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Archiv "Das neue Krankenversicherungsgesetz der Schweiz: Die beste der Alternativen" (17.02.1995)

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Abbildung 1: Ja-Stimmen-Anteile beim Krankenversicherungsgesetz

über 60%

NZZ

50-60%

20-40% 40-50%

A-416 (26) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 7, 17. Februar 1995

THEMEN DER ZEIT BLICK INS AUSLAND

und der Anzahl der Versicherten ei- ner Krankenkasse errechnet. Die Fi- nanzierung erfolgt im übrigen über Mitgliederbeiträge (Prämien), die nach Eintrittsalter in eine Kasse, Ge- schlecht — Prämien für Frauen dürfen maximal zehn Prozent über denen für Männer liegen — und nach örtlichen Kostenunterschieden berechnet wer- den. Die wirtschaftliche Situation des

Versicherten ist für die Prämienbe- rechnung irrelevant. Ferner haben die Versicherten einen Kostenselbstbe- halt zu leisten. Dieser setzt sich aus ei- nem nach oben begrenzten Sockelbe- trag pro Jahr von zur Zeit maximal 1 200 Franken und einem zehnpro- zentigen Kostenbeitrag auf die den Sockelbetrag überschreitenden Ko- sten (inklusive Medikamente) zusam- men. Die Tarife sind kantonal gere- gelt und werden zwischen Spitälern beziehungsweise kantonalen Ärzte- gesellschaften einerseits und den kan- tonalen Krankenkassenverbänden andererseits ausgehandelt und in Ar- beitsverträgen festgeschrieben (vgl.

Abbildung 2). Diese Tarifverträge be- dürfen der Genehmigung durch die zuständigen Kantonsregierungen.

Weitere wesentliche Grund- merkmale des bis Ende des Jahres noch geltenden Gesetzes sind die grundsätzlich freie Arzt- und Spital- wahl, das gesetzlich gewährte Bei- trittsrecht des Arztes zu bestehenden Verträgen, das Kostenerstattungs- prinzip, die Honorarschuldnerschaft des Patienten sowie die bundesrecht- liche Freiwilligkeit der Krankenpfle- ge und der Krankentagegeldversiche- rung. Die Krankenpflege umfaßt die diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen des Arztes und gesetz- lich definierter Hilfspersonen und ist nicht mit der Pflegeversicherung in Deutschland zu verwechseln.

Mängel und

deren Konsequenzen

Die überdurchschnittliche Teue- rung im Gesundheitswesen schlägt auch in der Schweiz stark zu Buche.

Darüber hinaus wurden 1977 — als Teilmaßnahme zur Sanierung der not- leidenden Bundesfinanzen — die Höhe der Subventionen des Bundes an die Krankenkassen auf dem Stan- de des Jahres 1976 eingefroren. Die Folge war, daß seither die Teuerung im Gesundheitswesen voll über Prä- mienaufschläge von Versicherten ge- tragen wird. Mit unserem System der einkommens- und vermögensunab- hängigen Kopfprämien hat das zu Prämienhöhen geführt, die für viele Familien nicht mehr tragbar sind.

Kassenaustritte gerade von Versi- Das Gesetz von 1911, auf dem die

soziale Krankenversicherung der Schweiz bislang beruht, ist im Grunde ein reines Subventionsgesetz. Es legt die Minimalleistungen fest, die eine Krankenkasse zu erbringen hat, da- mit sie Anrecht auf Bundeszuweisun- gen hat. Diese Subventionen werden auf der Basis der durchschnittlichen Kostenentwicklung des Vorjahres

Das neue Krankenversicherungsgesetz der Schweiz

Die beste der Alternativen

Hans Rudolf Sahli

Die soziale Krankenversicherung in der Schweiz basiert noch auf einem Bundes-

gesetz aus dem Jahr 1911. Mit Ausnahme einer Teilrevision im Jahr 1964 sind

sämtliche Revisionsversuche gescheitert. 1989 beauftragte der Bundesrat — die

schweizerische Regierung — eine Kommission mit der Ausarbeitung einer aktuel-

len sozialpolitischen Vorstellungen entsprechenden Gesetzesvorlage. Der Entwurf,

den die Kommission der Regierung vorlegte, wurde von dieser und vom Parlament

in mehreren besonders für die Ärzteschaft wichtigen Bestimmungen in der Regel

zu deren Ungunsten modifiziert. Nach einem heftig geführten Abstimmungs-

kampf im Dezember 1994 wurde das neue Krankenversicherungsgesetz (KVG)

mit einer knappen Mehrheit von 51 Prozent bei der Volksabstimmung gutge-

heißen ( siehe Tabelle und Abbildung 1). Es soll am 1. Januar 1996 in Kraft treten.

(2)

43,0 20,7 66,0

36,8 16,7 49,0

21,3 8,2 44,0

Kantone „Ja" % „Ja" % 0/0

Zürich (ZH) 47,7 22,4 48,4

Bern (BE) 53,3 25,1 43,4

Luzern (LU) 42,1 17,6 46,2

Uri (UR) 52,4 21,4 42,0

Schwyz (SZ) 35,7 16,5 41,1

Obwalden (OW) 35,5 11,2 39,9

Nidwalden (NW) 41,0 14,3 43,5

Glarus (GL) 50,2 17,5 37,3

Zug (ZG) 42,4 18,2 47,4

Freiburg (FR) 65,9 26,3 37,8

Solothurn (SO) 45,0 24,2 51,8

Basel-Stadt (BS) 62,3 28,2 49,3

Baselland (BL) 51,0 20,6 46,5

St. Gallen (SG) 43,6 17,5 43,6

Aargau (AG) 40,0 16,5 37,7

Thurgau (TG) 34,1 15,3 44,9

Tessin (TI) 66,2 30,7 37,9

Waadt (VS) 66,2 29,7 38,7

Wallis (VI) 56,2 22,8 38,9

Neuenburg (NE) 74,9 34,7 38,8

Genf (GE) 69,5 38,0 51,0

Jura (JU) 83,9 41,7 37,9

Schweiz 51,8 23,5 43,0

Schaffhausen (SH) Appenzell A.-Rh. (AR) Appenzell I.-Rh. (Al)

Tabelle: Die Ergebnisse der eidgenössischen Abstimmung

Kranken- versicherungs- gesetz

Kranken- versicherungs- initiative

Stimm- beteili- gung

Graubünden (GR) 53,8 20,6 31,3

THEMEN DER ZEIT

cherten in bescheidenen wirtschaftli- chen Verhältnissen sind die Folge.

Im Bestreben, attraktive Prä- mienangebote zu machen, haben die Krankenkassen ihrerseits begonnen, Günstigkassen für Versicherte mit ge- ringem Krankheitsrisiko zu gründen.

Da sich die Höhe der Grundprämie unter anderem nach dem Eintrittsal- ter in eine Kasse richtet, können jun- ge Versicherte - eben gute Risiken - praktisch ohne Schaden die Kasse wechseln und einer Günstigkasse bei- treten, die dank der Risikoselektion die Prämien niedrig halten kann Äl- tere Versicherte können die Kasse faktisch wegen der zu erwartenden hohen Grundprämie in der neuen Kasse kaum mehr wechseln. Das führte in den letzten Jahren zu einer systemgefährdenden Entsolidarisie- rung. Aus dieser Sackgasse gab es nur zwei Auswege: eine Gesetzesände- rung oder die Einführung eines staat- lichen Gesundheitswesens, wobei letzteres jedoch beim Volk auf Ableh- nung stieß.

Vielfalt an Neuerungen Dem Entsolidarisierungsprozeß soll durch das neue Krankenversiche- rungsgesetz mit der Einführung eines Versicherungsobligatoriums und ei- nem vorläufig auf zehn Jahre befriste- ten finanziellen Risikoausgleich zwi- schen den einzelnen Kassen Einhalt geboten werden. Im Gegensatz zu heute sollen beim Kassenwechsel die Prämien nicht mehr nach dem Ein- trittsalter abgestuft werden und je nach Geschlecht unterschiedlich aus- fallen können. Für Kinder gelten re- duzierte Sätze.

Der Leistungskatalog wurde für alle Kassen einheitlich festgelegt und wesentlich erweitert. Neu hinzuge- kommen sind unter anderem: Pflege- maßnahmen zu Hause oder in einem Pflegeheim, zeitlich unbegrenzte Spi- talpflege in der allgemeinen Abtei- lung (bisher auf 720 Tage beschränkt), Rehabilitationsmaßnahmen, Vergü- tung von Transport- und Rettungsko- sten, zahnärztliche Behandlungen, die durch eine schwere Krankheit bedingt oder zu deren Behandlung nötig sind sowie Maßnahmen zur medizinischen Prävention und zur individuellen Ge-

BLICK INS AUSLAND

sundheitsförderung. Die durch die Leistungsausweitung zu erwartenden Mehrkosten sollen durch verstärkte Kostenkontrollmaßnahmen und durch die Einführung von Wettbe- werbsmechanismen in einem erträgli- chen Rahmen gehalten werden. An-

stelle der heute üblichen kantonalen Verbandsverträge soll eine Vielfalt von Verträgen mit Gruppen von Ärz- ten, theoretisch sogar mit einzelnen Ärzten möglich sein. Das bisher ge- setzlich garantierte Beitrittsrecht von Ärzten zu solchen Verträgen fällt weg.

A-418 (28) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 7, 17. Februar 1995

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Abbildung 2: Krankenpflegekosten (Grundversicherung) für Erwachsene 1993

Deutsches Ärzteblatt N

1500

1000

500 GE BS VD TI NE JU BL ZH 2000

(in Schweizer Franken) THEMEN DER ZEIT

Die Tarife können als Zeittarif, als Pauschaltarif oder auch als Einzel- leistungstarif — in diesem Fall neu mit einer gesamtschweizerisch einheitli- chen Tarifstruktur — konzipiert sein.

Meistbegünstigungsklauseln und Sondervertragsverbote wie sie bis heute üblich sind, sind ab 1. Januar 1996 ausdrücklich verboten. Bei der Festlegung der Tarife sollen Patien- tenorganisationen ein Anhörungs- recht bekommen Auch besondere Versicherungsformen wie Bonus oder Health Maintenance Organizations sind künftig zugelassen.

Beim Aufenthalt in öffentlichen oder öffentlich subventionierten Spitälern haben die Kassen maximal 50 Prozent der anrechenbaren Kosten zu tragen. Die Vergütung erfolgt über vertraglich vereinbarte Pauschalen, wobei Betriebskostenanteile aus Überkapazität, Investitionskosten und Kosten für Lehre und Forschung nicht angerechnet werden. Die Spitäler haben zu Vergleichszwecken eine einheitliche Kostenstellenrech- nung zu führen und sie haben, um zu Lasten der Krankenversicherung zu- gelassen zu werden, einer kantonalen Spitalplanung zu entsprechen.

Zur Eindämmung eines über- durchschnittlichen Kostenanstieges können die Kantone als befristete Maßnahme eine Globalbudgetierung für die Spitäler einführen. Dasselbe gilt für den ambulanten Versorgungs- bereich, wenn der Jahreskostenan- stieg in einem Sektor doppelt so hoch ist wie die allgemeine Preis- und Lohnentwicklung.

Im Dienste der Kosteneindäm- mung sind erstmals auch die gesetzli- chen Grundlagen für eine Qualitätssi- cherung geschaffen worden. Der Arzt hat nicht nur im Gegensatz zu heute eine vom Bundesrat zu definierende Weiterbildung nach dem Staatsex- amen vorzuweisen. Die schweizeri- sche Landesregierung kann darüber hinaus „besonders kostspielige oder schwierige Untersuchungen oder Be- handlungen" von ihr bestimmten Lei- stungserbringern vorbehalten. Ferner kann sie zur Sicherung der Qualität die Vergütung bestimmter Leistungen abhängig machen vom „Vorliegen der notwendigen Infrastruktur und der notwendigen Aus-, Weiter- oder Fort- bildung eines Leistungserbringers".

BLICK INS AUSLAND

Die Kassen haben nach dem neuen KVG außerdem Vertrau- ensärzte zu bestellen, deren Stellung gegenüber dem behandelnden Arzt deutlich verstärkt wird.

Die Finanzierung schließlich wird grundsätzlich wie bisher durch Kopfprämien, durch Kostenbeteili- gungen und durch Beiträge der öf- fentlichen Hand erfolgen. Im Gegen- satz zu heute erfolgt die Zuweisung von Steuergeldern aber nicht mehr an die Krankenkassen, sondern der Bund zahlt seinen Beitrag künftig an die Kantone aus, die ihrerseits minde- stens die Hälfte der Bundessubven- tionen zur gezielten Prämienverbilli- gung der wirtschaftlich Schwächeren einzusetzen haben. Übersteigt die Prämie eines Versicherten (inklusive seiner Familienangehörigen) einen von jedem Kanton für sich einzeln festgelegten Prozentsatz des Einkom- mens, so übernimmt der Kanton den überschießenden Betrag.

Kein Qualitätssiegel für den Gesetzgeber

Die knappe Annahme der Novel- le mit 51 Prozent zeigt, daß die neuen Bestimmungen nicht nur innerhalb der Ärzteschaft, sondern auch in der Be- völkerung sehr umstritten sind. Eines der Hauptziele, die das ganze bisherige System gefährdende Entsolidarisie- rung unter den Versicherten zu stop- pen, dürfte mit der Einführung des Versicherungsobligatoriums, der de

facto-Freizügigkeit und dem Risiko- ausgleich zwischen den Kassen mit dem neuen Gesetz erreicht werden.

Auch der neue Finanzierungsmodus dürfte der sozialen Aufgabe der Kran- kenversicherung besser gerecht wer- den.

Die Kehrseite der künftig nach wirtschaftlichen Kriterien gezielt er- folgenden Zuweisung öffentlicher Gelder zur individuellen Prämienver- billigung ist allerdings, daß rund zwei Drittel der Versicherten allein auf- grund des Systemwechsels mit höhe- ren statt mit den erhofften tieferen Prämien zu rechnen haben werden.

Der sehr großzügig erfolgte Lei- stungsausbau dürfte darüber hinaus einen Kostenschub zur Folge haben, der einiges über den von der Bundes- verwaltung geschätzten 1,3 Milliarden Franken liegen wird.

Die Auswirkungen der über- stürzt und in letzter Minute vom Par- lament eingebauten Deregulierungs- maßnahmen bleiben abzuwarten. Im- merhin läßt sich heute schon voraus- sagen, daß sie die Gefahr einer Qua- litätsminderung und einer Zweiklas- senmedizin beinhalten. Die Ärzte- schaft wird in die unbequeme Lage versetzt, unter erhöhten unternehme- rischen Risiken und verstärkten diri- gistischen Zwangsbestimmungen agieren zu müssen.

Die durch den erweiterten Lei- stungskatalog bedingte Mengenaus- weitung wird einen Kostenschub zur Folge haben, der zusammen mit den übrigen Kostenfaktoren sehr rasch Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 7, 17. Februar 1995 (29) A-419

(4)

THEMEN DER ZEIT

zur Tarifblockierung führen kann.

Vieles ist außerdem nicht im Gesetz geregelt, sondern zur Reglementie- rung auf dem Verordnungsweg an die Verwaltungsbehörde delegiert. Dies ist kein Qualitätssiegel für den Ge- setzgeber und überdies ordnungspoli- tisch bedenklich

Ermuntert durch die schweizeri- sche Kartellkommission haben be- reits Zusammenschlüsse von Kassen stattgefunden, die marktbeherr- schend sind und die angefangen ha- ben, selbst medizinische Leistungen zu erbringen. Es ist zu befürchten, daß die Macht des Faktischen die Auf- sichtsbehörde über diese Illegalität hinweg sehen läßt. Angesichts dieser

Was den Frauen die Menopause, ist den Männern — ja, was wohl: Kli- makterium virile, Midlife crisis, Andropause oder gar Somatopause?

Auf einen „griffigen" Namen konnten sich die Experten beim 1. Gießener Andrologie-Workshop nicht einigen;

gegen das Klimakterium sprechen die fehlenden „Hitzewallungen", die Midlife crisis ist längst anderweitig be- legt, für die Andropause fehlt der ent- sprechende biologische Einschnitt, und zur Somatopause — abgeleitet von der sistierenden Produktion von Wachstumshormonen — war die vor- herrschende Stimmung „keine Mei- nung". Obwohl die spezifischen Zei- chen der nachlassenden Testosteron- Produktion recht treffend auch unter

„unspezifischen Altersbeschwerden"

laufen könnten.

Hormon-Substitution der Be- schwerden des nicht vorhandenen Klimakterium virile? Im Prinzip ja, aber womit, ab wann oder welchen Serumspiegeln? Dazu blieben die Re- ferenten die Antwort größtenteils schuldig. Wenn Testosteron, dann in physiologischen Dosen, möglichst, ohne „Spitzen und Täler" im Serum zu erzeugen. Oral täglich, als Injekti-

BLICK INS AUSLAND/BERICHTE

und weiterer Nachteile mag es erstau- nen, daß die Ärzteschaft nicht ge- schlossen gegen diesen Gesetzesent- wurf angetreten ist. Die Ärztekam- mer — unsere Legislative, dem Deut- schen Ärztetag entsprechend — hatte schließlich Stimmfreigabe beschlos- sen, aus der Erkenntnis heraus, daß bei nüchterner Analyse des politi- schen Umfeldes nur noch schlechtere Alternativen hätten realisiert werden können.

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Hans Rudolf Sahli Verbindung der Schweizer Ärzte Elfenstraße 18

CH-3000 Bern 16

an dreiwöchig, als Implantat oder als Skrotalpflaster — in Zukunft sogar als Pflaster für weniger spektakuläre Stellen?

Oral resultieren höhere „Spitzen- werte" als während des circadianen Rhythmus, die Injektion und erst recht das Implantat wirkt — im Falle eines Prostatakarzinoms — zu lang- dauernd, das Pflaster ist umständlich.

Bei allen gemeinsam stellt sich die Frage, inwieweit die Prostata negativ beeinflußt werden könnte, auch im Sinne der gutartigen Vergrößerung.

Testosteron

auch für ältere Männer

Der Vorschlag, doch auch Män- ner im höheren Alter von den Vortei- len der Östrogen-Substitution ent- sprechend profitieren zu lassen, stieß beim — größtenteils männlichen — Fachpublikum auf wenig Gegenliebe, obwohl Testosteron zum Teil in Östrogen umgewandelt wird und oh- ne dieses Hormon auch männlicher- seits nicht alles „regelrecht" läuft.

Physiologischer, so befanden die Münsteraner Andrologen, sei die

Substitution mit Testosteron und die körpereigene Metabolisierung in Östrogen und Dihydrotestosteron (DHT). Andererseits aber liegen auch Befunde vor, daß eben jene Verstoff- wechselung im Alter nicht mehr 100prozentig klappt: So soll anstelle des wirksamen 5-alpha-DHT beim al- ternden Mann verstärkt unwirksames 5-beta-DHT gebildet werden. Gestör- te Balance? Daß altersbedingte Ver- änderungen im Androgen- und Östro- gen-Stoffwechsel der menschlichen Prostata vorliegen, legt auch eine Bo- chumer Untersuchung nahe Ob aller- dings der „alternde" Metabolismus dieser Hormone schuld an der beni- gnen Prostata-Hyperplasie ist, kann derzeit weder mit ja noch nein beant- wortet werden.

Unbestritten blieben die große individuelle Varianz der Testosteron- spiegel und die Tatsache, daß die Testosteron-Produktion in den Ley- dig-Zellen im hohen Alter — aber auch infolge von Krankheiten, Lebens- führung und mangelnder sexueller Aktivität — abfällt. Besteht hier nicht eine Querverbindung zur nachlassen- den Produktion von Wachstumshor- mon, könnte nicht das versiegende Somatostatin die Ursache sein und die Substitution damit der „Jungbrun- nen"? Speziell, nachdem sich das Hor- mon nicht mehr wie in der Jugend durch Stimuli wie Sport ankurbeln läßt? Die Fettmasse sinkt, die Muskel- kraft steigt, die Lipide kommen etwas ins Lot, der Knochen-turn-over nimmt zu, die Lebensqualität steigt — aber mögliche negative Folgen hin- sichtlich Krebsrisiko sind offen.

Die vielen unbeantworteten Fra- gen machen zumindest eines deutlich:

Der Wissensstand um den alternden Mann ist äußerst begrenzt, verglichen mit Diagnostik, Therapie und Prophy- laxe bei Frauen nach der Menopause.

Die Andrologie hat sich bisher über- wiegend um reproduktionsmedizini- sche Fragen bei jungen Männern gekümmert — ältere suchen zumeist nicht wegen eines Kinderwunsches ärztlichen Rat, sondern wegen erekti- 1er Dysfunktion. Daß ein gesunder Mann bis ins hohe Alter fertil bleiben und Kinder zeugen kann, ist unbestrit- ten. Allerdings nur dann, wenn er eine entsprechend junge Frau als Partnerin hat. Dr. Renate Leinmüller

And roloc ie-Worksho

3

Die hormonelle Substitution des Klimakterium virile

A-422 (32) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 7, 17. Februar 1995

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