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Angehorigen

I mIA G 10228 D

InTO 43 21.6.1990

Herausgegeben von den Angehorigen der politischen Gefangenen in der BRD

Zum Hungerstreik in Spanien

Zentrale Veranstaltungen zum Hungerstreik der Gefangenen aus GRAPO und PCE(r) mit Angehorigen und einem ehemaligen Ge¬

fangenen aus Spanien: am 23.6. in Frankfurt und am 24.6. in Hamburg.

Wir mochten Euch in diesem Info an erster Stelle zu den beiden Ver¬

anstaltungen einladen, die am kommenden Wochenende in Frankfurt und Hamburg stattfinden werden (Ort und Zeit erfahrt Ihr aus den

„Ankundigungen“ auf Seite 8). Es ist fur Euch alle die Moglichkeit, direkt mit den Angehorigen der hungerstreikenden Gefangenen und einem ehemaligen Gefangenen zu sprechen, ihnen Eure Fragen zur ak- tuellen Situation, zur Mobilisierung in Spanien ... — alles, was Euch wichtig ist — zu stellen, und es ist die Moglichkeit, ihnen ebenso di¬

rekt etwas von Eurer Solidaritat mitzuteilen, Euren Griinden, die spa- nischen Gefangenen in ihrem Kampf fur ihre Wiederzusammenlegung zu unterstiitzen.

Heute ist der 204. Tag des Hungerstreiks — es sind fast sieben Monate!

Nach dem Tod Jose Sevillanos hat der Druck der spanischen Offent- lichkeit auf die Regierung weiter zugenommen. Von verschiedenen Vertretern der Kirche, aus Menschenrechtsorganisationen kommt im- mer wieder die Aufforderung, mit den Gefangenen in Verhandlungen zu treten, die harte Haltung aufzugeben, bevor ein weiterer Gefangener stirbt, sie zusammenzulegen. Dagegen gibt es von Sprechern der Re¬

gierung — zumindest offentlich — nur die monotonen Wiederholun- gen, daB sie bei ihrer Auseinanderlegungspolitik bleiben werde. Ge- riichte in der Presse iiber vermeintliche Verhandlungen wurden sofort dementiert. Angesichts der Unnachgiebigkeit der Regierung hat die spanische „Vereinigung fur Menschenrechte“ angekiindigt, sie werde

mission in Genf, die Liga fur die Rechte des Menschen und das Netz der Weltorganisation gegen die Folter. Der Erzbischof von Santiago de Compostela hat sich im Namen der Angehorigen an den spanischen Nuntius des Vatikans gewandt, zwischen Regierung und Gefangenen zu vermitteln. Seit dem 7.6. sind drei weitere Gefangene im Streik. Es sind nun etwa 45, die ihn weiterfuhren. Der Gesundheitszustand von den meisten ist sehr sehr schlecht. Ein Gefangener — Juan Manuel Pe¬

rez Hernandez — erlitt innerhalb von einer Woche zweimal einen Herzstillstand! Ein anderer Gefangener wurde trotz seines schlechten Zustandes in einen Knast verlegt, wo es iiberhaupt keine Krankensta- tion gibt.

Die monatelange Nachrichtensperre ist zumindest in Spanien mittler- weile so ziemlich zusammengebrochen. Presse und Fernsehen bringen fast taglich Berichte.

Auch die internationale Solidaritat dringt mehr und mehr durch die spanischen Medien. So berichtet El Mundo von vier Brandanschlagen auf SEAT-Niederlassungen in Munster, Essen, Braunschweig und zu- letzt in Freiburg. Auf die kurze Besetzung der spanischen Botschaft in Ost-Berlin am 8.6. wurde in mehreren Zeitungen (wie auch im TV) ausfuhrlich eingegangen. Laut El Pais wurde der spanische Ministerrat wahrend seiner Sitzung iiber die Besetzung informiert. In West-Berlin gab es schon am 16.5., nach der spater dementierten Meldung vom Tod Jose Sevillanos, eine Spontandemo mit ca. 200 Leuten in der In- nenstadt; vom 21.-26.5. fanden am Ku’damm taglich Kundgebungen statt. Nach der Meldung vom Tod Jose Sevillanos am 25.5. kam es in Kreuzberg zu einer Spontandemo mit ca. 200 Leuten. Ebenso 200 Menschen kamen zu einer der Kundgebungen am Ku’damm/Breit- scheidplatz. Wahrend des Kongresses „Radikale Linke“ vom 1.-3.6.

in Koln wurde eine Solidaritatsresolution verabschiedet. Eine weitere Resolution verfaBte das Plenum der Hamburger ,,Initiative gegen das Auslandergesetz“ am 28.5. Aus Tubingen wurde uns eine Resolution plus Unterschriftenliste zugeschickt. Der Text soli mit den Unterschrif- ten in einer spanischen Tageszeitung veroffentlicht werden. In Dane- mark demonstrierten Leute vom Kopenhagener Info-Laden-Kollektiv

„ZAPATA“ vor der spanischen Botschaft-Wirschaftsabteilung im Stadtzentrum. Eine Presseerklarung wurde an alle groBeren Tageszei- tungen gesandt. Eine weitere Demonstration — Stunden zuvor — vor dem Messegelande, wo zu der Zeit die KSZE-Menschrechtskonferenz zu Osteuropa tagte, wurde von der Polizei und danischen Konferenz- teilnehmern gewaltsam verhindert.

Berlin/DDR: Besetzung der spanischen Botschaft

Am 8.6.90, dem 190. Tag des Hungerstreiks der Gefangenen aus GRAPO und PCE(r), besetzten zwolf Menschen aus verschiedenen Zu- sammenhangen in Ost- und Westberlin die spanische Botschaft in Ost- berlin fur einige Stunden. Etwa 60 Personen unterstiitzten die Aktion

Seit dem 14.6. stehen jeden Tag Menschen aus dem Antifa-Arbeitskreis der Schiilerkammer und aus dem ehemaligen Schulerplenum fur die Zusammenlegung vor dem spanischen Generalkonsulat: „Auch wenn es lange gedauert hat, bis wir diesen Schritt gemacht haben, glau- ben wir, daB die Mahnwache etwas nutzt: Erstens als Aktion, an der viele sich einfach beteiligen konnen, zweitens sind wir direkt da und kon- nen unserer Solidaritat mit den spanischen Gefangenen Ausdruck geben. DaB wir wenige sind — vor allem Schulerlnnen — liegt an der Si¬

tuation der Mobilisierung insgesamt, aber langsam werden wir auch mehr. Wer, wenn nicht wir; wann, wenn nicht jetzt>“ Die Mahnwache fin-

det in der Woche von 15 bis 17 Uhr, am Wochenende von 11 bis 13 Uhr vor dem Konsulat, Mittelweg 37, statt.

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drauben. — Die initiative fur die politische Diskussion zusammen mit den Gefangenen44 wurde gebeten, an der Pressekonferenz in den Bot- schaftsraumen teilzunehmen. Hier ihre Erklarung:

„Zu unserer Geschichte: 30 Frauen und Manner, aus christlichem Selbstverstandnis kommend, hatten im Januar dieses Jahres einen Brief an alle politischen Gefangenen der BRD geschrieben, die sich am Hun- gerstreik Februar bis Mai 1989 beteiligt hatten. Wir benannten darin unsere Motive und zahlten einige Themen auf, liber die wir mit den Ge¬

fangenen diskutieren wollten. Wir betonten ferner, dab eine faire Dis¬

kussion voraussetzt, dab die Gefangenen untereinander ausreichende Information und unzensierte Kommunikation haben konnen, d.h. wir unterstiitzen ihre Forderung nach Zusammenlegung. Andernfalls wiir- de das ja heiben, dab wir auf gewaltsam Vereinzelte einreden wiirden, bis sie eben weich werden, ,abschworen‘, wie die Gefangenen es nen- nen, oder halt aus reiner Selbstbehauptung die Diskussion abbrechen.

Die Regierungen mehr oder weniger ganz Europas, in der BRD wie in Spanien, versuchen aber genau das: durch Isolation die einzelnen Gefangenen zum Abschworen zu bringen. Damit begeben sie sich auf den Weg totalitarer Systeme. Sie bekampfen nicht nur die Taten, son- dern auch die Gedanken. Sie leugnen diese Gedanken einfach: So gibt es in den Augen der Regierungen gar keine politischen Gefangenen, sondern nur Morder, Bankrauber und ahnliche. Es gibt dann auch kei- nen Grund, warum man mit ihnen in eine politische Diskussion eintre- ten sollte. Gesellschaftliche Wahrheit ist nicht mehr, was die Menschen im freien Austausch untereinander als wahr und gerecht erkennen, son¬

dern was der Staat fiber die ihm gefugigen Medien als wahr und gerecht deklariert. Durch die totale Nachrichten- und Kontaktsperre, wie sie in der BRD 1977, in Spanien gerade jetzt praktiziert wird, werden Gefan- gene, ihre Gedanken und Visionen von Staats wegen fur nicht existent erklart. Von der Vernichtung der offentlichen Wahrnehmung zur phy- sischen Vernichtung der Gefangenen ist aber auch nur ein kleiner Schritt.

Dem treten wir entgegen. Darum sind wir hier.

Aktuelle Adressen der spanischen politischen Gefangenen im Hungerstreik

Prision de Sevilla I, C/Mariano Benlliure, 1 - 41005 - Sevilla Francisco Martin Valero, Juan Jesus Muinos Formoso Prision de Badajoz, Carretera de Olivenza, km, 7.300-06008 Carmen Munoz Martinez (am 6.5. von Sevilla verlegt), Fernando Fer¬

nandez Gonzalez (am 9.5. von Gregorio Maranon verlegt), Jaime Si¬

mon Quintela (am 14.6. von Gregorio Maranon verlegt?), Leoncio Calcerrada Fornieles (am 17.6. verlegt), Sebastian Rodriguez Veloso (am 17.6. verlegt), Luis Cabeza Mato (am 17.6. verlegt)

Prision de Murcia, Apartado 796-30071 -Murcia

Carmen Cayetano Navarro (erneut seit 3.5.), Juan Garcia Martin (er- neut seit 26.5.)

Centro de Cumplimiento San Anton de Cartagena Antonio Narvaez Ternero

Prision de Puerto 11, Apartado 600-11500-Puerto de Santa Marla (Cadiz)

Ana Garcia Rueda

Prision Provincial de Valencia (enfermerla), Apartado 22114-46071- Valencia

Aurora Cayetano Navarro Centro Penitenciario de Alicante Olegario Sanchez Corrales

Centro Penitenciario de Daroca- 50360-Daroca (Zaragoza) Manuel Quesada Jimenez

Hospital Penitenciario de Carabanchel, 28071 -Madrid

Fernando Hierro Chomon, Francisco Brotons Beneyto (am 8.6. von Badajoz verlegt), Jose Balmon Castell (am 8.6. von Daroca verlegt), Jose Maria Sanchez Casas (am 8.6. von Sevilla verlegt)

Hospital Gregorio Maranon de Madrid

Jose Manuel Sevillano Martin (gestorben am 25.5.), Juan Manuel Pe¬

rez Hernandez (am 6.6. ins Strafvollzugskrankenhaus von Caraban¬

chel verlegt, seit 13.6.auf der Intensivstation), Rogelio Vazquez Go¬

mez (am 14.6. von Meco verlegt) Prision de Caceres II

Joaquin Calero Arcones (am 29.5. von Gregorio Maranon verlegt) Prision de Logrono

Teresa de Jesus Gonzalez Rodriguez, Josefina Garcia Aramburu, Car¬

men Lopez Anguita

Prision de Guadalajara, Prision Central de Guadalajara, C/Virgen Amparo, 55-19002 - Guadalajara

Pablo Fernandez Villalabeitia, Carlos Comesana Costas

Prision de Yeserlas (Madrid), C/Juan de Vera, 10-28045-Madrid Milagros Caballero Carbonell, Ana Belen San Miguel Martinez Prision de Lugo

Manuel Parodi Munoz, Jose Ramon Teijelo, Casimiro Gil Araujo (am 1.6. von Gregorio Maranon verlegt)

Prision de Avila

Elvira Dieguez Guerra, Josefa Alarcon Lapuente, Victoria Gomez Mendez, Francisca Perez Perez

Prision de Segovia

Buenaventura Garcia Martin

Centro Penitenciario Los Rosales de Ceuta Telmo Varela Fernandez (erneut seit 27.5.) Prision de Tenerife (Islas Canarias)

Francisco Rodriguez Veloso (erneut seit 14.5.) Prision de Almerla, Apartado 221 -04080- Almerla

Francisco Tapia Segovia, Joaquin Vieites Santos (beide seit 4.6. er¬

neut)

Prision de Ocana

Fernando Rodriguez Blanco (erneut am 6.6.), Avelino Gomez Gomez, Antonio Lago Iglesias

Prision de Carabanchel (Gefangene aus der PCE(r)

Jose Luis Elipe Lopez, Lucio Garcia Blanco (beide seit 26.5.) 19.6.90

Schreibt den Gefangenen! Schickt bitte Kopien Eurer Post an die Angehorigen in Spanien, da nicht sichergestellt ist, dab die Post auch ankommt: AFAPP, Apartado de Correos 15.220, 28080 Madrid.

Italien: Aus einer Erklarung politischer Gefangener

Nachfolgende Erklarung schickte uns Vittorio Bolognese, einer der re- volutiondren Gefangenen im Block B in Novara, zusammen mit einigen Zeilen, die wir hier dem Text voranstellen wollen:

„Novara, 4.5.90

Liebe Genosslnnen, ich habe das Info Nr. 38 erhalten. Fur uns ist es sehr wichtig zu lesen, was Ihr veroffentlicht, auch wenn es sehr schwierig ist, aus dem Deutschen ins Italienische zu iibersetzen, aber es gelingt uns, das zu lesen, was uns interessiert. Leid tut uns, dab es uns nicht gelingt, in Deutsch zu schreiben .. . es ist zu schwierig . . . Wir schicken Euch hier unsere Erklarung der Solidaritat und der Unterstiit- zung mit dem langen und harten Kampf der gefangenen Genossen, die in Spanien seit vielen Monaten im Hungerstreik fur die Zusammenle¬

gung sind. Ich und alle Genossen hier griiben Euch mit einer lieben und starken Umarmung. Kommunistische Griibe. Vittorio

Fur die Einheit — im Kampf der gefangenen Revolutionare in West- europa!

2. In den Jahren 1988/89 haben die Gefangenen von AD und aus RAF und Widerstand zwei lange Hungerstreiks mit den gleichen Zielen gemacht, gegen die Politik der Vernichtung des franzosi- schen und deutschen Staates.

Zu diesen kamen in diesen Jahren die Kampfe der antiimperiali- stischen arabisch-palastinensischen, libanesischen und kurdischen Gefangenen in den verschiedenen europaischen Gefangnissen, sie werden dort in schandlichen Bedingungen vom Imperialismus als

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Geiseln gehalten.

In diesen Zusammenhang stellt sich auch die Konfrontation, die wir als kampfende Gefangene in Italien durchfechten.

Besonders in den letzten Monaten hat die Regierung Andreotti mit terroristischen Kampagnen und solchen des sozialen Alarms (gemeint ist damit die Propagierung des sozialen Friedens nach dem Motto: „Wir sitzen alle in einem Boot.“d. Red.),mehrmals durch- gefuhrt von Polizeiminister GAVA, das aktuelle politische Projekt der italienischen Bourgeoisie in Richtung auf weitere Verscharfung und Stabilisierung der Politik von Kontrolle/Regieren der sozialen Wider- spriiche gedriickt. Um den unerlaBlichen Konsens fur diese Politik auf- zubauen, findet im Augenblick eine massive Mobilisierung der institu- tionellen Krafte im ideologischen, kulturellen und sozialen Bereich statt.

All dies fuhrt klarerweise zu einer systematischen Intensivierung der konterrevolutionaren Initiativen gegen alle Bereiche des Klassenanta- gonismus, die in diesen Jahren fortgefahren haben, gegen die Lebens- bedingungen, durchgesetzt von der kapitalistischen Umstrukturierung, zu kampfen.

Die kommunistischen Gefangenen sind unter den Zielobjekten dieser Politik, und es gibt verschiedene Signale, die dies beweisen.

Vom Angriff auf die Solidaritatsbewegung durch Durchsuchungen und Einschuchterungen gegen Zeitschriften der Bewegung und gegen Familienangehorige bis zur Verscharfung des differenzierten Behand- lungsvollzuges und Gruppenisolation in den Spezialgefangnissen; auf politischem Niveau durch Provokationen gegen einzelne Genossen oder durch Massenpriigel, so geschehen hier am 30. Januar im Block B.

Das Ziel der konterrevolutionaren Politik in den Gefangnissen ist folglich in jedem europaischen Staat das gleiche; die gefangenen Ge- nosslnnen in den verschiedenen Gefangnissen Europas haben dies seit langem klar erkannt: die kollektive politische Aktivitat der kampfenden Gefangenen auszuschalten, um zu verhindern, daB sie fortfahren, be- stimmender Faktor des revolutionaren Prozesses zu sein. Gleichzeitig sie jeder Form der Repression auszusetzen bis hin zu Kooptationsver- suchen in den Projekten der politischen Losung, um sie dann als Ab- schreckung gegen die revolutionare Bewegung in ihrer Gesamtheit ein- zusetzen — Erpressung und Angriff auf den inneren Linien.

Die Integrierung des politischen Angriffs auf die revolutionare Sub- jektivitat in den Knasten und drauBen — in Ubereinstimmung mit den Richtlinien, erarbeitet von den internationalen Organisationen der Konterrevolution, wie die Gruppe TREVI u.a. — zeigt sich in Westeu- ropa immer mehr.

3. Die Ubereinstimmung in den Zielen und Mitteln der europaischen imperialistischen Staaten in ihrer Politik gegen die gefangenen Revolu¬

tionare ist nicht zufallig: Sie hat ihren Ursprung in der aktuellen Phase der Redefinition der imperialistischen Strukturen, in der Beschleuni- gung der kapitalistischen Rationalisierungsprozesse, schon eingeleitet im Rahmen der Formierung des ,,westeuropaischen Blockes“.

Alle europaischen Staaten sind davon direkt betroffen. Die preventi¬

ve Ausschaltung einer Prasenz und einer revolutionaren Identitat — Guerilla ist um so entscheidender in einem Moment, wo der aktuelle kapitalistische Sprung eine eiserne soziale Befriedung erfordert. Ein Sprung, der die Klassenwiderspruche im Innern eines jeden Landes verscharft und der sich auseinandersetzen muB mit der Ausweitung der imperialistischen Expansionsprozesse in Richtung Osten und Siiden und gleichzeitig mit einer starkeren Konkurrenz zwischen den Hege- monieregionen, in denen sich das imperialistische System artikuliert.

4. Die europaische Dimension der Bedingungen der gefangenen Revo¬

lutionare und ihres Widerstandes gegen die Politik der Resozialisie- rung/ Vernichtung ist seit langem eine Tatsache, und sie wird es in den nachsten Jahren noch mehr sein.

In diesen Jahren haben die Kampfe der gefangenen Revolutionare, in Verteidigung ihrer Identitat, der solidarischen Beziehungen und des Beitrags fur den Wiederaufbau einer revolutionaren Praxis, die Bedin¬

gungen und die subjektive Reife bestimmt, um einen dieser Realitat entsprechenden Sprung nach vorn zu machen. Sie fiigen sich in einen umfassenderen Kontext ein, nicht nur, daB sie tatsachlich aus dem loka- len und nationalen Zusammenhang heraustreten, sie sind inzwischen Teil der Konfrontation geworden, die in dieser Phase die Gesamtheit der revolutionaren Klassenbewegung und der Guerilla betrifft, gegen die aktuellen kapitalistischen Prozesse, die gebunden sind an die Kon- struktion des ,,westeuropaischen Blokkes“ und an die Starkung des Imperialismus in dieser Region. Wenn auf der einen Seite der Kampf fur die revolutionare Identitat in den imperialistischen Knasten eine

kontinentale Dimension erhalt, so miissen die gefangenen Revolutiona¬

re sich noch starker in Dialektik mit der Debatte und Praxis der revolu¬

tionaren Bewegung und der Guerilla setzen.

Wie die Genossen der RAF in ihrer Erklarung der Aktion Herrhau- sen sagen:

„wir alle, die gesamte revolutionare bewegung in westeuropa, stehen vor einem neuen abschnitt.

die vollig veranderte internationale situation und die ganzen neuen entwicklungen hier erfordern, daB der gesamte revolutionare prozeB neu bestimmt und auf neuer grundlage weiterentwickelt werden muB.

daran arbeiten wir, und daran wollen wir die diskussion mit alien, die schluB machen wollen mit der imperialistischen zerstorung und die fur eine grundsatzlich andere, an den menschen orientierte gesell- schaftliche realitat kampfen und die diese auseinandersetzung mit uns wollen.

neuer abschnitt, das heiBt fur hier vor allem auch die neuzusammen- setzung der revolutionaren bewegung, was moglich ist, weil viele es wollen, und es gibt die ersten schritte dahin schon. wir stellen uns das vor als einen prozeB von gemeinsamer diskussion und praxis, in dem offen liber die verschiedenen erfahrungen, vorstellungen und kritiken geredet wird, um die gesamte entwicklung zusammen zu begreifen und um zu politischen bestimmungen und konkreten greifbaren vorstellun¬

gen fur den umwalzungsprozeB zu kommen.

in der diskussion dariiber miissen die gefangenen teil sein, dafiir, und weil das vernichtungsprojekt gegen sie endlich gestoppt werden muB, muB jetzt ihre zusammenlegung und damit die perspektive fur ihre frei- heit erkampft werden.“

5. In diesem Sinn stellen wir uns an die Seite der Gefangenen der PCE(r) und der GRAPO in ihrem Kampf sowie dem Kampf aller gefan¬

genen Revolutionare in Westeuropa.

. Den gemeinsamen Kampf der gefangenen Revolutionare gegen die Strategic der Vernichtung zu konsolidieren, ist in dieser Phase ein wichtiges Moment des allgemeinen Prozesses der revolutionaren Be¬

wegung und der Guerilla. Dieser Kampf ist moglich und notwendig.

Den verschiedenen Mobilisierungen, die sich 1988/89 in der BRD und anderen europaischen Landern um den Kampf fur die Zusammenle¬

gung der Genossen von AD, aus der RAF und dem Widerstand ent- wickelt haben, ist es gelungen, gegen die Strategic der Vernichtung der Militanten der Guerilla in den Gefangnissen eine politische Grenze zu setzen. Dies ist eine wichtige Etappe, die entwickelt werden muB und die Elemente des Fortschritts, auch fur jede spezifische Situation, ent- halt.

Hier, nach dem Priigeleinsatz gegen die Gefangenen am 30. Januar in diesem Gefangnis, gab es eine Reihe von bedeutsamen Mobilisie¬

rungen von verschiedenen Situationen der revolutionaren Bewegung.

Ihre verschiedenen Initiativen einer militanten Solidaritat und einer re¬

volutionaren Gegeninformation zeigen, wie, nach Jahren der Konterre¬

volution, der Entpolitisierung und der „politischen Losungen“, in den neuen Kampfen das BewuBtsein lebendig ist, daB der Kampf der Gefan¬

genen integraler Bestandteil der revolutionaren Kampfe des Proletari¬

ats gegen die kapitalistische Unterdriikkung ist.

Es ist ein BewuBtsein, das dazu beitragt, die Gefangenen in den ak¬

tuellen Kontext der Klassenkonfrontation zu stellen; ihnen wieder Stimme zu geben, nicht nur als ,,Objekt von Solidaritat“, sondern als aktiv-politisches Subjekt, zusammen mit anderen in der Realitat des re¬

volutionaren Kampfes!

Es ist ein Terrain, das wir zusammen entwickeln miissen, indem wir die notwendige Dialektik und Kommunikation zwischen den gefange¬

nen Revolutionaren und den vielfaltigen Bewegungen der proletari- schen Autonomie und der Guerilla aufoauen.

Dies ist auch die Richtung, in der wir den kollektiven Kampf, den wir hier im Block B von Novara aufgebaut haben, entwickeln wollen.

Wir machen den Kampf der Genosslnnen in den spanischen Knasten zu unserem Kampf, und wir unterstutzen ihre Ziele, und gemeinsam mit ihnen sagen wir:

SchluB mit der Isolation und der Vernichtung der politischen Ge¬

fangenen!

Gegen die Auseinanderlegung und fur die Zusammenlegung!

Zusammen kampfen!

Eine Gruppe gefangener Revolutionare Block B, Spezialgefangnis Novara April 1990

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Seit 1977 bringt die Bundesanwaltschaft jede Charakterisierung der Ereignisse in Stammheim als Mord an bzw. Ermordung von Gefan- genen aus der RAF vor Gericht. Soweit uns bekannt, hat sie zahlrei- che Verurteilungen durchgesetzt.

Dennoch halten viele an der Auffassung fest und aubem sie mundlich Oder auch schriftlich, dab morderisches Handeln den Tod von Ulrike Meinhof, Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Jan Carl Raspe und Ingrid Schubert verursacht hat. Nicht nur in den biirger- lichen Medien wurde damals dariiber diskutiert, dab es zur Siche- rung des Staates notig sein konnte, Gefangene aus der RAF zu to- ten. In der Bundesanwaltschaft und im politischen Fiihrungsstab wurde die Totung von Gefangenen als mogliche MaBnahme offen erortert. Es ist deshalb mehr als verstandlich, wenn unter diesen Bedingungen viele sagen: auf die Charakterisierung der Stammhei- mer Vorgange als Mord verzichten, heibt staatlichen Verbrechen Vorschub leisten.

Die Bundesanwaltschaft mub sich mit ihrer Verfolgungspraxis den Vorwurf gefallen lassen, die offentliche und liickenlose Aufkla- rung der Stammheimer Ereignisse — Ereignisse, an denen sie schlieblich selbst mabgeblich beteiligt war — unterdrucken zu wol- len.

In den letzten Monaten hat — wir berichteten — die Bundesan¬

waltschaft gezielt gegen das Angehorigen-lnfo eine Reihe von Ver- fahren eingeleitet. Ein Verfahren wurde eingestellt, im zweiten wurde der Freispruch inzwischen rechtskraftig. Zwei weitere 90 a- Verfahren sind anhangig, beide richten sich gegen den Abdruck von Erklarungen, in denen der Tod der Stammheimer Gefangenen als Mord charakterisiert wird.

Die beiden anhangigen Verfahren wirken zensorisch. Die Redak- tion hat sich deshalb schweren Herzens — schwerzen Herzens auch deshalb, weil wir Dokumente andern — entschieden, zwei Briefe bzw. Erklarungen, die diesem Info zum Abdruck vorlagen und die den Tod der Stammheimer Gefangenen als Mord charakterisieren, um die entsprechende Passage zu kiirzen und die Kiirzung zu kenn- zeichnen. Das Recht, die Ereignisse in Stammheim wahrheits- und vernunftgemab zu bewerten, ist gegenwartig nicht durchgesetzt, sondern mub erst noch durchgesetzt werden.

Brief von Gisela Dutzi und Eva Haule

an die genosslnnen, die zum kongreb des „radikale linke“-kreises in koln gekommen sind

unser genosse jose manuel sevillano ist tot.

jose war 177 tage im hungerstreik zusammen mit den anderen gefan¬

genen aus der GRAPO und PCE(r) in den spanischen knasten gegen die isolation, fur die wiederzusammenlegung. der hungerstreik geht wei- ter.

jose wurde von der spanischen regierung und dem protagonisten des isolationsregimes in westeuropa — der brd — umgebracht. er wurde umgebracht, weil sie mit der vernichtung der gefangenenkollektive auf die zerschlagung von kampf und widerstand auch drauben zielen,

weil sie verhindern wollen, dab revolutionare gefangene aus den not- wendigen kollektiven lebens- und arbeitsbedingungen sich politisch ar- tikulieren und in die politische auseinandersetzung eingreifen konnen, ihre erfahrungen aus dem kampf gegen das kapitalsystem und dem auf- bau neuer sozialer strukturen anderen zuganglich machen und zusam¬

men weiterentwickeln konnen.

und es werden weitere gefangene sterben mussen, wenn nicht alle, die sich als fundamentalopposition zu den europaischen machten verste- hen, die bedeutung begreifen, die das projekt der vernichtung der poli¬

tischen gefangenen in spanien fur alle hat — und danach handeln.

die jiingste geschichte des spanischen staats ist vor allem auch die des deutschen imperialismus.

mit hilfe des nazi-faschismus kam franco an die macht, mit hilfe der spd wurde spanien nach francos tod weiter fur den imperialismus gesi- chert und eine weitergehende umwalzung verhindert.

gonzales und der PSOE wurden mit dem geld und politischen know¬

how aus der brd — flick und brandt — die grundlagen beigebracht, um als regierungsmacht spanien in die modernen nato-„demokratien“ ein- zugliedern.

jetzt zeigen sich die friichte dieser imperialistischen deutschen aktio- nen, jetzt setzt der spanische staat zum letzten sprung an, um seine zu- verlassigkeit als „vollwertiges“ nato- und eg-mitglied unter beweis zu stellen und sich dafur zu profilieren.

nach dem vorbild der brd-kapital- und herrschaftsstrukturen werden in spanien in einem rasenden tempo alle okonomischen und sozialen be- reiche umorganisiert und so bedingungen geschaffen fur investitionen des groben kapitals, vor allem auch des deutschen.

bis 1992 will VW seat und die deutsche bank die bancotrans vollstan- dig ubernommen haben,

siemens bringt die milliarden und die high-tech fur die umstrukturie- rung.

die brd ist grobter warenlieferant, und allein 1986, im jahr des spani¬

schen eg-beitritts, investierten deutsche konzerne 813 millionen mark.

,,alemannisierung“ sagen die leute in spanien dazu —

und das meint auch die (ibernahme des brd-isolationsregimes gegen die politischen gefangenen.

der spanische staat macht sich bereit fur einen neuen abschnitt in der europaischen geschichte und will ihn ohne politische gefangene errei- chen.

er demonstriert ein europa der „starken staaten“ — ganz in dem sinn, wie sie es von der brd gelernt haben — und den auftakt zur neuen unterwerfung der iibrigen welt.

der endgiiltige eg-beitritt spaniens steht kurz bevor, gleichzeitig findet 1992 in barcelona die olympiade, in sevilla die weltausstellung und als gesamteuropaisch inszeniertes propagandaspektakel die 500-jahrfeier der eroberung amerikas statt.

spanien soli der welt als modernisiertes, vom faschismus „gereinigtes“

europaisches land und madrid als kulturhauptstadt europas vorgefuhrt werden.

die wirklichkeit dieser „kultur“ sieht so aus:

in madrider krankenhausern sind politische gefangene an betten ge- fesselt und werden durch zwangsernahrung gefoltert, ihren verwandten werden bei kundgebungen vor dem justizministerium arme und beine durch die guardia civil gebrochen, letzte woche mubte ein angehoriger mit schweren kopfverletzungen ins krankenhaus eingeliefert werden.

die okonomische umstrukturierung wird brutal gegen die land- und industriearbeitermassen durchgepeitscht, millionen arbeitslose — 20 % der bevolkerung — werden in einen morderischen wettlauf, ,,jeder ge¬

gen jeden“, fur ihre existenz gezwungen, 50 % der jugendlichen sind arbeitslos und leben mehr oder weniger auf der strabe, jede woche wer¬

den kinder und jugendliche von der guardia wegen nichtigkeiten — schlagereien vor discos, diebstahle — gepriigelt oder sogar getotet,

neue knaste werden hochgezogen und soziale gefangene in hochsi- cherheitstrakte verlegt.

in euskadi wird der krieg gegen das um seine selbstbestimmung kampfende baskische volk weitergefiihrt, und die PSOE lehnt alle von der ETA vorgeschlagenen politischen Losungen ab.

dab die spanische regierung voile ruckendeckung durch die anderen eu¬

ropaischen machte bei ihrem vorgehen gegen die gefangenen jetzt hat, ist klar.

sie hat sie, wie schmidt 77 hier, thatcher 81 gegen die irischen gefan¬

genen, die bundesregierung gegen unsere und die franzosische regie- rung gegen die kampfe unserer genossen aus ACTION DIRECTE ge¬

gen isolation und fur zusammenlegung.

es ist ihre gemeinsame sache und die dimension, in der jeder einzelne westeuropaische staat gegen revolutionaren kampf handelt:

die aufrichtung westeuropas zur weltmacht und als bedingung dafur die liquidation jeden ernsthaften widerstands.

bmw-chef kuenheim bringt es auf den punkt:

„europa, das ist meine vision, wird im 21. jahrhundert wieder zum wirtschaftlichen und geistigen zentrum der welt.“

man mub gut verstehen, was er sagt.

die zeit, als europa ,,wirtschaftliches und geistiges zentrum der welt“ war, das war die zeit des kolonialismus:

volkermord, brutale auspliinderung und die errichtung eines euro¬

paischen herrschafts- und ausbeutungssystems in amerika, afrika und teilen asiens.

dahin wollen sie wieder.

500 jahre spater soil sich der kreis wieder schlieben durch eine euro-

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Seite 5

paische imperiale offensive, jetzt mit der brd an der spitze.

die technokratische elite westeuropas, die groBen banker und kon- zernchefs, das sind die modernen kolonialisten und faschisten, die neuen eroberer, die fiber die auspressung der volker heute die technolo- gische ,,revolution“ finanzieren und sich die gesamte 3. welt, ebenso die lander der peripherie westeuropas und alles, was nach dem zusam- menbruch der sozialistischen staaten im osten iibriggeblieben ist, zum acker und garten machen und die japanische und us-amerikanische kon- kurrenz uberflugeln wollen.

daB in spanien heute die todesurteile gegen kommunisten unter franco fur „rechtmaBig“ erklart werden,

daB der 500. jahrestag der invasion zur prunkfeier gemacht und jede kritik daran als ,,lacherlicher masochismus“ hingestellt wird (der spa- nische konig sagt: „wir werden die groBtat, die wir vollbracht haben, wiederholen“),

daB offene folter und mord an politischen gefangenen von der spani- schen regierung exekutiert wird,

zeigt einen genauen ausschnitt der wirklichkeit dieses „europa“ fiir die untersten und die kampfenden hier und weltweit.

dagegen mussen sich unsere kampfe gemeinsam entwickeln.

innerhalb kiirzester zeit zieht die spanische regierung maBnahmen ge¬

gen die politischen gefangenen durch, wie die brd in 20 jahren gegen uns:

zerstreuung, isolation, „normalisierung“, abschottung von drauBen, zwangsernahrung und „koma-losung“ —

projekte, die hier in dem seit 20 jahren andauernden kampf politisch, aber noch nicht materiell gebrochen sind uand deren geballte brutalitat die spanischen gefangenen jetzt in einem engen zeitraum zu spiiren be- kommen.

wenn die PSOE-regierung ihre offensive gegen die gefangenen halten kann, setzt sie damit neue faschistische normen in europa fur alle, nicht nur fur die politischen gefangenen.

sie ist stark darin, weil sie die anderen westeuropaischen staaten hin- ter sich weiB.

sie bleibt aber nur solange stark, wie ihr nicht von unten durch soli- darische aktionen und offentlichkeit vor allem auch hier in der brd eine grenze gesetzt wird.

keine fundamentalopposition kann sich heute noch isoliert in einem land begreifen und bestimmen.

wenn es gelingt, den widerstand und kampf in spanien zuriickzu- schlagen durch die vernichtung der gefangenen —

so das klar formulierte ziel des spanischen staates —

wenn das gelingt, dann hat das unmittelbare auswirkungen auch fur hier.

dann wurde der raum fiir die entwicklung einer starken, umwalzen- den kraft in westeuropa ein stuck weiter eingeschniirt.

jeder staat in der EG, der neue vorstoBe gegen revolutionare gruppen, gegen gefangene, gegen linke politische zusammenhange, gegen die rechte von frauen, arbeitern . . . unternimmt und damit durchkommt, setzt normen fiir alle.

es gibt heute in den bereichen, die wesentlich sind fur ihren macht- ausbau, keine isolierten, nur auf ein land bezogenen maBnahmen mehr.

friiher oder spater sind alle damit konfrontiert.

keine fundamentalopposition kann heute die realitat in anderen west¬

europaischen auBen vor lassen,

kann getrennt davon und von den aktuellen kampfen ihr theoretisches und organisatorisches projekt betreiben. das ist ausgeschlossen, wenn sie tatsachlich ein ernstzunehmender faktor, wenn sie effektiv werden will.

es geht dabei sicher nicht urn diesen abgeschmackten begriff, das ra¬

ster: „thema: repression/knast“, womit jede beziehung zu denen, die am unmittelbarsten dem faschistischen angriff ausgesetzt sind, kalt weggesteckt wird.

es geht vielmehr um die vielbeschworene perspektive:

den aufbau einer starken radikalen bewegung und die realisierung einer anderen gesellschaftlichen wirklichkeit, die da anfangt, real zu werden, wo die menschlichen werte in der konkreten intervention, im solidarischen und internationalistischen handeln praktisch werden.

Presseerklarung der Angehorigen der politischen Gefangenen in der BRD und West-Berlin vom 17.6.1990

Keine Auslieferung von Susanne Albrecht, Inge Viett, Monika Hel- bing, Werner Lotze, Ekkehard von Seckendorff und Sigrid Sterne-

beck!

In diesen Tagen haben die Sicherheitsbehorden der DDR in Zusam- menarbeit mit dem westdeutschen Staatsschutz sieben Frauen und Manner festgenommen, deren Namen und Gesichter viele kennen.

Manche kennen sie aus der Studenten-, Vietnam- oder Hauserbewe- gung, aus den Anfangen und Kampfen um die Durchsetzung und Ver- ankerung von Guerillaorganisationen auch in den Metropolen, aus den Anti-Folter-Komitees.

Viele kennen sie aber auch als Objekte der Menschenjagden von Bundesanwaltschaft und Bundeskriminalamt.

Uns, den Angehorigen der politischen Gefangenen, sind alle Verhafte- ten nahe, denn sie alle waren Teil des Kampfes, der unser aller Kampf ist:

Der Kampf um die Zusammenlegung der politischen Gefangenen in groBe Gruppen,

der Kampf gegen die nun seit neunzehn Jahren praktizierte Isola¬

tions- und Vernichtungshaft,

der Kampf gegen das herrschende System von Ausbeutung, Unter- driickung und Entmenschlichung.

Es war der Kampf auch um das Leben der Gefangenen ... (*):

Holger Meins (9. Nov. 1974), Siegfried Hausner (Mai 1975), Katha- rina Hammerschmidt (1975), Ulrike Meinhof (9. Mai 1976), Gudrun Ensslin, Jan-Carl Raspe, Andreas Baader (18. Oktober 1977), Ingrid Schubert (16. Nov. 1977), Sigurd Debus (16. Apr. 1981).

Die Bundesanwaltschaft hat nach den Festnahmen jeweils sofort ein Uberstellungsersuchen an die zustandigen DDR-Justizbehorden gerich- tet. Aus Erfahrung wissen wir, daB der BRD-Staat alles daran setzen wird, auch unter Bruch des geltenden Volkerrechts (Verbot der Auslie¬

ferung eigener Staatsburger), ihre Auslieferung zu erzwingen.

Warum legen die westdeutschen Sicherheitsorgane solche Eile an den Tag?

Das ist doch klar: Nur auf dem Boden der BRD gibt es das in 19 Jah¬

ren personell wie bautechnisch ausgeklugelte und perfektionierte Isola- tionssystem.

Und die Verantwortlichen wissen auch genau, in welch schwieriger personlicher Lage die Festgenommenen sind, die nach zum Teil zehn Jahren Leben im normalen Alltag der DDR, verheiratet und mit Kin- dern, jah vor die Aussicht gestellt sind: hier jahre- oder lebenslange Folter durch Isolation.

Nur in der BRD gibt es die Voraussetzungen, mit alien Mitteln zu ver- suchen, die Identitat der Festgenommenen zu brechen und sie fiir ihre Zwecke umzudrehen.

Und nur hier gibt es die Staatsschutzsenate an den Oberlandesgerich- ten, denen sie die gewiinschten Urteile zutrauen.

Dabei ist klar, daB die jetzt Festgenommenen, seitdem sie in der DDR sind und sich dort eine neue Existenz aufgebaut haben (1980), nicht mehr in der RAF organisiert waren und also auch an keinen Aktionen oder Aktivitaten der RAF beteiligt waren.

Alle gegenteiligen Behauptungen belegen nur eines: die Konstruktio- nen, Manipulationen von Zeugen und Beweismitteln durch die BRD- Staatsschutzapparate, wie sie aus den politischen Prozessen hier jedem und jeder kritischen Beobachterln bekannt sind.

Die Gefangenen aus der RAF haben in ihrer Erklarung zu Boock vom August 1988 (in: Konkret 10/88, ,,Boocks Liigen“) dazu gesagt:

„... in den Monaten ging die Aufarbeitung der vorangegangenen Kampfphase (1977, Anm. der Verf.) auch dahin, daB nach und nach acht aus der Gruppe weggehen wollten . . . Fur die, die weggingen, suchten wir einen Zusammenhang, der mehr ist als sicheres Versteck, der vielmehr Leben und Perspektive wird. Die Losung wurde eine gute Sache ...“

Keine Auslieferung von Susanne Albrecht, Inge Viett, Monika Hel- bing, Werner Lotze, Ekkehard von Seckendorff und Sigrid Sterne- beck!

Kurz vor Redaktionsschlufi erfuhren wir, dafi auch Silke Maier-Witt und Henning Beer in Neubrandenburg / DDR verhaftet wurden.

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das schlieBt den kampf gegen die folter und fur die freiheit der politi- schen gefangenen in westeuropa mit ein.

ein wirklicher ,,neubeginn“ der linken setzt ein bewuBtsein liber die letzten 20 jahre linker politik hier voraus.

zum beispiel auch dariiber, wo die linke 77 war, als der brd-staat zur zerschlagung des revolutionaren kampfs ausholte ...(*)

ein wirklicher neubeginn wiirde bedeuten, sich die schaffung einer re¬

volutionaren bewegung zum ziel zu setzen und sie im praktischen pro- zeB — diskussion, intervention, zusammen kampfen — zu entwickeln.

hier und in westeuropa.

wenn theorie und analyse zum zweck der „plattform-“ und „konsens- bildung'* betrieben wird, kommt daraus nur die fortsetzung der alten linken machtpolitik —

jetzt nicht mehr in den einzelnen, miteinander konkurrierenden griippchen, sondern unter einem dach.

ein neuer anfang wiirde den bruch mit dieser politik bedeuten, in dis¬

kussion und praxis in einem.

eine schematische abstufung — erst theoretische grundlagen klaren und dann irgendwann politische praxis — kann es nicht geben.

alle erfahrung sagt uns, daB so nichts zu klaren und voranzubringen ist.

und das sagt uns nicht zuletzt auch das, wie es in bezug auf uns ge- fangene vom „radikale linke“-kreis gelaufen ist: im und nach dem hs ein kleiner ansatz, den wir inzwischen nur als pflichtubung oder kon- junkturellen opportunismus verstehen konnen, und jetzt ist unsere sa- che nicht mal thema des kongresses.

bis zum nachsten hungerstreik dann.

mit faschismus sich in theorie befassen, aber da, wo seine konkrete struktur und politik sich unmittelbar ausdriickt — auch in seiner konti- nuitat — wie hier im knast, das ist kein „thema“.

es liegt auf der hand, daB es eine direkte beziehung gibt zwischen dem, sich nicht weiter als bis zur marginalen opposition denken zu wol- len und der fortsetzung dieses verhaltnisses zu uns gefangenen, das nicht mehr als punktuell durchbrochen wird.

eine linke — wenn dieser begriff heute eine neue, reale und kampfe- rische bedeutung bekommen soil — wird sich daran messen lassen miissen.

die politik der westeuropaischen staaten gegen die revolutionaren ge¬

fangenen ist ein zentraler eingriff in die kampfe in westeuropa, ihre ge- schichte seit den 60ern und ihre weiterentwicklung.

mit der vernichtung der politischen gefangenen soli diese geschichte aus dem gedachtnis der menschen ausgeloscht und die kontinuitat der kampfe mit weitergebrachten bestimmungen entsprechend der veran- derten politischen lage verhindert werden.

das ist das projekt der westeuropaischen regierungen:

mit der aufrichtung der formierten europaischen macht eine ge¬

schichte von integration, niederlagen, befriedung zu schreiben.

wie weit sie das erreichen, ist eine frage, die sich fur die gesamte lin¬

ke in westeuropa stellt, und sie wird jetzt auch im hungerstreik in spa- nien mitentschieden.

jose hat uns kurz vor seinem tod zusammen mit drei anderen genossen einen brief geschrieben, den wir euch zeigen wollen:

,,ein wind durchlauft die straBen meiner augen, die solidarity weitet sich aus

ich bin es, der dich umarmen will und dir einen kuB geben.

aus dem knastkrankenhaus von carabanchel an unsere deutschen gefan¬

genen briider und schwestern.

genossen, jetzt, wo wir schon vier lange monate im hungerstreik ver- bracht haben, wollen wir, daB euch unsere allergefiihlvollste umar- mung erreicht fur eure solidarische und freigiebige geste wahren inter¬

nationalisms, die ihr habt, indem ihr selbst in den streik gegangen seid. dieses beispiel hat fur uns eine gute dosis moral bedeutet, um in dieser harten und langandauernden schlacht zu widerstehen. wir sind sicher, daB ein sieg in diesem kampf bedeuten wiirde, ebenfalls die ver- nichtungsplane zu bremsen, die alle lander der nato gegen alle politi¬

schen gefangenen weiterbringen wollen, um kontinuierlich im angriff gegen den widerstand und alle volker europas fortzufahren.

und deshalb wissen wir: wir miissen jetzt in diesem kampf auf leben und tod gewinnen, um uns nicht nachher zerschlagen zu sehen.

und mit eurer solidarity und der unterstiitzung der volker europas werden wir es erreichen.

gegen die zerstreuung — fur die wiederzusammenlegung!

viele umarmungen, liebe und kraft. VENCEREMOS!

Freilassung aller Haftunfahigen!

Freilassungskampagne fiir Alan Berkman

In den USA hat inzwischen eine Kampagne zur Freilassung von Alan Berkman wegen Haftunfahigkeit begonnen. Die ProzeBgruppe in Wa¬

shington D. C. hat dazu folgenden Aufruf verschickt: „Verlangt die so- fortige Freilassung von Alan Berkman! Beteiligt Euch an einer huma- nitaren Kampagne fiir bedingte Strafaussetzung!

Dr. Alan Berkman, ein politischer Gefangener, der seit 1985 von der U. S.-Regierung gefangengehalten wird, kampft gegen Lymphdriisen- krebs um sein Leben .. . Alan . . . erhalt Chemotherapie im Stadtge- fangnis und im Allgemeinen Krankenhaus von Washington D. C., wah- rend er auf den ProzeB im Verfahren wegen ,Verschworung zum Wi¬

derstand* (Resistance Conspiracy Case) wartet. Diese Behandlung ist schon unter den besten Umstanden schwierig; die MiBhandlung, der Druck und der StreB der Gefangenschaft machen es entschieden schlimmer. Alans Uberlebenschancen waren wesentlich besser, wenn er nicht im Knast ware . . .

Tim Blunk, ein anderer Gefangener in dem Resistance Conspiracy Case, schreibt zu Alans momentaner Verfassung: ,Alans psychische Verfassung ist sehr gut . . . Die Chemotherapie macht ihn sehr miide und verursacht ein konstantes Gefuhl von Ubelkeit. Er sagt, daB er to¬

tal schnell an Muskelmasse verliert, und wegen der Ubelkeit ist es ein Kampf, sein Gewicht zu halten. Die anderen Auswirkungen der Che¬

motherapie beinhalten Muskelzittern, Schlaflosigkeit, und er fiihlt sich oft ,iiberdreht‘. Das Hauptproblem, von dem er erzahlt, ist seine Unfa- higkeit, sich zu konzentrieren — er kann nicht langer als fiinf Minuten am Stuck lesen, was fiir Alan nur schwer auszuhalten ist. Ungliickli- cherweise werden sich all diese Symptome mit der Fortdauer der Be¬

handlung verschlimmern, und neue Probleme, die mit der Schadigung des Immunsystems durch die Chemotherapie zusammenhangen, wer¬

den auftreten. Wir konzentrieren uns jetzt auf den Aspekt der beding- ten Strafaussetzung (parole) in der Kampagne . .

Briefe oder Telegramme mit der Forderung nach Freilassung sollen an folgende Adresse geschickt werden:

US Parole Commission, Air World Center, Suite 220, 10920 Ambassa¬

dor Dr., Kansas City, No. 64/53, attention: Irma Huseman, case ana¬

lyst.

Alan freut sich sehr iiber Post; hier seine Adresse:

Alan Berkman, 1901 ,,D“ St SE, Washington, D. C. 20003, USA.

(Zur Situation von Alan Berkman vgl. auch Angehorigen-lnfo Nr. 40, 41 und 42)

Aktuelles international

Aufruf zur Internationalen Aktionswoche vom 1.-7. Juli 1990

Rettet das Leben von Mumia Abu-Jamal!

Stoppt die rassistischen ,,legalen“ Lynchmorde!

Weg mit der Todesstrafe!

Solidarity mit alien politischen Gefangenen in den USA!

Mumia Abu-Jamal, schwarzer Journalist und politischer Aktivist gegen den Rassismus in den USA, sitzt nach wie vor in der Todeszelle.

Am 3. Juli 1990 jahrt sich zum achten Mal jener Tag, an dem er zum Tod durch den elektrischen Stuhl verurteilt worden ist. Im Juli ist auch der Jahrestag der Wiederinkraftsetzung der Todesstrafe, die von

1972-76 vom Obersten Gerichtshof der USA ausgesetzt worden war.

In alien Landern, in denen bislang die Kampagne fiir Mumia Abu-Ja¬

mal gegen die Todesstrafe mitgetragen worden ist, wird deshalb fur die erste Juliwoche zum breitestmoglichen Protest aufgerufen. Mumia Abu-Jamal muB sofort raus aus der Todeszelle!

Mumia Abu-Jamal war Ende der 60er Jahre Mitglied der Black Pan¬

ther Party. Als die Schwarzenbewegung spater vom FBI zerschlagen worden war, arbeitete er als freier Journalist fiir schwarze Zeitungen und Radiosender. Weil er in seiner Arbeit immer engagiert und kritisch

(7)

Partei fur die Unterdriickten und gegen Rassismus und die Arroganz des weiBen Amerika ergriff, war er schon bald als Voice of the voice¬

lessim ganzen Land bekannt. Seine Kolleglnnen wahlten ihn deshalb 1980 zum Prasidenten der Vereinigung schwarzer Journalistlnnenvon Philadelphia.

Aber in der Stadtverwaltung und Polizeifiihrung Philadelphias hatte er sich im Laufe von mehr als zwanzig Jahren politischen Engagements Feinde gemacht, wurde verfolgt und offentlich als Staatsfeind gehan- delt. Die Hetzkampagne gegen Jamal erreichte ihren Hohepunkt, als er wegen seiner Artikel indirekt fur den Tod eines Polizisten verantwort- lich gemacht wurde, der bei einer Razzia erschossen worden war — von den eigenen Kollegen, wie sich spater herausstellte.

In dieser aufgeheizten Atmosphare geriet er im Dezember 1981 in eine Auseinandersetzung zwischen weiBen Polizisten und Schwarzen, an deren Ende Jamal durch eine Polizeikugel schwer verletzt und ein Polizist getotet wurde. Eine Waffe wurde nie gefunden, und die Tater- beschreibungen von Zeugen paBten nicht auf Jamal. Und doch wurde er als der einzige Mordverdachtige verhaftet. Der ProzeB, der im Som¬

mer 1982 folgte, war gekennzeichnet von Unrecht und Rechtsbeugung.

Am Ende wurde Jamal von einer aus elf WeiBen und einem Schwarzen bestehenden Geschworenenjury zum Tode verurteilt. Die letzten Skru- pel bei der Jury hatte der Staatsanwalt ausgeraumt, als er behauptete, Jamal werde nicht hingerichtet, er konne ja ,,Berufung nach Berujung nach Berufung“ einlegen.

Die Wirklichkeit sieht aber anders aus: Unser Dringender Aufruf vom September 1989 hatte zum AnlaB, daB der Oberste Gerichtshof von Pennsylvania am 6. Marz 1989 das Todesurteil gegen Mumia Abu- Jamal bestatigt hatte. Mittlerweile hat dieses Gericht Jamals Antrag, sich erneut mit seiner Berufung zu befassen, am 26. Januar 1990 zu- riickgewiesen und ihn damit dem elektrischen Stuhl einen Schritt naher gebracht. Der Unterzeichnung des Hinrichtungsbefehls durch Gouver- neur Casey steht kaum noch eine Hindernis entgegen. Jamal hat jetzt nur noch die Moglichkeit, seinen Fall vor das Bundesberufungsgericht zu bringen.

Ungeachtet der juristischen Formalien kann eine Aufhebung des To- desurteils Oder seine Umwandlung in eine Haftstrafe nur dadurch er- reicht werden, daB internationaler Druck den Verantwortlichen diese Entscheidung aus Grunden politischer Opportunist aufzwingt. Denn

„Recht“ ist nach Jamals Erfahrungen der letzten acht Jahre nicht mehr zu erwarten.

Gouverneur Robert Casey wirbt fur Pennsylvania mit dem Slogan ,,Amerika heginnt hier“. Verhindern wir, daB Casey in Pennsylvania damit beginnt, die Todesstrafe in den USA an politischen Dissidenten vollstreckbar zu machen!

In den USA hat sich der Rassismus drastisch verscharft und eine At¬

mosphare erzeugt, in der die ,,legale“ Lynchjustiz gegeniiber schwar¬

zen Insassen der Todesstrafe zunimmt. In den letzten Monaten mehren sich die Meldungen fiber Hinrichtungen. Eine Gesetzesinitiative des Justizausschusses unter Leitung des friiheren Bundesrichters Lewis F.

Powell verfolgt das Ziel, die Zeitspanne zwischen Verurteilung und Vollstreckung der Todesstrafe auf zwei Jahre zu beschranken — ,,weil den Gefangenen jahrelanges Warten nicht zugemutet werden kann‘\

wie es zynisch heiBt.

Mumia ist in konkreter Lebensgefahr. Auch deshalb, weil er sich un- beugsam zeigt und mit seinen in vielen Zeitungen veroffentlichten Ko- lumnen ,,Aus dem Todestrakt“und mit anderen Beitragen aus der Haft heraus immer wieder zu Wort meldet und auf die Seite der Unterdriick- ten stellt.

Es ist jetzt an der Zeit, den Scharfrichtern in den Arm zu fallen und der Forderung nach sofortiger Aufhebung des Todesurteils gegen Mu¬

mia Abu-Jamal offentlich und uniiberhorbar Ausdruck zu verleihen!

Alan Berkman, nordamerikanischer politischer Gefangener, der Ja¬

mal kennengelernt hat, dazu:

„Ich hatte eine Vision. Ich sah Mumia mit geschorenem Kopf, sah vor mir, wie seine hraune Haut verkohlt und seine Augen weifi wurden, als der elektrische Strom Feuer durch seinen Korper jagte.

Das ist Elektrikution. Das ist der Tod, der tiber 2 000 Menschen in den Vereinigten Staaten droht.

An diesem Tag mit Mumia in der Zelle habe ich mir geschworen, al- les mir Mogliche zu tun, um zu verhindern, dafi diese Vision Wirklich¬

keit wird. Bitte schliefit Euch alle zu einer Kraft zusammen, die Gerech- tigkeit fur Mumia erkdmpft und die US-Regierung zwingt, mit dem staatlich sanktionierten Morden aufzuhoren. Freiheit fur Mumia Abu- Jamal! Schlufi mit der Todesstrafe !“

Wir rufen zu regionalen und lokalen Protestaktionen vor Vertre- tungen und Einrichtungen der USA auf. Bedenkt dabei, daB am 4.

Juli in den USA der Unabhangigkeitstag gefeiert wird und dann auch

alle Vertretungen in der BRD geschlossen sind.

Sorgt dafur, daB die hier anwesenden US-Medien von den Prote- sten erfahren.

Schickt wahrend dieser Woche konzentriert Telegramme und Protestschreiben an Gouverneur Casey und die US-Botschaft (auch wenn Ihr das schon einmal getan habt).

Schickt GriiBe an Mumia!

Sammelt weiterhin Unterschriften unter die Petition an Gouver¬

neur Casey und unter unseren Aufruf ,,Sofortige Aufhebung des To¬

desurteils !“

Sammelt Spenden!

Setzt Euch wegen Infomaterial und zum Zwecke der Koordination mit Agipa-Press in Verbindung.

Die Kampagnenzeitung erscheint ab Mitte Juni.

Der Film ,,14 Tage im Mai“liber die letzten zwei Wochen im Leben des Schwarzen Edward Earl Johnson, der 1987 hingerichtet worden ist, kann als VHS-Video (90 Min.) bei uns ausgeliehen werden (gegen eine Sicherheitsiiberweisung von 50 DM auf unser Konto — wovon Ihr 30 DM nach Riicksendung zuruckbekommt, der Rest ist Porto und Spende).

Schickt uns nach der Aktionswoche Zeitungs- und Aktionsberichte, damit wir einen Uberblick in die USA vermitteln konnen.

Amerika Gegeninformationspresse (Agipa-Press), Eichenberger Str.

53, FRG-2800 Bremen 1, Tel.: 0421/354029, Fax 0421/74219 (Ver- merk: fur Agipa) (Kampagnen-Biirozeiten: Mo 15-18 Uhr, Mi 15-18 und 20-22 Uhr, Sa 12-14 Uhr)

Spendenkonto: Agipa-Press, BfG Bremen Nr. 1005877600, BLZ 29010111 (Stichwort „Jamal4 ‘ oder „Video44)

Mumia Abu-Jamal, AM-8335, Drawer R, Huntingdon, PA 16652

,

USA

Partisan Defense Committee, P.O. Box 99, Canal Street Station, New York, NY 10013,USA

Governor Robert Casey, Main Capitol Building, Room 225, Harris¬

burg, PA 17120, USA

Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika, Deichmanns Aue 2, 5300 Bonn 1,Tel.: 0228/399-1

Als einer der ersten Initiativen, die den Internationalen Aufruf aufge- griffen hat, ruft das Komitee fur soziale Verteidigung Hamburg/KfsV

(Tel: 040/323644)zu Kundgebungen in Hamburg und Berlin auf:

Dienstag, 3. Juli, 16 Uhr

USA-Generalkonsulat, Alsterufer 27-28, Hamburg USA-Botschaft, Neustadtische Kirchstr. 4-5, Berlin, DDR

Politisch Verantwortliche in der Tiirkei erschossen

Zwei wichtige ehemalige Funktionare der Ozal-Regierung wurden letz- te Woche in Istanbul am hellichten Tag von Mitgliedern der Organisa¬

tion ,,Devrimci Sol44 (Revolutionare Linke) erschossen. Es handelt sich um den 59jahrigen ehemaligen Militarrichter Durmus Aksen und um den ehemaligen Funktionar der politischen Polizei in Istanbul, Muhsin Bodur. Die Verantwortung fur die ErschieBung des politischen Polizisten wurde auch von der Organisation Tikko iibernommen (Tikko ist die Arbeiter- und Bauernbefreiungsarmee der Tiirkei).

Der Militarrichter war zwischen 1982 und 1986 bei der Kriegs- rechtskommandantur in Istanbul tatig. ,,Als Verantwortlicher fiir die Ermordung von vier politischen Gefangenen im Jahre 1984 wahrend des damaligen Todesfastens in Istanbul wurde er44, so die Erklarung des militarischen Arms von Dev Sol vom 12.6.90, ,,mit dem Tode be- straft.44

Der ehemalige politische Polizist Muhsin Bodur arbeitete im Istanbu- ler Folterzentrum Gayrettepe. Er gait laut tiirkischer Presse als ,,erfah- rene Person fur Verhormethoden44. Bei seiner Beerdigung sollen seine Kollegen gerufen haben: ,,Dein Blut wird nicht vergessen.44 Entgegen eines Verbotes trugen sie seine Leiche erst zum beriichtigten Polizei- folterzentrum Gayrettepe, und danach brachten sie sie in seine Heimat- stadt Manisa.

Als Reaktion hierauf wurde vom Istanbuler Staatssicherheitsgericht ein Verfahren eingeleitet, in dem das sofortige Verbot des Angehori- genvereins der politischen Gefangenen, TAYAD, und die Verurteilung seiner Mitglieder zu Haftstrafen zwischen drei und ffinf Jahren gefor- dert wird. Wie iiblich richten sich die Vergeltungsaktionen des tiirki- schen Staates in erster Linie gegen den legal arbeitenden Angehorigen- verein und gegen die Gefangenen von Dev Sol im Knast, die in solchen

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Fallen offen als Geiseln benutzt werden. Diesmal wurden sie bei dem ProzeB vor den Augen ihrer Angehorigen von den Soldaten schwer zu- sammengeschlagen.

Eine Woche vor der ErschieBung des Militarrichters und des politi- schen Polizisten war von Dev Sol ein ehemals wichtiges Miglied der linken Organisation MLSP-B erschossen worden, weil er „ausge- packt“ hatte und durch seine Erklarung viele festgenommen und ange- klagt worden waren. Dev Sol hierzu: ,,Die Verrater werden fruher oder spater zur Rechenschaft gezogen werden .“

Die Devrimci Sol hatte in diesem Jahr in Istanbul bereits einen Poli¬

zisten erschossen, der fur den Tod eines 18jahrigen Demonstranten bei der 1. Mai-Demo letzten Jahres verantwortlich war und hatte daruber hinaus verstarkt Angriffe gegen staatliche und industrielle Einrichtun- gen gemacht aus Protest gegen die Massaker in Kurdistan Mitte Mai.

So gab es Bombenanschlage auf insgesamt sieben Polizeiwachen, eine Gendarmerie-Kommandantur, eine Kaserne und ein US-Computerzen- trum (ORPA) in Istanbul.

All das widerspricht der offiziellen Regierungsversion, es sei „auBer den separatistischen Guerillaaktionen“ in Kurdistan ansonsten in der Tiirkei „alles unter Kontrolle“.

Die Urteilsverkundung im ProzeB gegen 1243 Dev Sol-Angeklagte ist erneut verschoben worden, diesmal auf den 29.6.90. Ein Film zum ProzeB mit Aufnahmen aus dem Gerichtssaal und Interviews mit den Gefangenen ist auszuleihen fiber: MPZ, Thadenstr. 130a, 2000 Ham¬

burg 50, oder TAYAD-Solidaritatskomitee, c/o Cafe und Buch, Hol- stenstr. 186, 2000 Hamburg 50.

Der Protesthungerstreik gegen das repressive Dekret Nr. 413 von fiber 1000 Gefangenen in verschiedenen Knasten der Tiirkei und Kur¬

distan (siehe Angehorigen-lnfo Nr. 42) ist nach drei Wochen beendet worden.

(Informationen von TAYAD-Solidaritatskomitee)

Aktuelles aus den Knasten

Diisseldorf. Der irische politische Gefangene Gerry Hanratty wurde kiirzlich von Kaisheim/ Bayern nach Diisseldorf verlegt. Dort hat er jetzt gemeinsamen Hofgang mit dem kurdischen politischen Gefange¬

nen Ali Kay tan. In Diisseldorf beginnt am 16.8. der ProzeB gegen die beiden Iren, der vorerst bis Mitte Oktober terminiert worden ist. Der andere Ire, Gerry McGeough, rechnet mit seiner Verlegung nach Wup¬

pertal in der nachsten Zeit. Die Postadresse fur beide bleibt dieselbe, namlich: c/o 6. Strafsenat beim OLG Diisseldorf, Cecilienallee 3, 4000 Diisseldorf 30.

Ankiindigungen

Veranstaltungen, Demonstrationen

Koln. 21.6., 20 Uhr, WeiBhausstr. 20, Vorbereitungstreffen, Informa¬

tionen und Diskussion zur Veranstaltung mit den Angehorigen der po¬

litischen Gefangenen und einem ehemaligen Gefangenen aus Spanien in Hamburg und Frankfurt.

Frankfurt. 23.6., 18 Uhr, KOZ (Studentenhaus Jiiggelstr., gegeniiber Uni-Hauptgebaude), Zentrale Diskussionsveranstaltung zum Hunger- streik der Gefangenen aus PCE(r) und GRAPO mit Angehorigen der spanischen politischen Gefangenen und einem ehemaligen Gefangenen.

Hamburg. 24.6., 18.30 Uhr, Martin-Luther-King Haus, Grindelallee 9, Zentrale Diskussionsveranstaltung zum Hungerstreik der Gefange¬

nen aus PCE(r) und GRAPO mit Angehorigen der spanischen politi-

21.6.1990

schen Gefangenen und einem ehemaligen Gefangenen.

Heimsheim (zwischen Pforzheim und Stuttgart, in der Nahe der Auto¬

bahn A8, Ausfahrt Heimsheim). 30.6., 11 Uhr, Marktplatz, Kundge- bung zum Knastneubau, anschlieBend Demo zum Knastneubau und Kundgebung auch dort an der Mauer. Power durch die Mauer, bis sie bricht.

Hamburg. / Ostberlin. Internationale Aktionswoche vom 1.-7. Juli

„Rettet das Leben von Mumia Abu-Jamal! Stoppt die rassistischen ,le- galen‘ Lynchmorde! Weg mit der Todesstrafe! Solidarity mit alien po¬

litischen Gefangenen in den USA!“ Als eine der ersten Initiativen, die den internationalen Aufruf aufgegriffen hat, ruft das Komitee fur sozia- le Verteidigung Hamburg (Tel.: 040/323644) zu Kundgebungen in Hamburg und Ostberlin auf: Hamburg, 3.7., 16 Uhr, USA-General- konsulat, Alsterufer 27-28; Ostberlin, 3.7., 16 Uhr, USA-Botschaft, Neustadtische Kirchstr. 4-5.

Wuppertal. 10.7., 11 Uhr, TaG Kino an der Gathe, Infoveranstaltung zum Hungerstreik der Gefangenen aus GRAPO und PCE(r) mit dem Video von der „Commune Karl Marx“ und aktuellen Informationen zum Hungerstreik.

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Info zum ProzeB um den Brandanschlag auf die Borse gegen Gabi Hanka, Sigrid Happe, Sven Schmid und Stephan Feifel, Mai 90, Nr.

3/4, bei Bestellung 3 DM (Heft plus 0.50 DM Versand/Porto) in Briefmarken, iiber: ProzeBinfo, c/o Zentrum, Hinter der Schonen Aus- sicht 11a, 6000 Frankfurt/M. 1.

Palastina Info 10/11, Doppelnummer, Schwerpunkte sind die aktuelle Situation der Intifada und die Diskussion um die massenhafte Einwan- derung sowjetischer Juden nach Israel/Palastina. Zur Auswertung des Palastina Kongresses Anfang Marz in Hamburg werden Ergebnisse, Protokolle der Arbeitsgruppen, Einschatzungen und Kritik dokumen- tiert. Preis: 5 DM, zu beziehen uber: Freundlnnen des palastinensi- schen Volkes e. V., Postfach 304145, 2000 Hamburg 36.

Informationsblatt zur Situation von Ali Jansen und zur Situation der haftunfahigen politischen Gefangenen, zu beziehen fiber: Initiative im Gesundheitswesen, c/o Frauengesundheitszentrum, Hamburger Allee 45, 6000 Frankfurt/M. 90.

„Europol — Die Bullen greifen nach den Sternen: Europaische Ge- meinschaft der Inneren Sicherheit“, u.a. mit der erstmaligen Verof- fentlichung der Schengener Vertrage. Herausgeber: Burger kontrol- lieren die Polizei (Bremen), CILIP — Burgerrechte und Polizei (Ber¬

lin), StraBenmedizin — Mitteilungsblatt der Sanitatergruppen (Hamburg). Preis: 8,50 DM plus 1,50 DM Porto, zu beziehen uber:

Redaktion StraBenmedizin, c/o BUU, Hohenesch 63 (Hinterhaus), 2000 Hamburg 50.

„Repression in der Provinz“, Dokumentation zur Kriminalisierung, Isolierung und Spaltung des antifaschistischen Widerstands in Kon¬

stanz. Inhalt: Chronologie des antifaschistischen Widerstands seit 1985, Dokumentation der Kriminalisierung und der Prozesse, Inter¬

view mit Rechtsanwalt Michael Moos (Freiburg), Einschatzungen zum Verhaltnis von biirgerlicher Politik und faschistischer Formierung, Rechtshilfetips. Zu beziehen ist die 40seitige Broschure fur 3,60 DM (in Briefmarken, sechs Stuck fur 20 DM, nur gegen Vorkasse!) beim Antifa-Komitee, Postfach 1314, 7750 Konstanz.

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ziehen fiber: Amerika Gegeninformationspresse (Agipa-Press), Ei- chenberger Str. 53, 2800 Bremen 1, Tel.: 0421/354029.

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16 ,

Tel.: (040) 2204278. Bestellungen: GNN-Verlag, Postfach 260226, Zulpicher Str. 7, 5000 Koln 1, Tel. (0221) 21 1658. Einzelpreis:

0,80 DM. Ein Halbjahresabonnement kostet 26,-, Buchladen, Infoladen und sonstige Weiterverkaufer erhalten bei einer Bestellung ab 3 Stuck 30% Rabatt, ab 10 Stuck das Heft zu 0,50 DM und ab 50 Stuck zu 0,40 DM, jeweils plus Versandkosten. Bei Bestellungen bitte Ein- zugsvollmacht beifiigen oder Uberweisung auf eines der folgenden Verlagskonten: BfG Koln, BLZ 370101 11, Kto Nr 1144393600 oder Postgiroamt Koln, BLZ 37010050, Kto.Nr. 10419-507. - Druck: Farbo Druck & Grafik Team GmbH, Koln.

Eigentumsvorbehalt: Nach diesem Eigentumsvorbehalt ist das Angehorigen-lnfo so lange Eigentum des Absenders, bis es dem Gefangenen ausgehandigt wird. „Zur-Habe-Nahme“ ist keine Aushandigung im Sinne des Vorbehalts. Wird das Info dem Gefangenen nicht personlich ausgehandigt, ist es dem Absender mit dem Grund der Nichtaushandigung zuriickzuschicken.

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