3.) Einige spezielle
Ergebnisse1. Ponder sowie Bodmer (beide England) behandelten die nach wie vor wesentliche genetische Disposition für Krebse und Präkanzerosen. So konnten für viele Tumoren die ganz verschieden veränderten Chromoso- men aufgezeigt werden. Dabei ent- wickeln sich Krebszellen meist über mehrere Schritte, vor allem aus De- fekten, gestörten Repair-Mechanis- men, Deletionen, Translokationen, Einbau von Virusgenomen direkt in die DNS oder über reverse Trans- kription. Ponder unterschied: a pri- ori genetisch determinierte Krebse — genetisch bedingte erhöhte Emp- findlichkeit gegenüber exogenen No- xen — Disposition für potentiell sich zu Krebsen entwickelnde Präkanze- rosen. Bei überwiegender Rezessivi- tät und wechselnder Penetranz be- trägt das Risiko ohne Phänotypen in der Aszendenz für bestimmte Krebse 1:10 bis 1:1000.
Für die Masse der praktisch wichtigsten Tumoren der Brust, des Ovars, des Kolons, des Magens, der Lunge (Dominanz des Rauchens!), des Gehirns ist die genetische Dispo- sition „nicht so sicher" oder auf meh- rere Genome verteilt (Interferenz nachgewiesener Stammbäume und genetischer Anomalien mit „com- mon tumors").
2. Zur nuklearmedizinischen Be- handlung stellte Feinendegen/Jülich („Zuschnitt der Behandlung entspre- chend dem Stoffwechsel") organi- sche und anorganische mit 3H, Jod- isotopen verschiedener Ordnungs- zahl, 32P oder 'Yttrium angereicher- te, in Nukleotidsequenzen eingebau- te Substanzen einschließlich mono- klonaler Antikörper (MOAB-Thera- pie) vor. Auch der sogenannte Au- ger-Effekt, das heißt Veränderungen auf den Elektronenschalen der Ato- me mit Abgabe von Elektronen oder Röntgenstrahlen, kann bereits sinn- voll eingesetzt werden. Problem ist die überwiegende oder ausschließli- che Aufnahme durch Tumorzellen, Vorteil der schnelle Dosisabfall in der gesunden Umgebung.
3. Die in der Sicht des Referen- ten wichtigsten Fortschritte brachten die schon in Abschnitt 1 aufgeführte Stimulation oder Zufuhr hämatolo-
gisch oder immunologisch aktiver kör- pereigener Substanzen wie Interfero- ne, Tumor-Necrosis-Faktor (TNF), Interleukine (besonders No. 3 und No. 6), Wachstumsfaktoren wie Erythropoetin, T-Lymphozyten, na- türliche Abwehrzellen (NK).
Als alleinige Behandlung haben sie (vielleicht von einigen Systemer- krankungen wie der chronischen Myelose und der Haarzell-Leukämie abgesehen) insgesamt enttäuscht.
Um so wirksamer ist die in vielen Zentren intensivierte Kombination mit Strahlen- und/oder Chemothera- pie, zumal wichtige Rezeptoren auf der Oberfläche der Tumorzellen de- nen normaler Lymphozyten und Mo- nozyten gleich oder ähnlich sind.
Stammzellen stimulierende Rekom- binanten (bis zu 9,4 x steigernde Dosen von 3 x täglich 3 .tg/kg Gew.
CSF (s. o.) + 120 Einh. Interleukin 3/m2/Tag) sind auch in Deutschland erhältlich oder befinden sich in soge- nannten Phase-3-Studien. M-CSF oder GM-CSF (siehe Abschnitt 2) verkürzen die kritische Neutropenie und überraschenderweise auch die Thrombozytopenie (HoelzerlFrank- furt,Mertelsmann1Freiburg u. a.) und erhöhen (zum Beispiel verabreicht an den Tagen 5 bis 20) die Wirksam- keit der vorzugsweise Cisplatin ent- haltenden Chemotherapie. Kritische Zwischenphasen können mit Leuka- pherese überbrückt werden.
4.) Zusammenfassung
Während der 15. Weltkongreß relativ wenig grundlegende Fort- schritte bei den drei klassischen Me- thoden „Stahl, Strahl und Chemo- therapie" auswies, haben einige zu- sätzliche Behandlungen wie die Zu- fuhr immunologisch aktiver Zellen oder Proteine, die Stimulation des körpereigenen Abwehrsystems, die Transplantation oder die Aktivie- rung körpereigener Stammzellen die Möglichkeiten der Chemotherapie ausgedehnt und diese risikoärmer gemacht.
Anschrift des Verfassers:
Professor Dr. med. Dr. h. c.
Rudolf Gross
Herbert-Lewin-Straße 5 5000 Köln 41
FÜR SIE REFERIERT
Haferkleie oder Weizen
J. F. Swain und Mitarbeiter (Bo- ston) untersuchten an 20 gesunden Normalpersonen zwischen 23 und 49 Jahren eine isokalorische Diät mit Haferkleie, reich an Ballaststoffen, und eine Weizenkost mit geringem Faserstoffgehalt. Die Kostformen wurden jeweils sechs Wochen verab- reicht (doppelblind, crossover), nachdem die Versuchspersonen zu- erst für eine Woche ihre Normalkost eingenommen hatten.
Die mittleren Cholesterinwerte unterschieden sich ebensowenig zwi- schen den beiden Kostformen (172 ± 28 mg% für Haferkleie und 172 ± 25 mg% für Weizen) wie das LDL-Cholesterin (104 ± 24 mg%
und 107 ± 23 mg%) und das HDL- Cholesterin (54.2 ± 15.0 mg% bzw.
50.9 ± 15.2 mg%). Jedoch senkten beide Kostformen den mittleren Cholesterinspiegel um 7 bis 8 Pro- zent, verglichen mit der Ausgangspe- riode (186 ± 31 mg%). Die Ver- suchspersonen nahmen deutlich we- niger gesättigte Fettsäuren und Cho- lesterin und mehr ungesättigte Fett- säuren während des Untersuchungs- zeitraumes zu sich als davor. Diese Nahrungsumstellung alleine reicht als Erklärung für die Cholesterinsen- kung aus.
Die Autoren kommen zu dem Schluß, daß beide Diäten den mittle- ren Cholesterinspiegel in gleichem Maße senken und führen die Wir- kung auf den Austausch der diäteti- schen Fette (weniger gesättigte Fett- säuren und Cholesterin, mehr unge- sättigte Fettsäuren) zurück und nicht auf eine Eigenwirkung der Ballast- stoffe. Eine Wirkung auf den Blut- druck wurde bei keiner Kostform be- obachtet. nkl
Swain, J. F., L. Rouse, B. Curley, M. Sacks:
Comparison of the effects of oat bran and low-fiber wheat an serum-lipoprotein le- vels and blond pressure. N. Engl. J. Med.
1990; 322: 147-52.
Dr. Frank M. Sacks, 180 Longwood Ave., Boston, MA 02115, USA
A-2632 (56) Dt. Ärztebl. 87, Heft 36, 6. September 1990