MEDIZIN
wenige krankheitsspezifische Thera- piebesonderheiten.
Chronische Polyarthritis (28)
In diesem Falle ist das Verschrei- ben und die Durchführung einer ge- zielten Krankengymnastik sowie Er- gotherapie eine besondere Kunst, aber gerade deshalb entscheidend wichtig. Dabei ist der oftmals redu- zierte Allgemeinzustand samt der mitschwingenden depressiven Ver- stimmung zu berücksichtigen.
Die Spondylitis ankylosans (27)
Aufgrund ihrer persönlichen Selbständigkeit und Eigenaktivität verlangen die Patienten eine partner- schaftliche Beziehung zu ihrem Arzt.
Die sich fast regelmäßig einstellende Überlastungssymptomatik der ge- samten Wirbelsäule, die zu gleichen Teilen sowohl die ligamentären Strukturen als auch die Muskulatur betrifft, verlangt nach Erholungszei- ten mit häufigen Wärmeanwendun- gen und lediglich lockeren Aus- gleichsbewegungen. Die Osteoporo- seprobleme im Zusammenhang mit dem Rundrücken sind gesondert zu beachten.
Die systemische Sklerose
Eine Kombination von Wärme und Bindgewebsmassage vermag den Hautschlauch im Rahmen des Mögli- chen weit zu erhalten. Die Atmungs- gymnastik mit Drehdehnlagerungen
ZUR FORTBILDUNG/FÜR SIE REFERIERT
hat frühzeitig prophylaktisch einzu- setzen. Die Kontrakturprophylaxe ist stets zu beachten.
Kritisch zu betrachtende Therapieverfahren
Die Ultraschallbehandlung
Aus nicht einsehbaren Gründen hält sich die Meinung einer besonde- ren Wirksamkeit des Ultraschalls bei chronisch-rheumatischen Gelenks- entzündungen aufrecht. Eine antient- zündliche Wirkung konnte nie nach- gewiesen werden, und die analgeti- sche Wirkung bleibt weiterhin um- stritten. Die Ansatztendinose gilt als die klassische Indikation, obwohl auch sie nie exakt geklärt werden konnte (5, 10).
Alle elektrotherapeutischen Verfahren
Es gibt unter den elektrothera- peutischen Verfahren kein Gerät, das in irgendeiner Hinsicht einen besonderen Aspekt der entzündlich- rheumatischen Erkrankungen zu behandeln in der Lage wäre. Für deren Einsatz bedarf es in jedem ein- zelnen Fall einer besonderen Indikation unter den Sekundär- befunden und -beschwerden. Auch für die niederfrequenten elektroma- gnetischen Felder fehlen Wirksam- keitsnachweise, ja sogar nachvollzieh- bare Wirkvorstellungen.
Radon-Kuren
Kureffekte im Sinne der allge- meinen Erholung und der Verbesse- rung der Restgesundheit sind unbe- stritten (22).
Es gelang aber bisher nicht, dem Radon eine auch nur einigermaßen spezifische Wirkung zuzuschreiben.
Eine kürzlich erschienene Arbeit glaubt sogar, bei degenerativ beding- ten und damit eben nicht rheuma- tisch-entzündlich bedingten Halswir- belsäulen-Beschwerden eine erst nach Abschluß einer Radon-Bäder- Kur auftretende analgetische Wir- kung beobachtet zu haben (21). Auch in diesem Fall fehlt es an akzeptierten Vorstellungen und Hypothesen. Die angegebenen Indikationen sind zu va- ge und zu breit, um Vertrauen zu er- wecken.
Zitierweise dieses Beitrags:
Dt Ärztebl 1995; 92: A-3062-3068 [Heft 45]
Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis im Sonderdruck, anzufordern über den Verfasser.
Anschrift für die Verfasser:
Prof Dr. med. Edward Senn Klinik für Physikalische Medizin und Rehabilitation
Klinikum Großhadern Marchioninistraße 15 81377 München
Therapiebeginn mit Zidovudin bei AIDS
Um den günstigsten Zeitpunkt einer Zidovudin-Therapie bei asym- ptomatischen AIDS-Patienten mit mehr als 500 Helferzellen pro Millili- ter herauszufinden, wurden im Zeit- raum von 1987 bis 1989 in eine ameri- kanische multizentrische Studie 1 637 Patienten eingeschlossen.
Die Patienten erhielten plazebo- kontrolliert 0 mg, 500 mg oder 1 500 mg Zidovudin pro Tag, bei Progressi- on der Erkrankung und Abfall der T- Helferzellen unter 500 pro Mikroliter erhielten alle Studienteilnehmer Zi-
dovudin in einer Dosierung von 500 mg pro Tag. Untersucht wurden Überlebensdauer, Symptomfreiheit, Nebenwirkungen der Therapie und T- Helferzellzahlen.
Zwischen den Gruppen fand sich kein Unterschied für die Überlebens- dauer oder die Symptomfreiheit, le- diglich der Abfall der T-Helferzellen konnt durch die niedrig- wie hochdo- sierte Zidovudintherapie verzögert werden. Als Nebenwirkungen fanden sich in beiden Behandlungsgruppen Anämien und Granulozytopenien.
Die Autoren kommen zu dem Schluß, daß bei asymptomatischen AIDS-Patienten mit T-Helferzellen größer als 500 pro Milliliter eine routi- nemäßige Gabe von Zidovudin nicht indiziert ist. acc
Volderberg PA et al: A comparison of im- mediate with deferred zidovudine thera- py for asymptomatic HIV-infected adults with CD4 cell counts of 500 or more per cubic millimeter. N Engl J Med 1995; 333:
401-7.
Dr. Volberding, USCF AIDS Program, San Francisco General Hospital, 995 Pot- rero Ave., Bldg. 80, Wrd 84, San Francis- co, CA 94110, USA
A-3068 (58) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 45, 10. November 1995