.
2. Die Feuerkohle stieg zum tiad' in's Wasser
Und dort ergoss sie ringsum Flammenbrand.
Die Feur'gen (d. i. Engel) staunten ob dem Flammenbad
Des reinen Leibs, zu beil'gen die Befleckten.
1) Bei ist eine Synaeresis, und das Wort luuss als einsilbiy b«-
«
tracbtet werden, damit nur 12 Silben im Verse sind.
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