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Hamburg, 25. Dezember 1951 / Verlagspostamt Leer (Ostfriesland)

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J a h r g a n g 2 / F o l g e 26

Organ der Landsmannschaft Ostpreußen e.V.

Hamburg, 25. Dezember 1951 / Verlagspostamt Leer (Ostfriesland)

Im Abonnement 1.— D M einschl. Z u s t e l l g e b ü h r

V O M G U T E N W I L L E N / Von Dr. Alfred Gille

lassen wilT " 80n8t d'G "aSt Unddas Treiben des A l l t a° * keine Zeit dazu

siAtbmeniZSXSff

Zweckmäßigkeit hat den Fluß der Zeiten in Jahre eingeteilt und hat den Ä i J Ä 2 Jn 1 JünUar ge,egL Die Herzen der Me™*en wollen es anders! Es 7P , W W J , !ndeL' denen nicht Neujahr, sondern Weihnachten der große Einschnitt im Zeitenlauf bedeutet und als Ende und Höhepunkt oder als Beginn erscheint Auf jeden Fall

>st es für uns alle eine Stunde, in der wir still halten und uns bewußt werden müssen, wo wir als Emzelmensch oder als Gemeinschaft angelangt sind.

Ich hörte einmal aus Kindermund beim Kerzenschimmer des Weihnachtsbaumes die Verse:

„Das ist die Nacht der großen Einsamkeiten, Da jeder still wird unter seinem Leid,

Und nur die Kinder ihren Jubel breiten Auf unsre Wunden wie ein weißes Kleid."

Auch von „Menschen, die uns Liebes taten"

weit." Diese Verse ergrilten mich, und doch schö Schaft" nicht aus, die vor zweitausend Jahren

Die Weihnachtsbotschaft ruft auf zur Tat. S sind". Der „Friede auf Erden", den uns die Bot schenk auf den Gabentisch. Er ist ein Ziel, das „ als ein Idol, dem die Menschheit als fernem, nie der Seemann seinen Kurs nach den Gestirnen d das uns aber nicht in den Schoß fällt, sondern da und erkämpft werden muß. Ob die Theologen m weiß ich nicht. Ich weiß aber wohl, daß der „gu kühle Verstand und die eiskalte Vernunft

war die Rede und von „Stätten, die unendlich pfen sie wohl den Sinngehalt der „frohen Bot- der Menschheit verkündet wurde.

ie ist ein Appell an „alle, die guten Willens schaft verheißt, fällt uns nicht mühelos als Ge- des Schweißes der Edlen wert ist." Er ist mehr

erreichbaren Richtpunkt zusteuert, so wie etwa es Himmels einstellt. Er ist ein erreichbares Ziel, s mit heißem Herzen und gutem Willen errungen it meiner Auslegung einverstanden sein werden, te Wille" viel vermag, mehr jedenfalls als der Dreifältig ist der „Friede auf Erden", den die Menschheit ersehnt, seit der Weckruf der Weih- nachtsbotschaft sie erreichte. Starke Herzen, die nicht nur durch eitles Hoffen und Wünschen hin und her gerissen werden, sondern die in ihrem Tun und Lassen sich Ewigkeitswerten ver- bunden und verpflichtet fühlen. Das ist das Erste, was uns not tut

Das Zweite ist der Friede in der Gemeinschaft, in die wir hineingeboren sind, also der Friede in der Gemeinschait aller deutschen Menschen. Unser Deutschlandlied lehrt uns, daß dieser Friede, diese Einigkeit nur auf „Recht und Freiheit" gegründet sein kann.

Und das Dritte ist der Friede unter den Völkern dieser Erde. „Wir verzichten auf Rache und Vergeltung, dieser Entschluß ist uns ernst und heilig . . ." Dieser Satz aus der Charta der Ver- triebenen bestimmt den allein möglichen Ausgangspunkt, von dem aus eine neue Plattform ge- funden werden kann, um über allem Unverstand der politischen Akteure hinweg zu einem fried- fertigen Nebeneinander der Völker zu gelangen.

Um die Erfüllung dieser dreifältigen Friedens Sehnsucht ringt die Menschheit, und wir Heimat- vertriebenen steh%n leidend und handelnd zugleich mitten in einem der Bjennpunkte dieses Ringens. Unser Schicksal kann Wege weisen zu Neuem und Besserem. Wenn aus Not und Leid einmal wieder Glück und Befriedung erwachsen sollen, wird man an den Lehren unseres Ver- triebenen-Schicksals nicht vorbeigehen können.

Die Weihnachtsbotschaft ist ein Appell an den „guten Willen". Damit ist sie so gegenwarts- nah, als ob sie im politischen Aktionsprogramm einer Weltkonlerenz stünde. Auf die „Gutge- willten" kommt es an. Sie müssen sich finden und über alle Schranken hinweg sich die Hände reichen zur gemeinsamen Tat.

Möge auch unsere Gemeinschaft der ostpreußischen Menschen eine Gemeinschaft der Gutge- willten sein und bleiben. Dann wird ihr Mühen nicht vergeblich sein Das sei unser gemein- samer Weihnachtswunsch für unsere Landsmannschaft Ostpreußen!

An der Wende der Zeiten

V o n d e r W e i h n a c h t s b o t s c h a f t a n d i e V e r t r i e b e n e n W i r e r i n n e r n uns alle einer Zeit, w o sicher- lich für sehr, sehr v i e l e Deutsche das W e i h - nachtsfest ganz zur lieben, frommen G e w o h n - h e i t , z u e i n e r je nachdem mehr besinnlichen oder mehr festfrohen Stunde, zum T a g des freu- dig herbeigesehnten g r ö ß t e n Familienfestes ge- w o r d e n war. U n d so mancher, der dann in licht- e r f ü l l t e n Stuben unterm T a n n e n b a u m und am reich besetzten Gabentisch s a ß , mag damals fast erschrocken v o n den Ganzarten g e h ö r t haben, w i e v i e l herber und bescheidener es i n ihren Jugendtagen an solchen Festtagen zugegangen war. D e r Weihnachtsgottesdienst, die C h r i s t - v e s p e r m u ß t e n damals w e i t mehr als bei uns das zentrale E r l e b n i s gewesen sein, den „ H e i l i - gen A b e n d " als Stunde der Bescherung hatten v i e l e der A l t e n k a u m gekannt. U n d die H i s t o - r i k e r w u ß t e n uns zu berichten, d a ß - alle die s c h ö n e n B i l d e r L u d w i g Richters und anderer, die den Lichterbaum etwa ü b e r M a r t i n Luthers F a m i l i e leuchten l i e ß e n , im G r u n d e nur eine s c h ö n e Erfindung w a r e n . K e i n W u n d e r , d a ß in v i e l e n F a m i l i e n unseres l e i d g e p r ü f t e n G e - schlechts, das selbst ein wahres G o l g a t h a durch- leben m u ß t e , solche E r i n n e r u n g e n wachwerden, daß sie uns mahnen und zur B e s i n n u n g rufen.

Unglück u n d H e i m s u c h u n g , an denen jeder zu tragen hat, b r i n g e n vielfaches L e i d , aber sie s c h ä r f e n auch die Sinne, sie k ö n n e n auch lau- tern und entschlacken und das Erz der Seelen immer mehr v e r e d e l n . U r p l ö t z l i c h sehen w i r Z u - s a m m e n h ä n g e , die uns i n friedlichen und b e h ä - bigen Z e i t e n verschlossen bleiben. W e r heute nur A u g e n und O h r e n öffnen w i l l , der w i r d bald erkennen, d a ß i n der Weihnachtsbotschajt v i e l mehr beschlossen liegt als nur eine freund- liche T r ö s t u n g , e i n g ü t i g e r Zuspruch unserer R e l i g i o n . M e h r als hundert J a h r e hindurch hat sich die Forschung eines „ a u f k l ä r e n d e n Zeit- alters b e m ü h t , die ihr ä r g e r l i c h e Tatsache Jesus Christus zu leugnen, sie als fromme M y t h e dar- zustellen. D i e Botschaft v o n Bethlehem u n d N a - zareth sei, so sagte sie, m i t eine V a r i a n t e tur die E r l ö s u n g s s e h n s u c h t der M e n s c h h e i t . U n t e r

den g r o ß e n r e l i g i ö s e n P e r s ö n l i c h k e i t e n sei Christus sicher eine der g r ö ß t e n und edelsten ge- wesen, das N e u e Testament enthalte eine F ü l l e h ö c h s t e r W e i s h e i t , aber man sei eben doch zu modern, um an den Gottessohn zu glauben.

U n d w i e ist dann dieses schlau ersonnene menschliche K a l k ü l , dieses „ C h r i s t u s - E r k l ä r e n "

der N e u n m a l w e i s e n ausgegangen? Im Buch der Bücher steht das W o r t : „Sie s o l l e n zuschanden werden!" U n d w i r k l i c h gibt es heute kaum mehr einen w i r k l i c h e n W e i s e n v o n Rang, der nicht offen zugeben m ü ß t e , d a ß die so g e w a l t i g ge- steigerte Forschung, als sie Menschenwitz an

die Stelle g ö t t l i c h e r F ü g u n g und Planung setzte, auf einen Irr- und A b w e g geriet, an dessen W e g r ä n d e r n solche Dinge w i e A t o m b o m b e n und raffinierteste Vernichtungsmaschinen, M e e r e v o n Blut, N o t , Elend und Untergang stehen.

Es hat sich heute mehr denn je erwiesen, wie richtig ein Goethe empfand, als er v o n den ge- w a l t i g e n Dingen und Tatsachen sprach, die man nicht e r k l ä r e n , die man nur glauben u n d ruhig v e r e h r e n d ü r f e .

*

Die „ G o l d e n e n Zeitalter" dieser W e l t sind — w e n n w i r nur genau prüfen — eine höchst frag- w ü r d i g e A n g e l e g e n h e i t . M i t Recht und G r u n d hat ein sehr k l u g e r M a n n darauf hingewiesen, d a ß auch jene augusteische Zeit, in der sich im k l e i n e n Bethlehem das g r ö ß t e W u n d e r Gottes an der Menschheit v o l l z o g , „von H a ß und Blut g e r ö t e t " war, d a ß an menschlichen R a u b g e l ü - sten, Gewalttaten und an N o t auf der anderen Seite k e i n M a n g e l war. M a n c h e r hat schon ge- meint, es habe Schufte und Bestien v o r und nach C h r i s t i Geburt gegeben. Das ist richtig, und das W o r t v o m Leben, das M ü h e und A r - beit ist, bleibt bestehen, Jahrhunderte und Jahr- tausende hatten der Stunde geharrt und v i e l - leicht T r ä u m e v o n einem m ä c h t i g e n irdischen K ö n i g der Gerechtigkeit g e t r ä u m t .

A l s Jesus Christus, der Menschensohn, ü b e r diese Erde ging, da w a r das eine A n t w o r t Got- tes, die k e i n Mensch erwartet hatte. Die Zeiten- wende — die ewige, g r o ß e W a n d l u n g , die Ent- scheidung für jeden E i n z e l n e n — k a m nicht in S t ü r m e n und W e t t e r n . Die G r ö ß e des Gesche- hens hat auch v o n den Zeitgenossen w o h l k a u m einer ganz empfunden. D a ß alle Nacht- und Schattenseiten, alle Leidenschaften der M e n - schen zu C h r i s t i Z e i t e n ebenso v o r h a n d e n w a - ren w i e s p ä t e r und früher, l ä ß t sich leicht nach-

Unter dem Weihnachtsbaum wieder vereint

Nach sieben langen Jahren hat Erich Radtke seinen jüngsten Sohn Reinhard wiedergefunden, und Sohn in ihrem Hamburger Heim gemeinsam den. Und so wie er und sein Junge, so sind an preußischen Familien Eltern oder Vater oder M ihren Kindern zusammen. Von diesem Suchen überglücklichen Sichlinden erzählt ein Bildberi

aus Heinrichshof in der Elchniederung endlich Zum ersten Mal nach 1944 können jetzt Vater die Kerzen an ihrem Weihnachtsbaum anzün- diesem Weihnachtsfest in Hunderten von ost- utter nach Jahren der Trennung wieder mit nach den Eltern und den Kindern und von dem cht auf der dritten Seite dieser Folge.

•Aufnahme: Truxa-Pressebild

weisen. U n d k a u m ein A u g e nahm wahr, d a ß da irgendwo ein Senfkorn in die Erde gelegt wurde, das in den Jahrtausenden s t ä r k e r w i r - ken w ü r d e als alle Sprengstoffe dieser W e l t .

Religionen, die an die guten und oft sehr ge- schickt auch an die b ö s e n Seiten des Menschen appellierten, gab es auch im Jahr der Zeiten- wende genug. Es gibt e r s c h ü t t e r n d e Belege da- für, wie verlassen sich im Grunde damals — wie so oft heute — Menschen gefühlt haben, wie begierig sie jeder H e i l s l e h r e nachliefen, wie b e r e i t w i l l i g sie p r ä c h t i g e Tempel und H i e -

rarchien schufen. V o n den meisten dieser Leh- ren, denen doch einmal Hunderttausende und M i l l i o n e n nachliefen, kennen w i r kaum noch d e n - N a m e n . C h r i s t i Botschaft ist heute so zeit-*

los. und a k t u e l l w i e damals und sie k a n n heute wie einst nur ganz p e r s ö n l i c h aufgenommen und geglaubt werden. Denn — das lehren uns E v a n - gelien und Apostelbriefe hinreichend — um ein eindeutiges ureigenes Bekenntnis und um die B e w ä h r u n g ist keiner herumgekommen. Seit Christus das Feuer a n z ü n d e t e auf Erden, hat es fast keine Stunde ohne V e r f o l g u n g und M a r - t y r i u m irgendwo auf dem w e i t e n W e l t e n r u n d mehr gegeben.

„ F r i e d e auf Erden den M e n s c h e n des guten W i l l e n s " wurde w ö r t l i c h v e r h e i ß e n i n der Stunde v o n Bethlehem. Nicht ein Licht wurde den B e d r ä n g t e n u n d V e r f o l g t e n a n g e z ü n d e t son- dern d a s Licht. Jenes H o h e l i e d der L i e b e , von dem Paulus in u n v e r g ä n g l i c h e n W o r t e n an die K o r i n t h e r gesprochen hat, k l i n g t auf und verhallt nicht mehr — trotz aller menschlichen und unmenschlichen Leidenschaften. D i e alte und auch die neue heidnische W e l t hat diese Liebe, die alles t r ä g t , alles zum Besten wendet,

die Gott und Menschen vereint und umgreift, nie gekannt und w i r d sie nie kennen. Jetzt ist in W a h r h e i t keiner mehr, der betend die H ä n d e faltet, ganz einsam, jetzt erst darf er sich -r- auch in g r ö ß t e r Verlassenheit und A r m u t — als B ü r g e r und Hausgenosse des E w i g e n füh- len. W i e g e w a l t i g diese Kraft wirkt, das se- hen w i r am deutlichsten daran, d a ß auch der Gewaltmensch und T y r a n n nun inmitten seiner Untaten u n ü b e r h ö r b a r die M a h n u n g e m p f ä n g t , daß Gottes H a n d auch ü b e r ihm steht.

Unser Weihnachtstisch w i r d in diesem Jahr wiederum sehr bescheiden sein und nach lär- mendem T r u b e l zur Jahreswende steht uns der Sinn g e w i ß nicht. Es ist bitter, vielleicht sehr oft auch den K i n d e r n manchen Herzenswunsch nicht erfüllen, nicht i n den altvertrauten Got- t e s h ä u s e r n der Heimat besinnliche Silvesteran- dacht halten zu k ö n n e n . Der vertriebene Deut- sche k a n n keine behagliche Jahressumme zie- hen, er w i r d v i e l e und schwere Sorgen mit ins kommende Jahr nehmen m ü s s e n .

Eines aber ist g e w i ß : Die Botschaft v o n Beth- lehem w i r d uns in diesem Jahr vielleicht mehr

denn je bewegen. W e r sich unter sie stellt in t ä t i g e r Liebe und i n jenem guten W i l l e n , der

— und nur der — w i r d auch in den weltlichen D i n g e n W u n d e r v o l l b r i n g e n k ö n n e n und den Frieden i n Freiheit erben, den Gott v e r h e i ß e n hat. U n d so mag uns das Prophetenwort gelten, das in schweren Zeiten der Heimat oft gepre- digt und ausgelegt wurde:

„ F ü r c h t e dich nicht, liebes Land, sondern sei fröhlich u n d getrost, denn der H e r r kann auch g r o ß e Dinge tun!"

(2)

U m d i e H e i m a t a u s k u n f t s t e l l e n

V o n u n s e r e m B o n n e r K o r r e s p o n d e n t e n N u n ist das Gesetz ü b e r die Feststellunq der

S c h ä d e n endlich v o m Bundestag angenommen w o r d e n — am 13. Dezember — , und es sieht fast so aus, als sollte es eine A r t W e i h n a c h t s - geschenk für uns H e i m a t v e r t r i e b e n e s e i n ! W a s für uns i m A u g e n b l i c k das W i c h t i q s t e in die- sem Gesetz ist, die Schaffung v o n H e i m a t p r ü f - s t e l l e n für die A n t r ä g e ü b e r die S c h ä d e n , die d e r einzelne V e r t r i e b e n e e r l i t t e n hat, das ist n u n e n d g ü l t i g festgelegt. M i t B e f r i e d i g u n g k a n n festgestellt w e r d e n , d a ß die entsprechen- d e n Paragraphen 21 und 22 i n der dritten u n d e n d g ü l t i g e n L e s u n g w i e d e r e i n g e f ü g t w o r d e n s i n d , nachdem sie bei der z w e i t e n Lesung nicht angenommen w o r d e n w a r e n .

Das Gesetz w i r d a l s o dazu f ü h r e n , d a ß H e i - m a t p r ü f s t e l l e n errichtet w e r d e n , die durch H i n - z u z i e h u n g v o n ' S a c h v e r s t ä n d i g e n aus K r e i s e n der H e i m a t v e r t r i e b e n e n eine o b j e k t i v e u n d sachlich einwandfreie P r ü f u n g der A n t r ä g e auf Schadensfeststellung g e w ä h r l e i s t e t w e r - d e n . W e r d i e V e r h ä l t n i s s e innerhalb der V e r t r i e b e n e n - O r g a n i s a t i o n e n kennt, w e r i h r e n A u f b a u ins A u g e faßt, der k a n n k e i n e n A u g e n b l i c k d a r a n z w e i f e l n , d a ß die A u s - w a h l der S a c h v e r s t ä n d i g e n ü b e r die Lands- mannschaften v o r sich gehqn m u ß . D e n n n u r diese k ö n n e n d a f ü r sorgen, d a ß für jeden e i n - z e l n e n F a l l — i m a l l g e m e i n e n ü b e r die K r e i s - v e r t r e t u n g e n i n d e n Landsmannschaften — M e n - schen zur A r b e i t h i n z u g e z o g e n w e r d e n , die w i r k l i c h fähig sind, ein U r t e i l ü b e r die v o n den e i n z e l n e n V e r t r i e b e n e n gemachten A n g a b e n zu f ä l l e n . D e n Landsmannschaften w i r d eine v e r - a n t w o r t u n g s v o l l e u n d weitreichende A r b e i t z u - fallen.

D e r e n d g ü l t i g e T e x t des Gesetzes ist noch nicht v e r ö f f e n t l i c h t w o r d e n . Es e n t h ä l t eine ganze Reihe v o n Bestimmungen, die für uns v o n weitreichender Bedeutung s i n d . W i r brauchen h i e r nur auf die F e s t l e g u n g v o n bestimmten P a u s c h a l s ä t z e n für den v e r l o r e n e n H a u s r a t usw.

h i n z u w e i s e n .

S o b a l d der Gesetzestext v o r l i e g e n w i r d — nach seiner V e r k ü n d u n g also — , w e r d e n w i r noch e i n m a l zusammenfassend eine D a r s t e l l u n g der w i c h t i g s t e n B e s t i m m u n g e n geben.

B e k a n n t l i c h k ö n n e n aus e i n e r Reihe v o n G r ü n d e n s o w o h l das Gesetz ü b e r die Schadens- festsetzung w i e das ü b e r den Lastenausgleich bei ihrer D u r c h f ü h r u n g p r a k t i s c h nur dann G e - stalt g e w i n n e n , w e n n einige P a r a g r a p h e n des Grundgesetzes g e ä n d e r t w e r d e n . Es handelt sich h i e r b e i d a r u m , d a ß entsprechend d e m fö- deralistischen A u f b a u des Bundes der T ä t i g k e i t der B u n d e s r e g i e r u n g bestimmte G r e n z e n b e i der D u r c h f ü h r u n g v o n Gesetzen in, der P r a x i s der e i n z e l n e n L a n d e r auferlegt w o r d e n sind. W i r H e i m a t v e r t r i e b e n e h a b e n unter dieser Tatsache ja besonders b e i der D u r c h f ü h r u n g der U m s i e d - l u n g l e i d e n m ü s s e n , d a diese trotz eines a l l - gemeinen Gesetzes t a t s ä c h l i c h v o m guten W i l - l e n der e i n z e l n e n L ä n d e r r e g i e r u n g e n a b h ä n g i g ist. '' •"•

A u s diesem G r u n d e w u r d e am gleichen Tage, an dem das Gesetz ü b e r die Schadensfeststel- l u n g verabschiedet w u r d e , nach heftigen D e - batten v o m B u n d e s t a g e i n Gesetz erlassen, das eine A e n d e r u n g des Grundgesetzes vorsieht.

Durch dieses Gesetz w e r d e n b e i der D u r c h f ü h - r u n g des Lastenausgleichs u n d der mit diesem i m Z u s a m m e n h a n g stehenden Gesetze be- stimmte K o m p e t e n z e n der L ä n d e r auf den B u n d ü b e r t r a g e n .

B e i d e r Entscheidung ü b e r dieses Gesetz, das n u r m i t e i n e r Z w e i d r i t t e l m e h r h e i t Gesetzes- kraft e r l a n g e n konnte, k a m es, w i e gesagt, z u heftigen A u s e i n a n d e r s e t z u n g e n . D i e Entschei- d u n g w u r d e durch e i n e n sogenannten „ H a m - m e l s p r u n g " h e r b e i g e f ü h r t , i n d e m a l l e A b g e o r d - n e t e n durch z w e i bestimmte T ü r e n t r e t e ^ m u ß - ten, v o n denen d i e eine für die Ja-, die andere für die N e i n s a g e r bestimmt w a r . M i t 271 gegen 69 S t i m m e n w u r d e s c h l i e ß l i c h das Gesetz ange- n o m m e n , so d a ß die n o t w e n d i g e Z w e i d r i t t e l - M e h r h e i t mit k n a p p d r e i S t i m m e n ü b e r - schritten w u r d e .

Der Bundesrat m u ß n u n ebenfalls mit Z w e i - d r i t t e l - M e h r h e i t dieses Gesetz verabschieden, damit es e n d g ü l t i g i n Kraft treten k a n n . D i e A u s s i c h t e n , d a ß das b a l d der F a l l sein w i r d , s i n d g e r i n g . D e n n der F i n a n z a u s s c h u ß des B u n - desrates hat das v o m Bundestag angenommene Feststellungsgesetz abgelehnt. D i e Entscheidung des Bundesrates selbst s o l l am F r e i t a g , d e m 21.

D e z e m b e r fallen. (Zu diesem Z e i t p u n k t w i r d diese N u m m e r bereits gedruckt sein.) N a c h der A b l e h n u n g durch den F i n a n z a u s s c h u ß s i n d die A u s s i c h t e n einer A n n a h m e nicht g r o ß . B e i einer A b l e h n u n g w i r d das Gesetz, w i e ü b l i c h , an den b e k a n n t e n V e r m i t t l u n g s a u s s c h u ß v e r w i e s e n w e r d e n .

Im ü b r i g e n ist auch die A e n d e r u n g des Grundgesetzes, v o n der oben die Rede ist, eben- falls v o n A u s s c h ü s s e n des Bundesrates abge- lehnt w o r d e n , und z w a r v o n den für F i n a n z e n und Recht. N a c h dieser Entscheidung der A u s - s c h ü s s e ist es zweifelhaft g e w o r d e n , ob die nach der V e r f a s s u n g n o t w e n d i g e Z w e i d r i t t e l - M e h r -

Die Dokumentation

P r e i s a u s s c h r e i b e n - T e r m i n v e r l ä n g e r u n g Der T e r m i n zur A n f o r d e r u n g der B e d i n g u n g e n für das Preisausschreiben zur D o k u m e n t a t i o n der U n m e n s c h l i c h k e i t ist noch e i n m a l v e r l ä n g e r t w o r d e n , u n d z w a r bis z u m 31. J a n u a r 1952. D a - mit w i r d den i m Berufsleben stehenden Lands- l e u t e n G e l e g e n h e i t gegeben, die Ruhe der W e i h - nachtsfeiertage für diese so wichtige A r b e i t zu benutzen. D i e Anschrift b l e i b t : H e r r v o n Spaeth, H a m b u r g - A l t o n a , A l l e e 125-131, Suchdienst des R o t e n K r e u z e s ; v o n dort w i r d auch auf A n f r a - gen geantwortet.

heit i m Bundesrat Zustandekommen w i r d . D i e V e r t r e t e r der L ä n d e r e r k l ä r t e n i n den A u s - s c h ü s s e n , es gehe nicht an, das Grundgesetz g e w i s s e r m a ß e n auf V e r d a c h t h i n z u ä n d e r n . Es m ü s s e erst e i n m a l der Lastenausgleich ab- gewartet w e r d e n , d a n n k ö n n t e n entsprechende A e n d e r u n g e n des Grundgesetzes v o r g e n o m m e n w e r d e n .

Ueber den G e s a m t i n h a l t des Feststellungs- Gesetzes i n der e n d g ü l t i g e n Fassung w e r d e n w i r nach seiner V e r a b s c h i e d u n g i m Bundesrat berichten. M i t Rücksicht auf d i e V o r b e r e i t u n g e n , die hinsichtlich der H e i m a t a u s k u n f t s t e l l e n ge- troffen w e r d e n m ü s s e n , lassen w i r hier l e d i g l i c h den W o r t l a u t der betreffenden P a r a g r a p h e n der Bundestagsfassung folgen:

§ 21

H e i m a t a u s k u n f t s t e l l e n (1) Der Bundesminister für V e r t r i e b e n e be- stimmt im E i n v e r n e h m e n mit dem B u n d e s m i n i - ster der F i n a n z e n , für welche H e i m a t g e b i e t e H e i m a t a u s k u n f t s t e l l e n gebildet u n d bei w e l - chen L a n d e s f e s t s t e l l u n g s b e h ö r d e n ( L a n d e s ä m - tern für Soforthilfe, L a n d e s a u s g l e i c h s ä m t e m ) diese eingerichtet w e r d e n ; die Heimatauskunft- s t e l l e n s i n d i n der R e g e l auf der G r u n d l a g e frü- herer R e g i e r u n g s b e z i r k e oder entsprechender B e z i r k e z u b i l d e n .

(2) D i e H e i m a t a u s k u n f t s t e l l e besteht aus d e m L e i t e r u n d e i n e m oder mehreren V e r t r e t e r n , die nach d e n für die A n g e h ö r i g e n der Landesfest- s t e l l u n g s l b e l h ö r d e g e l t e n d e n G r u n d s ä t z e n be- s t e l l t w e r d e n . D e r L e i t e r der Heimatauskunft- s t e l i e u n d seine V e r t r e t e r s o l l e n V e r t r i e b e n e aus d e m H e i m a t g e b i e t s e i n , für welches die H e i - matauskunftstelle z u s t ä n d i g ist.

(3) D e r L e i t e r der H e i m a t a u s k u n f t s t e l l e beruft eine K o m m i s s i o n v o n besonders sachkundigen P e r s ö n l i c h k e i t e n für das Heimatgebiet, für das die H e i m a t a u s k u n f t s t e l l e z u s t ä n d i g ist, z u ehrenamtlicher M i t a r b e i t .

(4) D i e i n den A b s ä t z e n 2 u n d 3 genannten Personen s i n d nach A n h ö r u n g der v o m Bundes- m i n i s t e r für V e r t r i e b e n e anerkannten V e r t r i e - b e n e n v e r b ä n d e z u bestellen.

(5) D e r Leiter der H e i m a t a u s k u n f t s t e l l e u n d seine V e r t r e t e r s i n d durch den L e i t e r der L a n - d e s f e s t s t e l l u n g s b e h ö r d e , bei der d i e H e i m a t a u s - kunftstelle eingerichtet ist, z u verpflichten, i h r e Gutachten u n d A u s k ü n f t e i n eigener V e r a n t w o r - tung, der W a h r h e i t entsprechend u n d v o l l s t ä n - dig z u erteilen u n d ü b e r die durch ihre T ä t i g - k e i t z u ihrer K e n n t n i s g e l a n g t e n Tatsachen S t i l l - s c h w e i g e n z u b e w a h r e n .

(6) D e r L e i t e r der obersten Feststellungs- b e h ö r d e (§ 20 A b s ä t z e 2 und 3) ü b t die Sachauf- sicht ü b e r die H e i m a t a u s k u n f t s t e l l e n aus. E r er- l ä ß t die für die D u r c h f ü h r u n g der A u f g a b e n der H e i m a t a u s k u n f t s t e l l e n erforderlichen a l l g e - m e i n e n V e r w a l t u n g s v o r s c h r i f t e n u n d W e i s u n - g e n .

§ 22

A u f g a b e n d e r H e i m a t a u s k u n f t s t e l l e n (1) D i e H e i m a t a u s k u n f t s t e l l e n haben die A u f - gabe, auf A n f o r d e r u n g der F e s t s t e l l u n g s b e h ö r d e die A n t r ä g e d e r V e r t r i e b e n e n auf Schadensfest- s t e l l u n g z u begutachten, A u s k ü n f t e z u e r t e i l e n u n d Zeugen und S a c h v e r s t ä n d i g e z u benennen, d e r e n A u s s a g e für die Entscheidung ü b e r Fest- s t e l l u n g s a n t r ä g e der V e r t r i e b e n e n w e s e n t l i c h s e i n k ö n n t e .

(2) W e n n ü b e r die A n t r ä g e nicht bereits auf G r u n d der dem A n t r a g b e i g e f ü g t e n oder i m A n - trag angebotenen B e w e i s e oder der der Fest- s t e l l u n g s b e h ö r d e erreichbaren s o n s t i g e n U n t e r - legen entschieden w e r d e n k a n n , m ü s s e n die F e s t s t e l l u n g s b e h ö r d e n die A n t r ä g e der V e r t r i e - benen den H e i m a t a u s k u n f t s t e l l e n zur Begutach- tung z u l e i t e n . Dies g i l t nicht für A n t r ä g e , w e l c h e n u r der F e s t s t e l l u n g v o n V e r l u s t e n an H a u s r a t , a n privatrechtlichen g e l d w e r t e n A n s p r ü c h e n , s o w e i t sie nicht dinglich gesichert s i n d , s o w i e a n A n t e i l e n a n K a p i t a l g e s e l l s c h a f t e n u n d an G e - s c h ä f t s g u t h a b e n b e i E r w e r b s - u n d Wdrtschafts- genossenschaften betreffen.

(3) D i e z u s t ä n d i g e n H e i m a t a u s k u n f t s t e l l e n s i n d v o r E r l a ß v o n R e c h t s v e r o r d n u n g e n (§ 40) ü b e r d i e B e w e r t u n g v o n V e r t r e i b u n g s s c h ä d e n nach § 10 A b s a t z 2 gutachtlich z u h ö r e n .

N a c h N e u j a h r : S p a r g u t h a b e n - G e s e t z Die Bedingungen, unter denen die „Aufwertung" vor sich gehen soll

N a c h d e m der Bundestag a m 13. 12. das Fest- stellungsgesetz i n 3. L e s u n g beschlossen hat, w i r d k u r z nach N e u j a h r v o m Bundestag als er- stes Lastenausgleichsgesetz e i n G e s e t z ü b e r e i n e n W ä h r u n g s a u s g l e i c h f ü t S p a r - g u t h a b e n V e r t r i e b e n e r verabschiedet w e r d e n . Diese M a t e r i e sollte u r s p r ü n g l i c h i m Rahmen des Lastenausgleichsgesetzes geregelt w e r d e n . D e r B u n d e s t a g s a u s s c h u ß für den L a - stenausgleich hat n u n m e h r jedoch beschlossen, die O s t s p a r e r - A u f w e r t u n g i n einem s e l b s t ä n d i - gen Gesetz z u r e g e l n .

A n s p r u c h auf E n t s c h ä d i g u n g im W ä h - Tungsausgleich für V e r t r i e b e n e haben Personen, die i m Z e i t p u n k t des Inkrafttretens des O s t s p a - rergesetzes folgende V o r a u s s e t z u n g e n e r f ü l l e n :

a) D i e P e r s o n m u ß V e r t r i e b e n e r s e i n . V e r t r i e b e n e r i m Sinne des Ostsparergesetzes ist, w e r a l s deutscher S t a a t s a n g e h ö r i g e r o d e r deutscher V o l k s z u g e h ö r i g e r s e i n e n W o h n s i t z in den deutschen G e b i e t e n ö s t l i c h d e r O d e r - N e i ß e - L i n i e o d e r i m A u s l a n d (Gebietsstand v o n 1937) hatte u n d d i e s e n W o h n s i t z i m Z u s a m m e n h a n g mit d e m z w e i t e n W e l t k r i e g infolge V e r t r e i b u n g aufgeben m u ß t e . S o w j e t z o n e n - F l ü c h t l i n g e s i n d also nicht berechtigt. D e r V e r t r i e b e n e n b e g r i f f des Ostsparergesetzes entspricht demjenigen des Fe6tstellungsgesetzes. .

b) D i e P e r s o n m u ß i m Z e i t p u n k t der V e r t r e i - b u n g G l ä u b i g e r v o n auf Reichsmark o d e r tschechische K r o n e n l a u t e n d e n S p a r e i n - l a g e n (nicht G i r o - E i n l a g e n ) b e i e i n e m G e l d - institut (Sparkassen, B a n k , Genossenschafts- kasse u . ä.) i m R e i c h s g e b i e t o s t w ä r t s d e r O d e T- N e i ß e - L i n i e g e w e s e n sein. D a die Reichsgrenzen z u r Z e i t der V e r t r e i b u n g m a ß - g e b l i c h sind, z ä h l e n das Sudetenland, das M e m e l - land, die e i n g e g l i e d e r t e n Ostgebiete u n d Böh- m e n u n d M ä h r e n z u d e n Reichsgebieten ö s t - lich v o n O d e r u n d N e i ß e . F a l l s der G l ä u b i - ger v e r s t o r b e n ist, treten a n seine Stelle seine Erben. Erbfolge ist jedoch n u r z u l ä s s i g auf den Ehegatten, die K i n d e r , A b k ö m m l i n g e der K i n d e r , die E l t e r n u n d weitere V o r e l t e r n und auf die G e - schwister und deren A b k ö m m l i n g e ersten G r a - des. D i e E r b f o l g e r e g e l u n g entspricht derjenigen des Feststellungsgesetzes.

c) Die Person m u ß a m 3 1. 1 2. 1 9 4 9 b e - f u g t i h r e n W o h n s i t z i m B u n d e s - g e b i e t odeT i n B e r l i n - W e s t gehabt haben, oder nach diesem Z e i t p u n k t i m Bundesgebiet oder in B e r l i n - W e s t geboren sein. N a c h dem 31. 12. 1949 Zugezogene k ö n n e n E n t s c h ä d i g u n g nur bean- spruchen, w e n n sie s p ä t e s t e n s sechs M o n a t e nach der V e r t r e i b u n g oder als H e i m k e h r e r oder i m W e g e der F a m i l i e n z u s a m m e n f ü h r u n g v o n Ehe- gatten oder v o n E l t e r n und m i n d e r j ä h r i g e n K i n - dern i h r e n W o h n s i t z i m Bundesgebiet odeT i n B e r l i n - W e s t b e g r ü n d e t haben. Die W o h n s i t z - Tegelung entspricht derjenigen des Feststellungs- gesetzes.

V e r s t i r b t der i m Z e i t p u n k t des Inkrafttretens des Ostsparergesetzes Berechtigte nach dem In- krafttreten des Ostsparergesetzes, so vererbt sich v o n diesem der E n t s c h ä d i g u n g s a n s p r u c h nach den a l l g e m e i n e n G r u n d s ä t z e n des Erbrechtes, also ohne jede B e s c h r ä n k u n g der Erbfolge.

Die E n t s c h ä d i g u n g b e t r ä g t 6,5 v . H . des Spar- guthabens. A u f S p a r e i n l a g e n , deren H ö h e 50

R M nicht ü b e r s t e i g t , w i r d E n t s c h ä d i g u n g nicht g e w ä h r t . F ü r die H ö h e des a n z u e r k e n n e n d e n Sparguthabens ist der Sparbuchstand i m Z e i t - p u n k t der V e r t r e i b u n g m a ß g e b e n d .

U e b e r den E n t s c h ä d i g u n g s a n s p r u c h w i r d d e m Berechtigten eine Gutschrift bei e i n e m west- deutschen G e l d i n s t i t u t erteilt. Das G u t h a b e n ist z u n ä c h s blockiert u n d w i r d mit 4,0 v. H . j ä h r l i c h ab 1. 11. 1952 v e r z i n s t . Z i n s e n w e r d e n mit dem A u s g l e i c h s g u t h a b e n z u s a m m e n z u r A u s z a h l u n g freigegeben.

Die B u n d e s r e g i e r u n g legt durch R e c h t s v e r o r d - nung, die der Z u s t i m m u n g des Bundesrates be- darf, die G r u n d s ä t z e für die Reihenfolge der F r e i - gabe der A u s g l e i c h s g u t h a b e n fest. H i e r b e i ist vorgesehen, d a ß A u s g l e i c h s g u t s c h r i f t e n bis zu 20 D M mit V o r r a n g freigegeben w e r d e n .

Der A n t r a g a u f E n t s c h ä d i g u n g i m W ä h r u n g s - ausgleich für V e r t r i e b e n e ist nach W a h l des E n t s c h ä d i g u n g s b e r e c h t i g t e n b e i e i n e r Sparkasse oder e i n e m sonstigen G e l d i n s t i t u t oder der Deutschen Bundespost e i n z u r e i c h e n ; die A n t r ä g e für die Deutsche Bundespost n e h m e n die Post- ä m t e r entgegen. D i e N i e d e r l a s s u n g des G e l d - institutes oder das Postamt, b e i denen der A n - trag eingereicht w i r d , m ü s s e n i n n e r h a l b des B e - reiches des für den W o h n s i t z des A n t r a g s t e l l e r s z u s t ä n d i g e n Soforthilfeamtes l i e g e n . E i n Ent- s c h ä d i g u n g s b e r e c h t i g t e r k a n n , w e n n er A n - s p r ü c h e aus mehreren S p a r e i n l a g e n hat, die A n - t r ä g e n u r b e i einer der z u r Entgegennahme v o n A n t r ä g e n berechtigten S t e l l e n einreichen.

Sparguthaben v o n V e r t r i e b e n e n , die nicht auf Reichsmark o d e r Tschechische K r o n e n lauten, w e r d e n nach dem A u s s c h u ß e n t w u r f des Bundes- tages i m Lastenausgleichsgesetz b e r ü c k s i c h t i g t .

D i e entscheidende Frage, w a n n der V e r t r i e - bene seine O s t s p a r g u t h a b e n - E n t s c h ä d i g u n g er- h ä l t , ist a l s o offen g e b l i e b e n . D e r B u n d e s t a g hat noch nicht e i n m a l eine Entscheidung d a r ü b e r ge- troffen, o b v o n j e d e m K o n t o j ä h r l i c h e i n be- stimmter Prozentsatz freizugeben ist, oder o b d i e K o n t e n a l s G a n z e s in einer bestimmten s o z i a - l e n Reihenfolge freigegeben w e r d e n s o l l e n . Es w i r d damit gerechnet w e r d e n m ü s s e n , d a ß die F r e i g a b e sich a u f d r e i bis fünf J a h r e v e r t e i l t .

W i e gesagt, handelt es sich z u n ä c h s t erst u m e i n e n G e s e t z e s a n t r a g , dessen Inhalt w i r hier w i e d e r g e g e b e n haben. Das Gesetz mulj a l s o noch angenommen u n d i n Kraft gesetzt w e r d e n , ehe w i r k l i c h v e r b i n d l i c h e A u s k ü n f t e ü b e r E i n - z e l h e i t e n gegeben w e r d e n k ö n n e n . A n f r a g e n unserer Leser ü b e r E i n z e l h e i t e n s i n d daher v e r - früht und zwecklos.

Der Bundespräsident und die 131er-Regelung

B u n d e s p r ä s i d e n t Prof. H e u ß hat dem B v D - P r ä s i d i u m mitgeteilt, d a ß das v o n i h m b e i der B u n d e s r e g i e r u n g angeforderte Rechtsgutachten b e z ü g l i c h der B e h a n d l u n g der h e i m a t v e r t r i e b e - nen P e n s i o n ä r e in dem Gesetz z u r A e n d e r u n g des Besoldungsrechtes i n der F r a g e der B e h a n d - l u n g der 1 3 1 e r - P e n s i o n ä r e n e g a t i v ausgefallen sei. E r habe sich dem Gutachten a n g e s c h l o s s e i » und das Gesetz unterzeichnet.

Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen

Um die Ausgabe von Spenden

In Folge 22 vom 15. November brachten wir e t t w « Hinweis auf eine Gosdienkpaket-Akt.on des Kinder- hilfswerk der Vereinten Nat.one n der U N I C H . Wir erhielt,-, daraufhin zahlreiche Z ^ * n f t e n v o n o s t p r e u ß i s c h e n V ä t e r n und M ü t t e r n , die sich mit ihren Kindern in g r o ß e r Not befinden, und die nun fragten, ob es nicht m ö g l i c h w ä r e , sie auch in diese Geschenkpaket-Aktion einzubeziehen.

W i r haben uns sofort bei einer Reihe von Stellen um z u v e r l ä s s i g e A u s k ü n f t e b e m ü h t Es ist bei der U N I C E F so, d a ß sie nicht nur Deutschland allein be- treut und hier auch nicht nur etwa Vertriebene allein, sondern d a ß ihre T ä t i g k e i t sich ü b e r die ganze Welt erstreckt. Sie gibt Hilfen der verschiedensten Art. So spendet sie z. B. Rohmaterialien, aus denen dann in den L ä n d e r n selbst Kleider, Wasche und Schuhe hergestellt werden. Es sind von ihr in den letzten Jahren u. a. auch Wolle, Baumwolle und Rohleder nach der Bundesrepublik geschickt worden, und diese Rohmaterialien wurden mit M i t t e n , welche die L ä n d e r und das Hauptamt für Soforthilfe bereitstellten, zu Fertigprodukten verarbeitet. Bis auf einige R e s t b e s t ä n d e , die jetzt ausgegeben wer- den sind die B e k l e i d u n g s s t ü c k e durch die U N I C b t - Beauftragten der L ä n d e r bzw. der Kreise bereits an h i l f s b e d ü r f t i g e Kinder und Jugendliche verteilt wor- den, deren Eltern aus der Soforthilfe anspruchs- berechtigt waren. Die U N I C E F hat kürzlich der Bundesrepublik abermals einen g r ö ß e r e n Posten Rohsdiafwolle zur V e r f ü g u n g gestellt, deren Verar- beitung zur Zeit erfolgt. Der Sitz der „ U N I C E F - M i s s i o n f ü r D e u t s c h l a n d " ist D u s s e l - d o r f , B r e i t e S t r a ß e 28/32.

W i r bitten Landsleute, die n ä h e r e A u s k ü n f t e w ü n - schen, sich unmittelbar an diese Stelle zu wenden.

Die uns bisher zugesandten Briefe haben wir an die z u s t ä n d i g e n Steilen weitergeleitet. Einen Einfluß auf das Ergebnis, das diese Briefe haben werden, hat die Sdiriftleitung n a t u r g e m ä ß nicht. Hoffen wir, d a ß wenigstens in den dringendsten F ä l l e n geholfen werden kann.

S a c h - u n d G e l d s p e n d e n i m W e r t e v o n 276 960,94 D o l l a r sind nach einem Bericht des Generalsekretariats für das Deutsche Rote Kreuz v o n den Rot-Kreuz-Gesellschaften des Auslandes als Hilfeleistung für deutsche Vertriebene eingegangen bzw. fest zugesagt worden. Ganz besonders ist dabei hervorzuheben, d a ß die J u g e n d - R o t - K r e u z - V e r b ä n d e von der Gesamtspende 153 115,45 Dollar, mehr als die H ä l f t e , aufgebracht haben. Das amerikanische Jugend-Rot-Kreuz hat allein 132 875 Dollar gespen- det, darunter, neben G e s c h e n k p ä c k c h e n mit Sduil- und T o i l e t t e n g e g e n s t ä n d e n , S p o r t g e r ä t e n , Spielzeug, 50 N ä h - und 50 Werkstuben im Werte von 55 000 Dol- lar. M i t Liebespaketen, Bekleidung, Arbeitsmaterial sind weiter das kanadische, iranische und norwegi- sche Jugend-Rot-Kreuz beteiligt. Die britische Rot- Kreuz-Jugend hat ausdrücklich verlangt, d a ß die v o n ihr gespendeten 128 Wolldecken Vertriebenenkindern in Schleswig-Holstein zugutekommen. Neben diesen J u g e n d v e r b ä n d e n hat das Schweizer Rote Kreuz, das Schwedische, Britische, Kanadische, Belgische Rote Kreuz und die Liga der Rot-Kreuz-Gesellschaften er- hebliche Spenden gegeben. Das Schweizer Rote Kreuz liefert a u ß e r Bekleidung im Werte von 17 781,50 D o l - lar u. a. 95 N ä h m a s c h i n e n , H a u s h a l t s g e r ä t e , 146 M ö - beleinheiten, Betten, Matratzen und Wolldecken, um nur einiges hervorzuheben. Diese Spenden zeigen f., nicht nur die Hilfsbereitschaft des Auslandes, vor allem in der Auswahl der Sechen beweisen sie das g r o ß e V e r s t ä n d n i s !ur d.e Not und die besonderen ...

B e d ü r f n i s s e der Vertriebenen.

* :|

M r . C l a r e n c e P i c k e t , d i e f ü h r e n d e P e r s ö n l i c h k e i t d e r w e l t b e k a n n t e n a m e r i k a n i s c h e n Q u ä k e r , befindet sich g e g e n w ä r t i g in Deutschland, um die sozialen Pro- bleme, insbesondere das Vertriebenenproblem, zu studieren. M r . Picket hatte mit dem Bundesvertrie- benenminister Dr. Lukaschek eine l ä n g e r e Unter- redung ü b e r Vcrtriebenenfragen und den Sonne- Plan. Er versicherte, er wolle, was in seiner Kraft steht, tun, um die Bundesregierung bei ihren A n - strengungen zur L ö s u n g der schwierigen Probleme zu u n t e r s t ü t z e n .

Nun auch noch höhere Mieten

Welch ein k ä r g l i d i e s und k ü m m e r l i c h e s Leben, ja, welch ein Hungerleben in vielen F ä l l e n die Emp- f ä n g e r von Unterhaltshilfe f ü h r e n m ü s s e n , das braucht gerade hier nicht noch auseinandergesetzt zu werden. Die sogenannte Verbesserung der Unter- haltshilfe — wir brachten dazu Angaben In der vorigen Nummer — reicht auch nicht im entfernte- sten aus, um einen Ausgleich für die seit E i n f ü h r u n g der Unterhaltshilfe eingetretene Verteuerung der Lebenshaltungskosten zu schaffen. Jetzt nun sind auch noch die Mieten e r h ö h t worden, und zwar hat das Bundeskabinett eine E r h ö h u n g der Altmieten um zehn vom Hundert ab 1. A p r i l 1952 beschlossen.

Auch k ö n n e n seit A p r i l dieses Jahres neu einge- führte oder e r h ö h t e ö f f e n t l i c h e Abgaben, wie Wasser- geld, S c h o r n s t e i n f e g e r g e b ü h r e n , Abgaben für die S t r a ß e n r e i n i g u n g usw. auf die Mieter a b g e w ä l z t werden. Die Hauptmieter d ü r f e n die E r h ö h u n g nur dann auf den Untermieter mit einem f ü n f p r o z e n t g e n Untermieteraufschlag der anteiligen Leerraum-Miete a b w ä l z e n , wenn dieser einen eigenen Haushalt führt, und das wird bei Heimatvertriebenen ja wohl meist der Fall sein.

r -F! In1 .r ?i n d die Preisvorschriften für Mieten f ü r ' ! G e s c h ä f t s r ä u m e aufgehoben worden. Das wird nicht nur viele n e u g e g r ü n d e t e Betriebe von Heimat- vertriebenen schwer treffen, sondern die E r h ö h u n g dieser Mieten wird auch eine Verteuerung in Pro- d u k t e n und Handel nach sich ziehen, die von der Allgememheit getragen werden m u ß . Und hier wer- H p i , J ,e S?"u s c h w ä* s t e n Kreise, vor allem die ;

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d e r diejenigen sein, die am s t ä r k s t e n zu leiden haben werden.

? * aaf " S s S r e , Z n 'l a g «Und V e rt r i e b : L a n d s m a n n - senan O s t p r e u ß e n e. V . Schriftleitune- Martin K a - kies. Sendungen f ü r die S c h r i f t l e i t u n »- (24a\ H a m - b ^ g - B a h . e n f e l d . Postfach 20 Telef 42 52 89 Urve^I Ä Ä T "nte. Hegen nient "

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Jahrgang 2 / Folge 26

25. Dezember 1951 / Seite 3

E98 HäiEt~

Auf solch einem Plakat

m i i Bildern von Kindern, das in der Ge- schäftsstelle der Landsmannschaft Ost- preußen in Hamburg hing, fand Lands- mann Erich Radtke nach sieben Jahren endlich seinen jüngsten Sohn Reinhard.

Tausende von Müttern und Vätern suchen so heute noch ihre Kinder.

Ich wünsche mir meine Eltern . . .

Das schrieb W e r n e ; Pieper im vorigen Jahr zu Weihnachten aui seinen Wunsch- zettel. Drei Monate später holte ihn sein Stielbruder Allred Schulz zu sich nach Ahlen.

K r * . ,

ä

1

„Ein bißchen Maschuka . . . "

Jetzt heißt er richtig Oskar Matzuga Truxd-Pressebild

„Lieber Weihnachtsmann, ich w ü n s c h e mir z.im Weihnachtsfest, d a ß ich meine Eltern wie- derbekomme", schrieb vor einem Jahr der ost- p r e u ß i s c h e F l ü c h t l i n g s j u n g e W e r n e r Pieper im K i n d e r h e i m L ü n e b u r g - O c h t m i s s e n , als die k l e i - nen Heiminsassen ihre W e i h n a c h t s w ü n s c h e auf- zahlten. Z w a r konnte das Schicksal dem Zehn j . i h r i g e n diesen Wunsch nicht erfüllen, aber sein ä l t e s t e r Bruder fand nach sechs Jahren Unge- w i ß h e i t das v e r m i ß t e K i n d und gab dem J ü n g - sten wieder ein H e i m .

Das Schicksal des k l e i n e n W e r n e r steht nicht vereinzelt da. Fast zweitausend o s t p r e u ß i s c h e K i n d e r fanden im Jahre 1951 durch den K i n d e r - suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes ihre A n g e h ö r i g e n . Z u m ersten M a l nach langen Jah- ren des W a r t e n s und des Hoffens leuchten jetzt in v i e l e n o s t p r e i i ß i s c h e n Familien die W e i h - nachtskerzen für das heimgefundene K i n d . U n d da w i r Landsleute aus der unvergessenen H e i - mat zwischen W e i c h s e l und M e m e l in der Ge- meirschaft des Vertriebenendaseins alle das gleiche Schicksal tragen, soll auch die Freude dieser Eltern und K i n d e r unsere Freude sein.

N a c h s i e b e n l a n g e n J a h r e n . . . A m H e i l i g e n A b e n d vor sieben Jahren war es, als L a n d w i r t Erich Radtke zum letzten M a l die Seinen sah. Das war nicht mehr in H e i n - richshof da oben in der Elchniederung, sondern irgendwo in einem w e s t p r e u ß i s c h e n Dorf. Schon ein Weihnachten auf der Flucht. A l s die W e i h - nachtskerzen v e r l ö s c h t e n , m u ß t e Erich Radtke wieder a n die Front. U n d dann h ö r t e er nichts mehr v o n seiner F r a u und den K i n d e r n .

W i r w o l l e n hier nicht a H z u v i e l e r z ä h l e n v o n jenen Tagen, deren W u n d e n bei v i e l e n v o n uns n o d i immer nicht vernarbt sind. Gehen w i r mit Erich Radtke sechs Jahre s p ä t e r a n einem hei- ß e n J u n i t a g durch das Hamburger T r ü m m e r v i e r - tel zu der h ö l z e r n e n Baracke, v o n deren Stirn- wand uns schon weit die Elchschaufel g r ü ß t . H i e r , in der G e s c h ä f t s s t e l l e der Landsmannschaft O s t p r e u ß e n , w i l l Erich Radtke wieder eine Such- anzeige aufgeben, die w i e v i e l t e in a l l den Jah- ren? Da fällt

6ein

Blick auf das neueste B i l d - plakat des Kindersuchdienstes, das an der Flur- wand h ä n g t . Sein Blick gleitet ü b e r die blonden und dunklen K i n d e r k ö p f e — da, ist das nicht sein J ü n g s t e r , sein Sohn Reinhard? Fast ver- schwimmen ihm in der Erregung die Buchstaben vor den A u g e n , aber er liest den N a m e n unter dem K i n d e r f o t o : Radtke! K e i n Zweifel, es Ist sein j ü n g s t e r Sohn.

Sofort setzt sich Erich Radtke mit dem K i n d e r - suchdienst in V e r b i n d u n g . Er e r f ä h r t , d a ß sich das gesuchte K i n d in einem s ü d d e u t s c h e n K i n - derheim befindet. Der V a t e r fährt nach Stutt- gart; er w i r d von dem leitenden Pfarrer in den Spielsaal des Heimes g e f ü h r t . . D r e i ß i g K i n d e r sind hier in ihre Spiele vertieft. Ohne d a ß Erich Radtke einen H i n w e i s bekommt, sagt er sofort:

„Das ist mein Reinhard . . .", o b w o h l ihm das K i n d den Rücken zudreht. Im ersten A u g e n - blick hat der V a t e r den jetzt Z e h n j ä h r i g e n wie- dererkannt.

M i t g r o ß e n A u g e n sieht R e i n h a r d zu dem Fremden auf. Er kann es nicht begreifen, d a ß er auf einmal einen „ V a t i " hat. Das Erleben der Flucht, vertieft durch schwere V e r l e t z u n g e n , deren N a r b e n das K i n d noch heute t r ä g t , haben das E r i n n e r u n g s v e r m ö g e n des Jungen ge- schwächt. E i n m a l stieg ein Erinnern in ihm auf, als er auf einem Dampfer ü b e r den Bodensee fuhr: „Ich stand a n einem W a s s e r und weinte und eine F r a u nahm mich mit auf ein g r o ß e s Schiff." Heute kann Erich Radtke den W e g sei- nes K i n d e s z u r ü c k v e r f o l g e n , der ü b e r Danzig nach D ä n e m a r k führte, weiter dann ü b e r eine s ü d d e u t s c h e Pflegestelle in das K i n d e r h e i m , i n dem der V a t e r sein K i n d wiederfand.

F ü r das scheue und verschlossene K i n d g e h ö r t jenes Leben nun zu einer versunkenen W e l t . In der k l e i n e n W o h n u n g hoch oben ü b e r dem H a m - burger Hafen strahlt heute für ihn der W e i h - nachtsbaum, den V a t e r s H a n d g e s c h m ü c k t hat.

Z u m ersten M a l nach sieben langen Jahren . . . E i n b i ß c h e n M a s c h u k a , e i n b i ß c h e n S c h a n e t z k i Z w e i k l e i n e Jungen wurden an einem F r ü h - lingstag im Jahre 1945 in einem norddeutschen K i n d e r h e i m abgegeben. Der A e l t e r e , kaum vier- jährig, konnte nur wenige W o r t e sprechen.

Nach seinem N a m e n befragt, antwortete er:

„Ein bißchen Maschuka, ein bißchen Schanetzki."

U n d dabei blieb O s k a r . Denn seinen V o r n a m e n w u ß t e er eindeutig zu bezeichnen.

Ein bißchen M a s c h u k a , ein bißchen Schanetzki!

W a s sollte dieser r ä t s e l h a f t e Ausspruch bedeu- ten? Einen Ort „ S c h a n e t z k i " gab es nicht, w i e der Suchdienst zuerst vermutet hatte.

O s k a r s Bild k a m auf die Suchplakate und wanderte durch die Presse, aber niemand mel- dete sich. Schließlich versuchte man es mit einer Rundfunkdurchsage trotz der dürftigen A n g a b e n . O s k a r s r ä t s e l h a f t e r Ausspruch w a n - derte durch den Aether.

Und das W u n d e r geschah! Eine O s t p r e u ß u . meldete sich, sie habe bei der Suchdienst-Durch- sage den N a m e n ihres Neffen g e h ö r t : „ M a t z u g a "

und dazu den N a m e n „ Z a r n i t z k i " . Sie gab auch die E r k ä r u n g für O s k a r s „ein bißchen M a s c h u k a , ein bißchen Schanetzki". O s k a r M a t z u g a stammte aus Darethen, K r e i s A l l e n -

Hänschen hat schwarze Pfoten

W e n n konkrete Angaben über die vermeintlichen Eltern nicht vorliegen, mit denen die Iden- tität des gefundenen Kindes bestätigt werden kann, dann müssen erbbiologische Untersuchun- gen die Lösung bringen, Sie werden eben hier an Hänschen vorgenommen.

stein. Seine M u t t e r war bereits im Jahre l ö» 3 verstorben. Der Z w e i j ä h r i g e kam, da a l l e K i n - der bei V e r w a n d t e n untergebracht werden m u ß - ten, zu Schneidermeister Z a r n i t z k i i n Pflege. A l s die Flucht begann und Frau Z a r n i t z k i erkranKte, gab sie den O s k a r einer anderen F r a u mit, die mit ihrem K i n d O s t p r e u ß e n v e r l i e ß . Der kleine Junge, mit dem O s k a r in Schleswig-Holstein eintraf, war anscheinend das K i n d jener Frau, deren Schicksal bisher nicht bekannt ist.

O s k a r hat zwar keine Mutter, aber eine Tante. U n d er braucht nun nicht mehr zu sagen

„Ein bißchen M a s c h u k a , ein bißchen Schanetzki".

Er w e i ß , d a ß er O s k a r M a t z u g a h e i ß t . E i n K i n d „ N a m e n l o s "

B ä r b e l ist heute sieben Jahre. A n jenem frostklaren Januartag, genau am 22. Januar 1945, mittags um 1 Uhr, als ein Wehrmachtswagen das schreiende K i n d auf vereister L a n d s t r a ß e unweit v o n A l i e n s t e i n fand, war Bärbel sieben Monate alt.

Auch unser kleines M a r j e l l c h e n g e h ö r t zu den o s t p r e u ß i s c h e n K i n d e r n , die erst vor wenigen Wochen und M o n a t e n ihre Eltern wiedergefun- den haben. Sechs Jahre lang haben fremde H ä n d e sie sorgsam betreut. Sechs Jahre lang haben die Eltern gesucht und gesucht. Keine Spur v o n Bärbel.

Die M u t t e r hatte beim Suchdienst das G e - schehen des Verlusttages genau angegeben:

„Am 29. 1. 45 g i n g ich von A l l e n s t e i n aus mit meinen beiden K i n d e r n auf die Flucht. Im Sportwagen ihr z w e i j ä h r i g e r Sohn, i m K i n d e r -

Eine Geige

war Erikas größter Wunsch, Das Ehe- paar Stockhusen aus Hamburg-Horn er- füllte ihn, denn es hat sein kleines ost- preußisches Pllegetöchteichen von Her-

zen lieb.

wagen die sieben M o n a t e alte B ä r b e l ! F u ß - marsch, Pferdewagen, Wehrmachtskolonne. Bei einem p l ö t z l i c h e n Beschuß scheuen die Pferde und gehen durch. Der K i n d e r w a g e n rollt, ehe die M u t t e r ihn mit frostklammen H ä n d e n festhalten kann, vom W a g e n auf die L a n d s t r a ß e herab. A n ein Halten, ein Z u r ü c k ist nicht zu denken." So- weit die Mutter, die jetzt in Köln lebt.

Immer wieder durchsuchten S p e z i a l k r ä f t e , die auf Kleinkinderforschung g e ü b t sind, die K a r t e i der Namenlosen. Schließlich wurde ein F i n d - l i n g festgestellt, auf den die A n g a b e n zutreffen k ö n n t e n . A b e r die Zeitangaben differierten um sieben Tage.

Die M u t t e r und die U e b e r b n n g e r i n des F i n d e l - kindes wurden eingehend vernommen. Frau D.

konnte sich auf keine M e r k m a l e besinnen. D:e K l e i d u n g wich bis auf einen M a n t e l erheblich ab. Plötzlich stellte es sich ü b e r r a s c h e n d her- aus, d a ß Frau D. sich in der A n g a b e des Flu'cht- tages verrechnet hatte. Sie war nicht am 29. J a - nuar, sondern bereits am 21. Januar auf die Flucht gegangen. A m 22. Januar um 11 U h r hatte sie das K i n d verloren. U m 1 Uhr war an derselben Stelle der S ä u g l i n g von einem W e h r - machtswagen geborgen worden. Erbbiologische Untersuchungen beseitigten die lenzten Zweifel und ergaben einwandfrei, d a ß das gefundene K i n d B ä r b e l D. war. F ü r unser kleines ostpreu- ßisches M a r j e l l c h e n bauen nun d\-i glücklichen Eltern in H ü c k e s w a g e n bei Köln den Gabentisch auf.

K l u n k e r m u s u n d B e e t e n b a r t s c h

„Das ist unser Sorgenkind!", sagte die junge H e i m l e i t e r i n aus Ochtmissen, als sie uns W e r - ner Pieper vorstellte, der gerade seinen W e i h - nachtswunsch schrieb. „ U n s e r k l e i n e r Oester- reicher! N i e m a n d w e i ß etwas von ihm . . "

N a n u ! E i n ö s t e r r e i c h i s c h e r Bub' hier in der L ü n e b u r g e r Heide? W e n n das man nicht ein k l e i n e r o s t p r e u ß i s c h e r „ B o w k e " war!

Es war einer, ein ganz waschechter sogar!

W e n n man sich noch auf „ K l u n k e r m u s " . „Bee- tenbarsch" und „ G i s s e l c h e n " besinnen kann, dann hat die W i e g e nicht an der Salzach, son- dern am Pregel oder an der M e m e l gestunden G r u n d des Irrtums, der im F r ü h j a h r 1945 ent- standen war: W e r n e r s Geburtsort Hohensalz- burg. Es hatte damals niemand g e w u ß t , d a ß Hohensalzburg i n O s t p r e u ß e n im Kreis T i l s i t - Ragnit liegt.

A l s O s t p r e u ß e n k i n d wanderte W e r n e r s Pild nun erneut durch die Zeitungen. Das war im De- zember 1950. A b e r erst zwei Monate s p ä t e r bekam der Hauer Alfred Schulz in A h l e n den L e s e z i r k e l , in dem sich auch die Illustrierte mit W e r n e r s Bild befand. „Das ist doch mein Halbbruder Werner, unser J ü n g s t e r ! " sagte er zu seiner Frau und schrieb sofort an das L ü n e - burger Jugendamt. Eindeutig konnte er den k l e i n e n Stiefbruder an einer Brandnarbe identi- fizieren.

N u n hat W e r n e r bei seinem g r o ß e n B n i d e r ein neues Elternhaus gefunden. Er braucht in diesem Jahr keinen Wunschzettel mehr zu schreiben. Oder einen, auf dem als g r ö ß t e r Wunsch „ F u ß b a l l s t i e f e l " steht. Und sicherlich wird der b r ü d e r l i c h e Weihnachtsmann diesen Wunsch erfüllen.

K l e i n e E r i k a . . . • V i e l e Kinderschicksale k ö n n t e man aufrollen, und jedes w ä r e des E r z ä h l e n s wert. W i e das der kleinen „ M i t t o c h t e r " . So nannte sich ein elternloser Flachskopf. Der in Bezug auf N a m e n

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