• Keine Ergebnisse gefunden

Soziale Kompetenz in der Physiotherapie- Ausbildung: eine praxisorientierte Analyse eines Jahrganges der FH Campus Wien

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Soziale Kompetenz in der Physiotherapie- Ausbildung: eine praxisorientierte Analyse eines Jahrganges der FH Campus Wien"

Copied!
193
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Soziale Kompetenz in der Physiotherapie- Ausbildung: eine praxisorientierte Analyse eines

Jahrganges der FH Campus Wien

Social competences in the academic training of physiotherapy: a case study at the FH Campus Wien

Masterarbeit

Zur Erlangung des akademischen Grades

Master of Science in Physiotherapy

der Fachhochschule FH Campus Wien

Masterlehrgang: Advanced Integrative Health Studies

Vorgelegt von:

Katarina Sadovnik

Personenkennzeichen:

C1340025003

ErstbetreuerIn / ErstbegutachterIn:

Dr.in Christina Hager

ZweitbetreuerIn / ZweitbegutachterIn:

Christine Stelzhammer, MSc.

Eingereicht am:

16. 05. 2018

(2)

Erklärung:

Ich erkläre, dass die vorliegende Bachelorarbeit / Masterarbeit von mir selbst verfasst wurde und ich keine anderen als die angeführten Behelfe verwendet bzw. mich auch sonst keiner unerlaubter Hilfe bedient habe.

Ich versichere, dass ich diese Bachelorarbeit / Masterarbeit bisher weder im In- noch im Ausland (einer Beurteilerin/einem Beurteiler zur Begutachtung) in irgendeiner Form als Prüfungsarbeit vorgelegt habe.

Weiters versichere ich, dass die von mir eingereichten Exemplare (ausgedruckt und elektronisch) identisch sind.

Datum: ... Unterschrift: ...

(3)

Vorwort

An dieser Stelle möchte ich mich bei all jenen bedanken, die mich während der Anfertigung dieser Masterarbeit unterstützt und motiviert haben.

So geht mein Dank zunächst an meine Familie und an meine Kolleginnen, die mir in dieser Zeit in jeglicher Form zur Seite standen.

Für die Betreuung der vorliegenden Masterarbeit, ihr Verständnis und ihre stets beruhigenden Worte möchte ich mich bei Drin Christina Hager bedanken.

Ein besonderer Dank gilt allen Studierenden meiner Befragung, ohne deren Informations- und Hilfsbereitschaft diese Arbeit nicht entstehen hätte können – ich bin beeindruckt von Ihrer Weiterentwicklung!

Schlussendlich möchte ich mich ganz herzlich bei Drin Celine Wawruschka, aber auch bei Maga Karin Bischof und Dipl. Med.-Päd. Franziska Höhne für ihre Zeit, ihr Wissen und ihre Hilfe bei der Erstellung der Masterarbeit bedanken! Ohne euch würde die Arbeit nicht in dieser Form vorliegen.

(4)

Kurzfassung

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der beobachtbaren Weiterentwicklung der sozialen Kompetenzen von Physiotherapiestudierenden der FH Campus Wien. Um den Anforderungen des Berufes gerecht zu werden, vermittelt der Bachelorstudiengang Physiotherapie neben Fach- und Methodenkompetenz auch Sozialkompetenz. Da soziale Fähigkeiten und Fertigkeiten nur am kompetenten Handeln erkennbar werden, stellt sich die Frage, wie sich eine Weiterentwicklung der sozialen Kompetenz durch die intendierte Förderung im Physiotherapiestudium zeigt.

Einem qualitativem „Mixed-Method“-Forschungsdesign entsprechend, wurde eine Fragebogenerhebung unter 69 Studierenden des Jahrganges PT18 sowie Interviews mit sechs dieser Studierenden am Ausbildungsende und acht Lehrenden des Studienganges Physiotherapie durchgeführt.

Das Ziel der Arbeit war es darzustellen, inwiefern die Studierenden ihre sozialen Kompetenzen im Laufe des Physiotherapiestudiums verändern konnten und woran eine Weiterentwicklung aus Sicht der Studierenden und der Lehrenden erkennbar ist.

Zusammenfassend konnte festgestellt werden, dass es bei den Studierenden zur deutlichen Steigerung in 42 sozialen Kompetenzen kam, was sich in weiterer Folge in einem selbstbewussteren Verhalten der Studierenden, einem selbstsichereren Umgang mit unterschiedlichen Menschen, im Auftreten und der Selbstpräsentation der Studierenden zeigte. Darüber hinaus konnte eine Weiterentwicklung an Veränderungen der Körperlichkeit, verbesserte manuelle Fähigkeiten, ein strukturiert prozesshaftes Vorgehen beim physiotherapeutischen Handeln sowie eine gesteigerte Selbstreflexionsfähigkeit ausgemacht werden. Schließlich verfügen die Studierenden am Ausbildungsende über erweiterte Kompetenzen im Bereich der Kommunikation, im Geben und Annehmen von Feedback bzw. Kritik und können allgemein in Konfliktsituationen besser agieren.

(5)

Abstract

This master thesis addresses the acquirement and extension of social competences (i.e.

interpersonal skills) in the course of the physiotherapy education at the University of Applied Sciences, Vienna, Austria (FH Campus Wien). As social competences manifest in practice only, this thesis focuses on the question to what extent the development of social competences may be enhanced by deliberate support during the education.

In order to collect relevant data to answer this question, I applied a mixed method research consisting of data stemming from a quantitative survey among 69 students of the 2018 class, qualitative interviews with six students of the graduating class and eight lecturers.

The results showed that students distinctly increased 42 social competences. This increase led on to a steadier self-confident attitude of the students in general as well as in the contact with diverse groups of clients. Moreover, the students were able to improve their manual abilities, to organize their physiotherapeutic processes, to enhance their self- reflexive capacities and to elaborate their skills to detect physical changes. Besides the improvement of social competences, the graduates could refine their communicational skills, the practice of constructive criticism and their attitude towards conflict.

(6)

Abkürzungsverzeichnis

FHCW Fachhochschule Campus Wien EQR europäischen Qualifikationsrahmen v.a. vor allem

bzw. beziehungsweise z.B. zum Beispiel

IP Interviewpartner*in Studierende IPL Interviewpartner*in Lehrende

(7)

Schlüsselbegriffe

Physiotherapieausbildung Soziale Kompetenzen

Qualitative und Quantitative Umfrage

(8)

Inhaltsverzeichnis

1 EINLEITUNG ... 10

1.4 Schlüsselkompetenz ... 16

1.5 Sozialkompetenz ... 17

1.6 Kompetenzklassen ... 18

2 ZENTRALE FRAGESTELLUNG ... 20

3 ZIEL DER ARBEIT... 22

4 METHODE ... 23

4.1 Befragung der Lehrenden... 23

4.2 Befragung der Studierenden ... 24

4.3 Einschluss- und Ausschlusskriterien ... 24

4.4 Ethische Überlegungen ... 25

4.5 Auswertung der Daten ... 25

5 AUSMAß DER WEITERENTWICKLUNG DER SOZIALEN EIGENSCHAFTEN UND FÄHIGKEITEN VON STUDIERENDEN ... 27

6 ERKENNBARE KOMPETENZEN DURCH DIE WEITERENTWICKLUNG SOZIALER EIGENSCHAFTEN,FÄHIGKEITEN UND FERTIGKEITEN VON STUDIERENDEN ... 30

6.1 Auftreten und Selbstpräsentation ... 32

6.1.1 Veränderungen von Körperhaltung und -ausdruck ... 34

6.1.2 Reife und Präsenz im Auftreten ... 36

6.1.3 Präsenz und Berufsidentifikation ... 38

6.2 Verhalten im Umgang mit anderen Menschen ... 40

6.3 Umgang mit Patient*innen ... 45

6.3.1 Vorurteilsfreiheit ... 46

6.3.2 Umgang mit Patient*innen unterschiedlichen Alters ... 47

6.3.3 Differenzierte Empathie-Fähigkeit und soziales Verhalten ... 48

6.4 Umgang mit Lehrenden ... 50

6.5 Umgang mit Studienkolleg*innen ... 51

6.6 Arbeiten im Team ... 52

6.7 Umgang mit der eigenen Person ... 55

6.7.1 Umgang mit der eigenen Person bei Stress ... 57

6.7.2 Abgrenzungsfähigkeiten ... 58

6.8 Physiotherapeutisches Handeln ... 59

6.9 Umgang mit Körperlichkeit ... 63

6.10 Manuelle Fähigkeiten und Berührung ... 64

(9)

6.11 Kommunikation ... 66

6.11.1 Kontaktaufnahme... 67

6.11.2 Art zu Kommunizieren ... 68

6.11.3 Ausdrucksfähigkeit und Wortschatz ... 69

6.11.4 Anpassen der Kommunikation an das Gegenüber ... 70

6.11.5 Diskussionsfähigkeit ... 71

6.11.6 Leitung in Gesprächen ... 72

6.11.7 Fragen stellen ... 72

6.11.8 Zuhören ... 73

6.11.9 Vermitteln von Vertrauen ... 73

6.12 Kritikfähigkeit ... 74

6.13 Konfliktfähigkeit ... 75

6.14 Reflexionsfähigkeit ... 76

6.14.1 Reflexion der eigenen Handlungen ... 77

6.14.2 Reflexion der eigenen Defiziten ... 78

6.14.3 Reflexion von Erfahrungen ... 78

6.15 Feedback von außen ... 79

7 DISKUSSION ... 81

7.1 Interpretation der Ergebnisse ... 81

7.2 Kritische Betrachtung der methodischen Vorgehensweise ... 83

7.3 Beantwortung der Fragestellung... 85

7.4 Conclusio und Ausblick ... 86

LITERATURVERZEICHNIS ... 88

ABBILDUNGSVERZEICHNIS ... 93

ANHANG ... 94

(10)

1 Einleitung

.Aktuelle gesundheitspolitische Forderungen stellen Gesundheitsberufe zukünftig vor neue Anforderungen und erfordern eine stete Anpassung ihrer Qualifikation und Qualitätssicherung. Damit konform gehen Veränderungen im europäischen Hochschulwesen, die das Ziel verfolgen, hochschulische Bildungseinrichtungen zu europäisieren und internationalisieren sowie die Professionalisierung der Berufsausbildungen und Berufsausübung zu gewährleisten (BMGF, 2016).

Zur Verbesserung der effektiven Leistung von europäischen Hochschulen wurden deren Curricula an einen vorgegebenen europäischen Qualifikationsrahmen (EQR) angepasst und die Ausbildungsinhalte auf die Entwicklung des „Können“ von Lernenden ausgerichtet (BMWFW, 2016). Um diesem Bildungsparadigma zu entsprechen, orientieren sich die Hochschulen an den vier Säulen des Kompetenzerwerbs (Klieme, 2004) Fach-, Methoden-, Personal- und Sozialkompetenz. Auch das Curriculum des Bachelor-Studienganges Physiotherapie der Fachhochschule Campus Wien (FHCW) bezieht sich auf diese, wodurch die Studierenden im Laufe des Studiums eine umfassende berufliche Handlungskompetenz aufbauen können (FHCW, Studiengang Physiotherapie 2016), die sich an den Anforderungen des beruflichen Alltags von Physiotherapeut*innen orientiert und auf unterschiedlichen Niveaus gefördert wird.

Der österreichische Bundesverband für Physiotherapeut*innen Physio Austria erstellte 2015 in Anlehnung an den EQR ein nationales Kompetenzprofil für Physiotherapeut*innen erstellt, das zur Beschreibung der Bildungsabschlüsse Kompetenzen und Lernergebnisse aufzeigt, welche den verschiedenen Rollen von Physiotherapeut*innen zugeordnet wurden.

Für den Kompetenzerwerb im Grundstudium Physiotherapie müssen für jede Kompetenz Lehr- und Lernziele formuliert und die Erreichung der Ziele anhand von definierten Lernergebnissen überprüft werden. Über welche Kompetenzen und welche Lernziele die Studierenden in welchem Ausmaß verfügen, müssen mit Leistungsnachweisen transparent gemacht werden (Bachmann, 2014). Die Definition, Beschreibung, Entwicklung und Messung von Kompetenzen, Qualifikationen, Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie Lernergebnissen gestaltet sich lt. aktueller Literatur schwierig:

Abhängig von der fachspezifischen Perspektive finden sich in der Literatur zahlreiche Begriffs-Überschneidungen für den Kompetenzbegriff, wie etwa „Schlüsselqualifikation“,

„Qualifikation“, „Schlüsselkompetenz“ und „Kompetenz“ (Heyse & Giger, 2015). Auch innerhalb eines Fachbereiches, z.B. den Erziehungswissenschaften, lassen sich die

(11)

Begriffe inhaltlich nicht immer trennscharf voneinander abgrenzen. Für ein besseres Verständnis der vorliegenden Arbeit werden in den folgenden Kapiteln diese Begriffe definiert.

1.1 Qualifikation

Unter Qualifikationen werden die unmittelbar tätigkeitsbezogenen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten einer Person verstanden (Heyse & Giger, 2015), welche für eine berufliche Befähigung vorausgesetzt werden und zur Berufsausübung berechtigen (Siebert, 2012). Sie sind verwendungsgebunden (Arnold, 2010 zit. nach Siebert, 2012), orientieren sich deshalb an der Erfüllung bestimmter vorgegebener Arbeitsaufgaben und befähigen eine Person berufsspezifische Tätigkeiten und Aktivitäten auszuüben, welche notwendig sind, um ein vorgegebenes Ziel zu erreichen (Schaeper, 2004; Siebert, 2012;

Heyse & Giger, 2015). Im Hinblick auf schulische oder berufliche Ausbildung sind Qualifikationen zertifizierte Ergebnisse, in der eigenständige Aneignung durch und Erfahrungen von Individuen eine untergeordnete Rolle spielen (Heyse & Erpenbeck, 2007). Sie stellen als berufsbezogene Fähigkeiten ein Spezialwissen dar, welches schnell veraltet und nur eine geringe Reichweite hat, da die Qualifikationen Erneuerungen in den einzelnen Berufswelten kaum überdauern (Graichen, 2000).

Durch die sich immer schneller verändernden Tätigkeitsanforderungen und Qualifikationsprofile in der Berufswelt und die immer kürzer werdende Halbwertszeit von berufsspezifischem Faktenwissen (Reetz, 1990; BMWFW, 2016) sind besonders fachbereichs- und berufsübergreifende Qualifikationen von Relevanz. Diese ganzheitliche Befähigung ermöglicht es einer Person - allein oder in Zusammenarbeit - ihr Wissen und Können zu transferieren (Klieme, 2014) und an wechselnden Anforderungen (Funktionen, Positionen und Situationen) anzupassen, um die Aufgaben auf Dauer erfolgreich erfüllen zu können (Lang, 2000). Die ganzheitliche Befähigung ermöglicht Individuen eine Arbeitsmarktfähigkeit (Schaerper, 2004) sowie berufliche Flexibilität und Mobilität – was schlussendlich auch das Ziel einer Qualifikation darstellt (Lang, 2000).

1.2 Schlüsselqualifikation

Für die Erfassung der Gesamtheit an fachspezifischen und überfachlichen Qualifikationen hat sich im (Aus-)Bildungsbereich der Begriff der Schlüsselqualifikation durchgesetzt (Siebert, 2012). Laut bildungswissenschaftlichen und -politischen Diskussionen stellen

(12)

Schlüsselqualifikationen die eigentlich wesentlichen Resultate schulischer und beruflicher (Aus-)Bildung dar (Klieme, Stanat, & Artelt, 2014).

Schlüsselqualifikationen sind - ähnlich wie Qualifikationen - funktional und bedarfsorientiert ausgerichtet, da sie von den Anforderungen der Arbeits- und Lebenswelt abgeleitet werden (Schaeper, 2004). Im Gegensatz zu Qualifikationen sind sie weniger situations- und arbeitsplatzbezogen, sondern eher persönlichkeitsbezogen definiert (Lang, 2000; Reetz, 1990).

Erwerb und Anwendung von Schlüsselqualifikationen sind jedoch nicht isoliert von funktionalem Wissen und Können, also Qualifikationen, möglich, sondern stehen in Abhängigkeit von vorangegangenen fachspezifischen Lernerfahrungen. Denn erfolgreiche neue kreative Problemlösungen zeigen sich umso wahrscheinlicher, je umfassender die Basis an bereichsspezifischen Kenntnissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie Routinen ist (Lehmann, 2014).

In der Literatur finden sich zahlreiche Auslegungen des Begriffes Schlüsselqualifikation (Schaeper, 2004) bzw. wird der Begriff häufig bewusst sehr offen gehalten, um die verschiedenen Perspektiven innerhalb der Diskussion abzubilden und einen bildungspolitischen Konsens zu ermöglichen (Straka, 2014). Angelehnt an die Definition des Arbeitsmarktforschers Mertens aus den 1970er Jahren können Schlüsselkompetenzen als übergeordnete Bildungsziele und -elemente verstanden werden, die „den Schlüssel zur raschen und reibungslosen Erschließung von wechselndem Spezialwissen“ bilden (Straka, 2014, S. 224). Sie werden als allgemeine, fachunabhängige, multifunktionale und transferierbare Fähigkeitsdimensionen (Rychen &

Salganik, 2002 zit. nach Schaeper, 2004) zum selbstständigen Lösen komplexer, ganzheitlicher Problem- und Aufgabenstellungen in realistischen bzw. realen Kontexten eingesetzt (Klieme, 2014). Schlüsselqualifikationen gelten als „Wissen sowie Fähigkeiten und Fertigkeiten, die auf neue Situationen übertragen werden können und somit sicherstellen, dass im späteren Privat- und Berufsleben immer neue, noch unbekannte Herausforderungen gemeistert werden können“ (Klieme et al., 2014, S.204). Dazu zählen beispielsweise: Denken in Zusammenhängen, Flexibilität, Problemlösen, Kommunikation, Kreativität, Kooperation, Eigen- bzw. Selbstständigkeit und selbstgesteuertes Lernen, Lernkompetenz, soziale Kompetenz, Transferfähigkeit und Zuverlässigkeit (Reetz, L.

1990; Straka, G. 2014; Klieme et al., 2014).

Diverse Schlüsselqualifikationen werden in der pädagogisch-psychologischen Literatur in verschiedenen Katalogen oder Listen erfasst und anhand zahlreicher Verwendungsvarianten und konkreteren Beschreibungen diskutiert (Baumert, Artelt,

(13)

Klieme, & Stanat, 2014; Klieme et al., 2014). Eine genaue Darstellung von Schlüsselqualifikationen gestaltet sich jedoch als schwierig, da diese häufig abstrakt gehalten bzw. unscharf und mehrdeutig beschrieben werden (Reetz, 1990; Schaeper, 2004). So lassen sich die einzelnen katalogisierten Fähigkeiten und Eigenschaften oft nicht konkretisieren oder voneinander bzw. von anderen Fähigkeiten und Persönlichkeitsmerkmalen abgrenzen (Lang, 2000).

Darüber hinaus ist die Erwartung einer Übertragbarkeit der Schlüsselqualifikationen in neue Situationen fraglich (Baumert et al., 2014) bzw. „wird häufig überschätzt oder einfach ungeprüft unterstellt“ (Klieme et al., zit. nach Weinert, 2014, S.204f), da davon ausgegangen wird, dass der Transfer von Schlüsselqualifikationen ohne Umlern- und Adaptionsprozesse möglich wäre (Baumert et al., zit. nach Weinert, 2014).

Diskutiert wird weiters, inwieweit sich überfachliches Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten darstellen lassen, da diese nur manifest werden, wenn sie in Handlungen umgesetzt werden (Heyse & Giger, 2015). In den letzten Jahrzehnten kam es deshalb in der Berufsbildungsforschung und der Berufspädagogik zu einem Paradigmenwechsel von der Qualifikation hin zu Kompetenzen (Schaeper, 2004). Beim Kompetenzbegriff stehen neben der Subjektorientierung, Dynamik, Ganzheitlichkeit und Selbstorganisation vor allem die Handlungsfähigkeit im Vordergrund (Linten, 2008).

1.3 Kompetenz

Der Kompetenzbegriff wurde seit den 1990er Jahren als Gegenposition zum Qualifikationsbegriff so populär, dass er auch zunehmend in die Alltagssprache übernommen wurde (Schaeper, 2004; Weinert, 2001). Jedoch unterliegt auch das Verständnis des Kompetenzbegriffs einer sehr heterogenen disziplinabhängigen Interpretation (Wildt, 2004), wodurch sich auch hier keine allgemeingültige Definition findet.

Für den Psychologen Weinert ist Kompetenz eine spezielle Kombination von Fähigkeiten, Fertigkeiten und individuelle Veranlagungen um etwas erfolgreich zu lernen, auszuführen oder um ein spezifisches Ziel zu erreichen (Weinert, 1999). Sie umfassen sowohl geistige Fähigkeiten (bezogen auf intellektuelle, kognitive und Gedächtnisleistungen), als auch sensomotorische und soziale Fähigkeiten (Plath, 2002). Unter Fertigkeiten sind konkrete, erlernte Handlungen zu verstehen (Klieme, 2004), die als automatisierte, manuelle und geistige Komponenten des Handelns zur routinierten Ausführung bestimmter

(14)

Teilhandlungen befähigen und ohne bewusste Aufmerksamkeit und Kontrolle ablaufen können (Plath, 2002).

Kompetenzen sind also nicht statisch, sondern unterliegen Lernprozessen, durch die es zu einer dynamischen Verbindung von Wissen, Kenntnissen, Verständnis sowie Fähigkeiten und Fertigkeiten kommt (Klieme, 2004). Sie entfalten sich in einem komplexen, situativen, dynamischen Kontext, der das Individuum vor spezifische Herausforderungen stellt und Flexibilität fordert. Die Person handelt dabei entsprechend der eigenen aktuell vorherrschenden unterschiedlichen Dispositionen. Dazu zählen u.a.

persönlicher Wille (volitionale Bereitschaft), Motivation, Einstellung, Wertvorstellungen und Erfahrungen, die wiederum von der Situation bzw. dem Umfeld, in dem es zu einer Handlung kommt, beeinflusst werden (Wildt, 2006). Somit stellt Kompetenz zwar eine Voraussetzung für kompetentes Verhalten dar, ist aber keine Garantie dafür.

Für kompetentes Verhalten ist es nötig, eine Kompetenz für ein konkretes, zu definierendes Verhalten in einer bestimmten Situation einzusetzen. Weiters müssen von der agierenden Person selbst die Konsequenzen des eigenen Verhaltens erfasst und das eigene Handeln kontrolliert, reflektiert und evaluiert werden (Siebert, 2011). Erst wenn sich ein bestimmtes Verhalten über verschiedene Situationen hinweg beobachten lässt, kann von einer Generalisierung des Verhaltens und somit von vorhandener Kompetenz ausgegangen werden (Kanning, 2013). Hier zeigt sich, dass Kompetenz bzw.

kompetentes Verhalten stets auch eine Form von Zuschreibung ist, die durch das Urteil einer beobachtenden Person entsteht. D.h. Kompetenzen lassen sich nur indirekt über beobachtbares Verhalten erschließen (Straka, 2014).

Kompetenzen können also als ganzheitliches Handlungsvermögen gesehen werden, das Wissen, Fertigkeiten, Fähigkeiten, Qualifikationen miteinschließt und um Regeln, Normen und Werte ergänzt wird (Heyse & Giger, 2015). Nach diesem Verständnis umfassen Kompetenzen Handlungsfähigkeit, motivationsabhängige Handlungsbereitschaft und gesellschaftlich geregelte Zuständigkeit bzw. Verantwortung sowie Selbstständigkeit (Siebert, 2011).

Konkreter wird dies auch durch den gängigen Begriff der Handlungskompetenz im folgenden Kapitel zusammengefasst.

1.3.1 Handlungskompetenz

Handlungskompetenz geht vom Individuum aus (Straka, 2002 zit. nach Weinert, 2002) und kann als Bereitschaft und Fähigkeit verstanden werden, sich in beruflichen,

(15)

gesellschaftlichen und privaten Situationen sachgerecht durchdacht sowie individuell und sozial verantwortlich zu verhalten (Breuer, 2005; Straka, 2014).

Die Handlungskompetenz entsteht durch ein Zusammenwirken von kognitiven, emotionalen und motivationalen Faktoren (Baumert et al. 2014) und zeigt sich bei einer Person durch ihr selbstbewusstes und selbstgesteuertes Handeln, in ihrem zielgerichteten, bewusst aktiv werden oder tätig sein, während sie sich dabei an einer aktuellen Situation und an Werten orientiert (Lang, 2000).

Dieses Verständnis wird auch in der Abbildung von Plath H.-E. (2002) ersichtlich, in der sich Handlungskompetenz durch zwei Komponenten zeigt: einerseits durch die Handlungsfähigkeit, die funktionale Aspekte wie explizites und implizites Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten beinhaltet und andererseits durch die Handlungsbereitschaft, die individuelle Motivation, Einstellungen, Werthaltungen und Überzeugungen umfasst.

Abb.1: Komponenten der Handlungskompetenz, Nachdruck aus

Erfahrungswissen und Handlungskompetenz - Konsequenzen für die berufliche Weiterbildung (S. 517-529), von H.E. Plath 2002. Copyright by W. Bertelsmann, Nürnberg, 2002.

(16)

Im Wechselspiel von Person, Situation, Handeln, Lernen, Aktion und Reflexion entwickeln sich (Handlungs-)Kompetenzen stets durch zunehmendes Erfahrungswissen weiter (Plath, 2002), wodurch es möglich wird, das Handeln den sich vielfältig verändernden und komplexen Situationen anzupassen.

1.4 Schlüsselkompetenz

Es handelt sich um Kompetenzen, die über verschiedene Lebensbereiche hinweg für alle Individuen wichtig sind (Rychen & Salganik, 2003 zit. nach Schaeper, 2006).

Schlüsselkompetenzen gelten als transferierbare multifunktionale Kompetenzen, welche fächerübergreifend angewandt werden können um wichtige Ziele zu erreichen, verschiedene Aufgaben zu bewältigen und in unvertrauten Situationen agieren zu können (Weinert, 2001). Doch auch dieser Begriff wird sowohl im internationalen als auch im europäischen Sprachgebrauch mehrdeutig beschrieben (Schaeper, 2004). So werden Schlüsselkompetenzen gerne im Zusammenhang mit (Handlungs-)Kompetenz genannt und häufig auch als Synonym zu Schlüsselqualifikation verwendet.

Um das Konzept der Schlüsselkompetenzen zu strukturieren, lassen sich nach Heyse und Erpenbeck vier Basisbereiche - Fach- und Methodenkompetenz, Aktivitäts- oder Handlungskompetenz, Personalkompetenz und Sozial-kommunikative Kompetenz - ausmachen (Heyse & Erpenbeck, 2007 zit. nach Heyse & Giger, 2014). Erst durch das Zusammenwirken dieser Schlüsselkompetenzen kann eine Handlungsfähigkeit erzeugt werden (Erpenbeck & Heyse, 1999 zit. nach Wildt, 2006), die die Bewältigung komplexer Aufgaben in realistischen Kontexten ermöglicht (Weinert, 1998, zit. nach Schaeper, 2005).

Abb.2: Schlüsselkompetenzen. Nachdruck aus „Kompetenzen als Learning Outcome“, von J. Wildt, 2006, Journal Hochschuldidaktik, 17, 1, S.6-9. Copyright 2006 by J. Wildt.

(17)

Dieses Verständnis kam auch für die Entwicklung des Hochschulbereichs zur Anwendung:

Fachkompetenz umfasst subjektspezifische und berufsspezifische Kenntnisse, Fertigkeiten sowie Fähigkeiten. Fachkompetenz kann durch den Begriff Sachkompetenz ergänzt werden, welcher gleichzeitig disziplin-, subjekt- und berufsübergreifende Wissenselemente, Fertigkeiten und Fähigkeiten miteinschließt, die nicht aufgabenbezogen sind (wie Sprachkenntnisse oder IT-Know-How), sowie aufgabengebundene Sachkompetenzen beinhaltet (Schaeper, 2005). Diese Fachkompetenzen werden nach Heyse, der sich dabei auf die UNESCO Lehr- und Lernorientierungen bezieht, gemeinsam mit Methodenkompetenz auch als „Learning to know“ bezeichnet (Heyse, 2015, S. 8).

Methodenkompetenz bezieht sich auf die Regulation (Organisation, Gliederung, etc.) von Arbeitsprozessen (Wildt, 2006) und ist die Fähigkeit zu selektieren, zu planen, realisieren und adäquate Problemlösungsstrategien wie beispielsweise kritisches Denken, Lernfähigkeit etc. zu entwickeln (Schaeper, 2006).

Personal- oder auch Selbstkompetenzen beschreiben das „Learning to be“ (Heyse, 2015, S. 8) und beziehen sich auf den Umgang der Akteure in Handlungssituationen (Wildt, 2006). Selbstkompetenz umfasst die Werte, Haltungen und Einstellungen gegenüber der Welt im Allgemeinen, der Arbeit und der eigenen Person. Dies beinhaltet Einsatz von Ressourcen und Selbstmanagement, aber auch Arbeitstugenden wie Motivation, Gewissenhaftigkeit, Sorgfalt, Genauigkeit, Leistungsbereitschaft sowie Selbstachtung, Flexibilität und Verantwortungsgefühl (Schaeper, 2006; Wildt, 2006).

Da sich die vorliegende Arbeit in weiterer Folge speziell mit der Förderung und (Weiter-) Entwicklung der sozialen Kompetenzen beschäftigt, werden diese anschließend näher erläutert.

1.5 Sozialkompetenz

Sozialkompetenz kann als Teilbereich aller Kompetenzen allgemein als die Bereitschaft und Fähigkeit umschrieben werden, soziale Beziehungen zu leben und zu gestalten (Straka, 2014) sowie in diesen situationsadäquat zu handeln (Orth 1999, zit. nach Schaeper, 2004). Die Vielfältigkeit von Situationen und sozialen Umwelten, in denen verschiedenartige soziale Interaktionen stattfinden, stellen jedoch an die beteiligten

(18)

Personen diverse Anforderungen im Alltag, weshalb ein Individuum flexibel unterschiedliche Kompetenzen nützen können muss.

Insofern ist der Begriff Sozialkompetenz eher als Überbegriff zu sehen, da Sozialkompetenz ein Kompetenzbündel darstellt, das als die „Gesamtheit des Wissens, der Fähigkeiten und Fertigkeiten einer Person verstanden werden“ kann, bei der jeder dieser Faktoren als eigenständige soziale Kompetenz definiert werden kann (Kanning, 2009, S.17). Durch die verschiedenen „Fähigkeiten, Fertigkeiten, Wissensstrukturen, motivationale Tendenzen, Einstellungen, Präferenzen usw.“ (Klieme et al., 2014) wird Sozialkompetenz zur komplexen Handlungskompetenz. Diese entsteht durch das Zusammenwirken von Wissen über kulturspezifische Regeln bzw. Angemessenheit des zwischenmenschlichen Verhaltens mit den erlernten motorischen Fähigkeiten und Fertigkeiten, um das Wissen in eine Handlung umzusetzen (Kanning, 2009). Diese wirken jedoch nicht immer gleich sondern unterliegen auch einer individuellen psychoemotionalen Ausprägung. Hinzu kommt, dass sozial kompetentes Handeln nicht nur auf dem tatsächlich sichtbaren sozial kompetenten Verhalten sondern auch auf dessen Potential beruht. Ein Individuum soll demnach durch potentiell vorhandene Fertigkeiten und Fähigkeiten prinzipiell bestimmte Verhaltensweisen bei Bedarf zeigen können, aber nicht zwangsläufig müssen (Ford, 1995 zit. nach Kanning, 2009).

Als Gesamtheit sollen die Kompetenzen die Verständigung, den Austausch von Informationen und den Aufbau, die Gestaltung sowie die Aufrechterhaltung von sozialen Beziehungen ermöglichen (Schaeper, 2004). „Erfolgreiches sozial kompetentes Verhalten ist jenes Verhalten einer Person, das in einer spezifischen Situation dazu beiträgt, die eigenen Ziele zu verwirklichen, wobei gleichzeitig die soziale Akzeptanz des Verhaltens gewahrt wird“ (Kanning, 2009, S.15).

1.6 Kompetenzklassen

Heyse & Erpenbeck (2010) führen in ihrem Kompetenzatlas 64 soziale Teilkompetenzen an und ordnen sie den vier Bereichen Personale Kompetenz, Aktivitäts- und Handlungskompetenz, Sozial-Kommunikative Kompetenz sowie Fach- und Methodenkompetenz zu. In diesen Kompetenzklassen werden auch Überschneidungen der Bereiche sichtbar, da sich die einzelnen sozialen Kompetenzen nicht einem einzigen Bereich zuordnen lassen:

(19)

Abb.3: Kompetenzatlas. Nachdruck aus Verfahren zur Kompetenzermittlung und

Kompetenzentwicklung, (S.93), von V. Heyse, 2010. Copyright by Waxmann Verlag Gmbh, Münster 2010.

(20)

2 Zentrale Fragestellung

Mit den didaktischen und methodischen Inhalten der Lehrveranstaltungen des Studienganges Physiotherapie sollen berufsspezifische Kompetenzen Studierender auf unterschiedlichen Niveaus gefördert, formulierte Lehr- und Lernziele transparent verfolgt und die Erreichung der Ziele anhand von definierten Lernergebnissen überprüft werden.

Die Definition, Beschreibung und Entwicklung der Qualifikationen, Fähigkeiten und Fertigkeiten und Learning Outcomes bei den Fach- und Methodenkompetenzen zeigen sich im Studiengang Physiotherapie FHCW (2017) transparent und konkret, während die Darstellung des Kompetenzerwerbs und v.a. die erkennbare Umsetzung der Lernergebnisse von Studierenden innerhalb der Säulen Personal- und Sozialkompetenz schwieriger scheint.

Laut gesetzlich geregeltem Berufsprofil für Physiotherapeut*innen erwerben die Studierenden in ihrer Berufsausbildung neben fachlichen, methodischen und wissenschaftlichen Kompetenzen auch sozialkommunikative Kompetenzen und Selbstkompetenzen. Diesen werden beispielsweise Kommunikationsfähigkeit, Kritikfähigkeit, Konfliktfähigkeit, Einfühlungsvermögen, Selbstreflexionsfähigkeit, Frustrationstoleranz, Rollendistanz, Selbstbestimmungsfähigkeit, Gestaltungs- und Mitbestimmungsfähigkeit, Teamfähigkeit und professionelles Selbstverständnis zugeordnet (Physio Austria, 2017; Studiengang Physiotherapie, 2017).

In dieser Regelung zeigen sich bereits die vielfältigen Aspekte, die der Begriff der sozialen Kompetenz umfassen kann und die sich auch in der Grundausbildung von Physiotherapeut*innen wiederfinden.

Über diese Aufzählung hinaus sind allerdings auch andere Dimensionen aus dem Bereich der sozialen Kompetenz für die Ausübung physiotherapeutischer Rollen, Funktionen und deren spezifischen Tätigkeiten relevant. Insofern ist es wichtig, jene berufsspezifischen sozialen Kompetenzen auszumachen, die sich bereits Studierende der Physiotherapie aneignen bzw. weiter ausbilden sollen.

Die unterschiedlichen Begriffsdefinitionen zusammenfassend, sind Kompetenzen nach Siebert (2011) komplexe Persönlichkeitsmerkmale, die in Sozialisationsprozessen im individuellen Lebensverlauf oft unbewusst, informell und nebenbei erworben werden und nur begrenzt in Seminaren erlernt werden können. Laut Kanning (2009) entziehen sie sich oft der direkten Beobachtung und lassen sich nur bedingt darstellen, messen und fördern.

(21)

Abgesehen vom Aufnahmeverfahren des Studienganges Physiotherapie der FHCW, bei dem u.a. auch die sozialen Kompetenzen der Bewerber*innen erfasst werden sollen, werden zur Zeit in der Physiotherapieausbildung keine speziellen Methoden oder Assessments angewandt, um die Sozialkompetenz bei Studierenden zu erheben. Auch wenn deshalb eine Veränderung dieser Kompetenzen schwer festzustellen ist, wird davon ausgegangen, dass die Absolvent*innen des Physiotherapiestudiums über berufsrelevante soziale Kompetenzen verfügen, die sie im Studium weiterentwickeln konnten. Insofern stellt sich die Frage, welche berufsrelevanten soziale Kompetenzen im Studium gefördert werden können und welche Möglichkeiten das Studium den Studierenden bietet, das Gelernte auch umzusetzen, um zu einer sozialen Handlungskompetenz zu kommen. Deshalb soll in dieser Arbeit folgender zentraler Fragestellung nachgegangen werden:

Wie zeigt sich die Weiterentwicklung der sozialen Kompetenzen von Physiotherapiestudierenden durch die intendierte Förderung im Bachelorstudium aus Sicht der Lehrenden und Studierenden?

Zur Beantwortung dieser Frage wurden die Sichtweisen von Studierenden und Lehrenden erhoben, die an der Förderung und Weiterentwicklung von sozialen Kompetenzen beteiligt sind.

Dabei wurde nicht nur untersucht, wie die Weiterentwicklung die sozialen Kompetenzen bei Studierenden im Verlauf der Grundausbildung am Studiengang Physiotherapie der Fachhochschule Campus Wien nach Meinung der Lehrenden und Studierenden erlebt werden, sondern auch welche sozialen Kompetenzen eine Weiterentwicklung erfahren.

Des Weiteren wurde dargestellt, worin eine Weiterentwicklung der sozialen Kompetenzen sichtbar wird und welche Rückschlüsse sich auf die intendierte Förderung der Sozialkompetenz durch die Möglichkeiten im Studium Physiotherapie ziehen lassen.

(22)

3 Ziel der Arbeit

Mithilfe dieser Masterarbeit soll der Kompetenzerwerb innerhalb der Ausbildungssäule

„personale- bzw. soziale Kompetenz“ des Studienganges Physiotherapie nachvollziehbar werden. Durch die Ergebnisse der Arbeit lassen sich Ansätze zur Evaluation und Reflexion der der aktuellen Lehr- und Lernpraxis darstellen, was in weiterer Folge dazu führen kann, Möglichkeiten zur (Weiter-)entwicklung des Studienganges hinsichtlich Erfüllung des Kompetenz- und Qualifikationsprofils aufzuzeigen.

Anhand von konkreteren Beschreibungen der erwartbaren Kompetenzen, Qualifikation und Learning Outcomes Studierender die Entwicklung ihrer sozialen Kompetenz in der Grundausbildung betreffend, können spezifische Lehr- und Lernziele bzw. –inhalte sowie Beurteilungskriterien in sämtlichen Lehrveranstaltungen formuliert werden, die zur (Weiter-)entwicklung der sozialen Kompetenz beitragen.

So kann es möglich werden, in der Grundausbildung für Physiotherapeut*innen die berufsspezifischen und studienrelevanten sozialen Kompetenzen bei Studierenden gezielt zu fördern, damit diese den zukünftigen Anforderungen der verschiedenen beruflichen Rollen von Physiotherapeut*innen im sich verändernden Berufsbild gerecht werden können.

In der Literatur zu den sozialen Kompetenzen findet sich, wie bereits in der Einleitung erwähnt, ein sehr inhomogenes, breit gefächertes Verständnis darüber, was soziale Kompetenz ist, welche Dimensionen sie umfasst, wie soziale Kompetenz erfasst bzw.

gemessen werden kann und inwiefern sie gefördert und (weiter-)entwickelt werden kann.

(23)

4 Methode

Zur Beantwortung der dieser Arbeit zugrundeliegenden Fragestellung zur Weiterentwicklung der sozialen Kompetenz bei Studierenden am FHCW-Studiengang Physiotherapie, kam eine sogenannte „Mixed-Method“ zur Anwendung. Mittels Literaturrecherche wurde die für die Erhebung nötigen Grundlagen dargestellt. Diese umfasst auch die Dokumentenanalyse von veröffentlichten sowie nicht-veröffentlichten Schriften bzw. Unterlagen des Studienganges Physiotherapie der FH Campus Wien zum Curriculum, Aufnahmeverfahren, Lehrveranstaltungen und Praktikum des Studienganges bezüglich der Lehrinhalte und Lernziele.

Der Hauptteil der Masterarbeit bezieht sich auf die Ergebnisdarstellung nach der Auswertung einer Datenerhebung, die sowohl einen quantitativen als auch einen qualitativen Teil umfasst.

Diese erfolgte durch eine Fragebogenerhebung unter Studierenden des Jahrganges PT18 am Beginn des letzten Semesters ihrer Ausbildung, sowie durch nachfolgende theoriengenerierende Expert*innen-Interviews mit sechs Studierenden dieser Kohorte und acht hauptberuflich Lehrenden des Studienganges Physiotherapie der FHCW.

4.1 Befragung der Lehrenden

Die Expert*innen-Interviews wurden mithilfe offener Leitfragen durchgeführt, um die individuelle Sichtweise, das implizite Wissen und die berufsbezogenen Erfahrungen der Lehrenden zu erfassen, um den Verlauf des Entwicklungsprozess (Kruse 2015, S.168f) bei Physiotherapie-Studierenden zu beschreiben und zu deuten.

Den Lehrenden wurde vor der ersten Frage der Fragebogen für die Studierenden vorgelegt, um eine gemeinsame Basis dafür zu schaffen, welche Eigenschaften, Fähigkeiten und Fertigkeiten unter sozialer Kompetenz verstanden werden können.

Nach der einführenden Frage, welche sozialen Kompetenzen im Physiotherapie-Studium der FH Campus Wien aus der jeweiligen Lehrendensicht besonders gefördert werden, sollten die Befragten auch erläutern, wodurch die Studierenden ihre sozialen Kompetenzen im Physiotherapie-Studium weiterentwickeln können. So sollte eine Abgrenzung zu den von Studierenden gezeigten Kompetenzen möglich sein, die durch die Frage, worin sich eine Weiterentwicklung der sozialen Kompetenz von Studierenden zeigt, erhoben wurden.

(24)

4.2 Befragung der Studierenden

Bei der Erhebung unter den Studierenden wurden ein anonym ausfüllbarer Fragebogen im Online-Umfragetool „Umfrage-Online“ und leitfragengestützte Interviewgespräche eingesetzt.

Mittels Fragebogens wurde unter den Physiotherapie-Studierenden des Jahrgang PT18 erhoben, welche sozialen Kompetenzen bei den einzelnen Studierenden in welchem Ausmaß weiterentwickelt werden konnten und woran für sie eine Weiterentwicklung erkennbar ist.

Dazu mussten die Studierenden bei 42 sozialen Kompetenzen das Ausmaß einschätzen, in dem es zu einer Weiterentwicklung kam. Diese Liste an Merkmalen von sozialer Kompetenz kam im Vorfeld durch die Abstimmung der Inhalte des Kompetenzatlas nach Heyse & Erpenbeck (2010) mit den berufsspezifischen sozialen Kompetenzen, welche für das Bewerbungsverfahren des Studienganges erhoben wurden, erstellt.

Des Weiteren sollten die befragten Studierenden angeben, in welchen Bereichen ihres Handelns ihrer Meinung nach eine Weiterentwicklung ihrer sozialen Kompetenzen sichtbar wurde und worin sie diese erkennen bzw. was sie am Ende ihrer Ausbildung durch die Weiterentwicklung der sozialen Eigenschaften, Fähigkeiten und Fertigkeiten anders oder besser können.

Worin bzw. in welchen Bereichen sich die Weiterentwicklung zeigt, wurde durch eine weiterführende qualitative Befragung von drei weiblichen und drei männlichen Studierenden des Jahrganges differenzierter herausgearbeitet.

4.3 Einschluss- und Ausschlusskriterien

Die Expert*inneninterviews wurden mit den Lehrenden des Bachelor-Studienganges Physiotherapie der FH Campus Wien geführt, die hauptberuflich in der Grundausbildung Studierender tätig sind. Aufgrund der Rahmenbedingung einer Masterthesis, aber auch aus Gründen einer vorläufig angenommenen Datensättigung, musste die Anzahl der in Frage kommenden Personen reduziert werden. Für eine möglichst objektive Sampling- Auswahl wurden per Mail jene Lehrenden für Einzelinterviews eingeladen, die die Funktion einer Kernbereichskoordination ausüben und dadurch mehr Einblick in die Lehrinhalte und Ziele vieler Lehrveranstaltungen haben.

Ausgenommen von der Studie wurden nebenberuflich Lehrende und Lehrende anderer Physiotherapie-Studiengänge, da diese aufgrund ihres punktuellen Lehreinsatzes eine

(25)

Weiterentwicklung der Studierenden im Verlauf der drei Ausbildungsjahre nicht verfolgen können.

Die Studierenden-Interviews wurden mit einer homogenen Realgruppe von Studierenden des Studienganges Physiotherapie geführt, die aufgrund der gleichen Ausbildung über ähnliche soziale Erfahrungen verfügen (Corsten, 2010 in Kruse, 2015) und zum Erhebungszeitpunkt bereits sämtliche Lehrveranstaltungen und einen Großteil der Praktika in der Grundausbildung absolviert haben.

Weiters wurden keine Studierenden aus anderen Semestern des Studienganges Physiotherapie befragt, da diese zum Zeitpunkt der Studie noch nicht alle Lehrveranstaltungen und kaum berufseinschlägige Praktika absolviert haben. Ehemalige Studierende, die bereits im Vorjahr die Ausbildung abgeschlossen haben und den Beruf einer Physiotherapeutin/ eines Physiotherapeuten bereits ausüben wurden ebenfalls ausgeschlossen, da diese bereits durch die Erfahrungen des physiotherapeutischen Arbeitsalltags eine Weiterentwicklung erfahren haben und diese eine zeitlich versetzte retrospektive Einschätzung der eigenen Sozialkompetenzen verfälschen könnte.

4.4 Ethische Überlegungen

Da sich die Methode der Arbeit auf eine Expert*innen-Befragung bezieht und keine sensiblen Daten erfasst, war kein Ethikantrag bei einer Ethikkommission nötig.

Um das bestehende Abhängigkeitsverhältnis zwischen der Autorin der vorliegenden Arbeit und den per Interview befragten Studierenden zu relativieren, wurden Studierende ausgewählt, die aufgrund der Zuteilung zu bestimmten Lehrveranstaltungen zu einer hohen Wahrscheinlichkeit nicht mehr von der Verfasserin der vorliegenden Arbeit geprüft werden. Die in Frage kommenden Studierenden wurden per Mail kontaktiert und auf freiwillige Meldung hin zu einem Gespräch eingeladen.

Der Fragebogen konnte anonym ausgefüllt werden und auch die Interview-Transkripte finden sich im Anhang dieser Arbeit in anonymisierter Form.

4.5 Auswertung der Daten

Die Daten aus den Interviews wurden mit Tonbandaufnahmen festgehalten, nach vollständiger Transkription mittels qualitativer Inhaltsanalyse im Softwareprogramm MAXQDA ausgewertet und anschließend interpretiert. Der Analyse liegt eine kombinierte

(26)

Analysetechnik von Zusammenfassung, Explikation und Strukturierung des Datenmaterials zugrunde (Mayring, 2010).

In den folgenden Kapitel werden sowohl die Ergebnisse der Datenanalyse aus der Studierendenbefragung mittels Fragebogen als auch die Ergebnisse aus der Analyse der Interviews mit den Studierenden und den Lehrenden des Studienganges Physiotherapie zusammengeführt und dargestellt.

Erklärt wird hier, in welchen sozialen Eigenschaften, Fähigkeiten und Fertigkeiten die Studierenden bei sich eine (Weiter-) Entwicklung erlebt haben, in welchem Ausmaß und woran sie dies erkennen können bzw. wie sich ihrer Ansicht nach die Weiterentwicklung ihrer sozialen Kompetenzen zeigt.

(27)

5 Ausmaß der Weiterentwicklung der sozialen Eigenschaften und Fähigkeiten von Studierenden

In der Fragebogenerhebung gaben 69 Studierende Auskunft über die Weiterentwicklung ihrer sozialen Kompetenzen. Die gesamte Darstellung zu den Antworten der angehenden Physiotherapeut*innen zu der Frage „Welche der folgenden sozialen Eigenschaften und Fähigkeiten konnten bei Ihnen im Physiotherapiestudium weiterentwickelt werden?“ ist in der Abbildung 6 abgebildet. Hier wird ersichtlich, dass sich am Ende des dreijährigen Physiotherapiestudiums beim Großteil der Studierenden eine Weiterentwicklung in sämtlichen der insgesamt 42 sozialen Eigenschaften und Fähigkeiten zeigt.

Besonders deutliche Veränderungen konnten die Studierenden in den folgenden sozialen Eigenschaften und Fähigkeiten feststellen:

Abb.4: Weiterentwickelte soziale Kompetenzen im starken bis sehr starken Ausmaß. Quelle: Eigene Darstellung.

0 10 20 30 40 50 60 70

Lernfähigkeit Aufmerksamkeit/ Beobacht.fäh. Fähigkeit zur Selbstreflexion Freundlichkeit/Zugänglichkeit Offenheit r Neues Verantwortungsbewusstsein Pflichtbewusstsein higkeit z. Problemerkennung Einhlungsvermögen/Soz.Sensib. Kooperationsfähigkeit Achtung vor anderen Menschen Stressresistenz Kommunikationsfähigkeit Sensibilit f. zwischenm. Probleme Erklärungs- u. Ausdrucksfähigkeit Flexibilit Selbstsicherheit im Auftreten Beziehungsfähigkeit/Partnerschaft Hilfsbereitschaft Toleranz Versndnisbereitschaft 39

27 29 24 29

37 32

26 24 12

26 30

20 24 19 17 20 17 23 18 18 26

36 32

36 31 22 27

32 33 45

30 26

35 30 34 36 33 35 28 33 33

Anzahl der Personen

Stark und sehr stark weiterentwickelte soziale Eigenschaften und Fähigkeiten

stark sehr stark

(28)

Im Durchschnitt gaben mindestens 75% der Studierenden an, eine starke bis sehr starke Weiterentwicklung der Lernfähigkeit, Aufmerksamkeit und Beobachtungsgabe, Fähigkeit zur Selbstreflexion, Freundlichkeit/ Zugänglichkeit, Offenheit für Neues, Verantwortungsbewusstsein, Fähigkeit zur Problemerkennung, Einfühlungsvermögen und soziale Sensibilität, Kooperationsfähigkeit, Achtung vor anderen Menschen, Stressresistenz, Kommunikationsfähigkeit, Sensibilität für zwischenmenschliche Probleme, Erklärungs- und Ausdrucksfähigkeit, Flexibilität, Verständnisbereitschaft Beziehungsfähigkeit/ Partnerschaft, Hilfsbereitschaft sowie Toleranz festzustellen.

Lediglich bei den Items Humor, Optimismus und Konfliktfähigkeit konnten nur die Hälfte oder weniger der befragten Studierenden eine so deutliche Verbesserung bei sich erkennen.

Speziell bei den sozialen Kompetenzen wie Kommunikationsfähigkeit, Offenheit für Neues, Verantwortungsbewusstsein, Flexibilität sowie Lernfähigkeit am Ausbildungsende konnten alle 69 befragten Studierenden eine zumindest geringe, wenn nicht starke oder sogar sehr starke Steigerung feststellen:

Abb.5: Soziale Kompetenzen mit Weiterentwicklung bei allen Studierenden. Quelle: Eigene Darstellung.

0 10 20 30 40 50 60 70

20 29 37

17

39

35 31 22

36

26

14 9 10 16 4

Anzahl der Personen

Weiterentwickelte soziale Eigenschaften und Fähigkeiten aller Studierenden

wenig stark sehr stark

(29)

Abb.6: Darstellung der Weiterentwicklung aller sozialen Kompetenzen von Physiotherapiestudierenden. Quelle: Eigene Darstellung.

(30)

6 Erkennbare Kompetenzen durch die Weiterentwicklung sozialer Eigenschaften, Fähigkeiten und Fertigkeiten von Studierenden

In der Fragebogenerhebung antworteten zwei von den ursprünglich 69 Teilnehmer*innen nicht auf die Frage, worin sich die Weiterentwicklung ihrer sozialen Kompetenzen zeigt.

Insofern reduzierte sich die Gesamtzahl der für die Auswertung berücksichtigten Antworten für diese Frage auf 67 Personen.

Wie in der Abbildung 7 ersichtlich, erleben die online befragten Studierenden eine relativ gleichmäßige Weiterentwicklung in den vorgegebenen Bereichen der sozialen Kompetenzen. 58 Studierende bemerkten besonders in ihrem Verhalten eine Veränderung und jeweils 52 eine Weiterentwicklung in ihrem Auftreten, in der Kommunikation, beim Berühren anderer und bei manueller Unterstützung/ Führung/

Techniken. Fünf Personen gaben an, zusätzlich eine Steigerung ihrer Kompetenzen in

„Sonstigen“ Bereichen zu sehen. Durch Mehrfachnennungen bei der Beantwortung ergaben sich auch bei dieser Frage unterschiedliche Meinungsbilder. 27 Personen erlebten in allen Bereichen und 25 in drei der fünf Bereiche eine Weiterentwicklung der sozialen Kompetenzen. Zwei Studierende gaben ausschließlich eine Veränderung ihrer Kompetenzen bei Berührung bzw. in ihrem Auftreten an und 12 sahen eine Weiterentwicklung in zumindest zwei Bereichen.

Abb.7: Bereiche mit sichtbarer Weiterentwicklung von sozialen Kompetenzen. Quelle: Eigene Darstellung.

0 10 20 30 40 50 60

58 52 52 52

5

Anzahl der Perosnen

Worin zeigt sich die Weiterentwicklung Ihrer sozialen Kompetenzen ?

(31)

Bei den offenen Fragen Im Fragebogen erläuterten die Studierenden in Stichworten, woran sie ihrer Meinung nach eine Weiterentwicklung der einzelnen sozialen Eigenschaften, Fähigkeiten und Fertigkeiten erkennen.

Hier wurden die Veränderungen der Sozialkompetenz innerhalb der vorgegebenen Bereiche (besonders die Rubrik „Sonstiges“) näher ausgeführt und ergänzt.

Die ergänzenden Ausführungen konnten bei der Analyse den Bereichen Verhalten, Auftreten und Kommunikation zugeordnet werden bzw. aufgrund ihrer Ähnlichkeiten in neuen Cluster (Selbst-)Reflexion, Konflikt- bzw. Kritikfähigkeit und Teamfähigkeit zusammengefasst werden. Der Bereich der „manuellen Tätigkeiten“ wurde dabei um das Vorgehen und Handeln in der Therapiegestaltung erweitert.

Nach Analyse der Studierendeninterviews zeigten sich deutliche Überschneidungen mit den Ergebnissen der Fragebogenerhebung. So konnten die Angaben der interviewten Studierenden ebenso den für den Fragebogen vorangenommen Bereichen zugeordnet und die gleichen Ergänzungen wie in der Fragebogenerhebung ausgemacht werden.

Anhand der Ergebnisse aus den Interviews mit den Studierenden konnten allerdings noch weitere Bereiche definiert werden. So gaben die per Interview befragten Studierenden zusätzlich an, eine Weiterentwicklung ihrer sozialen Kompetenzen in einem veränderten Umgang mit Körperlichkeit zu sehen, sowie durch die Sicht bzw. dem Feedback von anderen Personen zu erleben.

Zusammenfassend zeigten sich die Veränderungen der sozialen Kompetenzen von Studierenden in den Bereichen Auftreten und Selbstpräsentation, im Verhalten gegenüber anderen Menschen und speziell im Umgang mit Patient*innen, Studienkolleg*innen und Lehrenden. Auch bei Arbeiten im Team, in ihrer Kommunikation sowie Reflexions-, Konflikt- und Kritikfähigkeit wurde für die Studierenden eine Weiterentwicklung erkennbar. Darüber hinaus bemerkten sie selbst in ihrem Umgang mit Körperlichkeit, in ihren manuellen Fähigkeiten und Berührungen sowie im physiotherapeutischen Handeln eine Steigerung der sozialen Kompetenz, was ihnen schlussendlich auch das Feedback von anderen vor Augen führte.

Diese Erkenntnisse deckten sich weitgehend mit der Sicht der Lehrenden, welche in den folgenden Kapiteln mit den Sichtweisen der per Fragebogen und Interviews befragten Studierenden zusammengeführt und ausführlicher erläutert wird. Dazu wird in den folgenden Unterkapiteln für jeden einzelnen Bereich genau analysiert und dargestellt, wie sich die Weiterentwicklung der sozialen Kompetenzen von Physiotherapiestudierenden durch das Studium für die Lehrenden als auch für die Studierenden zeigt.

(32)

6.1 Auftreten und Selbstpräsentation

Der Großteil der Studierenden sieht am Ende des Physiotherapiestudiums eine deutliche Weiterentwicklung ihrer sozialen Kompetenzen in einem veränderten Auftreten und einer besseren Selbstpräsentation.

Wie in Abbildung 8 zu sehen, geben insgesamt 79% der Studierenden im Fragebogen an, sehr stark bis stark an Selbstsicherheit im Auftreten dazugewonnen zu haben, während nur 19% wenig bzw. 2% keine Weiterentwicklung in diesem Bereich sehen:

Abb.8: Selbstsicherheit im Auftreten. Quelle: Eigene Darstellung.

In den zusätzlichen Beschreibungen der Fragebogenerhebung zu der Frage, wie sich die Weiterentwicklung für die Studierenden konkret zeigt, konnten zahlreiche Nennungen den Eigenschaften `Selbstsicherheit´ und `Selbstbewusstsein´ zugeordnet werden. Dies deckt sich mit den ausführlicher beschriebenen Erfahrungen der Studierenden der Interviewbefragung. Als Folge des gesteigerten Selbstbewusstseins, aber auch als sich parallel weiterentwickelnde soziale Eigenschaften bzw. Fähigkeiten, bemerkt der Großteil aller befragten Studierenden bei sich eine erhöhte Offenheit und Zugänglichkeit im Umgang mit anderen.

30%

49%

19%

2% 0%

Selbstsicherheit im Auftreten

sehr stark stark wenig gar nicht nicht beurteilbar

(33)

.

Abb.9: Offenheit. Quelle: Eigene Darstellung

Abb.10: Zugänglichkeit. Quelle: Eigene Darstellung.

Die Studierenden der Fragebogenerhebung erleben zu 42% eine sehr starke bzw. zu 45% eine starke Weiterentwicklung ihrer sozialen Kompetenz in einem offeneren Zugang auf und Umgang mit fremden Menschen allgemein, aber vor allem mit Patient*innen im therapeutischen Kontext. Genauso geben 87% der online befragten Studierenden an, sehr starke bis starke Veränderungen in ihrer Zugänglichkeit beim Umgang mit anderen Menschen zu bemerken.

Erklärend führten sowohl die online als auch die im Interview befragten Studierenden aus, dass sie eine Veränderung ihrer sozialen Kompetenzen in einem selbstsichereren Auftreten sehen, sodass sie mit weniger Scheu und weniger nervös auf verschiedene Menschen zu- und in Situationen hineingehen. Aufgrund der gesteigerten Selbstsicherheit, Offenheit und Kontaktbereitschaft sind sie weniger schüchtern und es fällt es ihnen leichter, mit bekannten oder fremden Menschen in Kontakt zu treten bzw.

ins Gespräch zu kommen. Infolgedessen erleben sie sich auch als kontaktfreudiger und suchen von sich aus vermehrt Kontakt zu anderen Personen, sodass sich sogar die ehemals schüchternen Studierenden als extrovertiert im Zugehen auf andere

42%

45%

13%

0% 0%

Offenheit

sehr stark stark wenig gar nicht nicht beurteilbar

35%

52%

6% 3% 4%

Zugänglichkeit

sehr stark stark wenig gar nicht nicht beurteilbar

(34)

wahrnehmen. Die angehenden Therapeut*innen treten nach eigenem Erleben nicht nur selbstsicherer und selbstbewusster auf bzw. anderen Menschen entgegen, sondern fühlen sich in sämtlichen Situationen mit zwischenmenschlichem Umgang lockerer und weniger gestresst. Der Grund dafür liegt darin, dass sie über mehr Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten verfügen, mit denen sie besser auf die Erfordernisse der jeweiligen Situation eingehen können. Die Weiterentwicklung der Selbstsicherheit, Offenheit und Zugänglichkeit geht dabei über den beruflichen Kontext hinaus, sodass die Studierenden ihrer Meinung nach durch die Ausbildung generell viel offener durch die Welt gehen (IP2;

IP3; IP4; IP6).

Dies wird von den Lehrenden in den Gesprächen bestätigt, die die Studierenden am Studienende ebenso als sehr aufgeschlossen, kommunikativ und zugewandt im Kontakt mit anderen Menschen erleben (IPL1).

Diese beschriebene innere offene Haltung wird sowohl für die Lehrenden wie für die Studierenden selbst auch an der veränderten äußeren Haltung sichtbar: Die Körperhaltung, der Blickkontakt, die Mimik und Gestik der Absolvent*innen sind nun nicht mehr zurückhaltend und unsicher, sondern offensiver, offener und demnach professioneller (IPL3; IPL6, IPL7). Das zeigt sich beispielsweise darin, dass die zukünftigen Physiotherapeut*innen im Gespräch mit einer Person dieser zugewandter stehen oder sitzen und in aller Regel bereits durch ihre Haltung eine Offenheit signalisieren, die vermittelt, dass die Studierenden wach und aufmerksam bei den Gesprächen sind (IPL3).

Diese Form der Weiterentwicklung von sozialen Kompetenzen, die sich aus Sicht von Studierenden und Lehrenden in Veränderungen der Körperhaltung und -ausdruck zeigt, soll im folgenden Kapitel ausführlicher dargestellt werden.

6.1.1 Veränderungen von Körperhaltung und -ausdruck

Die Lehrenden erleben im Auftreten der Studierenden einen massiven multiplen Prozess, der von außen betrachtet wie eine physische Verwandlung des äußeren Erscheinungsbildes der Absolvent*innen erlebt wird (IPL2; IPL1). Die Veränderungen im Auftreten und der Selbstpräsentation lassen sich an der gesamten Körperhaltung der zukünftigen Therapeut*innen festmachen, sodass die Lehrpersonen den Eindruck haben, dass ihnen nun ein*e Kolleg*in gegenüber steht (IPL6, IPL7).

Für die Lehrenden wird neben der Körperhaltung eine Veränderung des Körperausdrucks sichtbar, sodass für sie erkennbar wird, dass viele Studierende nach dem Studium mehr

(35)

bei sich sein können und sich besser spüren, weil sie in ihrem Körper gelandet sind (IPL2; IPL7). Sie wirken von außen so, dass sie physisch und psychisch „mittig sind, zentriert sind, in der Realität und mit zwei Füßen am Boden stehen“ (IPL2), was die Studierenden in den Interviews bestätigen. So geben diese bezüglich der Veränderungen ihrer körperlichen Haltung an, mehr in sich zu ruhen und mehr Standfestigkeit bei sich wahrzunehmen. Dadurch können die angehenden Physiotherapeut*innen nach Meinung der Lehrenden deutlich körperliche Präsenz zeigen, mit der sie vermitteln, dass sie „zur Verfügung“ stehen (IPL2) bzw. aus eigener Sicht so etwas wie „ich bin da“ ausdrücken oder anderen selbstbewusst demonstrieren „ich mach das jetzt“, „ich behandle jetzt den*die Patient*in“ (IP2).

So können die Studierenden sowohl körperlich bei sich und gleichzeitig aufmerksam auf die andere Person sein (IPL2) und präsentieren sich in ihrem Auftreten deutlich professioneller (IP2).

Mit dem Wissen über physiologische Haltung und dem Arbeiten daran sind die Studierenden nach eigener Meinung in der Lage, den eigenen Körper bewusst einzusetzen, um beispielsweise eine möglicherweise noch vorhandene Zurückhaltung überspielen zu können (IP6) oder bei Bedarf auch körperlich gesehen Größe zu zeigen (IP3). Auch die Lehrenden in den Interviews beschreiben, dass die angehenden Therapeut*innen wirken, als hätten sie an Größe gewonnen (IPL1; IPL6), was weniger auf die physische Größe bezogen ist (IPL7), sondern vielmehr die Veränderung der Persönlichkeit betrifft (IPL1). So fühlt es sich für die befragten Lehrpersonen am Ende der Ausbildung einfach deutlich anders an, wenn ihnen die Studierenden am Ende der drei Ausbildungsjahre gegenüberstehen (IPL7).

Bezüglich der Persönlichkeitsentwicklung zeigen die Studierenden etwas, was laut den Lehrpersonen nicht so konkret festzumachen ist (IPL6) und eher mit „die sind so fertig“

(IPL1) umschrieben wird bzw. dass die Studierenden „etwas Kompaktes, in sich Abgeschlossenes ausstrahlen“ (IPL1). Erwähnt wurde im Zuge dessen auch, dass sich der Großteil der Studierenden im Lauf der drei Ausbildungsjahre menschlich sehr stark weiterentwickelt hat und authentisch in der Darstellung wurde, wer und was sie sind (IPL4). So können die Studierenden am Ende ihrer Ausbildung die verschiedenen Rollen als Kolleg*in, Studierende*r und Therapeut*in besser in sich vereinen. Dies zeigt sich dadurch, dass die Studierenden in der Art und Weise wie sie agieren nicht mehr unterscheiden, ob sie sich in einer Übungssituation befinden und nach dem Motto handeln „weiß ich eh, hier kann ich es machen, aber wenn der Patient dann da ist, mach

(36)

ich es eh nimmer“ (IPL4), oder ob sie in einer echten Therapiesituation agieren. Insofern bemühen sich die Studierenden bei sämtlichen Gelegenheiten, in ihrem Auftreten möglichst professionell zu wirken (IPL4).

Das Gesamtbild der zukünftigen Physiotherapeut*innen vermittelt den Lehrenden, dass die zukünftigen Physiotherapeut*innen über eine gewisse körperliche Präsenz verfügen, durch die sie sichtbarer sind, ohne viel zu reden (IPL2). Dabei gibt es zwar Unterschiede zwischen den extrovertierten und den stillen, weniger aktiven Studierenden, jedoch zeigen beide Persönlichkeitstypen am Ende der Ausbildung eine Weiterentwicklung ihrer sozialen Kompetenz in ihrem reiferen, selbstbewussteren, offeneren Auftreten sowie in einer professionelleren Selbstpräsentation (IPL2; IPL3; IPL7).

In den Interviews wurde von beiden Befragungsgruppen besonders die Reife und Präsenz im Auftreten betont, die sich in unterschiedlicher Wiese zeigt. Diese verschiedenen Ausdrucksformen sollen in den zwei folgenden Kapiteln konkreter beleuchtet werden.

6.1.2 Reife und Präsenz im Auftreten

Nahezu alle Lehrenden waren der Ansicht, dass die Studierenden erwachsener und reifer auftreten sowie routinierter und souveräner agieren als zu Beginn des Studiums (IPL1;

IPL2; IPL5; IPL6; IPL7). Die Absolvent*innen wirken, als ob sie sich bewusster darüber sind, wer sie sind und wo sie im Leben stehen (IPL2). Ihre Persönlichkeiten zeigen sich differenzierter (IPL5) und manche Personen haben sehr eindrücklich eine allgemeine Lebensreife entwickelt, die mit einem weit weniger naivem Weltbild oder Wertvorstellungen einhergeht (IPL7).

Entsprechend der Einschätzung von Lehrenden erleben die Studierenden am Ende ihrer Ausbildung das eigene Auftreten insgesamt reifer, erwachsener bzw. erfahrener und sie präsentieren sich laut eigenem Erleben vor anderen ungenierter (IP1; IP3; IP4; IP5; IP6).

Die Studierenden bemerken nun deutlich mehr Selbstvertrauen bei und in sich (IP6:3-3), weshalb es ihnen auch leichter fällt, sich selbstsicher vor andere Menschen zu stellen, vor ihnen zu reden und zu zeigen, wie und wer sie sind. Dabei fällt es den angehenden Therapeut*innen nun nicht nur leichter, Einzelpersonen zu betreuen und diese „zu führen“, sondern es ist für sie nach den drei Jahren Physiotherapiestudium auch problemlos möglich, verschiedenste Personengruppen zu leiten und mit diesen umzugehen (IP4; IP5).

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

(1) Auf Antrag der Leistungsberechtigten werden Leistungen zur Teilhabe durch die Leistungsform eines Persönlichen Budgets ausgeführt, um den Leistungsberechtigten in

So sind ebenfalls nur 3 Prozent erwerbslos und auf Stellensuche und ebenfalls etwa ein Drittel trifft bei der Suche nach einer passenden Stelle auf Schwierigkeiten.. Zudem

berrlicben

Ein gefüllter Weinkeller macht für mich Sinn, wenn du mit deinen Gästen gern edle Tropfen trinkst, die du nicht für eine Handvoll Dollar beim.. Discounter

Beim Fasten sinkt der Blutdruck, weil der Körper mehr Wasser und mehr Natrium ausscheidet, das in manchen Fäl- len für einen Bluthochdruck ver- antwortlichist.Ausserdemdurch- laufen

Die Selbstmedikation empfi ehlt sich eher dann, wenn die Symptome keine Zweifel an ihrer Ursache lassen, wie etwa beim simplen Schnupfen oder Katerkopfschmerz nach einer

Wilms: Ich war gut zwei Wochen wieder zu Hause, da habe ich gemerkt, dass sich mein Mann mehr und mehr aus der Hausarbeit zurückzieht.. Ich habe registriert, dass wieder mehr

Mahmud musste danach noch oft weinen, manchmal alleine, manchmal mit dem Onkel oder anderen Fremden, die sein... Auch als sein Onkel