Skepsis
Es ist bis heute nicht si- cher, ob durch eine By- pass-Operation das spä- tere Eintreten eines Her- zinfarktes verhütet werden kann. Es ist weiterhin bis heute nicht sicher, ob durch eine Bypass-Opera- tion generell eine Lebens- verlängerung erreicht wer- den kann. Berücksichtigt man diese Tatsachen, so erscheint der fast grenzen- lose Optimismus schwer verständlich, mit dem ge- genwärtig der Ausbau der Herzchirurgie in der Bun- desrepublik vorangetrie- ben wird; die Herzchirur- gie ist heute überwiegend Koronarchirurgie.
Zwar ist es sicher, daß vie- len Patienten durch eine Bypassoperation in wirksa- mer Weise geholfen wer- den kann. Bis zu 80 Pro- zent verlieren ihre pektan- ösen Beschwerden, und bei sehr vielen bessert sich auch ihre Leistungsfähig- keit. Diese Verbesserung der Lebensqualität kann nicht hoch genug veran- schlagt werden.
Es muß aber auch gefragt werden, wie groß wirklich die Zahl der Patienten ist, deren herabgesetzte Le- bensqualität eine Bypass- operation erforderlich macht. Die überwiegende Mehrzahl der Patienten, die sich dieser Operation unterziehen, hat die Hoff- nung, daß die Operation ei- nem späteren Herzinfarkt vorbeugt und ihr Leben verlängert. Eine Lebens- verlängerung durch die By- passoperation ist bislang offenbar nur für eine klei- ne Untergruppe der Koro- narkranken weitgehend si- cher, nämlich für diejeni- gen mit einer Haupt- stammstenose.
Trotz vieler Statistiken konnte bisher eine lebens- verlängernde Wirksamkeit dieses Eingriffes nicht be- wiesen werden. Die in der
letzten Zeit so intensiv dis- kutierten Studien (VA-, Eu- ropean- und CASS-Studie kommen zu teilweise sehr widersprüchlichen Ergeb- nissen ... Auch eine In- farktverhütung durch die Bypassoperation konnte bisher nicht bewiesen wer- den (Roskamm u. a.). Die in vielen Fällen bestehen- de Unsicherheit, ob für den Patienten die Bypassope- ration die bessere Behand- lungsmöglichkeit gegen- über der konservativen Therapie darstellt, dürfte eine der Ursachen dafür sein, daß es bei der Indika- tionsstellung zur Bypass- operation einen großen Er- messensspielraum gibt.
Und dieser große Ermes- sensspielraum ist außer- dem noch Wandlungen un- terworfen.
So äußerte sich z. B. kürz- lich Lichtlen in einem Inter- view ,wie folgt: „ ... Aber fraglos werden auch in der Bundesrepublik manche Patienten operiert — vor- wiegend aus prophylakti- schen Gründen —, denen man den Eingriff hätte er- sparen können."
Der weite Ermessensspiel- raum bei der Indikations- stellung zur Bypass- operation ist wohl auch ei- ne wesentliche Ursache für die weit auseinander- klaffenden Bedarfschät- zungen hinsichtlich der notwendigen Operations- kapazität.
Hatte Roskamm noch ei- nen laufenden Bedarf von 150 Bypassoperationen pro 1 Million Einwohnern als wünschenswert ange- geben, so werden jetzt Zahlen von 400 Bypass- operationen pro 1 Million Einwohnern als bedarfsge- recht angesehen (z. B.
Loogen). Roskamm wies im DEUTSCHEN ÄRZTE- BLATT darauf hin, daß amerikanische Verhältnis- se auf diesem Gebiet nicht erstrebenswert sei- en. Bei einem Anhalten der rasanten Entwicklung in
der Bundesrepublik er- scheint es durchaus mög- lich, daß wir die amerikani- schen Verhältnisse in nicht allzu langer Zeit erreichen werden ...
Es sei an dieser Stelle — als ein vielleicht warnendes Beispiel — angeführt, daß wir auf einem Gebiet der Kardiologie die Amerika- ner bereits erreicht und so- gar „übertrumpft" haben.
Bei der Zahl der Herz- schrittmacher-Implantatio- nen liegen wir heute an der Weltspitze. Inzwischen wird von namhaften deut- schen Kardiologen darauf hingewiesen, daß diese Spitzenstellung auf einer zu großzügigen und teil- weise auch fehlerhaf- ten Indikationsstellung zur Schrittmacher-Implan- tation beruht. Zu dem ge- genwärtigen Zeitpunkt und bei der gegenwärtigen In- dikationsstellung besteht zweifellos noch ein Kapa- zitätsmangel hinsichtlich der notwendigen Bypass- operationen. Dieser Man- gel ist in den einzelnen Bundesländern unter- schiedlich groß. Es wäre zu überlegen, ob nicht eine bundesweit arbeitende Koordinierungsstelle hier hilfreich sein könnte.
Es sollte im Interesse aller liegen, daß in der Bundes- republik keine kardiochir- urgischen Überkapazitäten entstehen. Eine derartige Entwicklung ginge in er- ster Linie zu Lasten von koronarkranken Patienten, die dann unter einer sich wahrscheinlich immer mehr ausweitenden Indika- tionsstellung unnötiger- weise operiert würden.
Darüber hinaus würde der unnötige Aufbau und Aus- bau dieser kostspieligen Einrichtungen die Bemü- hungen um eine Kosten- dämpfung im Gesund- heitswesen zur Farce wer- den lassen.
Dr. med. Hans Siener Berliner Allee 56 4000 Düsseldorf 1
ZUR UMFASSENDEN
THERAPIE DER KORONAREN HERZKRANKHEIT:
ADALAT RETARIVADALAT.
Zusammensetzung:
1 Kapsel Adalat® 5 enthält 5 mg, 1 Kapsel Adalat® enthält 10 mg Nifedlpin. 1 Tablette Adalate retard enthält 20 mg Miedigle.
Indikationen:
Koronare Herzkrankheit Frühbehandlung und Langzeittherapie der koronaren Herz- krankheit (insbesondere chronische Koro- narinsuffizienz, Angina pectoris, Zustand nach Herzinfarkt); Koronarspasmen (Prinz- metal-Angina, Ruheangina). Hypertonie: Alle Formen des Hochdrucks.
Kontraindikation:
Gesamte Schwangerschaft.
Nebenwirkungen:
Begleiterscheinungen treten im allgemei- nen nur vereinzelt und vorzugsweise zu Beginn der Behandlung auf sie sind zudem meist leichter, vorübergehender Natur. Gele- gentlich kann es zu Kopfdruck, Gesichts- rötung, Wärmegefühl, Hautreaktionen, Schwindel, Übelkeit Beinödemen und Müdigkeit kommen. Wie auch bei anderen gefäßaktiven Substanzen können äußerst selten - unterAdalat ca.15-30 Minuten nach der Einnahme - Schmerzen im Bereich der Brust auftreten. In diesem Fall sollte Adalat abgesetzt werden, sofern ein kausaler Zusammenhang zu vermuten ist
Wechselwirkungen:
Adalat kann mit blutdrucksenkenden Mitteln gleichzeitig gegeben werden; bei Kombi- nation mit anderen Antihypertonika ist eine in etwa additive Wirkung zu berücksichti- gen. Die Behandlung mit Herzglykosiden kann während der Anwendung von Nifedipin begonnen und/oder fortgeführt werden. Eine Kombination mit g-Rezeptoren-Blockern oder einem Saluretikum ist möglich (vgl. Ärz- teprospekt). Bayer Leverkusen
Dosierung:
Je nach Schweregrad der Erkrankung und Ansprechbarkeit des Patienten. Die durch- schnittliche Tagesdosis beträgt im allge- meinen 15 - 30 mg Nifedipin (3x1 bis 3 x 2 Kapseln Adalat 5 bzw. 3 x 1 Kapsel Adalat). In besonderen Fällen Steigerung der Tages- dosis auf 60 mg (3 x 2 Kapseln Adela.
Bei Koronarspasmen (Prinzmetal-Angina, Ruheangina) Erhöhung der Tagesdosis auf 80 mg bis max. 120 mg (4 x 2 bis 6 x 2 Kap- seln Adalat). Bei Hypertonie Tagesdosen von 3 x 1 bis max. 3 x 2 Kapseln Adalat Bei dro- hendem Angina-pectoris-Anfall bzw. akuter Hochdruckkrise zum raschen Wirkungsein- tritt die Adalat-Kapseln vor dem Schlucken zerbeißen. Bei Einzeldosen von 20 mg einen Einnahmeabstand von 2 Std. nicht unter- schreiten. Soll die Retardtablette eingesetzt werden, wird eine Tagesdosis von 2 x 1 Tablette Adalat retard (2 x 20 mg) empfohlen, die in einigen Fällen auf 2 x 40 mg erhöht werden kann. Wenn bei Angina pectoris nach etwa 14tägiger Behandlungszeit kein ausreichender Therapieerfolg eintritt, sollte ein Übergang auf die schnell wirkende Ada- lat-Kapsel (zu 10 mg) erfolgen.
Handelsformen:
Adalat retard: Tabletten zu 20 mg Nifedipin.
Packung mit 30Tabletten 38,28 DM; Packung mit 50 Tabletten 60,28 DM; Packung mit 100 Tabletten 107,55 DM; Anstaltspackung. Adalat 5: Kapseln zu 5 mg Nifedipin. Packung mit 30 Kapseln 14,88 DM; Packung mit 50 Kapseln 24,46 DM; Packung mit 100 Kapseln 42,37 DM; Anstaltspackung, Adalat: Kapseln zu 10 mg Nifedipin. Packung mit 30 Kapseln 25,88 DM;
Packung mit 50 Kapseln 39,75 DM; Packung mit 100 Kapseln 70,92 DM; Anstaltspackung.
Stand: Juli 1983.
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
BRIEFE AN DIE REDAKTION
2676 (8) Heft 38 vom 19. September 1984 81. Jahrgang Ausgabe A