Zur Fortbildung Aktuelle Medizin KONG RESS-NACHRICHTEN
Arteriosklerose therapiefähig?
Die Gazetten sind in diesen Wo- chen angefüllt von einer höchst attraktiven experimentellen me- dizinischen Nachricht: Bei Fütte- rung einer sklerogenen mensch- lichen Normalkost entwickeln Af- fen handfeste Arteriosklerosen und Koronarsklerosen. Wenn man die sklerogene Diät durch antisklerogene Kost ersetzt (vor allem Austausch gesättigter Fett- säuren durch ungesättigte und Weglassen von cholesterinhalti- gen Nahrungsbestandteilen) und vielleicht noch Colestyramin da- zugibt, bilden sich besagte Arte- riosklerosen bei Affen weitge- hend wieder zurück (Professor Dr. Draga Vesselinovich, Patho- logisches Institut der Universität Chicago). Beim Menschen funk- tioniert das leider nicht oder zu- mindest nicht so deutlich, weil die Arteriosklerose durch eine Menge anderer Risikofaktoren mitbedingt ist. Immerhin ist der alimentäre sklerogene Faktor für rund 50 Prozent der klinisch ma- nifesten koronaren Herzkrank- heiten beziehungsweise der vor- zeitigen Infarkttodesfälle verant- wortlich, wie Professor Dr. 0.
Turpeinen (Helsinki) festgestellt hat. Antisklerogene Diät reduziert die kardiovaskuläre Morbidität und Frühmortalität im langjähri- gen Ernährungsexperiment prak- tisch um den Faktor 2.
(Presseforum der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, Februar 1977, München)
Zytologische Diagnose des
Speiseröhrenkrebses
Die Untersuchung umfaßte 625 Fälle und ergab ein positives zy- tologisches Ergebnis in 200 von 201 Speiseröhrenkrebsen und falsch-positive Ergebnisse bei 5 von 424 gutartigen Erkrankungen der Speiseröhre. Das Ergebnis der zytologischen Untersuchung
ist weitgehend abhängig von der Art der Entnahme. Es wird eine seit 1972 geübte neue Art der Zellgewinnung aus der Speise- röhre beschrieben (Tokiaki Toyo- hara, Kuniharu Ishioka, Akira Sato, Yoshihide Umetsu, Masashi Goto und Mitsuo Kobiyama — Third Dept. of Internal Medicine, Tohoku University School of Me- dicine, Sendai, Dept. of Internal Medicine, (wate Prefectural Kita- kami Hospital, Kitakami, and Dept. of Internal Medicine, Ishin- omaki Red Cross Hospital, Ishin- omaki, Japan). MS
(VI. Internationaler Zytologiekongreß, To- kio 1977)
Risiken der Intensivtherapie
Die Risiken intensivmedizini- scher Diagnostik und Therapie sollten an sich schon zu wohl- überlegter Indikation ihres Ein- satzes zwingen. Niemand ande- rem als dem Intensivmediziner sind sie bekannter,' und er be- müht sich, sie zu vermeiden.
Dennoch hat der Rechtsmedizi- ner offenbar allen Grund, an diese Nebenwirkungen zu erin- nern (Privatdozent Dr. med. E.
Schulz, Institut für Rechtsmedi- zin der Universität Würzburg). Es handelt sich in erster Linie um Komplikationen der Intubation, der Tracheotomie, der Karotisan- giographie, des Subklaviakathe- ters, um Überwässerungs- und Transfusionsschäden. — Unver- meidbar bei schwerem Schock sind dagegen allfällige respirato- rische Insuffizienz (Schocklunge) und die Streßulzera. — Die um- schriebenen Folgen ärztlicher Eingriffe sind weitgehend ver- meidbar. „Weil sie es sind, ist es gerechtfertigt, diese Seite der modernen Medizin etwas stärker zu betonen, als allgemein üblich ist" (Schulz).
(Frühjahrskongreß des Bundesverbandes deutscher Ärzte für Naturheilverfahren, März 1977, Garmisch-Partenkirchen)
Primäre Geschlechts- differenzierung
Die Keimdrüsen entstammen beim männlichen und beim weib- lichen Geschlecht der gleichen Anlage. In ihr treffen zuerst die undifferenzierten, sehr teilungs- aktiven Ur-Keimzellen ein. Mül- lerscher und Wolffscher Gang treffen sich dort ebenfalls, zu- nächst noch gleichberechtigt.
Wenn der Chromosomensatz des in Entwicklung befindlichen Indi- viduums ein Y enthält, schwenkt die Differenzierung noch vor den ersten „Follikelschritten" in an- drogene Richtung ein: Sertoli- Zellen bilden sich und umfassen die einzelnen Keimzellen; der Müllersche Gang bleibt auf der Strecke (Professor Dr. H. Peters, Embryologisches Institut der Uni- versität Kopenhagen). — Wenn dies nicht eintritt, beginnt ein bißchen später die Differenzie- rung der Ovarien: Die Ur-Keim- zellen teilen sich noch eine Zeit- lang weiter zu Oogonien und Oozyten, bis zum Teilungsstop in der meiotischen Prophase. — In diesem Zustand bleiben die Ei- zellen von der Embryonalperiode bis zum Jahrzehnte später erfol- genden Eisprung, betonte Frau Peters. Es gibt in den Eizellen zwischen Embryonalzeit und späterer Befruchtung keine ge- netischen Veränderungen mehr!
Man vermutet einen sogenannten Stopping-Factor, der wahr- scheinlich im heranwachsenden Rete ovarii gebildet wird, das im übrigen die Granulosazellen her- anschafft, die als erste die Eizel- len voneinander isolieren und die frühesten Follikelformen bilden.
Dazu bedarf es allerdings bereits des follikelstimulierenden Hor- mons FSH aus der Hypophyse, ohne das die Oozyten „nackt"
bleiben und untergehen. WP
(22. Symposium der deutschen Gesell- schaft für Endokrinologie, Februar 1977, Lübeck-Travemünde)